Österreich und Ungarn, verfreundete Nachbarn

5. August 2022

Da war nun also der ungarische Minister Präsident Viktor Orbán in Wien. Und die Mainstream-Medien und die linken Parteien haben natürlich aufgeheult. Da hieß es, er sei ein Autokrat, ein Putin-Versteher und ein notorischer EU-Querulant. Überhaupt sei sein Konzept von der illiberalen Demokratie der Weg in die Diktatur, und insgesamt müsse man sich fragen, ob dieser Orbán und seine Ungarn noch zu Europa gehören würden.
Jüngster Anlass für diese Orbán-Kritik war seine Rede, die er in Siebenbürgen gehalten hatte. Dabei habe er extreme und rassistische Positionen von sich gegeben, so hieß es in unseren Medien. Was aber hat Viktor Orbán dort wirklich gesagt. Eigentlich nur, dass die Ungarn Ungarn bleiben wollten, und nicht wie im übrigen westlichen Europa durch Massen Zuwanderung zu einer multiethnischen, multikulturellen Gesellschaft werden wollten.
Nachdem Orbán aber nun vor wenigen Tagen von Bundeskanzler Nehammer in Wien mit allen Ehren, die einem ausländischen Staatsgast gebühren, empfangen wurde, war die Kritik groß. Insgeheim mag Nehammer in Orbán durchaus ein Vorbild sehen, allein dafür ist er wohl zu schwach. Eines weiß Nehammer allerdings mit Sicherheit. Die Mehrheit der Österreicher, mit Sicherheit jedenfalls die Wähler der FPÖ und wohl auch die meisten Wähler der ÖVP dürften in Orbáns Politik auch für Österreich ein Vorbild sehen: Bedingungsloses Eintreten für das eigene Land und die eigene Bevölkerung, Erhaltung der eigenen Kultur, wenn es sein muss auch gegen die Vorgaben von Brüssel.
Insgesamt haben die Österreicher natürlich ein ambivalentes Verhältnis zu den Ungarn. Zwar lebten wir jahrhundertelang in einem gemeinsamen Staatswesen, die alten, durchaus zwischendurch auch überaus brutalen Konflikte sind aber deswegen nicht vergessen. Das begann schon bei der ungarischen Landnahme im 10. Jahrhundert. Zuerst fielen die Magyaren marodierend und plündernd bei uns ein, dann lehrten wir sie in der Schlacht auf dem Lechfeld Mores.
Später haben die Österreicher etwa nach der Revolution von 1848 tausende Ungarn, die den Aufstand gewagt hatten, an den Alleebäumen der Pußta hängen lassen. Und im Ersten Weltkrieg, so heißt es, haben die Ungarn den hungernden deutschen Österreichern kaum Lebensmittel geliefert. Andererseits aber haben wir nach dem Ungarnaufstand von 1956 wieder zehntausenden Ungarn Exil gewährt. Aber so ist das eben: Österreich und Ungarn sind so etwas wie verfreundete Nachbarn
Viktor Orbán jedenfalls dürfte weiterhin der Stachel im Fleisch des EU-Zentralismus bleiben. Er tritt als einsamer Rufer gegen die Russland-Sanktionen auf, er setzt sich als Einziger vehement gegen die anhaltende Massenzuwanderung nach Europa ein und er geißelt als einer der Wenigen die Dekadenz in den europäischen Demokratien westlichen Zuschnitts. Seine Familienpolitik ist beispielhaft, sein Patriotismus nicht zu leugnen und, was am wichtigsten ist, er hat die breite demokratische Zustimmung der ungarischen Bevölkerung. Also: Chapeau, Herr Orbán!


Erbfeind­schaften ­überwinden!

