Angstgesteuert in die Diktatur

26. März 2023

Vom Umweltschutz zum Öko-Faschismus

Die neue Linke, wie sie in der Folge der 68er-Revolte entstand, geriet über die Anti-Atom-Bewegung der 70er-Jahre in das ökologische Fahrwasser. Sie kaperte die alte, ursprünglich wertkonservative Umweltschutz-Bewegung, um gemeinsam mit dem als Friedensbewegung getarnten Antiamerikanismus eine neue, nur verdeckt marxistische politische Kraft zu begründen: Die Grünen eben. Diese wurden zur Sammelbewegung aller linkssektiererischen Gruppen wie Maoisten, Trotzkisten, etc., und vereinten diese zu einer neuen linken Bewegung, die es allerdings nie verstand, so wie die alte Sozialdemokratie im Bereich der Arbeiterschaft und der einkommensschwachen Schichten Wurzeln zu schlagen. Diese Grünen blieben vielmehr eine kleine elitäre linke Gruppe.
Erst der Import der political correctness mit all ihren Nebenerscheinungen, wie Feminismus, Wokeness und Cancel culture machten diese Grünen zu so etwas wie der Speerspitze des neuen Zeitgeists. Und dieser findet seine ultimative Ausprägung nunmehr in der Klimaschutzbewegung, die offenbar ein System des allumfassenden Öko-Sozialismus begründen soll.
Dieser neue Öko-Sozialismus, den man mit Fug und Recht auch Öko-Faschismus nennen könnte, hat totalitäre Tendenzen. Obwohl er im demokratischen System der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs von kaum zehn Prozent der Wähler getragen wird, erhebt er im gesamtpolitischen und gesamtgesellschaftlichen Bereich den Anspruch auf Zwangsmaßnahmen und massive Einschränkungen der Bürgerfreiheit und der Grundrechte. Und das mit dem Hinweis darauf, dass der Planet, das Weltklima, und damit die Menschheit nur dadurch zu retten wären.
Die indessen offenbar beendete Corona-Pandemie und die im Zuge derselben verhängten Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen waren für die Proponenten dieser Klimaschutzbewegung willkommener Anlass und das willkommene Vorbild für ebensolche Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen, die man nunmehr offenbar zum Zwecke des Klimaschutzes einführen will. Dazu gehören nicht nur Vorschriften und Einschränkungen im Bereich von Technologien, wie etwa der Autoindustrie und der Energiegewinnung, sondern auch Einschränkungen der Eigentumsrechte der Menschen. Da soll etwa der Bau von Einfamilienhäusern eingeschränkt oder gar verboten werden, da soll es Enteignungen zum Zwecke des Klimaschutzes geben und Maßnahmen zur Zwangsbewirtschaftung, etwa leerstehenden Wohnraumes.
Überhaupt hat sich diese Grünbewegung, die in erster Linie in paternalistischen Maßnahmen, also in Vorschriften, Geboten und Verboten ihr Heil sucht, zu einem politischen Faktor entwickelt. Wenn es nach ihr geht, werden die Errungenschaften der liberalen Marktwirtschaft und die einer offenen Gesellschaft Zug um Zug eingeschränkt oder gar abgeschafft. Der gläserne Bürger und der absolute kontrollierte und abhängige, also lenkbare Bürger scheint das Ziel zu sein.
Zur Durchsetzung einer solchen Politik des Öko-Sozialismus mit faschistischen Zügen erscheint es notwendig zu sein, eine absolut angstgesteuerte Gesellschaft herzustellen. Diese Angststeuerung vermochte man bereits während der Corona-Epidemie zu bewirken. Nunmehr will man nach demselben Muster offenbar die Ängste in der breiten Bevölkerung vor dem Weltuntergang durch den Klimawandel generieren. Bezeichnungen für Klimaaktivisten wie „Last Generation“ deuten klar darauf hin, dass hier apokalyptische Untergangsängste erzeugt werden sollen. Und nur im Zeichen solcher apokalyptischen Vorstellungen wäre ein Verzicht auf Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte durchsetzbar – soweit das grüne Kalkül.
Der wichtigste Verbündete der grünen Bewegung im Zuge der Durchsetzung dieses neuen Öko-Sozialismus sind zweifellos die zeitgeistigen, politisch korrekten linksliberalen Medien. Und nachdem die Journalisten auch in den theoretisch bürgerlichen oder konservativen Medien zu 90 Prozent dieser neuen links-grünen Ideologie anhängen, kann man davon ausgehen, dass es nahezu alle Medien sind, die diesen Weg hin zur Öko-Diktatur unterstützen. Und die anderen Bereiche der Gesellschaft, angefangen von der Politik, über die Justiz, bis hin zu den Universitäten und Bildungseinrichtungen, folgen weitgehend der von den Medien vorgegebenen Linie.
Die einzige Möglichkeit, diesen Weg hin zum Öko-Faschismus abzuwenden, besteht in der Anwendung des gesunden Menschenverstandes im Kreise der schweigenden Mehrheit der Bevölkerung und damit durch die Demokratie. Nur wenn die regierenden Parteien erkennen, dass all dies keineswegs dem Willen der Mehrheit entspricht, sondern bloß die obsessive Ideologie einer linken Minderheit darstellt, nur dann wird sich die drohende Öko-Diktatur verhindern lassen.
Dass Umweltschutz, Naturschutz und natürlich auch klimaschonendes Verhalten ein globaler Auftrag für die gesamte Menschheit sind, steht außer Zweifel. Dass man aber eine faschistoide Diktatur unter dem Vorwand des Klimaschutzes errichtet, ist keineswegs legitim. Vielmehr gilt es, auf die menschliche Vernunft zu setzen und auf die technologischen Entwicklungen der Gegenwart und Zukunft, um die ökologischen Probleme des Planeten zu lösen. Genau diese beiden Faktoren aber, die Vernunft des menschlichen Individuums und der Spezies Mensch und das Vertrauen in technologische Innovation, sind es, die den linken postmarxistischen Ideologen in den Reihen der Grünen völlig fremd sind.
Und überdies sollte klar sein, dass die spätlinken ideologischen Dogmen der political correctness, der Wokeness und der Cancel culture dem Natur- und Klimaschutz überhaupt nicht dienen. Da geht es einzig um Gesellschaftsveränderung und um die Durchsetzung der alten linken Forderung nach Schaffung des neuen Menschen. Eine Forderung, die bereits unter Stalin, Mao Tsetung und Pol Pot auf massenmörderische Art und Weise gescheitert ist.
Der Meinungsdruck, der diesbezüglich über die Medien, aber auch über die etablierte Politik und über die Wissenschaft auf die Bevölkerung aufgebaut wird, ist jedenfalls gewaltig. Bereits heute ist es soweit, dass es ganz durchschnittliche Bürger nicht mehr wagen, sich öffentlich zu äußern, wenn sie abweichende Meinungen zu Fragen des Klimaschutzes haben. Bereits heute gilt man als Ketzer, wenn man nicht die grünen Dogmen nachbetet, und/oder als Schwurbler und Rechtsextremist. Dieser Meinungsdruck aber könnte nur ein schwacher Vorgeschmack sein auf jene Öko-Diktatur, die sich durch die Politik der Grünen ankündigt.


Andreas Mölzer – In eigener Sache

9. Dezember 2021

Mit 69 Jahren, Teil einer Hochrisikogruppe, nach einer Pankreaskarzinomoperation, mit Diabetes mellitus und dadurch dramatisch geschwächtem Immunsystem habe ich mich im Mai/Juni 2021 zwei Mal mit AstraZeneca impfen lassen. Trotz Einhaltung aller gebotenen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen infizierte ich mich im November nun mit Covid19.
• Einerseits fühlte ich mich wegen der mangelnden Wirksamkeit der Impfung betrogen.
• Andererseits muss ich annehmen, dass ich ohne die Impfung auf der Intensivstation gelandet wäre.
• Zwar konnte ich eine Hospitalisierung vermeiden, hatte aber einen höchst unangenehmen Verlauf mit totaler Schwäche, Fieber und beginnender Atemnot.
• Und ich erhielt dabei keinerlei Medikamentation und keine ärztliche Betreuung, konnte aber doch genesen.

Vor diesen persönlichen Hintergrund beteilige ich mich als Publizist an der politischen Debatte um die Corona-Maßnahmen der Regierung.
• Dabei habe ich in den mir zur Verfügung stehenden Medien („ZurZeit“, „Junge Freiheit“, „Oe24tv“, etc. …) die politische Linie der FPÖ, insbesondere Herbert Kickls „Plan B“ zwar differenziert, aber konsequent verteidigt.
• Das Ende des Zwangsregimes, flächendeckende Antikörper-Erhebung und frühzeitige medikamentöse Behandlung, durchaus verbunden mit positiver Akzeptanz der Impfung – als der „Plan B“ – erscheint mir ein vernünftiges Konzept zu sein.
• Die Impfung ist allerdings kein Allheilmittel und sollte freiwillig und beim Hausarzt erfolgen. Und ein Impfzwang ist wie jede Zwangsmaßnahme abzulehnen. Der demokratische Protest dagegen – auch bei Demonstrationen auf der Straße – ist absolut legitim!

Wenn nun in einer Sendung des ORF („Report“ vom 30. November 2021 und Ö1, Morgenjournal vom 1. Dezember 2021) aus einem halbstündigen Interview, in dem ich genau diese Absichten vertreten habe, einige Halbsätze herausgeschnitten werden, die den Eindruck vermitteln sollen, ich sei für den Impfzwang und gegen den Widerstand gegenüber den Regierungsmaßnahmen, so ist dies absolut irreführend.
• Tatsache ist, dass ich gegen den Impfzwang bin, allerdings auf Grund meines persönlichen Erlebens für eine Steigerung der Impfquote eintrete, um schwere Verläufe möglichst zu vermeiden.
• Tatsache ist weiters, dass ich den Protest und den Widerstand gegen das Corona-Regime der Regierung für absolut legitim und notwendig halte, solange dies friedlich und regelkonform erfolgt.
• Die Nichtbefolgung von demokratisch korrekt zu Stande gekommenen Gesetzen – auch wenn es Corona-Maßnahmen der Regierung betrifft – ist allerdings Rechtsbruch, den ich ablehne!

