Als einer, der sich für Fußball allenfalls bei Europa- und Weltmeisterschaften interessiert, kann man schwerlich einen diesbezüglichen Experten-Statuts für sich behaupten. Eine Meinung dazu und entsprechende Vorlieben aber darf hierzulande, gottlob jeder äußern. Dies, obwohl es in Österreich noch immer ein bisschen riskant ist, sich als Fan der deutschen Nationalmannschaft zu outen. Der Autor dieser Zeilen tut dies gemeinsam mit seinen Söhnen alle zwei Jahre wieder, indem er vor seinem Haus am Kärntner Ossiachersee die schwarz-rot-goldene Fahne aufzieht.
Findige Mitglieder der anti-freiheitlichen Jagdgesellschaft meinen dies als Zeichen eines unverbesserlichen anti-österreichischen Deutsch-Nationalismus deuten zu müssen (so geschehen im Jahre 2006 bei der Fußball-WM in der bunten Illustrierten News). Und sie haben nicht völlig Unrecht. Natürlich sind die Farben schwarz-rot-gold für den deutschbewussten Österreicher in Erinnerung an die Revolution von 1848 und die Ausrufung der Republik im Herbst 1918, bei der auch die deutsche Trikolore gezeigt wurde, ein emotionales Anliegen. Es ist aber auch schlicht und einfach die Tatsache, dass wenn schon keine österreichische Nationalmannschaft in der Lage ist, mitzuspielen, die bundesdeutschen eben ehesten „unsere Leute“ sind. Österreich hat ja aus einem ziemlich Anti-Piefke-Ressentiment prinzipiell für die Spanier, die Italiener oder die Portugiesen die Daumen gedrückt. Oder sind das nur die trivialen und späten Produkte eines anti-deutschen Selbsthasses, den man den Angehörigen der „österreichischen Nation“ nach 1945 anerzog.
Und es ist natürlich auch das effiziente und hervorragende deutsche Spiel, das den Autor dieser Zeilen zum Fan des schwarz-rot-goldenen Fußballs macht. Und die Tatsache, dass die Mannschaft noch weitgehend eine „deutsche“ ist und nicht nur eine Gladiatoren-Auswahl mit Migrationshintergrund.
Insgesamt aber ist diese Fußball-EM natürlich ein groß inszeniertes Ablenkungsmanöver in Hinblick auf die wahren Sorgen Europas. Der Zusammenbruch des Euros geht ungebremst weiter und das EU-Establishment setzt weiter auf Zentralisierung und Gleichmacherei statt zu erkennen, dass die vorschnelle Einführung einer Gemeinschaftswährung eben ein Fehler gewesen ist. In Brüssel ist man mit Blindheit geschlagen und hofft dies durch medial zelebrierte Spiele für die Massen zumindest für eine gewisse Zeit vergessen machen zu lassen. Und auch in Österreich selbst sind die politischen Debatten angesichts des Fußball-Interesses in den Hintergrund getreten. Wer interessiert sich noch für die „Affäre Graf“, wer für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wer für den Beschluss der Regierungsmehrheit im Parlament über den europäischen Stabilitätsmechanismus? Mit Brot und Spielen lässt sich eben trefflich von den wirklichen Problemen ablenken. Und da sind Fußballmeisterschaften allemal gut dafür.