23. Juli 2021

Der lange Weg zur nationalen Internationale

Die Geschichte Europas, jene des früher so genannten „christlichen Abendlandes“, vom Ende der Antike bis herauf in unsere Tage ist geprägt von großen Gemeinsamkeiten der Kulturnationen, aber auch von andauernden, überaus blutigen und brutalen Konflikten. Als sich nach der Völkerwanderung die Grundgestalt der europäischen Völkerfamilien, eben die romanische Welt, die germanische Welt und die slawische, durchsetzt von Splittern alter Völker wie etwa der Basken und aufgemischt durch aggressive Zuwanderung wie etwa der Magyaren, herauskristallisierte, war dies von Anbeginn von kriegerischen Konflikten begleitet. Der Kampf um Territorien, um natürliche Ressourcen, um Macht- und Herrschaftsansprüche, der permanente Konflikt zwischen imperialem gesamtabendländischen Machtanspruch und territorialer Herrschaft und die Auseinandersetzung zwischen sakraler Macht und imperialer prägten die Entwicklung der europäischen Völker. So gesehen ist die gesamteuropäische Geschichte eine nahezu nahtlose Abfolge von Gefechten, Schlachten, Kriegen und gewaltsam ausgetragenen Konflikten.
Daneben gibt es allerdings auch ein gemeinsames geistiges Erbe, das – in unterschiedlicher Qualität und Stärke natürlich – nahezu von allen abendländischen Kulturnationen rezipiert und weiterentwickelt wurde. Da sind die griechische Philosophie, das römische Recht, der germanische Freiheitswille und der vom Judentum übernommene Monotheismus des Christentums. Diese geistig-kulturelle Gemeinsamkeit bündelt sich machtpolitisch am stärksten im Sacrum Imperium, dem Heiligen Römischen Reich, das später „deutscher Nation“ genannt wurde. Dieses christlich-katholische Abendland, dem vom Anbeginn die slawisch dominierte Orthodoxie Osteuropas gegenübersteht, spaltete sich nach der Reformation in einen katholischen und einen protestantischen Teil, der sich in den Glaubenskriegen bis hin zum Westfälischen Frieden gegenseitig zerfleischte. Und bei allen machtpolitischen Anta­gonismen, die dieses alte Europa, dieses christliche Abendland, zerrissen, gab es mit der islamischen Welt einen gemeinsamen geistlig-kulturellen, also religiösen, aber auch geopolitischen Gegner. Dieser stürmte im Frühmittelalter von Nordafrika kommend über die Iberische Halbinsel vor und im Spätmittelalter und in der Neuzeit dann über den Balkan.
Aus all diesen historischen Entwicklungssträngen kristallisierte sich im 18. und 19. Jahrhundert jenes europäische Gleichgewicht heraus, das die europäischen Großmächte bis hin ins Zeitalter der zwei Weltkriege im gegenseitigen Verhältnis ausbalancierte. Diese beiden Weltkriege indessen, die auch so etwas wie „europäische Bürgerkriege“ waren, und durch die jeweiligen Flankenmächte, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika und das kommunistische Russland, letztendlich gewonnen wurden, führten nach vielen Millionen Toten und der Zerstörung des halben Kontinents zur Einsicht, dass die blutigen Gegensätze zwischen den europäischen Völkern überwunden werden müssen. Der darauf aufbauende Integrationsprozess Europas konnte sich aber erst nach dem Zusammenbruch des Sowjetkommunismus und des Warschauer Pakts voll entfalten. Der solcherart entstehende Staatenverbund, der ursprünglich vorwiegend nach ökonomischen Prämissen konzipiert war als Wirtschaftsgemeinschaft und Zollunion, hat spätestens mit den Maastricht-Verträgen und mit der Wahl eines politischen Kurses hin zum Zentralismus, wenn nicht gar zum Projekt der „Vereinigten Staaten von Europa“, auch massive Gegenkräfte hervorgerufen. Gegenkräfte, die auch in einem integrierten Europa das Prinzip der nationalen Souveränität bewahren wollen und ihre kulturelle Identität nicht zu Gunsten eines europäischen Meltingpots aufgeben wollen. Träger dieses Widerstands gegen die Errichtung eines europäischen Superstaats sind logischerweise patriotische, nationalorientierte Parteien, aber nach der EU-Osterweiterung insbesondere auch die sogenannten „Visegrad-Staaten“.
Bereits bei Anbeginn der europäischen Integration in den Nachkriegsjahren war klar, dass diese nur durch einen Ausgleich unter den vormals untereinander führenden europäischen Nationen möglich sein würde. Natürlich waren dabei auch machtpolitische Überlegungen im Hintergrund wirkmächtig, wo es etwa bei der Montanunion, der sogenannten „Gemeinschaft für Kohle und Stahl“, darum ging, das deutsche Industriepotential unter Kontrolle zu halten. Bereits aber die 1957 gegründete europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG basierte im Wesentlichen auf der Überwindung der Erbfeindschaft zwischen Deutschen und Franzosen. Repräsentiert durch den Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, und den französischen Staatspräsident Charles de Gaulle, wurde diese Überwindung der Erbfeindschaft erarbeitet. Im Gegensatz zur EWG war im westlichen Verteidigungsbündnis NATO, das ja in sicherheitspolitischer Hinsicht nach wie vor neben dem integrierten Europa besteht, damals die Maxime vorhanden, dieses nordatlantische Bündnis sei in erster Linie dazu da, um die Sowjets draußen, die Deutschen unten und die Amerikaner drinnen zu halten.
Dass sich die EWG schließlich zur Europäischen Gemeinschaft und dann zur Europäischen Union entwickeln konnte, war neben der Überwindung der deutsch-französischen Erbfeindschaft das Zuschütten von vielerlei anderen Gräben, die historisch bedingt zwischen den europäischen Nationen bestanden. So war es beispielsweise in der Frühphase der EWG für die Beneluxstaaten notwendig, das Misstrauen gegenüber den Deutschen, unter denen man in zwei Weltkriegen gelitten hatte, abzubauen. Für Österreich galt es beim EU-Beitritt im Jahre 1995 die Südtirol-Problematik, die das Verhältnis zu Italien belastete, zu historisieren. Auch das historisch nicht immer einfache Verhältnis zwischen Franzosen und Briten bedurfte vor dem seinerzeitigen Beitritt des Vereinten Königreichs der Abklärung. Und vollends kompliziert wurde es mit der EU-Ostereiterung, wo das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen ein besonderes Problem darstellte, aber auch jenes zwischen Österreichern und Tschechen, das durch die Beneš-Dekrete bis zum heutigen Tag belastet ist. Aber auch das Verhältnis Ungarns zu seinen Nachbarstaaten, insbesondere zu Rumänien und zur Slowakei, war durch komplizierte historische Konflikte, insbesondere durch die gewaltigen Verluste an Staatsgebiet, die Ungarn durch den Frieden von Trianon zu verkraften hatte, belastet.
Nun sind historisch gegebene territoriale Ansprüche innerhalb der Europäischen Union längst obsolet geworden. Probleme mit ethnischen Minderheiten, die jeweils jenseits der Staatsgrenzen leben, gibt es aber dennoch. Und alte nationale Antipathien und Ressentiments gedeihen subkutan nach wie vor.
Und die jeweils innenpolitischen Erben dieser gegenseitigen Erbfeindschaften und Ressentiments, die ja auch einen guten Teil der jeweiligen nationalen Identität der europäischen Nationen ausmachen, sind natürlich jene politischen Bewegungen, die nationalorientierte patriotische Einstellungen vertreten. Aber auch diesbezüglich gibt es eine reiche Palette an historisch bedingten unterschiedlichen Haltungen. Der Rassemblement National, der frühere Front National, kultiviert beispielweise auch heute noch unter Marine Le Pen gewisse antideutsche Haltungen. Insbesondere, wenn es darum geht, die Politik der Bundeskanzlerin Merkel oder die Haltung Deutschlands in der Währungsfrage zu kritisieren. Andererseits war aber Jean-Marie Le Pens Front National auch ein Erbe des petainistischen Frankreichs, das bekanntlich mit den Deutschen kollaboriert hatte und damit von einer gewissen Deutschfreundlichkeit geprägt war.
Oder etwa der Vlaams Belang, der frühere Vlaams Blok, der in der Tradition jener flämischen politischen Kraft stand, die in zwei Weltkriegen mit den Deutschen sympathisierte, wenn nicht kollaborierte. Im Gegensatz dazu die patriotischen Parteien Hollands oder Dänemarks, die gegenüber deutschen Machtansprüchen immer kritisch eingestellt waren. Überhaupt ist es eine interessante historische Konstante, dass man zumindest unterschwellig den patriotischen Kräfte jener Länder, die in den zwei Weltkriegen an der Seite der Mittelmächte oder der Deutschen standen, auch heute noch eine gewisse Deutschfreundlichkeit zuordnen kann. Und dies zeigt sich auch nunmehr im Verhältnis der patriotischen Parteien der diversen EU-Staaten zueinander. Während die Kroaten und Ungarn und natürlich auch die österreichischen Freiheitlichen und der belgische Vlaams Belang, aber auch die Spanier und Italiener keine Probleme mit der deutschen AfD, der „Alternative für Deutschland“ haben, ist dies insbesondere mit der polnischen PiS-Partei völlig anders.
Wenn nunmehr also ein politischer Prozess im Gange ist, in dem sich jene politischen Kräfte der EU-Mitgliedstaaten, die gegen den Brüsseler Zentralismus und für die nationale Souveränität der eigenen Länder eintreten, einander annähern, ist dies nur möglich, wenn die alten historischen Hypotheken abgetragen werden und die vielfältigen und zahlreichen Gräben, die es zwischen den europäischen Nationen historisch bedingt gibt, zugeschüttet werden.
Politische Beobachter aus den Reihen der Mainstream-Medien konstatieren in diesen Tagen voller Häme, dass die Unterschiedlichkeiten zwischen jenen 16 Parteien, die die jüngste Deklaration der patriotischen Parteien auf EU-Ebene unterfertigt haben, viel größer seien als die Gemeinsamkeiten. Sie übersehen aber, dass es eben das Bestreben gibt, diese Unterschiedlichkeiten zu überwinden, die historischen Hypotheken abzutragen und dass es so etwas wie einen Minimalkonsens im Hinblick auf die wichtigsten Fragen gibt, der diese Gruppierungen eint.
Allen gemeinsam ist ihnen nämlich das Streben nach Erhaltung der eigenen nationalen, kulturellen und ethnischen Identität sowie die Erhaltung der nationalen Souveränität ihrer jeweiligen Staaten, bei einem durchaus positiven Bekenntnis zu einer rechtverstandenen europäischen Integration. Es geht ihnen nicht um die Zerschlagung der EU, sondern vielmehr um eine Reform derselben in Richtung auf ein gemeinsames und geeintes Europa der Vaterländer. Zusätzlich gemeinsam ist ihnen allen ein Eintreten für die eigenen Familien und eine pro-natalistische Politik sowie die Ablehnung der Massenmigration und des Asylmissbrauchs.
Allein diese Ziele sind von derartiger Bedeutung für den Fortbestand der europäischen Kulturvölker, dass sie die Überwindung alter nationaler Antagonismen, der alten Erbfeindschaften eben mehr als legitimieren. Historisch mehr als berechtigte Sorgen der Polen, beispielsweise zwischen der europäischen Führungsmacht Deutschland und dem immer selbstbewusster werdenden Russland Putins marginalisiert zu werden, sollten eine Kooperation mit der deutschen AfD künftighin nicht mehr unmöglich machen.
Und es sollte auch für die polnische PiS-Partei denkbar sein, das positive Verhältnis dieser europäischen patriotischen Parteienfamilie hin zu Putins Russland mitzutragen, dies deshalb, da Putin für sein Land ganz offensichtlich einen guten Teil jener Werte lebt, wie eben Patriotismus, Familiensinn und wertkonservative Haltungen, die eben die europäischen Rechtsparteien auch pflegen.
Das alte, eher zynisch anmutende Bonmot, dass nämlich Nationen keine Freunde, sondern Interessen hätten, mag zutreffen. Und es mögen diese Interessen der europäischen Nationen nach wie vor in vielerlei Hinsicht unterschiedlich sein. Ein zentrales gemeinsames Interesse teilen sie aber jedenfalls: Das ihrer Existenzerhaltung.
Und diese ihre Existenz als geistig-kulturelle, als sprachliche Identitäten und auch als politische Organisationsformen wird wohl nur gewährleistet werden können, wenn die europäischen patriotischen Freiheitsparteien in ihrem Kampf genau dafür erfolgreich sind. Und das wird nur gemeinsam möglich sein.