Was die erste Reaktion der FPÖ-Spitze auf meine solcherart entstellten Aussagen im ORF-Report betrifft, wonach diese „der DNA der FPÖ“ zuwider liefen, so halte ich auf diesem Wege fest:
• Als einer, der beinahe 50 Jahre Mitglied dieser Partei ist und sich von Berufs wegen als Publizist über Jahrzehnte und intensiv mit der dogmengeschichtlichen Einordnung des nationalliberalen Lagers und seiner politischen Parteien befasst hat, bin ich der Meinung, dass die DNA derselben primär auf der Meinungsfreiheit basiert.
• Die FPÖ kann keine linke Kaderpartei sein, bei der jeder Inhalt und jede politische Aussage von irgend­einem Zentralkomitee vorgegeben ist. Und wohin „message control“ führt, hat uns jüngst die türkise ÖVP demonstriert. Bei uns sollten das freie Wort und der tolerante und offene Diskurs herrschen.
• Das Dritte Lager und damit auch die FPÖ waren immer in hohem Maße wissenschaftsaffin. Für die Geisteswissenschaften forderte man daher die absolute Freiheit der Forschung und Lehre. Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften wurden in unserem Bereich stets mit großem Interesse diskutiert und rezipiert. Daher sollten sich die Freiheitlichen davor hüten, in ein Klima der Wissenschaftsfeindlichkeit abzugleiten!
• Die Frage der Bürgerrechte und der Einschränkung der Grundrechte durch das Corona-Regime der Regierung als zentrale politische Problematik unserer Tage ist schlechthin die Herausforderung für eine freiheitliche Oppositionspartei. Die Beurteilung von Impfstoffen und Medikamenten hingegen ist nicht Aufgabe einer politischen Partei.


Eine multipolare Weltordnung

11. November 2021

Der Gegenentwurf zur „one world“

Was war die Welt noch einfach, wie übersichtlich war die Weltpolitik, als es noch die beiden großen Machtblöcke, die US-dominierte NATO und den sowjetbeherrschten Warschauer Pakt gab. Als der freie Westen und der kommunistische Ostblock einander gegenüberstanden. Da war nichts anderes wichtig, der Rest war Dritte Welt und das kommunistische China dämmerte in strikter Isolation dahin. Mit dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus des Sowjetblocks glaubten manche politische Beobachter, dass nunmehr der Sieg der westlichen Demokratie im globalen Ausmaße bevorstehe, dass es demnach nur eine Supermacht, nämlich die USA mitsamt ihren Verbündeten in Europa und damit die Dominanz der westlichen Demokratie geben werde. Weltweit, so meinte man, müsse sich diese westliche Demokratie durchsetzen und die Zivilreligion der Menschenrechte würde darüber gewissermaßen als letztgültige moralische und ethische Maxime mit globalem gesamtmenschlichem Anspruch schweben. Die gesamte Völkergemeinschaft von den ehemals kommunistischen Sowjetrepubliken bis hin zu den Entwicklungsländern, von den Schwellenländern bis hin zu den islamischen Gottesstaaten, alle, alle müssten sich diesem westlichem Gesellschafts- und Staatsmodell beugen, wobei der Neoliberalismus als Ordnungsmodell, der Freihandel, die freie Marktwirtschaft als ökonomisches System obsiegen würden. „One world“, eine Welt, gleichgeschaltet im Sinne der politischen Korrektheit, würde somit gewissermaßen zum finalen Ziel der Menschheitsgeschichte werden.
Diese durchaus im Sinne des Neoliberalismus und des Spätkapitalismus entwickelte Vorstellung einer neuen Weltordnung war kurioserweise von den kulturkommunistischen Konzepten des neuen Menschen in einer klassenlosen Gesellschaft und der Überwindung ethnischer und kultureller Unterschiede nicht allzu weit entfernt. Beide Konzeptionen, sowohl die neoliberale von der globalen Gleichschaltung der Nationen als auch die kulturkommunistische von der Nivellierung des Individuums an sich, ignorierten die Unterschiedlichkeit und die Vielfalt der Menschen, seiner gesellschaftlichen Entwicklung und seiner kulturellen Eigenheiten. Und beide Konzepte sind im Grund deshalb auch gescheitert.
Im Zuge der beiden ersten Jahrzehnte des neuen Jahrhunderts hat sich nämlich eine multipolare Welt herauskristallisiert, die sich durch mehrere machtpolitische Zentren, durch eine Vielfalt globaler „Player“ und auch durch völlig unterschiedliche staatspolitische Wertvorstellungen auszeichnet. Zuletzt wurde das Versagen der neoliberalen „One-World“-Konzeptionen am desaströsen Scheitern der US-Politik in Afghanistan deutlich. Und so finden wir neben den westlichen Industriestaaten, neben der traditionellen Super- und Weltmacht USA samt dem nordamerikanischen Flächenstaat Kanada und dem sich integrierenden Europa eine Reihe anderer machtpolitischer Zentren auch diesem Planeten. Wladimir Putins Russland, das sich nach dem Absturz und Zerbrechen des Sowjet-Vielvölkerstaats wieder festigen konnte, spielt hier ebenso eine weltpolitische Rolle wie vor allem das ökonomisch aufstrebende China. Daneben spielt die islamische Welt eine Rolle, die südamerikanischen Schwellenländer rund um Brasilien ebenso, aber auch Indien und der Südkontinent Australien.
Traditionelle und überkommene Ordnungsmodelle wie das britische Commonwealth würden hier zur bloßen historischen Hülle degradiert und bisher bestehende Dominanz, wie sie die USA gemeinsam mit der NATO auszuüben vermochte, wurde relativiert. Natürlich sind die US-Amerikaner nach wie vor die stärkste Militärmacht des Planeten, innere Zerrissenheit aber, struktureller und ökonomischer Niedergang relativieren diese Militärmacht in beträchtlichem Maße. Und die Europäer, die insgesamt noch immer das ökonomische Zentrum des Planeten sein könnten, werden durch zunehmende gesellschaftliche Dekadenz und machtpolitische Mutlosigkeit zum eher zweitrangigen „Player“ in der Weltpolitik.
Bleiben Wladimir Putins Russland und das kommunistische China mit seinem staatskapitalistischen Wirtschaftssystem. Nach dem Zwischenspiel mit Boris Jelzin ist Russland längst auf die weltpolitische Bühne zurückgekehrt und spielt dort eine wichtige und durchaus maßvolle Rolle. Verglichen mit den militärischen Abenteuern der USA, die samt und sonders im Fiasko zu enden pflegen, ist Putins militärisches Engagement beispielsweise in Syrien entsprechend begrenzt, aber effektiv. Der syrische Machthaber Assad vermochte sich nur mit russischer Hilfe zu behaupten. Und was China betrifft, so vermochte das KP-Regime seinen Bürgern durchaus ein gewisses Maß an gesichertem Wohlstand zu gewährleisten und gleichzeitig weltweit zum ökonomischen Rivalen der westlichen Mächte zu werden. Längst hat die Wirtschaftsmacht China einen Status auf Augenhöhe mit den USA und auch mit der Europäischen Union.
Verbunden mit dieser Multipolarität der gegenwärtig real existierenden Weltordnung ist auch eine Pluralität der gesellschaftlichen und ökonomischen Systeme, der Werthaltungen, die hinter den einzelnen Mächten stehen. Das sind einerseits die Demokratien westlicher Prägung, wobei sich schon in den Vereinigten Staaten demokratiepolitische Auflösungserscheinungen zeigen beziehungsweise Spaltungen in die beiden antagonistischen Lager, die auf dem Wege des demokratischen Konsenses nicht mehr überwunden werden können.
Da sind die gesteuerten Demokratien, wie sie etwa in Putins Russland existieren, in qualitativer Hinsicht gar nicht mehr so weit davon entfernt. Und autoritäre Systeme, wie die KP-Diktatur in China oder der islamische Gottesstaat im Iran, oder diverse Oligarchien in Schwellenländern zeigen, dass es hier eine Vielfalt politischer Ordnungssysteme gibt, die mit westlichen oder europäischen Maßstäben nicht zu messen sind. Es dürfte eine Folge des alten, herkömmlichen eurozentrischen Weltbildes sein, dass die Europäer, und in ihrer Folge die US-Amerikaner glaubten, es müssten sich weltweit auch europäische beziehungsweise westliche Wertmaßstäbe und Staatsvorstellungen durchsetzen. Von dieser Vorstellung muss man sich wohl in einer multipolaren Welt verabschieden. Und selbst die angeblich universellen Menschenrechte sind solcherart nur bedingt gültig und durchsetzbar. In der Kastengesellschaft Indiens, in schwarzafrikanischen Staaten mit traditionellen Stammesstrukturen, aber auch in Ländern wie dem kommunistischem Kuba gelten eben andere Maßstäbe. Wer sich in dieser multipolaren Weltordnung durchsetzt, wer die Führungsposition erringt, ist offen. Die globale Hegemonie der USA gehört jedenfalls der Geschichte an, die Pax Amerikana ist Vergangenheit. Deshalb allerdings muss sich längst noch keine chinesische Weltordnung durchsetzen, es könnte vielmehr ein Konzert der Weltmächte entstehen. Und dabei könnten auch neu Weltmächte aufsteigen. Bisherige Regionalmächte wie Indien, der Iran, Brasilien, die Türkei, zeigen deutliche Ambitionen, über ihre bisherigen regionalen Einflusssphären hinauszuwirken.
Für uns Europäer stellt sich die Frage, ob wir in diesem Konzert der Weltmächte, wie es das ­21. Jahrhundert zu prägen scheint, noch eine Rolle spielen. Traditionelle Großmächte wie Frankreich und das Vereinigte Königreich sind angesichts der neuen Maßstäbe auf sich selbst gestellt, auch zu schwach dafür. Deutschland, die führende Wirtschaftsmacht der Europäischen Union, vermeidet es bislang peinlich, überhaupt Machtpolitik gleich welcher Art, zu betreiben. Die Union insgesamt taumelt von einer Krise in die andere und vermag sich nicht wirklich als weltpolitischer und machtpolitischer „Player“ zu etablieren. Und bislang gibt es kaum gegenteilige Tendenzen. Eher schon werden die zentrifugalen Kräfte zwischen den europäischen Mächten wirksamer, da kann der Brexit möglicherweise nur ein erster Schritt gewesen sein. Und dennoch muss man festhalten: Die einzige Chance der europäischen Nationen, sich künftig weltpolitisch zu behaupten, liegt in der Gemeinsamkeit.


Unsere Sehnsucht nach der Apokalypse

11. August 2021

Die Mittelmeerküsten brennen. Unbezwingbare Flammenmeere wüten rings um das „Mare Nostrum“, die Menschen stöhnen unter Hitzewellen rund um 40 Grad Celsius, Metropolen wie Athen und Palermo werden vom Flammenmeer bedroht, die Menschen fliehen massenweise. In den Breiten des gemäßigten Klimas in Mitteleuropa wüten Stürme, und Starkregen verursacht Flutwellen mit katastrophalen Hochwässern und Vermurungen.
Der Weltklimarat diagnostiziert bereits eine Erd­erwärmung von mehr als einem Grad, verursacht durch den Menschen, durch die Treibhausgase, heißt es. Und die eineinhalb Grad, auf die sich die letzte internationale Klimakonferenz festgelegt hat, dürften bald erreicht sein und nahezu drei Grad werden prognostiziert, und damit das Abschmelzen der Polkappen und der großen Gletscherschilde in Arktis und Antarktis. Der Golfstrom drohe angeblich zu erliegen, der so etwas wie die Fernheizung für West- und Nordeuropa ist. Wetterextreme, eiskalte kontinentale Winter und unerträgliche Hitzewellen im Sommer seien daher für Europa zu erwarten und natürlich das Ansteigen des Meeresspiegels, die Überflutung aller weltweit küstennahen Regionen. So hohe Dämme könnten die Holländer gar nicht bauen, um dem begegnen zu können, Bangladesch würde vom Erdboden verschwinden und die Malediven wären allenfalls noch als Taucherparadies für den Tourismus nutzbar. Und Hunderte Millionen Klimaflüchtlinge würden die reichen und bislang noch verschonten Gebiete des Globus ins Chaos stürzen.
Soweit die apokalyptische Vision, die uns in diesen Tagen von den Apologeten der Klimakatastrophe präsentiert wird. Und tatsächlich scheinen die geschilderten Naturereignisse diese Dystopien zu stützen. Die Reiter der Apokalypse sind offenbar unterwegs. Und die Natur, der Planet, sie schlägt zurück, zurück auf eine Menschheit, die durch Überbevölkerung, hemmungsloses Wachstum und ebenso hemmungslosen Ressourcenverbrauch die Potenziale ihres Planeten überfordert hat.
Wie pflegt Roland Girtler, der Altmeister der rot–weiß–roten soziologischen Feldforschung zu sagen: Er fürchte nichts auf dieser Welt, außer die Naturgewalten und den Zorn seiner Frau. Letztere ist uns unbekannt, die Naturgewalten sind das hingegen keineswegs. Sie haben tatsächlich in unseren Tagen einen teilweise apokalyptischen Charakter angenommen. Wobei diese Wahrnehmung auch daran liegen dürfte, dass die Naturkatastrophen schlicht und einfach wegen der Überbevölkerung weit mehr Menschen betreffen als in früheren Jahrhunderten und auch daran, dass wir in einem Zeitalter der globalen medialen Berichterstattung leben, die jede Katastrophe gewissermaßen in Echtzeit kommunizierten.
Apokalyptische Ereignisse allerdings begleiten die Menschheit durch ihre gesamte Geschichte. Zugespitzt könnte man sogar behaupten, dass es so etwas wie eine Sehnsucht des Menschen nach der Apokalypse gibt, dass in gewissen Phasen der Menschheitsgeschichte die Apokalypse geradezu herbeigeredet wird. Wir wissen das vom Urchristentum, das die baldige Wiederkehr des Messias und das Weltengericht herbeisehnte. Wir wissen das von den Ereignissen im Abendland gegen das Jahr 1000 nach Christus, als man wähnte, dass nunmehr das Jüngste Gericht hereinbrechen werde. Und wir können das wiedererkennen in unseren Tagen, in denen der ökologisch grundierte Zeitgeist apokalyptische Dystopien thematisiert.
Das aus dem Griechischen kommende Wort Apokalypse bedeutet wörtlich bekanntlich „Entschleierung“, was im Christentum zum Begriff „Offenbarung“ umgedeutet wurde. Eine Offenbarung, die das Gottesgericht und damit den Weltuntergang, Ragnarök im Altgermanischen, darstellen sollte, und in unseren heutigen Terminologie soll der Begriff Apokalypse wohl die Gefahr radikaler Umbrüche mit katastrophalen Folgen schildern. Dabei gibt es die Vorstellung des Endkampfes zwischen Gut und Böse bereits in den altpersischen Luyken, und im alttestamentarischen Judentum existiert die Vorstellung von einem letztgültigen Weltengericht, auf das hin eine neue Welt erschaffen werde. Und sogar im Koran gibt es jene apokalyptischen Suren, die das Ende aller Tage durch Naturkatastrophen und die „Einhüllung der Sonne“, den Lichtverlust der Sterne und das Beben der Berge (sowie die Vernachlässigung trächtiger Kamele, sic!) schildern.
Doch jenseits theologischer Dystopien war die Menschheitsgeschichte immer wieder von ganz realen apokalyptischen Ereignissen begleitet. Die Bewohner von Nagasaki und Hiroshima dürften den Tag, an dem sie mittels der US-amerikanischen Atombombe der Massenvernichtung ausgesetzt waren, gewiss als apokalyptisch empfunden haben. Ebenso die Bewohner Dresdens im Februar 1945 genauso wie die Insassen der NS-Vernichtungslager rund um Auschwitz. Und sicher empfanden die Menschen im Römisch-Deutschen Reich gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs die Zustände als apokalyptisch. Ebenso wie jene, die sich in den Jahren der großen Pest Mitte des 14. Jahrhunderts dem Schwarzen Tod ausgesetzt sahen. Und so ließen sich zahlreiche Beispiele aus der Menschheitsgeschichte zitieren, die für breite Schichten der Bevölkerung eine ganz reale Apokalypse darstellten, eben die Offenbarung des ultimativen Schreckens.
Und so wie jedes menschliche Individuum seiner ganz persönlichen Apokalypse, nämlich dem eigenen physischen Ende, dem eigenen Tod, nicht zu entgehen vermag, kann die Spezies Mensch als solche apokalyptischen Ereignisse, die immer wieder über sie hereinbrechen, nicht entgehen. Es mag Perioden des Friedens, der Ruhe, der Harmonie geben, sie mögen Jahre, Jahrzehnte, ja Generationen andauern, die großen Katastrophen aber sind dennoch – und das beweist die Menschheitsgeschichte – ganz offenbar unausweichlich. Und sie werden eben auch von der Spezies Mensch auch mitverursacht. In unserer Zeitalter der Überbevölkerung und des maßlosen industriellen Wachstums und des ebenso maßlosen Ressourcenverbrauchs mag es der CO2-Ausstoß sein, der über die Erderwärmung zu apokalyptischen Naturkatastrophen führt. Und diesbezüglich hätte der Mensch natürlich auch die Möglichkeit, durch geändertes Verhalten eben jene apokalyptischen Folgen zu verhindern oder zumindest zu vermindern. Da dies aber nur begrenzt geschieht, stellt sich die Frage, ob es nicht auch so etwas wie einen gemeinsamen Todestrieb der Spezies, ein kollektives Bedürfnis nach Selbstvernichtung gibt.
Dies betrifft ja auch andere apokalyptische Ereignisse der Menschheitsgeschichte, die nicht von den Naturgewalten ausgingen, sondern vom Kain-und-Abel-Syndrom des Menschen, vom unauslöschlichen Drang der Spezies zu Zwist, Mord, Kampf und Krieg. Dass die Kriege der Menschheitsgeschichte bis hin zu den wahrlich apokalyptischen beiden Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts von Menschen verursacht, ausgelöst und geführt wurden, steht ja außer Frage. Da gibt es keine Entschuldigung durch Naturgewalten oder göttlicher Fügung, da liegt die einzige Begründung nur in der wölfischen Natur der Spezies Mensch, die er natürlich durch das Geschenk des freien Willens auch mäßigen oder zähmen könnte.
Tatsache ist jedenfalls, dass die Geschichte der Menschheit auf diesem Planeten von apokalyptischen Ereignissen – naturgegeben oder von Menschen verursacht – begleitet wurde und offenbar auch in der Gegenwart und in der Zukunft begleitet wird. Die Unausweislichkeit, ja Gesetzlichkeit dieser Tatsache, entbindet uns allerdings nicht, von der verdammten Pflicht und Schuldigkeit, dagegen anzukämpfen, sei es durch Pazifizierung der menschlichen Gesellschaft und der menschlichen Natur, durch Friedenspolitik oder auch im Hinblick auf die Naturgewalten durch Umweltschutz, Klimaschutz und Naturschutz allgemein. Zu glauben aber, dass man apokalyptische Ereignisse überhaupt ausschließen würde können durch die Schaffung eines „neuen Menschen“, wie es die Linke möchte, oder durch absoluten Naturschutz, muss Illusion bleiben.