Die Vilimsky-Strategie

23. April 2019

Die Freiheitlichen integrieren Europas Rechtsdemokraten

Schon der Aufstieg der Freiheitlichen Partei unter Jörg Haider galt europaweit als Vorbild für rechte Oppositionsparteien. Allerdings war es Haider nach dem EUBeitritt Österreichs, der bekanntlich ja gegen die politischen Intentionen der FPÖ im Jahre 1995 erfolgte, kein Anliegen, mit ähnlich positionierten politischen Gruppierungen aus den übrigen europäischen Ländern in Kontakt zu treten. Im Gegenteil, er vermied es ausdrücklich. Dies zeigte sich insbesondere im Verhältnis zu den Vertretern des Front National unter Jean-Marie Le Pen, der zur gleichen Zeit ebenso erstarkte. Die freiheitlichen Vertreter im EU-Parlament, angefangen von Susanne Riess-Passer und Mathias Reichhold bis hin in der Folge zu Hans Kronberger und Daniela Raschhofer, hatten innerparteiliche Order, jeglichen Kontakt tunlichst zu vermeiden.
Dies änderte sich erst, als im Zuge des Niedergangs der Haider-FPÖ während der Regierungsbeteiligung mit der Volkspartei unter Wolfgang Schüssel im Jahre 2004 der Verfasser als alleiniger FPÖ-Mandatar in das EU-Parlament einzog.
Er nahm – zuerst gegen den ausdrücklichen Willen der Parteiführung, dann ab 2005 mit ausdrücklicher Unterstützung des neuen Parteichefs Heinz-Christian Strache – vom Anbeginn seines Mandats Kontakte zu Vertretern anderer oppositioneller Rechtsparteien auf. Es gelang ihm, insbesondere mit Jean-Marie Le Pen und Bruno Gollnisch als den wesentlichsten Vertretern des französischen Front National, aber auch mit den damaligen Vertretern der Lega Nord wie Mario Borghezio und den damals im EU-Parlament stark vertretenen Vertretern des Vlaams Blok unter Frank Vanhekke gute Beziehungen aufzubauen. In diesem Kreise mit dabei war Alessandra Mussolini, die in späteren Jahren dann mit Hilfe der konservativen Partei Berlusconis im italienischen Parlament saß.
Erste Treffen von Vertretern dieser politischen Bewegungen hat es bereits in der Ära der Haider-FPÖ auf Initiative Andreas Mölzers als Herausgeber der Wochenzeitung ZurZeit in Österreich gegeben. Dies hatte in der damaligen Parteispitze bei Susanne Riess-Passer, die ja als Vizekanzlerin in der österreichischen Bundesregierung saß, erhebliche Irritationen ausgelöst. Später, ab 2005, unter der neuen Parteiführung von Heinz-Christian Strache, war es nun möglich, auf offi zielle Einladung der FPÖ hin ein erstes Treffen offi zieller Parteienvertreter in Wien zu organisieren. Nach Vorschlägen von Andreas Mölzer wurde dabei eine sogenannte „Wiener Erklärung“ verabschiedet, auf deren Basis in der Folge im Jahre 2007 im Europäischen Parlament im Rahmen einer ersten authentischen Rechtsfraktion eine Zusammenarbeit zwischen rechtsdemokratischen und patriotischen Freiheitsparteien zustande kam. Unter den Namen „Identität, Tradition, Souveränität“ unter dem Präsidenten Bruno Gollnisch vom Front National schaffte es diese Fraktion immerhin, zwei Jahre parlamentarische Oppositionspolitik zu betreiben. In Folge des Streits zwischen den rumänischen Mitgliedern dieser Fraktion und Alessandra Mussolini zerbrach diese Fraktion dann allerdings.
In der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments von 2009 bis 2014 blieben die Freiheitlichen, wie ein Teil der anderen europäischen Rechtsparteien auch, fraktionslos. Hinter den Kulissen aber gingen die Intensivbestrebungen zur Vertiefung der Kontakte zwischen den europäischen Freiheitsparteien weiter. Neben der konsequenten Pfl ege der Beziehungen zum Front National – auch unter dessen neuer Führung mit Marine Le Pen –, der weiteren Intensivierung des Kontakts zum fl ämischen Vlaams Belang gelang es Mölzer mit ausdrücklicher Unterstützung von Bundesparteiobmann Strache, insbesondere die Beziehung zur italienischen Lega Nord, aber auch das Verhältnis zu den Vertretern der holländischen Freiheitspartei unter Geert Wilders und jenen der Dänischen Volkspartei und der Schwedendemokraten zu intensivieren. Zu diesem Zwecke wurde in Wien eine Reihe von europathemenbezogenen Parteientreffen organisiert.

Der Aufstieg einer neuen Rechtsfraktion

Wegen einer Medienkampagne im Zuge des EU-Wahlkampfes schied der Autor dieser Zeilen aus der aktiven Politik aus, und Harald Vilimsky übernahm die Leitung der freiheitlichen EU-Delegation. Mit einem Wahlergebnis von knapp 20 Prozent vermochte er insgesamt vier EU-Mandate zu erlangen und konnte somit mit neuer Stärke zum Motor der Einigung der europäischen Rechtsdemokraten und Freiheitsparteien im EU-Parlament werden.
Der ebenso massiv gestärkte Front National, der sich in der Folge Rassemblement National nennen sollte, und die ebenso massiv gestärkte Lega Nord wurden gemeinsam mit den Freiheitlichen und der Wilders-Partei aus den Niederlanden zum Zentrum einer neuen europäischen Rechtsfraktion, die sich „Europa der Nationen und Freiheit“, also ENF, nannte. Die österreichische Delegation unter Harald Vilimsky konnte sich als politischer und organisatorischer Motor dieser neuen Gruppe im Parlament profi lieren. Dies lag weniger an der Anzahl der österreichischen EU-Abgeordneten, die ja vergleichsweise zu den Italienern und Franzosen aufgrund der geringeren Bevölkerungsanzahl Österreichs relativ klein war, sondern an der Qualität der politischen Arbeit der Vilimsky- Delegation und insgesamt an der politischen Bedeutung der FPÖ.
Der Aufstieg der Freiheitlichen in Österreich selbst, die ja rund um das Jahr 2016 in allen Umfragen die stärkste Partei des Landes war, der freiheitliche Wahlerfolg im Herbst 2017 und schließlich der Eintritt der FPÖ in eine neue Mitte-Rechts-Regierung in Wien verschafften der FPÖ auch im Kreise der europäischen Rechtsund Freiheitsparteien ein beispielgebendes Renommee. Während das französische Rassemblement National bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich unterlag und damit zwischenzeitlich in eine Krise schlitterte, gelang es der Lega Nord, mit der eher linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung in Italien eine Regierung zu bilden. Seitdem schaffte es Lega-Chef Matteo Salvini, beinhart rechtskonservative Vorstellungen politisch umzusetzen.
Attackiert von den linksliberalen Mainstream-Medien quer durch Europa wurde Salvini so etwas wie das Aushängeschild der europäischen Rechtsdemokraten, die von ihren Gegnern als „Rechtspopulisten“ diffamiert werden. Aufgrund seiner Erfolge und seiner Popularität, insbesondere in der konsequenten Umsetzung seiner restriktiven Ausländerpolitik, vermochte Salvini und mit ihm die EU-Gruppe um Rassemblement National und FPÖ, verstärkte Kontakte zur konservativen Regierung Polens und insbesondere zur ungarischen Regierung und zur Fidesz-Partei Viktor Orbáns aufzubauen. Polen und Ungarn, die wegen ihrer patriotischen Politik seit Jahren ein Dorn im Auge der EU-Zentralisten sind, konnten in Salvinis Italien einen neuen Verbündeten für ihre Positionen finden. Das gleiche galt auch gegenüber Österreich unter der neuen Mitte-Rechts-Regierung von Bundeskanzler Kurz und FPÖ- Chef Heinz-Christian Strache. Insbesondere Österreichs Innenminister Herbert Kickl vermochte in Matteo Salvini einen kongenialen Innenminister eines EU-Landes zu finden. Die sogenannten Visegrád-Staaten, also Polen, Ungarn, die Slowakei und Tschechien, sowie Österreich und Italien bilden somit in der Europäischen Union eine bedeutende Staatenfamilie, welche der europäischen Integration in Zukunft eine neue Richtung geben könnte.
Insbesondere die Flüchtlingsinvasion des Jahres 2015 und die seitdem überbordenden Integrationsprobleme, vor allem in Deutschland, Österreich, aber auch in Frankreich und Italien, sind Motiv für eine solche neue Politik der Europäischen Union: Der Schutz der europäischen Außengrenze, der Stopp der illegalen Zuwanderung, die Erhaltung der Identität der europäischen Nationen und die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Stärkung der nationalen Souveränität der Mitgliedstaaten sind die Maximen einer solchen neuen Politik.

Vilimskys Einigungsstrategie

Dieser zu erwartende stärkere Wählerzuspruch für die Parteien der ENF-Fraktion ist es aber nicht alleine, was eine Veränderung der Machtverhältnisse im Europäischen Parlament und damit in der Europäischen Union insgesamt nach ziehen könnte. Es sind vielmehr die Verwerfungen im Zuge des Brexit, die sich in der politischen Landschaft des EU-Parlaments zwangsläufig ergeben, aber auch der Orientierungswechsel in Polen und Ungarn, der sich möglicherweise anbahnt, was die Verschiebung der Machtverhältnisse bewirken könnte.
Der Brexit mit Ende März des Jahres (bei Abfassung dieses Beitrags war noch nicht bekannt, ob er zu diesem Zeitpunkt stattfindet) oder auch eine kurzfristige Verschiebung des Brexits auf Ende Juni 2019 würde ja bedeuten, dass die Briten sich an der EU-Parlamentswahl nicht mehr beteiligen und dass es keine britischen Abgeordneten mehr im Europaparlament gäbe. Bislang waren ja die Abgeordneten der britischen Konservativen nicht in der Fraktion der Europäischen Volkspartei vertreten, sondern in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer. Diese Fraktion pflegte zwar zumeist mit der Europäischen Volkspartei zusammenzuwirken, sie war aber doch wesentlich EU-kritischer als die Volkspartei. Neben den Tories waren in dieser Fraktion bislang auch die polnischen Konservativen der PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski. Sollten nun die Briten ausscheiden, würde diese EU-Parlamentsfraktion naturgemäß zerbrechen und die starke polnische Gruppe – Polen ist eben auch ein großes EU-Land – würde mit einiger Sicherheit einer neuen vergrößerten Fraktion rechtdemokratischer Freiheitsparteien beitreten. Dies planen Vilimsky, Salvini und Marine Le Pen.
Ebenso verhält es sich mit jener EU-kritischen Rechtsfraktion, die sich bislang um die Abgeordneten der United Kingdom Independence Party (UKIP) scharte, die zuvor Nigel Farage, einer der wichtigsten Betreiber des Brexit, aufgebaut hatte. Sollten die UKIPAbgeordneten im Zuge des Brexit aus dem Europaparlament ausscheiden, würde wohl auch diese Fraktion zerbrechen und deren bisherige Mitgliedsparteien, insbesondere die skandinavischen Rechtsparteien, wohl auch zur neuen großen Rechtsfraktion von FPÖ und Lega und Rassemblement National stoßen.
Eine besonders wichtige Rolle könnten die deutschen Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) spielen, die allen Umfragen zufolge bei den Europawahlen dramatisch gestärkt ins EU-Parlament einziehen könnten. Zu dieser Gruppe hat insbesondere Harald Vilimsky in den vergangenen Jahren intensive Kontakte aufgebaut, die nunmehr Früchte tragen könnten. Deutschland als größtes EU-Land hat naturgemäß am meisten EU-Abgeordnete, was sich bei einem Wahlerfolg der AfD entsprechend auswirken würde.
Das bisherige Übergewicht des Rassemblement National, also der französischen Abgeordneten in der ENF-Fraktion, welches in der Vergangenheit bisweilen auch zu Problemen geführt hat, dürfte somit durch eine Vielzahl deutscher EU-Parlamentarier, italienischer aber auch polnischer, relativiert werden.
Dazu kommt die ungarische Option. Sollte die Fidesz von Viktor Orbán aufgrund ihrer EU-kritischen Politik und ihrer aktuellen EU-kritischen Wahlkampagne von der Europäischen Volkspartei ausgeschlossen werden, könnte noch eine größere Gruppe ungarischer Abgeordneter zur neuen Rechtsfraktion stoßen. Natürlich dürfte sich Viktor Orbán hüten, von sich aus den Austritt aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu betreiben. Die Vilimsky-Strategie läuft also darauf hinaus, im Europa-Parlament eine große Fraktion rechtsdemokratischer EU-Reform-orientierter Freiheitsparteien zu schaffen, welche den aktuellen Umfragen zufolge die Chance hätte, zur zweitstärksten Kraft im Europaparlament direkt hinter der Europäischen Volkspartei zu werden. Stärker als die Sozialdemokraten und überragend gegenüber den Grünen, den Liberalen und den Ultra-Linken.
Eine solche politische Kraft könnte naturgemäß massiven Einfluss nehmen auf die künftigen Politik der Europäischen Union, aber auch auf personalpolitische Entscheidungen. Die Wahl eines neuen Kommissionspräsidenten wäre in diesem Falle ohne Zustimmung der neuen großen Rechtsfraktion nur sehr schwer möglich. Und politische Projekte wie der Schutz der europäischen Außengrenzen würden eine völlig neue Dynamik erhalten. Dass eine solche Fraktion mit ihrer Absage an den Brüsseler Zentralismus auf eine verstärkte Position der Nationalstaaten innerhalb der EU hinarbeiten würde und insgesamt der europäischen Integration ein völlig neues Gesicht geben würde, ist auch klar.
Die Vilimsky-Strategie sieht nun vor, dass das Gesicht dieser Einigungsbewegung der Rechtsdemokratischen Freiheitspartei Europas der italienische Innenminister Matteo Salvini wird. Als dynamischer Repräsentant eines großen EU-Mitgliedstaates und als einer, der sich von den Dogmen der political correctness niemals abschrecken ließ, stellt er mit seiner volksnahen Hemdsärmeligkeit den neuen Typus des populären Rechtspolitikers dar, eine wirkliche Alternative zum Brüsseler Establishment, wie es bislang von EU-Kommissionspräsident Juncker repräsentiert wurde. Im Übrigen ist Salvini Regierungspolitiker und hat damit bewiesen, dass er nicht nur Oppositionskritik zu üben vermag, sondern auch in der Umsetzung konsequent und stark sein kann. Das gleiche trifft zwar auf Vilimsky zu, der als Generalsekretär der in Österreich mitregierenden FPÖ absolut auch als Regierungspolitiker angesehen werden muss, er ist aber eben der Vertreter eines kleinen EU-Staates und dürfte sich damit in kluger Selbstbescheidung mit der Rolle des Drahtziehers und Strategen im Hintergrund begnügen. Marine Le Pen, die natürlich ebenso Vertreterin eines großen EU-Staates ist, ist gerade erst dabei, sich innenpolitisch als staatstragende Oppositionsführerin wiederzufi nden, und die deutsche AfD ist vielleicht eine zu junge Partei, um eine Führungsrolle in so einer neuen europäischen Gruppe zu übernehmen. All das spricht für Salvini als logische Führungsfi gur. Die Überwindung der Anta gonismen – Eine solche Einigungsstrategie in der Folge eines möglichen Wahlerfolgs der europäischen rechtsdemokratischen Freiheitsparteien ist eine Sache. Aufgrund der vielfältigen Kontakte und Gespräche, die insbesondere Vilimsky, aber naturgemäß auch Marine Le Pen und Matteo Salvini in alle schon angeführten Richtungen geführt hat und aufgrund der strategischen Veränderung der politischen Landschaft im Europäischen Parlament nach dem Brexit wäre eine solche große Einigung auf eine gemeinsame Parlamentsfraktion und auf ein gemeinsames Agieren auf der EU-Ebene nicht nur möglich, sondern auch durchaus logisch. Nach einer solchen Einigung kämen allerdings erst die wirklichen Pro-bleme auf eine solche Rechtsfraktion zu.
Die rechtsdemokratischen Freiheitsparteien der EU-Mitgliedstaaten sind nämlich naturgemäß auch die hervorragendsten Vertreter der jeweiligen nationalen Identität dieser Mitgliedstaaten und sie sind auch die bewussten Erben der jeweiligen Geschichte dieser Mitgliedstaaten. Und sie sind damit auch Träger und Erben der alten, nationalen Gegensätze zwischen den europäischen Nationen, der historischen Antagonismen zwischen denselben.
Polnische Patrioten etwa misstrauen naturgemäß nationalbewussten Deutschen, welche möglicherweise nach wie vor mit einer gewissen Nostalgie auf die Territorien östlich der Oder und Neiße schielen. Und französische Patrioten rund um Marine Le Pen sind nicht selten von einem gewissen antideutschen Reflex bewegt, der sich zwar in den letzten Jahren primär gegen die Politik Angela Merkels richtete, der aber wohl auch den Vorstellungen von Vertretern der Alternative für Deutschland widersprechen könnte. Dies sind nur einige Beispiele für die zahlreichen historisch gewachsenen Gegensätze und Belastungen, die es zwischen den europäischen Völkern offen oder auch nur unterschwellig bis zum heutigen Tage gibt. Abgesehen davon gibt es gewaltige strukturelle Unterschiede zwischen den möglichen Schwesterparteien in einer solchen neuen EU-Rechtsfraktion: Da sind beispielsweise die Franzosen des Rassemblement National absolute Etatisten, die für ethnische Minderheiten keinerlei Verständnis aufbringen. Für zentralistisch orientierte Franzosen sind Autonomieforderungen, etwa der Bretonen oder der Elsässer oder der Korsen, völlig irrelevant. Im Gegensatz dazu ist die Lega Nord in Italien ja ursprünglich eine regionalistische Partei gewesen, die für Norditalien einen eigenen Staat namens Padanien propagiert hat. Und der Vlaams Belang in Belgien wäre gar eine separatistische Partei, die eigentlich eine Loslösung Flanderns in Belgien im Auge hatte. Aus solch grundsätzlichen Positionierungen resultieren naturgemäß eine Fülle von politisch gegensätzlichen Folgerungen und Forderungen. Daraus ergäbe sich allerdings als logische Konsequenz, dass sich eine solche EUParlamentsfraktion, aber auch insgesamt die Kooperation der dahinter stehenden Parteien auf eine gewisses Minimal-Programm und einen gewissen Minimal-Konsens einigen müssten.
Die Vilimsky-Strategie läuft nun auf jenes Prinzip hinaus, das auch in der Regierungserklärung der gegenwärtigen österreichischen Bundesregierung festgelegt ist: Die Europapolitik hat sich primär nach dem Prinzip der Subsidiarität zu orientieren. Das heißt also, dass gemäß dem Subsidiaritätsprinzip alles das, was auf kommunaler Ebene bestimmt und beschlossen werden kann, dort geschehen soll, das, was auf regionaler Ebene, etwa auf Bundesländerebene gemacht werden kann, genau hier zu geschehen hat, dass also die nationalstaatliche Kompetenz unbestritten sein muss und nur jene Bereiche, die auf diesen untergeordneten Ebenen nicht erledigt werden können, auf der europäischen Ebene stattfinden sollten. Eine damit klar gegebene Absage an den Brüsseler Zentralismus und an das Projekt der „Vereinigten Staaten von Europa“ und somit die Stärkung der nationalstaatlichen Souveränität im Rahmen eines Europäischen Staatenbundes müsste also wohl das übergeordnete Ziel aller Mitglieder einer solchen neuen Parteienfamilie sein, überdies der Schutz der nationalen Identität der europäischen Völker durch rigorosen Schutz der EU-Außengrenzen und die Unterbindung jeglicher illegalen Zuwanderung. Dass die europäische Integration auf der Basis dieser Prinzipien weiterhin ein Hort für Frieden, Freiheit und Wohlstand in einer immer chaotischer werdenden globalisierten Welt bleiben muss, steht ohnedies außer Zweifel.