Vom Scheitern des „neuen Menschen“

11. November 2017

Der Marxismus-Leninismus als Irrlehre – ein Abgesang

Vor 100 Jahren fand also die Oktoberrevolution statt, die keine Revolution war, sondern nur ein Putsch und auch nicht im Oktober, sondern im November stattfand. Die russischen Bolschewiki, die sich da unter der organisatorischen Führung von Trotzki an die Macht putschten, boten Lenin die Möglichkeit, den rückständigen Bauernstaat Russland mit seiner vom Krieg zermürbten Bevölkerung in ein totalitäres Sowjetsystem umzubauen und zum Gründervater des real existierenden Sozialismus zu werden.
„Marxismus-Leninismus“ wurde das ideologische System, auf dem dieser Umbau beruhte, in der Folge genannt. Und ganze 70 Jahre  vermochte der Sowjetstaat und die ihm zu Grunde liegende Ideologie des Marxismus-Leninismus zu bestehen.
Dabei erwies sich der Sowjetstaat vom Anbeginn bis zu seinem Ende, bis in die Zeit von Glasnost und Perestroika, als Terrorsystem. Ein Terrorsystem, das in seinen Hochzeiten unter der Despotie Stalins viele Millionen Opfer kostete, das sogenannte „Klassenfeinde“ mit Willkür-Justiz und  einem Sklaven- und Arbeitslagersystem Marke „Archipel Gulag“ verfolgte. Willkür, Menschenverachtung,  Terror und Massenmord blieben die Kennzeichen einer Despotie finsterster Ausprägung.
In ökonomischer Hinsicht gelang es der sowjetischen Planwirtschaft niemals, in irgendeiner Phase ihrer Existenz den Charakter als extreme Mangelwirtschaft abzulegen. Zwar machte der Stalinismus aus dieser Not eine Tugend, indem  er den ökonomischen Mangel, der bis zu gewaltigen Hungersnöten ging, als Massentötungsmittel von Klassenfeinden, der Kulaken eben, benützte, insgesamt aber konnte die Planwirtschaft niemals auch nur annähernd eine Leistungsfähigkeit entwickeln, die eine freie Marktwirtschaft aufzuweisen hat.
Und in ideologischer Hinsicht erwies sich der Marxismus-Leninismus als völlig wahnwitzige Heilslehre, die geradezu zwangsläufig scheitern musste. Die klassenlose Gesellschaft und der wirkliche Sozialismus, die der Sowjetkommunismus herbeiführen sollte, erwiesen sich nicht nur als völlig weltfremde Utopie. Das vermeintliche Streben danach zeitigte vielmehr sogar ein widerwärtiges System einer Funktionärs- und Bonzenwirtschaft, deren Privilegien jenen der alten feudalen Aristokratenherrschaft in nichts nachstand.
Gescheitert dabei ist vor allem die Ideologie vom „neuen Menschen“. Dieser „neue Mensch“, der seit den Tagen der Jakobiner-Herrschaft in Frankreich Ziel linker Utopien und auch des Marxismus sein sollte, dieser „neue Mensch“ erwies sich als lebensfremdes Konstrukt. Eine geradezu unmenschliche Utopie, weil deren Herstellung auch schrankenlos über Hekatomben von Menschenopfern gehen sollte. Dieser „neue Mensch“ durfte keine Familienbindung haben, also mussten die Familien zerschlagen werden. Dieser „neue Mensch“ durfte keine religiöse Bindung haben, da Religion „Opium für das Volk“ sei. Dieser „neue Mensch“ durfte auch keine berufsständische Bindung haben, also musste das Bürgertum, der Bauernstand, Handwerk und Gewerbe zerschlagen bzw.. nivelliert werden. Und dieser „neue Mensch“ durfte selbstverständlich auch keine nationale Bindung haben, also musste man die Völker und die kulturelle Vielfalt zwangsweise und gewaltsam einebnen.
All das hat der Sowjetkommunismus in der Folge der Oktoberrevolution bis herauf in die Tage Gorbatschows gegen Ende des 20. Jahrhunderts versucht. Und er ist glorios dabei gescheitert. Die menschliche Gier, das Streben nach Besitz und Privateigentum erwies sich bereits in den Sowjetzeiten als nicht auszurottende Konstante der menschlichen Natur. Das Kastensystem der privilegierten Sowjetbonzen bewies dies augenfällig. In welch starkem Ausmaß die russisch-orthodoxe Kirche die Jahrzehnte der Sowjetdiktatur überlebte, ist auch verwunderlich. Heute spielt sie bekanntlich in Russland eine maßgebliche Rolle. Und was die nationale Identität betrifft, so vermochte bereits Stalin im Zweiten Weltkrieg das Überleben seines Systems nur durch die Ausrufung  des „Großen Vaterländischen Kriegs“ zu gewährleisten. Und  nach dem Einsturz der sowjetkommunistischen Käseglocke erhoben sich all die Völker des  östlichen Mitteleuropas und Osteuropas  und darüber hinaus die  Zentralasiens und Nordasiens, bis hin nach Wladiwostok, in  unglaublicher, bis dahin längst vergessener Vielfalt. Der „neue Mensch“ in der klassenlosen Gesellschaft blieb Utopie und wurde trotz millionenfacher Menschenopfer nie realisiert.
Dass auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des real existierenden Sozialismus im Ostblock kommunistische  Diktaturen wie etwa in China oder auf Kuba weiter existierten, war dann nur noch ein Paradoxon der Geschichte. Der chinesische Staatskapitalismus, der formal noch von einer kommunistischen Partei dominiert wird, ist nichts anderes als die Herrschaft einer Oligarchie, die sich im kommunistischen Mäntelchen der Macht-Mechanismen mit geradezu unverschämter Brutalität bedient.
Und Kuba unter den greisen Castro-Brüdern stellt nicht mehr als eine karibische Kommunismus-Nostalgie dar, die aber über kurz oder lang von der Bildfläche verschwinden wird.
Heute existiert der real existierende Sozialismus, der so schmählich versagt hat, nur mehr als Kultur-Marxismus in den Reihen der politisch korrekten Pseudo-Eliten der westlichen Industriestaaten, insbesondere der europäischen, fort. Dieser Kultur-Marxismus wird von den Alt-68ern und spätlinken Apologeten der Frankfurter Schule getragen und hat sich bis heute so etwa die intellektuelle Hegemonie in den liberalen westlichen und marktwirtschaftlich orientierten Systemen bewahren können. Das Scheitern des Sowjetkommunismus und der marxistisch-leninistischen Ideologie konnte die Dominanz dieses Kultur-Marxismus bislang nicht brechen. Die Despotie des Zentralkomitees in Moskau wurde beendet, der KGB-Terror wurde gebrochen, der Warschauer Parkt musste sich auflösen. Der real existierende Sozialismus ist nur noch eine düstere Erinnerung. Nunmehr gilt es noch, die kulturelle Hegemonie dieses Kultur-Marxismus zu brechen.