Und die nötige Wählerunterstützung?

Voraussetzung für all diese Entwicklungen und für die Vilimsky-Strategie insgesamt wäre allerdings eine entsprechende Wählerzustimmung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament selbst. 20 Prozent der Wählerstimmen bei einer Wahlbeteiligung von kaum 50 Prozent hieße, dass etwa die Hälfte des freiheitlichen Elektorats der vergangenen Nationalratswahlen den freiheitlichen EU-Kandidaten ihre Stimme zukommen ließe. Nicht unbedingt berauschend, allerdings verständlich, wenn man bedenkt, dass EU-Kritiker, wie sie den Kern der diesbezüglichen FPÖ-Wählerschaft ausmachen, dazu neigen, die Wahl zum Europaparlament zu vernachlässigen oder sogar abzutun.
Für die Freiheitlichen und insbesondere für Spitzenkandidat Harald Vilimsky wird es in erster Linie drum gehen, die möglichen Wähler und FPÖ-Sympathisanten überhaupt zu einer Wahlbeteiligung zu animieren. Diesbezüglich gäbe es nun bei den Europa-Wahlen des Jahres 2019 eine völlig andere strategische Ausgangsposition als bei den Wahlgängen zuvor.
Wenn der Autor bei den EU-Wahlen des Jahres 2004 mittels einer Vorzugsstimmenkampagne als Drittplatzierter auf der Kandidatenliste bei einem Wahlergebnis von sechs Prozent gerade ein Mandat für sich gewinnen konnte, um dieses Ergebnis im Jahre 2009 mit nahezu 14 Prozent mehr als zu verdoppeln, konnte Harald Vilimsky 2014 bereits mit nahezu 20 Prozent auf den damaligen Stand der freiheitlichen Wahlerfolge aufschließen. Und dies trotz des Umstandes, dass eben EUKritiker und EU-Skeptiker wenig motiviert sind, an solchen Wahlen überhaupt teilzunehmen. Diesmal im Jahr 2019 haben die Freiheitlichen unter Spitzenkandidat Harald Vilimsky trotz der Beteiligung an der Bundesregierung, die sich als proeuropäisch deklariert, unter allen wahlwerbenden Gruppierungen das Alleinstellungsmerkmal der EU-Kritik und den Anspruch, eine EU-Reform-Gruppe zu bilden. Kein Öxit also, nicht EU-Austritt, sondern Richtungswechsel in der Europäischen Integration, Reform der Union also, ist das Ziel.
Deklarierte EU-Gegner und Europa-Hasser, derer es laut Umfragen immer weniger im Land gibt, werden sich vielleicht also auch der freiheitlichen EU-Kandidatur versagen. EU-Kritiker allerdings könnten sich nach dem Motto „Wer Europa liebt, muss die EU kritisieren und verändern“ mit ihrer Stimme dem freiheitlichen Kandidaten anschließen. Und in diesem Jahr käme eine besondere Motivation dazu, nämlich die Chance, mit einer starken Rechtsfraktion im EU-Parlament, wie sie zuvor geschildert wurde, tatsächlich einen Richtungswechsel in Brüssel und in Straßburg durchzusetzen. Diesmal könnten die EU-Kritiker mit ihrer Stimme für die FPÖ und für Harald Vilimsky wirklich etwas bewirken. Eine starke Rechtsfraktion würde, wie gesagt, die europäische Politik von Grund auf ändern. Nicht die EU zerstören, sondern Europa durch einen Richtungswechsel in der europäischen Integration stärken und zukunftssicherer machen. Die 22 bis 24 Prozent, die gegenwärtig für die Freiheitlichen bei den kommenden EU-Wahlen prognostiziert werden, könnten noch erhöht werden. Die Aussage des freiheitlichen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache, wonach Vilimsky nicht nur der FPÖ-Spitzenkandidat für diese Wahl sei, sondern insgesamt jener Kandidat, der die europapolitische Linie der Bundesregierung umzusetzen gewillt sei, entspricht nämlichder Realität. ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas ist nämlich nach wie vor ein deklarierter Verfechter der „Vereinigten Staaten von Europa“ und des Brüsseler Zentralismus, was dem Regierungsprinzip der Subsidiarität in europapolitischen Fragen diametral widerspricht.
Dass Bundeskanzler und ÖVP Chef Sebastian Kurz Karas mehr oder weniger zwangsläufig wieder zum ÖVP-Spitzenkandidaten machen musste, resultiert alleinaus taktischen innerparteilichen Überlegungen innerhalb der ÖVP. Vilimsky könnte also mit einer moderaten, kritischen, aber doch konstruktiven europapolitischen Linie durchaus auch in das ÖVP Elektorat eindringen. Dass man seitens der linksliberalen Mainstream-Medien und seitens der Opposition und wohl auch seitens gewisser Kreise in der ÖVP im Zuge des Wahlkampfs immer wieder behaupten wird, Vilimsky habe sich für den Öxit ausgesprochen und seine politische PartnerinMarine Le Pen wolle die EU zerstören, ist sicher. Wahlkämpfe sind eben keine Wettbewerbe in intellektueller Redlichkeit. Ob sich aber der gelernte Österreicher als Wähler davon beeindrukken lässt, ist eine andere Frage. Die Vilimsky-Strategie könnte jedenfalls sowohl auf der großen europapolitischen Ebene als auch auf der Ebene der österreichischen Innenpolitik im Zuge des gegenwärtigen Wahlkampfgeschehens völlig neue Perspektiven eröffnen.