Sonnenwende – Zeitenwende

23. Juni 2017

Metapolitische Überlegungen

Mit der Sonnenwende hat das Jahr seinen Zenit schon wieder überschritten. Kaum merklich werden die Tage wieder kürzer, und auch wenn noch zwei bis drei Monate Sommer bevorstehen, ist ein weiteres Jahr dann rasch vergangen. Heute wird die Sonnenwende zum rein folkloristischen Spektakel degradiert, gut allenfalls für die Tourismuswerbung. Die Erinnerung an alte mit dieser Sonnenwende verbundenen Mythen und die archaische Kultur unserer Vorväter wird längst weitgehend ausgeblendet.
So aber wie sich mit der Sonnenwende der Jahrlauf im wahrsten Sinne des Wortes wendet, gibt es auch immer wieder Zeitenwenden, wo eine Epoche, eine Periode der politischen und gesellschaftlichen, der kulturellen und sozialen Entwicklung ihr Ende findet und von neuen Zeiten abgelöst wird. Gegenwärtig haben wir in Europa so das dumpfe Gefühl, dass wir an der Schwelle zu solch neuen Zeiten stehen, dass wir Zeugen einer möglicherweise dramatischen Zeitenwende  werden. Jenes Europa, das wir nach dem Ende des Zeiten Weltkrieges ein ganzes Menschenalter gekannt haben, das zwar bis 1989 durch die Supermacht-Konfrontation zwischen Ostblock und dem vermeintlichen freien Westen geprägt war und danach durch die europäische Integration – jenes Europa macht einen mannigfaltigen Transformationsprozess durch. Allein schon an den politischen Landschaften der einzelnen europäischen Staaten kann man das erkennen.
Traditionelle politische Parteien zerfallen und werden durch neue, scheinbar spontan entstehende Kräfte abgelöst, wie zuletzt in Frankreich. Die historisch gewachsene Teilung der politischen Landschaft zwischen Konservativen, Sozialisten und Liberalen hat weitgehend aufgehört zu bestehen. Protestbewegungen und Populisten von Links und von Rechts beherrschen die Szene, Persönlichkeiten mit messianischem Anspruch betreten die politische Bühne, ohne dass man weiß, wohin ihr Weg uns führen wird. Und insgesamt scheinen die europäischen Völker im politisch-gesellschaftlichen Notwehrmodus zu sein. Die Massenzuwanderung, die Traumatisierung durch den verlogenen Kult der Political Correctness, die Überalterung und Kinderlosigkeit sowie die allgemeine Dekadenz haben diese europäischen Völker in die totale Defensive gedrängt. Ob jene Gruppierungen, Bewegungen und Parteien, die sich dem entgegenstellen, tatsächlich die Rettung bringen, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedenfalls, dass die linken Protestgruppierungen mit ihren längst ausgedienten postmarxistischen Konzepten chancenlos sind. Von Spaßparteien wie Beppe Grillos Bewegung in Italien und ähnlichen ist ohnedies nichts zu erwarten. Und ob die Rechtsdemokraten, jene patriotischen Freiheitsparteien, die es auch quer durch Europa gibt, tatsächlich Erfolg haben können, Erfolg nicht nur in dem Sinn, dass sie an die Regierung kommen, sondern dass sie die Probleme lösen, ist auch alles andere als gesichert.
Tatsache ist nur, dass die bisherigen demokratischen Systeme durch ihr Versagen, durch die Reduktion auf rein äußerliche Rituale, durch die Politikverdrossenheit der Bürger oder schlicht und einfach durch politisch systematisches Multiorganversagen vor dem allgemeinen Kollaps zu stehen scheinen. Was aber diese bisherigen traditionellen demokratischen Systeme ersetzen kann, zeichnet sich längst nicht ab. Auch wenn es da und dort den Ruf nach dem starken Mann gibt, leben wir in einem Zeitalter, in dem es an charismatischen Persönlichkeiten mangelt. Und medial allzu rasch hochgepuschte Medienstars stürzen dafür umso schneller ab, eine nachhaltige charismatisch Politik mit der dauerhaften Fokussierung auf eine dominante Einzelpersönlichkeit ist damit auch nahezu unmöglich. Auch in ökonomischer Hinsicht scheint das Konzept eines dauerhaften Wachstums an seine Grenzen zu stoßen. Ständig steigender Konsum als Motor für dieses Wachstum und als Schmiermittel für eine funktionierende Wirtschaft ist längst zur Illusion geworden.
Aber mit Einbrüchen im materiellen Wohlstandsgefüge, mit dem Rückgang an Kaufkraft an Industrieproduktion und insgesamt mit materiellen Wohlstandsverlusten – damit sind unsere europäischen Gesellschaften ganz offenkundig überfordert. Zwar sind die sogenannten „Veränderungsverlierer“ längst Bestandteil jeder soziologischen Trivialanalyse und Verlustängste der Mittelschicht und Abstiegsängste sind nach wie vor jene Phänomene, die so etwas wie eine gesamtgesellschaftliche Depression erzeugen. Optimismus ist es wirklich nicht, was unser heutiges Gesellschaftsgefüge charakterisiert.
Dazu kommt der Import aller Probleme der Dritten Welt in das postmoderne Europa. Die Massenzuwanderung, insbesondere von muslimischen Menschengruppen und von solchen aus Schwarzafrika, wird die meisten westeuropäischen Länder mittelfristig auf das Niveau der sogenannten Schwellenländer aus der Dritten Welt drücken. Während es allerdings in jener bergauf geht, geht es in Europa bergab, was sich auch in der bereits zitierten breitflächigen Depression manifestiert.
„Wo die Gefahr groß ist, wächst auch das Rettende“, weiß der Klassiker. Allein das Rettende zeichnet sich weder im politischen noch im kulturellen Bereich der europäischen Völker bislang so wirklich ab. Die Grenzen des Wachstums scheinen aber auch in Bezug auf die globale Bevölkerungsentwicklung sichtbar zu werden. Mega-Metropolen mit vielen Millionen Einwohnern, Ameisenstaaten wie China und Indien mit einer Milliardenbevölkerung, explodierende Bevölkerungszahlen in Schwarzafrika, all das lässt uns erahnen, dass die Menschheit längst den Plafonds dessen erreicht hat, was der Planet zu tragen vermag. Und somit scheinen wir tatsächlich vor einer globalen Zeitenwende zu stehen, nicht nur vor einer europäischen. Die durch verfehlte Politik ausgelösten massenhaften Wanderungs- und Fluchtbewegungen sind ein weiteres globales Phänomen, und die planetenumspannende Kommunikation über die elektronischen Medien hat aus der Erde insgesamt ein Dorf gemacht. Ein Dorf, dass sich allerdings durch Chaos, Unübersichtlichkeit, unglaubliche Manipulationsmöglichkeiten und durch Orientierungslosigkeit auszeichnet.
Auch der kulturelle Wandel, der durch diese veränderten Kommunikationsebenen und die elektronischen Möglichkeiten gegeben ist, verweist uns auf eine welthistorisch-gewaltige Zeitenwende. Selbst in Elendsstaaten und Hungerländern verfügen die Menschen über Smartphones und haben Internetzugang. Und die jüngeren Generationen in den westlichen Industriestaaten leben zum Teil schon eher in einer virtuellen Welt als in der realen. Für diese Menschen ist das Mobiltelefon nötiger als die Luft zum Atmen und das tägliche Brot.
Der Wandel in der Kommunikation und die schrankenlose Bewegung in den damit verbunden virtuellen Welten bedingen ein absolut neues Lebensgefühl und ein neues Weltbild der Menschen. Ob die Menschheit insgesamt deshalb gewissermaßen transzendentiert, wie es in spekulativen Science-Fictions-Romanen vorkommt, ist wohl kaum zu erwarten. Der Mensch bleibt vielmehr ein an seine Physis gebundenes Säugetier von fragiler Körperlichkeit und früher oder später auch sterblich. Und er bleibt ein soziales Wesen, dass sich in Gruppen, seien es nun Familien oder die diversen kuriosen Partnerschaften, die sich gegenwärtig formierenn in Stämmen und Völkern oder auch in den diversen Sonderkulturen organisiert. Das wird auch in Zukunft bei einer Erdbevölkerung von 9 oder mehr Milliarden Menschen so bleiben. Fraglich ist nur, wie groß und wie dramatisch die Brüche in der bisherigen historisch kontinuierlichen Entwicklung sein werden, die hin zum neuen Zustand der Menschheit führt.
Unabänderlich aber, wie die Sonnenwende im Jahreslauf des Planeten, ist im Zuge der kulturellen Evolution des Menschen und der Menschheitsgeschichte die Tatsache, dass es immer wieder Zeitenwenden gegeben hat, jene von der jungsteinzeitlichen Menschheit hin zu den antiken Kulturen, jene Zeitenwende von der Antike hin zum Mittelalter und schließlich die hin zur Neuzeit. Dass es eine solche Zeitenwende in unseren Tagen gibt, steht außer Zweifel, wir können nur noch nicht wirklich sagen, wie sie aussehen wird.