Polit-Hysteriker

4. April 2019

Vergangenen Montag hat geheim im Bundeskanzleramt der nationale Sicherheitsrat getagt. Einberufen wurde dieses höchst geheime Gremium, das rund um die fürchterlichen Anschläge von 9/11 in New York gegründet worden war, von der linken Opposition bereits vor einem guten Jahr. Anlass für das Zusammentreten des nationalen Sicherheitsrates war im Vorjahr das Liederbuch der Mittelschüler-Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt und in dieser Woche eine 1.500-Euro-Spende eines später zum Amokläufer gewordenen Australiers an einen österreichischen Aktivisten.
Die Staatsbedrohung des Vorjahres erwies sich nach Untersuchungen der Justiz als nicht verfolgungswürdig, da die degoutante Strophe in einem internen Liederbuch der Wiener Neustädter Burschenschaft bereits vor Jahren geschwärzt worden war. Von Gefährdung der Republik also keine Spur. Und was den dieswöchigen Anlass für das Zusammentreten des nationalen Sicherheitsrates betrifft, wird es wohl ähnlich ausgehen: Das von der linken Opposition an die Wand gemalte Schreckgespenst eines „rechtsterroristischen weltweiten Netzwerks“ dürfte sich als reine Phantasie erweisen.
So stehen wir also vor der grotesken Tatsache, dass die politisch ziemlich impotente linke Opposition mit breitflächiger medialer Unterstützung vom „Falter“ bis zum ORF aufgrund an sich lächerlicher Vorfälle den Staatsnotstand herbeizureden versucht. Und damit versucht sie nichts anderes, als aus dem mörderischen Amoklauf in Neuseeland rot–weiß–rotes innenpolitisches Kleingeld zu wechseln.
Und wenn just Linkspolitiker wie Peter Pilz, der aus der „Gruppe Revolutionäre Marxisten“ kommt, wo er noch die Weltrevolution gepredigt haben dürfte, sich darüber empört, dass der gegenwärtige Innenminister vor Jahren als Oppositionspolitiker bei einem nonkonformistischen Kongress ein zuwanderungskritisches Referat gehalten hatte, ist dies lächerlich. Der gelernte Österreicher dürfte schon wissen, was er davon zu halten hat, wenn da einer, der erwiesenermaßen besoffen testosterongesteuert seine Hände nicht von der umgebenden Damenwelt lassen kann, die politische Milch der faulen Denkungsart literweise verschüttet. Und so wird ein Gremium wie der nationale Sicherheitsrat zur Bühne für ideologische Heuchler degradiert. Was werden die Vertreter dieser politischen Kräfte einmal tun, wenn die Republik von einer wirklichen Katastrophe oder einer großen politischen oder militärischen Bedrohung gefährdet wird?


… liegst dem Erdteil du inmitten

17. März 2018

Österreich – Grenzland oder Zentrum Europas

Im Jahre 1919, als sich der Umfang und die Grenzen  der heutigen Republik Österreich endgültig herauszukristallisieren begannen, erschien dieses territoriale Gebilde den meisten zeitgenössischen Beobachtern eher absurd: Die Zwei-Millionen-Stadt Wien nahe der östlichen Grenze und im Westen die schmale Landbrücke bis zum Bodensee, abgetrennt Südtirol und – das war noch vor der Kärntner Volksabstimmung – womöglich der Verlust Südkärntens und mit Sicherheit jener der Untersteiermark. Gewiss noch absurder wäre es gewesen, wenn sich die im November 1918 gegründete Republik Deutsch-Österreich mit den sudetendeutschen Territorien halten hätte können. Aber auch dieses kleine, sich entlang der Alpen erstreckende Länderkonglomerat, das sich nunmehr Republik Österreich nennen musste, hatte kaum natürliche Grenzen.
Heute haben wir uns an die territoriale Gestalt unseres Staatswesens gewöhnt, wobei wir durch den EU-Beitritt des Landes und durch die EU-Osterweiterung wiederum in eine geopolitische Mittellage innerhalb  des sich integrierenden Europas gekommen sind. In geopolitsicher und historischer Hinsicht war es ja stets die Frage, ob dieser Raum, den heute die Republik Österreich umfasst, Grenzland oder europäisches Zentrum darstellt. Die sich gegenwärtig andeutende Spaltung der EU in einen westlichen und östlichen Teil, der sich in Form der Visegrád-Staaten organisiert, zeigt allerdings, dass Österreich sich sehr rasch wieder in einer Grenzlandsituation wiederfi nden kann.
Die historische Entwicklung des Raumes hat Österreich, konkret die römischen Provinzen Binnennoricum und Ufernoricum, zu Anbeginn in eine Grenzlandsituation gestellt. Mehrere Jahrhunderte lang verteidigten die Römer an der Donau das Reich gegen Barbarenvölker wie die Markomannen und die Quaden. Dann, in fränkischer Zeit, war Karantanien für das Frankenreich Überschneidungsbereich zwischen germanisch-deutscher und alpenslawischer Welt, und dann später für das junge römisch-deutsche Reich war es schon Ostmark, Grenzmark also. Eine Grenzmark, die dann die Babenberger im Zuge der deutschen Ostkolonisation Schritt für Schritt donauabwärts in den slawischen und magyarischen Raum hineinschoben.
Bis hinein in die Zeit der Türkenkriege blieb dieses Österreich – auch das habsburgisch beherrschte Grenzlandbollwerk des Reiches im Osten, insbesondere gegen den osmanischen Vorstoß in Richtung Mitteleuropa. Die Steiermark nannte sich – auf der oststeirischen Riegersburg  kann man dies nachlesen – „Hofzaun des Heiligen römischen Reiches“, und insgesamt waren die habsburgischen Erblande in den Alpen und an der Donau so etwas wie ein Bollwerk der Christenheit gegen den osmanisch-islamischen Vormarsch. Das zweimal belagerte Wien und sein erfolgreicher Widerstand wurden zum Symbol für diese europäischechristliche Abwehrleistung.
Schon durch die Heiratspolitik des Habsburgers Maximilian wurde das Land aber auch zum Zentrum eines habsburgisch beherrschten Konglomerats an Territorien, das dem böhmischen Norden, die freien Teile Ungarns und auch Gebiete im Süden bis an die dalmatinische Küste umfasste. Vollends durch die siegreichen Türkenkriege des Savoyen-Prinzen Eugen wurden die heutigen österreichischen Lande zum Zentrum eines bis in den Karpatenbogen nach Galizien und im Süden in das serbische Siedlungsgebiet reichenden Herrschaftsgebiets. Zentrum deshalb, weil der habsburgische Anspruch auf politische Führung durch ihre Funktion als deutsche Könige und römisch-deutsche Kaiser natürlich auch für das gesamte Reichsgebiet galt.
Diese zentrale Rolle vermochten die deutschen Erblande der Habsburger mit dem Zentrum der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien bis zum Ende der Monarchie zu spielen. Natürlich war die Niederlegung der Reichskrone während der Napoleonischen Zeit durch Franz II. und die Errichtung des „Kaisertums Österreich“ ein Bruch, der das Schwergewicht für die gesamtösterreichische Staatlichkeit nach Osten verschob. Das Territorium der Erblande an der Donau und den Alpen wurde somit zur westlichen Peripherie dieses Kaisertums Österreich, zumindest in rein staatsrechtlicher Hinsicht. Die Mitgliedschaft der Habsburger Monarchie im Deutschen Bund bis 1866 und danach das Bündnis mit dem neuen Wilhelminischen deutschen Kaiserreich bewirkte jedoch, dass die deutschen Erblande der Monarchie insgesamt für die Mittelmächte in einer gewissen zentralen Position verblieben, wobei sie auch eine Brückenfunktion vom deutschen Raum in den slawischen und magyarischen Raum erlangten.
In beiden geopolitischen Rollen ergeben sich Möglichkeiten, eine solche Brückenfunktion auszuüben. Auch Grenzen sind ja kaum jemals hermetisch geschlossen, und grenzüberschreitender Austausch wirtschaftlicher und kultureller Natur läuft eben zwangsläufig über besagtes Grenzland. In einer Mittel- und Zentrallage allerdings kann eine solche Brückenfunktion wesentlich aktiver, gezielter und nachhaltiger wahrgenommen werden. Wien und die deutschen Erblande der Habsburger konnten diese Brückenfunktion, die Funktion des kulturellen und ökonomischen Austauschs, natürlich in der Monarchie und zuvor noch im Deutschen Bund beziehungsweise im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation in einer Art und Weise wahrnehmen, welche in den Phasen des Grenzlandes oder gar des Bollwerks nicht oder kaum möglich war. Durch diese Brückenfunktion und den damit verbundenen Austausch entwickelte sich ja erst das spezifisch Österreichische im Kultur- und Geistesleben, das, was insbesondere in den späten Jahrzehnten der Monarchie die kulturelle Dimension von „Wien um 1900“ bedeutete.
Über lange Jahrzehnte in der Phase des Kalten Krieges war Österreich wieder Grenzland, am Eisernen Vorhang gelegen, der die nördliche, östliche und auch einen Teil der südlichen Grenze des Landes umfasste, war Schaufenster, aber auch so etwas wie ein Bollwerk des freien Westens, hineinragend in die kommunistische Welt des real existierenden Sozialismus. Der Staatsvertrag von 1955 und die Neutralitätserklärung Österreichs zeitigten aber auch eine andere geopolitische Funktion der Republik. Gemeinsam mit der Schweiz waren sie nämlich so etwas wie ein neutraler Riegel in Mitteleuropa, der die NATO-Staaten im Norden, insbesondere die Bundesrepublik, von NATO-Mitgliedern im Süden trennte.
Wenn heute Österreich unter der neuen Mitte- Rechts-Regierung in vielen politischen Fragen ähnliche Haltungen einnimmt wie die Visegrád- Staaten, also wie Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei, so könnte dies eine neue Hinneigung der Republik zu jenem historischen Raum bedeuten, den einst die Habsburger Monarchie umfasst hatte.
Vordergründig mag es in erster Linie eine ähnliche Haltung in der Problematik der Massenzuwanderung und des Asylwesens sein, was Österreich zunehmend nach Osten blicken lässt. Darüber hinaus aber sind es insgesamt zweifellos historische und kulturelle Traditionsstränge, welche die mitteleuropäische Variante für die geopolitische Positionierung Österreichs wieder in den Raum stellen. Das, was in den 80er und 90er Jahren von Politikern und Autoren wie Busek und Brix im Zusammenhang mit dem historisch-territorialen Phänomen Mitteleuropa stets gefordert wurde, nämlich eine verstärkte Hinwendung Wiens in Richtung Prag, Budapest und Preßburg anstelle einer allzu starken Orientierung an den bundesdeutschen Nachbarn konnte nunmehr Realität werden.
Kurioserweise allerdings wird dies nunmehr von den linksliberalen Mainstream-Medien im Westen als Hinwendung zur „illiberalen Demokratie“ eines Orbán und eines Kaczynski gegeißelt. Im Gegenteil, eine nähere Hinwendung Österreichs an die Visegrád-Staaten müsste vielmehr eine Stärkung der liberalen und demokratischen Traditionen in den betreffenden Ländern bedeuten, wenn diese nach der sowjetkommunistischen Zwangsherrschaft und einer chaotischen Phase des Übergangs nunmehr von starken – vielleicht allzu starken – patriotischen Parteien regiert werden. Der österreichische Einfluss könnte sie dazu bewegen, dennoch Gewaltenteilung, liberale Medienvielfalt und die Unabhängigkeit einer rechtsstaatlich orientierten Justiz zu respektieren.
Tatsache bleibt aber jedenfalls, dass Österreich sich neben der Orientierung am großen Bruder Bundesrepublik Deutschland eine weitere ost- und mitteleuropäische Option aufgetan hat. Zu beleuchten wäre allerdings noch eine weitere geopolitische Variante, nämlich die „der Insel der Seligen“, wie Papst Paul VI. Österreich 1971 bezeichnete.
Diese Vorstellung war und ist natürlich verlockend. Allein, sie hält vor der Realität nicht stand. Das Phäaken-Dasein immerwährend neutraler Alpenrepublikaner mochte zwar im Hinblick auf den Wohlstand und das österreichische Wirtschaftswunder realistisch gewesen sein, in Bezug auf Sicherheit und Unabhängigkeit war es das niemals. Im Falle einer militärischen Auseinandersetzung wäre die österreichische Neutralität nicht das Papier wert gewesen, auf dem sie gedruckt stand, man hätte wohl oder übel bei der NATO in München oder Heidelberg anrufen und um Beistand flehen müssen.
Überhaupt ist die Insel-Funktion nichts mehr als eine Illusion. In Zeiten der Europäisierung und Globalisierung ist das isolierte Dasein von staatlichen Gemeinwesen, sowohl von der Ökonomie her als auch von der Kommunikation und von der Mobilität der Menschen her absolut undenkbar. Die wahren Flüsse sind in den Zeiten des globalen Freihandels in erster Linie nur mehr durch den Markt beeinflussbar und kaum durch politische Entscheidungen einzelner Staaten.
Und die internationale Kommunikation über Medien und Internet machen an staatlichen Grenzen schon gar nicht halt. Österreich war und ist also von europäischen und weltweiten Entwicklungen niemals abgeschlossen gewesen und kann dies auch heute oder in Zukunft niemals sein. Internationale Krisen erfassen das Land genauso wie alle anderen Nationen, die europäische Konjunktur reißt das Land mit oder auch nicht, und allfällige sicherheitspolitische Gefahren, insbesondere militärische Krisen, tangieren die Österreicher genauso wie alle übrigen Europäer.
Heute scheint das Land wieder einmal vor der Entscheidung zu stehen, ob es primär seine europäische Mittellage nützen will oder ob es sich verstärkt seinen östlichen Nachbarn zuwendet. Die Idee, die europäische Mittellage insofern zu nützen, als man versucht hat, verstärkt EU-Institutionen ins Land zu bekommen, war bislang von wenig Erfolg gekrönt. Zwar hätte die EU-Osterweiterung denklogisch eine Verschiebung der Organisations- und Machtzentren der Union nach Osten, von der Achse Brüssel-Straßburg auf die Achse Berlin-Prag-Wien bringen müssen,  allein eine solche Verschiebung hat bislang nicht stattgefunden. Natürlich könnte ein ökonomisch und kommunikationsmäßig nach Deutschlang orientiertes Österreich mithilfe Berlins als kleiner und theoretisch neutraler Staat versuchen, jene Rolle einzunehmen, die in der 50er- und 60er Jahren Belgien, Luxemburg und eben das Elsass einzunehmen vermochten, nämlich Stätte europäischer und internationaler Organisationen zu sein. Für Berlin und die Bundesrepublik Deutschland, deren Dominanz zumindest in ökonomischer Hinsicht im neuen Europa unbestritten ist, hätte dies den Vorteil, dass die Optik eine bessere wäre, als wenn solche Institutionen auf deutschen Boden lägen, dass man aber in einem deutschsprechenden engverbunden Staat tätig wäre, allein für all dies gibt es kaum Ansätze.
Die Alternative wäre, wie gesagt, die Hinwendung zu den Visegrád-Staaten, wobei es durchaus als gefährliche Sache betrachtet werden kann, wenn Ungarns Viktor Orbán nun von einer neuen Spaltung Europas spricht, wobei er davon ausgeht, dass der Westen durch Massenzuwanderung und Dekadenz die eigenen Völker und Kulturen gewissermaßen aufgibt. Während der Osten, eben Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, womöglich Österreich und Staaten des Balkans so etwas wie eine volkserhaltende Politik betreiben und eine neue Einheit innerhalb der Union bilden würden. Dort, wo einst der Eiserne Vorhang verlief, würde man solcherart eine neue, zwar kaum sichtbare, dafür aber umso wirksamere Grenze hochziehen, wenn man solche Spaltungstendenzen zuließe. Insofern würde ein Österreich, das sich den Visegrád-Staaten zuneigt, in diesem Rahmen eher die Rolle der Mäßigung und des Verbindenden in Richtung Westen, in Richtung Berlin, Paris und Rom zufallen. Geopolitisch und auch geschichtspolitisch wäre das keine schlechte Rolle, da Österreich diese über Jahrhunderte bis hin zum Ersten Weltkrieg eingenommen hatte. Sicher ist jedenfalls, dass das Wahrnehmen geopolitscher Optionen, welcher auch immer, die künftige Entwicklung des Landes und seiner Menschen wesentlich beeinflussen wird.


Lauter Autokraten?