Weicheier, Warmduscher, Sitzpinkler

26. Mai 2017

Über die Dekadenz und ihre Dogmen – Ein Lamento

Nur noch selten wird in unseren Tagen der sattsam bekannte Nietzsche-Sager „Was uns nicht umbringt, macht uns härter“ zitiert. In Zeiten, in denen in den westlichen Gesellschaften Männer immer metrosexueller, Frauen immer androgyner und Kinder immer verweichlichter werden, in diesen Zeiten gilt Härte als etwas absolut Abzulehnendes, ja geradezu Perverses.
Die Tatsache, dass Schmerz, dass Leid und der Tod zum menschlichem Leben gehören, und dass das Überleben nur mit Mühe und Plage erreicht werden kann, diese Tatsache wird in unseren dekadenten Gesellschaften ausgeblendet. Dass seit der Französischen Revolution und dem US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg im Verfassungsrang stehende Recht des Menschen auf Glück wird im Zuge dieser Entwicklung insofern pervertiert, als damit die Vermeidung jeglichen Leids verbunden wird. Und absolute Schmerzfreiheit, selbst im Falle tödlicher Krankheiten, ist ja i den westlich-dekadenten Gesellschaften auch schon zu einer Art Bürgerrecht erhoben worden. Und Arbeitsleid durch schwere körperliche Arbeit oder enorme psychische Anstrengung soll auch tunlichst vermieden werden.
Der Anspruch, etwa „im Fall des Falles“ fürs Vaterland sterben zu müssen, der durch die Wehrpflicht bislang gegeben war, wurde hierzulande auch längst so relativiert, dass es allgemein anerkannt als gleichwertiger Ersatz gilt, fürs Vaterland im Form des Zivildienstes Windeln zu wechseln (wobei Pflegedienst durchaus ehrbar und auch anstrengend ist).
Und wenn dann die Soldaten irgendeiner westlichen Demokratie irgendwo auf diesem Planeten in Kriegshandlungen verwickelt werden – selbstverständlich nur zur Friedenssicherung – dann haben sie danach gefälligst an posttraumatischen, psychischen Erkrankungen zu leiden und das Recht auf psychiatrische Behandlung einzufordern. Jene Millionen Soldaten, die in zwei Weltkriegen zu dienen und das Glück hatten, diese zu überleben, litten seltsamerweise nicht an derlei Zuständen. Sie waren vielleicht Invaliden, waren möglicherweise verbittert und litten unter Alpträumen und schrecklichen Erinnerungen, aber damit hatten sie halt fertig zu werden. Heute ist dies Arbeitsbeschaffung für ein Heer von Psychotherapeuten und Psychologen. Im Falle von Arbeitsleid, von großem Konkurrenzdruck am Arbeitsplatz, von starker Belastung, ist dann die Flucht ins Burnout-Syndrom geradezu Pflicht. Ein Reaktionär, wer dies nicht wahrnimmt. Genauso, wie im Falle schwerer körperlicher Arbeit mittels „Hacklerregelung“ und Frühpension die Flucht aus solchem Leid ermöglicht wird. Zustände wie früher im bäuerlichen Leben, wo der Alt-Bauer zwar ins Ausgedinge zog, aber bis zu seinem letzten Atemzug unvermindert am Hof mitarbeitete, solche Zustände sind heute geradezu undenkbar.
Und was die Befreiung von jeglichem physischen Schmerz betrifft, so beginnt dies ja bereits bei der Geburt des Menschen: Still und leise hat sich in den vergangen Jahren nämlich die Tendenz herausgebildet, Babys mittels Kaiserschnitt zu gebären und das in zahllosen Fällen, bei denen es medizinisch keineswegs unbedingt notwendig wäre. Die Ärzte verdienen, die Frauen ersparen sich den Geburtsschmerz, und für die neuen Erdenbürger gilt die tragische Gesetzlichkeit, dass der Mensch in Schmerzen geboren wird, eben nicht mehr. Welche psychischen Folgen das Fehlen des „normalen“ Geburtsvorganges für Mutter  und Kind auf Dauerhaben, ist längst nicht erforscht. Die Vermeidung von Leid oder gar Schmerz ist natürlich auch im weiteren Lebensweg des Kindes eine der obersten Maximen.
Körperliche Bestrafung, beginnend vom Klaps auf den Popo über die „gesunde Watschen“ bis hin zum „Übers-Knie-Legen“ gilt längst als Schwerverbrechen, das im dramatischsten Falle mit dem Entzug der Erziehungsberechtigung enden kann. In dieser Tonart geht es im zeitgemäßen menschlichen Leben weiter, da die hedonistische Lebenseinstellung jegliche Qual, jegliches Leid auszuschließen bemüht ist. Eine Ausnahme sind vielleicht Spitzensportler, die sich durch hartes Training quälen müssen. Aber auch dort gibt es die Tendenz, durch pharmakologische Winkelzüge diese Qual zu verringern beziehungsweise ihr Ergebnis entsprechend zu optimieren. Dazu kommt, dass unsere Kinder überbehütet und allzu sehr umsorgt werden. Eine übertriebene Hygiene und die Vermeidung jeglicher Berührung mit Schmutz oder dergleichen sollen zwar das Leid durch Krankheiten und Infektionen vermeiden, führen aber nur zu Allergien und geschwächtem Immunsystem. Auch das ist als physiologischer Bestandteil einer dekadenten Gesellschaft zu werten.
Letztlich ist es der Hedonismus, gepaart mit den Auswüchsen der Political Correctness, was eine verweichlichte und absolut dekadente Gesellschaft nach sich zieht. Opferbereitschaft und Heldenmut gelten als lächerlich, Leidensfähigkeit und mühevolle Arbeitsbereitschaft erscheinen unsinnig. Menschliche Tragödien gibt es allenfalls noch in der Oper. Stattdessen ist die Trivialität einer allgemeinen Wohlfühlgesellschaft zur Maxime der Durchschnittsexistenz geworden.
Das böse, proletoide Wort von den „Weicheiern, Warmduschern und Sitzpinklern“ zeichnet also ein absolut zutreffendes Bild unserer Lebensweise in der dekadenten Gesellschaft: Jede Härte, jeden Schmerz, jedes Leid, jegliche Konfrontation mit den Härten und der Unbill des Lebens und dieser Welt vermeidend, im geradezu obsessiven Bedürfnis nach absoluter Hygiene und politisch korrekt, leben wir im Glashaus der Dekadenz.
Wenn dann aus anderen Teilen der Welt Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen junge Männer, getrieben vom Krieg, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen oder auch nur wirtschaftlichem Elend nach Europa kommen und in diese dekadente Gesellschaft eindringen, dann finden sie eine Art der Wehrlosigkeit und der Schwäche vor, die für sie geradezu herausfordernd sein muss. Menschen, die durch Gewaltbereitschaft, Krieg und Terror geprägt sind, dazu noch aufgestachelt von einer militanten Religion, wie sie der Islam nun einmal darstellt, finden sie hier Gastländer vor, deren Gesellschaft kinderlos, überaltert und eben dekadent ist. Durch die Dogmen der Political Correctness werden diese westlichen Gastgesellschaften noch dazu in einer Art und Weise konditioniert, dass man mittels Willkommenskultur diese Menschen auch noch freudig aufnimmt.
Diese Willkommenskultur und die Bereitschaft, sich gegenüber den Zuwanderern zu integrieren statt umgekehrt, führt zu einer weiteren Schwächung der westlichen Zivilisationen. Während die Zuwanderer bereit sind, ihren Existenzkampf ohne Rücksicht auf die Political Correctness, auf geltende Gesetze, auf Moral und Ethik auszufechten, um sich einen Platz an der Sonne zu erkämpfen, während diese Zuwanderer zwar durchaus auch mit Gewalt bereit sind, sich das zu nehmen, von dem sie annehmen, dass es ihnen zusteht, treffen sie in den Gastländern auf Menschen, die es verlernt haben, sich zu wehren, die es verlernt haben, ihre Sicherheit notfalls auch mit Gewalt zu verteidigen.
Weicheier, Warmduscher und Sitzpinkler sind nicht in der Lage, junge Männer, die aus Kriegs- und Bürgerkriegsländern kommen, die von Islam militant indoktriniert werden, abzuwehren bzw. Übergriffe derselben zu verhindern. Wenn wir in Zukunft in den dekadenten westlichen Gesellschaften bürgerkriegsähnliche Zustände bekommen, so wohl kaum zwischen Zuwanderern und autochthoner Bevölkerung, eher schon zwischen den unterschiedlichen Zuwanderergruppen und den unterschiedlichen Parallelkulturen. Hier wird es eher Kurden gegen Türken heißen oder Sunniten gegen Schiiten und keineswegs Zuwanderer gegen Ansässige. Dies deshalb, da die autochthone Bevölkerung eben schon viel zu schwach und dekadent ist, um sich zu erwehren. Schöne neue Welt!


Lauter Autokraten?

6. April 2017

Nun ist also der Serbe Vucic in Belgrad zum Staatspräsidenten gewählt worden. Ursprünglich sei er als Ultranationalist angetreten, nunmehr hat er sich zum EU-Befürworter gewandelt.
Auf jeden Fall aber – so die Mainstream-Medien – sei er der starke Mann der serbischen Politik und auf dem Weg, ein Autokrat zu werden. Und überhaupt wimmelt es in jüngster Zeit in Europa, aber auch darüber hinaus, nur so von Autokraten.
Hat es früher geheißen, in Weißrussland herrsche der letzte Diktator Europas, so hören wir jetzt, dass der Pole Kaczynski ein Autokrat sei (obwohl er nicht einmal Regierungschef ist), dass Viktor Orbán auf dem Weg sei, eine Autokratie in Budapest zu errichten.
Und von Wladimir Putin wissen wir sowieso, dass er alles andere als ein Demokrat ist, sondern eben auch ein solcher Autokrat.
Tatsächlich scheint es wieder die Tendenz zum „starken Mann“ zu geben. Ob es die Verunsicherung der Bürger in schwierigen Zeiten ist, die diese Tendenz herbeigeführt hat? Wir wissen es nicht. Tatsächlich wollen die Wähler – jawohl, es handelt sich dabei stets um demokratische Wahlen – Politiker mit Entscheidungskraft und Durchsetzungsvermögen, Politiker, die es auch wagen, mit harter Hand Entscheidungen herbeizuführen.
Dass das von der linksliberalen Presse bejammert wird, wundert uns nicht. Grotesk ist nur, dass von denselben Medien beklagt wird, dass es keine charismatischen politischen Persönlichkeiten mehr gibt, keine wirklichen Lichtgestalten, die den Menschen Orientierung zu geben vermögen.
Wenn dann aber solche Politiker auftreten, allzumal, wenn sie möglicherweise Patrioten oder gar Nationalisten sind, dann werden sie als Autokraten beschimpft.
Nun mag es zwar wie im Falle der Türkei, wo Präsident Recep Tayyip Erdogan tatsächlich so etwas wie eine islamische Diktatur errichten will, wirklich bedenkliche Entwicklungen geben, und dass Russland ein Staat ist, der nicht wirklich nach klassischen demokratischen Regeln regiert wird, wissen wir auch.
Was aber den serbischen Präsidenten und den ungarischen Regierungschef betrifft, oder auch die Situation in Polen, so ist das ständige Lamentieren von linksliberaler Seite unbegründet.
Wenn von rechter Seiter her volksnahe Entscheidungen getroffen werden, handelt es sich selbstverständlich um Rechtspopulismus.
Populismus von links hingegen wird als lupenrein demokratisches Verhalten qualifiziert. Und ähnlich verhält es sich mit den vielzitierten Autokraten.
Da wird immer wieder von der drohenden Entwicklung hin zu einer „gelenkten Demokratie“ schwadroniert, und insbesondere den patriotischen Parteien quer durch Europa – von der FPÖ bis zum Front National – wird vorgeworfen, eine solche herbeiführen zu wollen.
Dass die Bürger in unruhigen Zeiten eben nach Orientierung suchen und in einer Epoche großer globaler Probleme Entscheidungsfreude und Entschlusskraft von ihren politischen Repräsentanten wollen, vermag man offenbar nicht zu akzeptieren.
Die eigentliche Frage, ob solche Führungspersönlichkeiten demokratisch wirklich legitimiert sind und ob sie die verfassungsmäßig gewährleistete Gewaltentrennung, wie wir sie in Europa allenthalten haben, und den Rechtsstaat respektieren, diese Frage wird kaum gestellt.
Und wenn es diesbezüglich wie etwa gegen Viktor Orbán oder gegen Kaczyn´ski in Polen Vorwürfe gibt, dann wird übersehen, dass die Bestellung von Verfassungsrichtern, die Gängelung der öffentlich-rechtlichen Medien und Ähnliches keineswegs ungarische oder polnische Phänomene sind, sondern dies beispielsweise in Österreich ebenfalls gang und gäbe ist und keiner regt sich auf.


Andreas Mölzer und „Die Presse“

30. März 2017

Geschichte einer kuriosen publizistischen Beziehung

Herr Burkhard Bischof, respektables Mitglied der ebenso respektablen Redaktion des Flaggschiffs der österreichischen Printmedien, also der „Presse“, hat dieser Tage Andreas Mölzer, Herausgeber der Zur Zeit , per E-Mail wissen lassen, dass man von ihm in der Presse keine Gastkommentare mehr nehmen werde.

Grund dafür sei die überaus unfreundliche Qualifizierung einer „respektablen“ „Presse“-Mitarbeiterin in Zur Zeit. Nach näherem Nachsehen wurde man fündig: Zur Zeit-Mitarbeiter Erich Körner-Lakatos hatte über die antigriechischen Ausschreitungen in Istanbul im Jahre 1955 durch die Türken geschrieben und kritisiert, dass diese in einem „Presse“-Beitrag von besagter Redakteurin verharmlost worden seien. Es seien bloß einige Geschäfte geplündert worden und harmlose Übergriffe gewesen. Körner-Lakatos wies darauf hin, dass diese seinerzeitigen Ereignisse in seriösen Zeitungen, wie etwa der „Frankfurter Allgemeinen“ durchaus als ganz realer Terror qualifiziert worden seien und hat dann polemisch die Frage in den Raum gestellt, ob sich „Die Presse“ zur „Stimme Erdogans“ herabwürdigen lasse, und das war Herr Burkhard Bischof dann eben zu viel.

Mölzer Hinweis, dass er zwar Herausgeber der Zur Zeit sei, nicht aber deren Zensor, ändert an den Dingen natürlich nichts und auf die an ihn von Bischof brieflich gestellte Frage, warum er denn überhaupt unbedingt in einem Blatt publizieren wolle, dass seiner Ansicht nach offenbar „die Stimme Erdogans sei“ gab es schon keine Erwiderung. Erklärlich ist dies allerdings, wenn man sich die doch einigermaßen lang andauernde Geschichte der Beziehung zwischen Andreas Mölzer und der „Presse“, vergegenwärtigt.

Treffen mit Otto Schulmeister

Begonnen hat alles mit einem Gespräch im Schwarzen Kameel im Wien der späten 80er-Jahre: Otto Schulmeister, Chefredakteur, später Herausgeber der „Presse“ und Doyen des österreichischen Journalismus, hatte den jungen Grundsatzreferenten und Vorsitzenden des Freiheitlichen Bildungswerks Andreas Mölzer zu einem diskreten Mittagessen eingeladen. Dieses vom jungen Publizisten und Politikberater Mölzer als große Ehre betrachtete Gespräch gipfelte in der Frage Otto Schulmeisters, ob denn Jörg Haider, Mölzers damaliger Chef, „eine catilinarische Persönlichkeit“ sei. Anlass für die damalige Mittagseinladung war Haiders Aussage von der österreichischen Nation als „Missgeburt“, was den durchaus „deutschbewussten“ christlich-konservativen Schulmeister nicht teilnahmslos lassen konnte.

Ein Jahrzehnt später, Mölzer hat  sich indessen bereits mehrfach mit Haider überworfen, schrieb er als FPÖ-Dissident seinen ersten Gastkommentar „Vom Glanz und Elend des Populismus“ für die „Presse“. Haider-Kritik von einem Freiheitlichen, das war gewissermaßen die Eintrittskarte für die etablierten Medien. Und der damalige Chefredakteur Andreas Unterberger, ein hochseriöser und hochgebildeter, wenn auch ein wenig spaßfreier Konservativer, der ein würdiger Nachfolger von Otto Schulmeister und Thomas Chorherr war, lud Mölzer darauf ein; unter der neuen Rubrik „Quergeschrieben“ ständige Kommentare für die Presse zu verfassen – immerhin für ein Honorar von Schilling 1.000,- pro Kolumne und das nahezu wöchentlich.

In dieser Zeit von 1998 bis 2004 war Mölzer auch ständiger Kolumnist der größten Tageszeitung des Landes der auflagenstarken „Kronen Zeitung“. Im Einvernehmen mit dem alten Hans Dichand konnte er da neben seinen „Presse“-Kolumnen wertkonservative und nationalliberale Positionen vor einem Millionenpublikum vertreten und damit am politischen Diskurs der Republik teilnehmen. Bereits durch Mölzers Tätigkeit als Kulturbeauftragter des Landes Kärnten unter dem Landeshauptmann Haider und vollends dann später mit seiner Wahl über einen Vorzugsstimmenwahlkampf ins EU-Parlament im Jahre 2004, wurde diese Kolumnisten-Tätigkeit schwieriger. Mit einer Fülle mit Gastkommentaren konnte er allerdings immer wieder dann hervortreten, wenn er in direkte Konfrontation mit dem Bärentaler geriet, so etwa im Jahre 2005 bei der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ. Von der „Presse“ über die „Kronen Zeitung“ bis hin zu „Standard“ und „Falter“ fanden sich da Mölzer‘sche Gastkommentare, ergänzt durch Diskussionsauftritte in den Talkshows von Funk und Fernsehen. Und immer wieder nahm er auch die Gelegenheit wahr, in gewissen Abständen in der „Presse“ zu publizieren. So überlebte er im wahrsten Sinne des Wortes den Wechsel der Chefredakteure. Als Andreas Unterberger in die „Wiener Zeitung“ weggelobt wurde, wurde der ursprünglich von der „Kärntner Kirchenzeitung“ kommende (und schon von damals her wegen des gleichen Drucktermins der „Kärntner Nachrichten“ und der Kirchen Zeitung in der Druckerei Carinthia mit Mölzer bekannte) Michael Maier Chefredakteur. Nach dessen Scheitern kam Michael Fleischhacker den Mölzer schon von der „Kleinen Zeitung“ her kannte und den ihm indirekt Bischof Kapellari als einer der Eigentümer des Styria Verlags als Qualitätsjournalisten empfohlen. Mölzer blieb der „Presse“ treu bis hin zum umtriebigen Rainer Nowak, der der „Presse“-Redaktion nun mehr vorsteht.

Teilnahme am konservativen medial-politischen Diskurs

Und immer war Andreas Mölzer bemüht, an jener Form des tendenziell eher konservativen medial-politischen Diskurses teilzuhaben, der über die „Presse“ eben möglich war. Gewiss als langjähriger Chefredakteur und dann Herausgeber einer eigenen Wochenzeitung verfügte er über eigene publizistische Öffentlichkeit, aber Zur Zeit als nationalliberales und wertkonservatives Nischenprodukt erreicht eben auch nur ein relativ kleines Segment der politischen Öffentlichkeit. Deshalb auch die Bereitschaft Mölzers, darüber hinaus in möglichst vielen anderen Medien Positionen zu setzen.

So waren es also mehrere hundert Gastkommentare, die Andreas Mölzer neben seiner anderen publizistischen Tätigkeit und neben seinem politischen Mandat in der „Presse“ veröffentlichte. Abgesehen von Andreas Unterbergers anfänglichen Schilling  1.000,– honorarfrei und stets unter pflichtschuldigster Bezeugung jener Devotion – was es denn für eine Ehre sei, in der „Presse“ abgedruckt zu werden – die für publizistisch-politische Schmuddelkinder gegenüber den Medien des Establishment eben von Nöten ist.

Und das war’s dann halt. Otto Schulmeister ist tot und mir ist auch schon schlecht.