6. April 2017

Nun ist also der Serbe Vucic in Belgrad zum Staatspräsidenten gewählt worden. Ursprünglich sei er als Ultranationalist angetreten, nunmehr hat er sich zum EU-Befürworter gewandelt.
Auf jeden Fall aber – so die Mainstream-Medien – sei er der starke Mann der serbischen Politik und auf dem Weg, ein Autokrat zu werden. Und überhaupt wimmelt es in jüngster Zeit in Europa, aber auch darüber hinaus, nur so von Autokraten.
Hat es früher geheißen, in Weißrussland herrsche der letzte Diktator Europas, so hören wir jetzt, dass der Pole Kaczynski ein Autokrat sei (obwohl er nicht einmal Regierungschef ist), dass Viktor Orbán auf dem Weg sei, eine Autokratie in Budapest zu errichten.
Und von Wladimir Putin wissen wir sowieso, dass er alles andere als ein Demokrat ist, sondern eben auch ein solcher Autokrat.
Tatsächlich scheint es wieder die Tendenz zum „starken Mann“ zu geben. Ob es die Verunsicherung der Bürger in schwierigen Zeiten ist, die diese Tendenz herbeigeführt hat? Wir wissen es nicht. Tatsächlich wollen die Wähler – jawohl, es handelt sich dabei stets um demokratische Wahlen – Politiker mit Entscheidungskraft und Durchsetzungsvermögen, Politiker, die es auch wagen, mit harter Hand Entscheidungen herbeizuführen.
Dass das von der linksliberalen Presse bejammert wird, wundert uns nicht. Grotesk ist nur, dass von denselben Medien beklagt wird, dass es keine charismatischen politischen Persönlichkeiten mehr gibt, keine wirklichen Lichtgestalten, die den Menschen Orientierung zu geben vermögen.
Wenn dann aber solche Politiker auftreten, allzumal, wenn sie möglicherweise Patrioten oder gar Nationalisten sind, dann werden sie als Autokraten beschimpft.
Nun mag es zwar wie im Falle der Türkei, wo Präsident Recep Tayyip Erdogan tatsächlich so etwas wie eine islamische Diktatur errichten will, wirklich bedenkliche Entwicklungen geben, und dass Russland ein Staat ist, der nicht wirklich nach klassischen demokratischen Regeln regiert wird, wissen wir auch.
Was aber den serbischen Präsidenten und den ungarischen Regierungschef betrifft, oder auch die Situation in Polen, so ist das ständige Lamentieren von linksliberaler Seite unbegründet.
Wenn von rechter Seiter her volksnahe Entscheidungen getroffen werden, handelt es sich selbstverständlich um Rechtspopulismus.
Populismus von links hingegen wird als lupenrein demokratisches Verhalten qualifiziert. Und ähnlich verhält es sich mit den vielzitierten Autokraten.
Da wird immer wieder von der drohenden Entwicklung hin zu einer „gelenkten Demokratie“ schwadroniert, und insbesondere den patriotischen Parteien quer durch Europa – von der FPÖ bis zum Front National – wird vorgeworfen, eine solche herbeiführen zu wollen.
Dass die Bürger in unruhigen Zeiten eben nach Orientierung suchen und in einer Epoche großer globaler Probleme Entscheidungsfreude und Entschlusskraft von ihren politischen Repräsentanten wollen, vermag man offenbar nicht zu akzeptieren.
Die eigentliche Frage, ob solche Führungspersönlichkeiten demokratisch wirklich legitimiert sind und ob sie die verfassungsmäßig gewährleistete Gewaltentrennung, wie wir sie in Europa allenthalten haben, und den Rechtsstaat respektieren, diese Frage wird kaum gestellt.
Und wenn es diesbezüglich wie etwa gegen Viktor Orbán oder gegen Kaczyn´ski in Polen Vorwürfe gibt, dann wird übersehen, dass die Bestellung von Verfassungsrichtern, die Gängelung der öffentlich-rechtlichen Medien und Ähnliches keineswegs ungarische oder polnische Phänomene sind, sondern dies beispielsweise in Österreich ebenfalls gang und gäbe ist und keiner regt sich auf.


…von der Kurier-Edelfeder Gert Korentschnig

6. Januar 2011

Da hat mich doch heute tatsächlich eine der bedeutendsten Edelfedern des Landes, wenn nicht sogar unter der Sonne, ein Kurier-Schreiber namens Gert Korentschnig, mit einem Kommentar in einer der großen österreichischen Tageszeitungen beehrt.

„Mölzer-who?“ formuliert er elegant, um meine Bedeutungslosigkeit hervorzustreichen. Dennoch erregt er sich fürchterlich darüber, dass ich es in einer Presseaussendung gewagt habe, die rechtskonservative ungarische Regierung zu verteidigen. Die vereinte politisch-mediale Linke quer durch Europa hat sich Viktor Orban zur Zielscheibe erkoren, so wie sie es auch mit Italiens Silvio Berlusconi tut und so wie sie es seinerzeit mit der österreichischen Regierung Haider-Schüssel getan hat. Mit dieser Behauptung würde ich mich lächerlich machen, so der Kurier-Groß-Kommentator. Was bei einem Trottel wie mir, der bereits in den 90-er Jahren von der drohenden Umvolkung geschrieben hatte – so ebenfalls der Kurier-Kommentator – nicht weiter verwunderlich sei.

Nun kann man am ungarischen Mediengesetz im Hinblick auf die Pressefreiheit vieles bemängeln. Aus rechter Sicht aber gibt es dabei aber auch sehr bedenkenswerte Ansätze, wie etwa den Schutz Jugendlicher vor Pornographie und medialer Gewalt oder die Pflege der ungarischen Identität.
Genauso könnte man meinen, dass meine seinerzeitige Aussage über die Umvolkung in Österreich, aber auch quer durch Europa längst Realität geworden ist.

Edelfeder Korentschnig sollte sich vielleicht dem Mega-Bestseller von Thilo Sarrazin kurz durchblättern, wenn ihm die schon die 14 Bücher eines so unbedeutenden Menschen wie mir nicht zumutbar sind.

P.S.:
Hier der Pressedienst über den sich Edelfeder Korentschnig echauffiert: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20110105_OTS0082/moelzer-linke-hat-kampagne-gegen-eu-vorsitzland-ungarn-zu-beenden

Mölzer: Linke hat Kampagne gegen EU-Vorsitzland Ungarn zu beenden
Utl.: Fidesz-Partei und Premier Orban sind auf demokratische Weise an die Macht gekommen – Kritik an ungarischer Regierung ist sachlich anzubringen =

Wien (OTS) – Gegen Ungarn, das mit Jahresbeginn den EU-Vorsitz
übernommen hat, dürfe keine Hexenjagd geführt werden, erklärte heute
der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament,
Andreas Mölzer. „Offenbar stört es die politisch korrekten Moral- und
Tugendwächter in der EU, daß in Budapest nicht eine sozialistische,
sondern eine rechtskonservative Regierung im Amt ist“, fügte Mölzer
hinzu.

Korentschnigs Kurier-Artikel:
http://kurier.at/interaktiv/kommentare/2062719.php

Zunächst die Überraschung: Andreas Mölzer ist politisch nach wie vor aktiv. Mölzer who? Lang, lang ist’s her, aber er war einst Haider-Berater, dessen Chefideologe, wendete sich dann von diesem ab, blieb ein strammer Rechter und bezeichnet sich selbst als „nationalliberaler Kulturdeutscher“.

Das wenig Überraschende: Der Mann, der Anfang der 1990er-Jahre mit seiner Angst vor der „Umvolkung“ traurige, aber nur regionale Bekanntheit erlangte, setzt auf Provokation. In seiner Funktion als freiheitlicher Delegationsleiter im Europäischen Parlament spricht er von einer Hexenjagd der „politisch korrekten Moral- und Tugendwächter“ gegen das EU-Vorsitzland Ungarn. Als Bösewicht ortet er die vereinigte Linke, die von einer rechtskonservativen Regierung verstört sei.

….

ad Korentschnig:

…Zum Journalismus gekommen ist Gert Korentschnig, weil er „Schreiben über alles liebt“. Begonnen hat er noch vor der Matura im Chronikteil einer Kärntner Regionalzeitung und dort die pikanten Hintergründe von Traktorunfällen recherchiert. …
…Beim KURIER in Wien, wo er 1988 parallel zu seinem Germanistik- und Philosophiestudium zu schreiben begann, war er lange beim Sport tätig, ehe er vor zehn Jahren in den Kulturbereich wechselte, seit einigen das Kultur- und Medienressort leitet und seit Kurzem auch stv. Chefredakteur ist. Sport und Kultur.


Linke hat Kampagne gegen EU-Vorsitzland Ungarn zu beenden

5. Januar 2011

Gegen Ungarn, das mit Jahresbeginn den EU-Vorsitz übernommen hat, darf keine Hexenjagd geführt werden. Offenbar stört es die politisch korrekten Moral- und Tugendwächter in der EU, daß in Budapest nicht eine sozialistische, sondern eine rechtskonservative Regierung im Amt ist.

Daher zeigten die Angriffe gegen Ungarn und Ministerpräsident Viktor Orban, welch merkwürdiges Demokratieverständnis die vereinigte Linke offenbar hat. Orban und seine Fidesz-Partei sind auf völlig demokratischem Weg an die Macht gekommen. Aber anstatt die Entscheidung der Ungarn zu respektieren, wird nun gegen das Land und seine Regierung kampagnisiert. Damit sind die Parallelen mit Österreich, das Anfang 2000 wegen des Amtsantritts einer schwarz-blauen Bundesregierung von der EU mit Sanktionen belegt wurde, unübersehbar.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, daß man bezüglich einzelner Maßnahmen der Orban-Regierung wie beispielsweise dem umstrittenen neuen Mediengesetz durchaus geteilter Meinung sein kann. Aber wenn Kritik geübt wird, dann hat dies in einer sachlichen Weise zu geschehen. Verbale Ausfälle wie jene des sozialistischen luxemburgischen Außenministers Asselborn, der Ministerpräsident Orban mit dem weißrussischen Präsidenten Lukaschenko verglichen hatte, sind entschieden zurückzuweisen.