Andreas Mölzer


Der Krieg der Kulturen – asymmetrisch

29. Dezember 2016

Das Jahr 2016 – ein Jahr des metapolitischen Wandels

Im anbrechenden Zeitalter des Chaos gibt es den Kampf der Kulturen in vielerlei Weise. Er ist die unmittelbare brutale und gnadenlose Konfrontation der Zivilisationen, der ihnen nahestehenden Ideologien. Da ist das Aufeinanderprallen der großen Religionsgemeinschaften, insbesondere der islamischen mit der christlichen Welt. Da ist der Kampf zwischen Arm und Reich, zwischen unterentwickelten Mangelkulturen und hedonistischen Wegwerf-Zivilisationen, die im Überdruss des Überflusses vegetieren. Und es ist innerhalb der westlichen Industrie­nationen der sich künftig wohl gnadenlos zuspitzende Kulturkampf zwischen Politisch-Korrekt und dem Establishment auf der einen Seite und den Unangepassten auf der anderen Seite.
Dieser Kampf der Kulturen ist ein Teil der Globalisierung und er ist gleichzeitig ein Aufstand gegen die Globalisierung. Er ist der Existenzkampf der Veränderungsverlierer und noch viel mehr der Überlebenskampf der Globalisierungsgewinnler, die in ihrem Elfenbeintürmen möglicherweise bald nicht nur um ihre Aktiendepots, sondern auch um ihre DNA-Speicher und die Garantiezertifikate für das ewige Leben bangen müssen. Im Zeitalter des Chaos ist der „bellum omnium contra omnes“ nicht mehr die Ausnahme, sondern der Regelfall. Und nachdem laut Heraklit der Krieg „der Vater aller Dinge“ ist, werden in den Verteilungskämpfen der unmittelbaren Zukunft jene überleben, die sich am besten dafür rüsten. Geistig, argumentativ und die eigene ethische Legitimation betreffend, aber auch ganz real, materiell und martialisch waffentechnisch.
Bei zehn Milliarden Erdenbürgern und ständig knapper werdenden Ressourcen, bei elektronischer Omnipräsenz und Omnipotenz ist das sublim gehandhabte Recht des Stärkeren eben zweifellos der letzte ethische Maßstab.
Ob die europäischen Völker angesichts solcher Entwicklung in ihrer Dekadenz – biologisch wie kulturell – auch nur die Kraft zur Teilhabe am Überlebenskampf des 21. Jahrhunderts aufbringen werden, ist zumindest zweifelhalft. Gewiss, die europäischen Völker befinden sich angesichts der Globalisierung, der Massenzuwanderung und der Auswüchse des Neoliberalismus im Notwehrmodus. Sie bringen allenthalben politische Kräfte hervor, die diesen Notwehrmodus artikulieren. Eine neue, diesem Notwehrmodus entsprechende Politik aber, sprich der Durchbruch dieser systemkritischen und systemüberwindenden Kräfte und eine wirklich am Überleben der Völker orientierte Politik derselben, ist längst noch nicht der Fall. Im Gegenteil, jüngste Wahlergebnisse und zu erwartende der unmittelbaren Zukunft deuten darauf hin, dass das Establishment zwar mit dem Rücken an der Wand kämpft, aber mittels medialer Manipulation, machtpolitischer Machination und massenpsychologischer Mechanismen zu überleben vermag.
In unserer kleinen Welt in der Alpenrepublik sind die Wiener Wahl des Vorjahres und die jüngste Bundespräsidentenwahl Belege für diese These. In der Bundesrepublik Deutschland wird es wohl die nächste Bundestagswahl sein, bei der Angela Merkel von der Mutti zur Großmutti der Nation (welcher Nation?) werden dürfte. Und ein politisch korrektes Volksfrontbündnis wird wohl auch Marine Le Pen in Frankreich zu verhindern wissen.
Dennoch war das Jahr 2016 ein Jahr der metapolitischen Wende. Allein zwei internationale Großereignisse, das Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich und die US-amerikanische Präsidentschaftswahl machten dies deutlich. „Make America great again“ postulierte Donald Trump im Zuge seines Wahlkampf und meinte damit wohl die Vereinigten Staaten der „WASP“, der „White Anglo-Saxon Protestants“, die er zu retten gedenke. Ob diese angesichts der längst nicht eingedämmten Flut von Latino-Zuwanderern und des Geburtenreichtums der farbigen Bevölkerung eine Chance haben, muss aber auch bezweifelt werden. Dennoch muss Trumps Politik nicht zwangsläufig als bloß „retro“ gewertet werden, da sie sich vielleicht als eine stringente Klientelpolitik für eben diese Bevölkerungs- und Wählergruppe herauskristallisieren könnte, die jenseits der quantitativen Demokratie eine Überlebensbasis nicht im nationalen Gesamtzusammenhang, sondern in einer tribalistischen Sonderentwicklung ermöglichen könnte: Das „weiße Amerika“ als sozioökonomischer und soziokultureller Sonderkörper, der seine Interessen in einem quantitativ-demokratisch längst nicht mehr zu dominierenden Staatswesen zu behaupten vermag.
Und nachdem dieses Staatswesen die einzige militärische Supermacht des Planeten darstellt, ist die Frage, wer dort den dominanten Bevölkerungsbereich darstellt, auch bei tendenziellem Isolationismus der Trumpschen Politik von weltpolitischer Bedeutung. Ob Donald Trump und jene Hardliner, die er offenbar gewillt ist, in sein Regierungsteam zu berufen, in der Folge auch natürliche Verbündete jener Kräfte innerhalb anderer westlicher Industriestaaten darstellen, die für die Erhaltung der soziokulturellen Identität ihrer jeweiligen autochthonen Bevölkerung eintreten, wird sich weisen. Die Chance dazu besteht jedenfalls, und Trumps offen gezeigte Sympathien für die Brexit-Betreiber im britischen Mutterland, aber auch für die konservativ-nationalistische Politik eines Wladimir Putin in Russland deuten zumindest darauf hin. Europäische Politiker wie etwa der Ungar Viktor Orbán, dessen Trump-Begeisterung er ja deutlich und offen gezeigt hatte, scheinen jedenfalls davon auszugehen, dass die neue US-Regierung so etwas wie ein Verbündeter im neuen globalen Ringen um geopolitische und metapolitische Neupositionierung sein wird.
Insgesamt scheint es eine politische und soziokulturelle Naturgesetzlichkeit darzustellen, dass die zunehmende Globalisierung und die Europäisierung als Gegenbewegung so etwas wie eine Stärkung der kleinräumigen, authentischen und autochthonen Elemente nach sich zieht. Einerseits ist es eine Rückbesinnung auf den traditionellen, historisch gewachsenen Nationalstaat, andererseits auf kleinräumige Kommunikations- und Mobilitätsbereiche, die man im weitesten Sinne als „Heimat“ umschreiben könnte, was den Menschen Verankerung, Verwurzelung und Sicherheit im eigenen wohlbekannten Bereich gewährt. „Heimat ist Tiefe, nicht Enge“, hat der verstorbene Grazer Volkskundler Hanns Koren einmal formuliert. Und diese Tiefe, die der Mensch offenbar in seiner kulturellen, aber auch politischen Existenz sucht, stellt den unmittelbarsten und klarsten Gegensatz zur oberflächlichen Weite der Globalisierung dar.
Derlei Tiefenbindung und Verwurzelung ist naturgemäß nicht ganz so einfach erhältlich und erlebbar, Heimat wächst den Menschen also über Generationen, über „Blut, Schweiß und Tränen“ zu und ist durch allzu opportunistische Einwanderung in möglichst lukrative Sozialsysteme innerhalb kürzester Zeit nicht zu erlangen. Im Gegenteil, der Begriff Heimat und deren inhaltliche Qualität werden durch politische wohlfeile Geschenke, wie sie etwa die vielzitierte Willkommenskultur in Deutschland und Österreich darzubringen pflegt, gefährdet, wenn nicht gar entwertet. Entwertet und gefährdet für ihre eigentlichen Inhaber, für jene Menschen, die sie sich erarbeitet und über Generationen und durch lebenslange eigene Mühe erworben haben.
Der asymmetrische Kampf der Kulturen, der auch innerhalb der westlichen Industriegesellschaften stattfindet, ist also in hohem Maße auch ein Kampf um Heimat. Die zuwandernden Menschenmassen suchen natürlich nicht nur nach besseren materiellen Lebensbedingungen, sondern auch nach sozialer und kultureller Beheimatung.
Dieser Kampf ist ebenfalls ein asymmetrischer Kampf der Kulturen, da es bei dieser geistigen Beheimatung natürlich auch um die Religion der Menschen geht. Insbesondere, wenn diese aus Bereichen kommen, in denen Religion noch der zentrale geistige Faktor für das einzelne Individuum darstellt. Wie es in der islamischen Welt noch wesentlich häufiger der Fall ist als in der ehemals christlichen Welt, steht die religiöse Zugehörigkeit beziehungsweise Bedeutung der eigenen Religion im Mittelpunkt des geistlichen Lebens. Bedenkt man überdies, dass der Islam natürlich einen Kampfauftrag beinhaltet, der nicht nur in friedlicher Missionierung, sondern allenfalls auch in gewaltsamer Überwindung der „Ungläubigen“ besteht, so erkennt man klar, dass dieser asymmetrische Kampf der Kulturen sehr leicht einen realen kriegerischen Charakter annehmen kann.
Dazu kommt erschwerend der Faktor, dass die zuwandernden Menschenmassen keineswegs einer einheitlichen Kultur, Ethnie oder Sprachgemeinschaft zuzuordnen sind, sondern ihrerseits eine Vielzahl von Konflikten von ihren vormaligen Heimatregionen nach Europa und in die anderen westlichen Industriestaaten importieren. Der Konflikt zwischen Türken und Kurden ist nur ein Beleg, jener zwischen Schiiten und Sunniten ein weiterer. Man denke überdies an die Aversionen zwischen Indern und Pakistanis und jene zwischen diversen schwarzafrikanischen Stämmen. Hier tun sich in der neuen Zuwanderungsgesellschaft eine Vielzahl von Bruchlinien auf, die das Potential für endlose und vielfältigste Konflikte in sich bergen.
Klar ist aber, dass allen Zuwanderungskulturen gemeinsam so etwas wie ein gewisser aggressiver Charakter gegen die autochthone Kultur und autochthone Bevölkerung innewohnt, und zwar mit einer geradezu zwingenden Eigengesetzlichkeit. Die Verteilungskämpfe der Zukunft, bei denen es um die Ressourcen in Form staatlicher Transfergelder geht, aber auch um kulturelle Präsenz und Dominanz werden also eine Hauptkampflinie haben: jene zwischen Autochthonen und Migranten. Und zusätzlich wird es zahlreiche, einander überschneidende und überlappende Nebenkriegsschauplätze geben, die den permanenten kalten Bürgerkrieg prägen und den heißen zwischenzeitlich immer wieder – so wie wir es etwa in den Pariser Banlieues bereits gehabt haben – zum Ausbruch bringen.
Im Zeitalter des Chaos wird es aber darauf ankommen, wie weit sich Kräfte formieren, die in der Lage sind, neue Ordnungssysteme zu entwickeln und Zonen des sozialen- und kulturellen Friedens aufzubauen. Naturgemäß werden dazu auch historisch gewachsene Institutionen wie die herkömmlichen Nationalstaaten, aber auch supranationale Gebilde wie etwa die Europäische Union beziehungsweise das, was von ihr übrig bleiben wird, genützt werden müssen. Mühsam aufgebaute Strukturen nur zu zerschlagen, ist in diesem Sinne sinnlos und kontraproduktiv! Vielmehr ginge es um den Umbau dieser Strukturen und um deren Nutzbarmachung im Sinne neuer Friedensordnungen in ökonomischer, sozialer und auch machtpolitischer Hinsicht. Weiter existierende supranationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die OSZE und ähnliche, möglicherweise sogar Militärbündnisse wie die NATO, sind unter geänderten Umständen und unter geänderten Machtverhältnissen möglicherweise Trägerorganisationen für Neuordnung und Neuorientierung. Diesbezüglich werden jene politischen Kräfte, die den Notwehrmodus der europäischen Völker artikulieren, gefordert sein, ihrerseits ordnungspolitische Konzepte und metapolitische Wegweisungen zu erarbeiten. Die allzu berechtigte Fundamentalkritik alleine und die bis zur Subversion gehende Abwehrhaltung gegenüber den etablierten Systemen allein ist nur für die Zeiten der Opposition tauglich, nicht für jene der Neuordnung und des Neuaufbaus.
Wie sich die Vereinigten Staaten des Donald Trump entwickeln, wissen wir nicht. Welche Rolle das Vereinigte Königreich als transatlantischer Brückenpfeiler zwischen den USA und den Europäern spielen wird, ist auch ungewiss. Am wenigsten gesichert ist allerdings jene Perspektive, die ursprünglich der europäischen Integration zu Grunde lag, dass dieses sich einende Europa nämlich eine Insel relativen Friedens, relativer Freiheit und relativen Wohlstandes in einer zunehmend chaotischen Welt bleiben sollte beziehungsweise wieder werden müsste.