Schluss mit Un-lustig!

27. Januar 2022

Warum wir die Pandemie schleunigst beenden sollten

Schön langsam mehren sich die Stimmen aus dem Kreise der etablierten Virologen, Epidemiologen und sonstiger Fachleute, wonach Omikron das Auslaufen der unseligen Pandemie bedeuten könnte. Und so nach und nach mehren sich auch die Stimmen in den etablierten Medien, die da einen Hoffnungsschimmer am Horizont sehen. Und sogar aus dem Kreise der professionellen Angsthasen, nämlich unserer regierenden Politiker, kommt die eine oder andere Stimme, die da Optimismus vermittelt. Dabei ist die Realität bereits eine ganz andere. Die Corona-Pandemie hat sich längst selbst abgeschafft. 90 Prozent der vermeldeten Infizierten sind nicht krank. Die Situation in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen ist längst entschärft. Die vermeldeten Corona-Toten sind zu allermeist sehr alte, wegen anderer Krankheiten moribunde Menschen.
Daher: Schluss mit der Angstmache! Die Pandemie in Zeiten von Omikron ist längst weitestgehend eine Pandemie der Angst und der Angstmache seitens der Politik und der Medien. Insbesondere von Seiten der verantwortlichen Politiker wagt es niemand, die Realität anzusprechen. Er könnte ja des fahrlässigen und verantwortungslosen Optimismus geziehen werden, wenn es doch noch schlimmer käme. So wie seinerzeit Kanzler Kurz, der im Sommer das Ende der Seuche verkündet hatte. Und die Medien gefallen sich bis zum heutigen Tag allzu häufig in Panikmache und Horrorschlagzeilen.
Schluss mit dem Lockdown für Ungeimpfte! Als erste Maßnahme und unverzüglich ist der völlig sinnlose und willkürliche Lockdown für die Ungeimpften aufzuheben. Dieser hat nichts gebracht, außer die Spaltung unserer Gesellschaft und die Diskriminierung eines großen Teils der Bevölkerung!
Schluss mit den Massentestungen! Ebenso sinnlos ist das tägliche Massentesten, wo zwischendurch bis zu einer Million Menschen pro Tag getestet wurden. Zwar ist es – für wen, muss noch geklärt werden – ein gewaltiges Geschäft, hat aber uns Österreicher in einen Zustand der Angststarre versetzt, wenn es heißt, dass täglich 20.000, 30.000 Menschen infiziert seien. Dass diese zu 90 Prozent Gesunde sind, wird durch die Testungen ja nicht klar gemacht.
Schluss mit dem Impfzwang! Der Zwang zu einer Impfung, die gegen die angesprochene Krankheit kaum hilft und die eine Pandemie beenden soll, die es gar nicht mehr gibt, ist schlicht paradox, ja kafkaesk. Der durch die Impfpflicht gegebene Eingriff in die Grundrechte der Bürger, in das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper, ist absolut unverhältnismäßig und gehört schleunigst zurückgenommen.
Schluss mit Quarantäne und Contact Tracing! Die Quarantäne von Infizierten und deren Kontaktpersonen ist es, die uns gegenwärtig im Zuge der Omikron-Variante in gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt. Durch sie ist die relevante Infrastruktur gefährdet, durch sie werden hunderttausende, wenn nicht gar Millionen Menschen aus dem Arbeitsprozess und der Versorgung herausgenommen. Weg damit!
Schluss mit allen Reisebeschränkungen! Die Reisebeschränkungen innerhalb der Europäischen Union haben die Verbreitung des Virus in keiner Weise verhindert. Sie widersprechen nur dem in der EU geheiligten Prinzip der offenen Grenzen. Und sie befeuern eine Entfremdung zwischen den europäischen Nationen, ruinieren den Tourismus und isolieren die Menschen. Weg damit!
Schluss mit allen übrigen Maßnahmen! Somit ist es höchst an der Zeit, das Zwangsregime der Regierung, wie es sich in Corona-Zeiten eingebürgert hat, in allen übrigen Bereichen auch zu beenden. Maskenpflicht und Abstandsregeln, die Beschränkungen beim Einkaufen und Kulturbetrieb sowie beim Sport müssen der Eigenverantwortung und der pragmatischen Vernunft der Menschen weichen! So wie es seit Menschengedenken bei einer winterlichen Grippewelle oder bei grassierenden Erkältungen und Schnupfenwellen üblich ist, müssen die Menschen individuell darauf achten, sich nicht anzustecken.
Die Politik und die Medien, aber auch die Gesellschaft insgesamt, die Bürger, müssen sich wieder der Lösung der wirklich relevanten Probleme zuwenden. Der Bildungsmisere unserer Jugend, wie sie in Corona-Zeiten entstanden ist, der drohenden Arbeitslosigkeit, den Firmenpleiten, der Inflation und schließlich der Finanzierung jener Milliardenbeträge, die uns diese Corona-Pandemie und ihre chaotische Bekämpfung gekostet haben.


Wenn der ­russische Bär seine Krallen zeigt

27. Januar 2022

Wladimir Putin, der Herr im Kreml, ist ein Autokrat. Ein Autokrat, wie er in Russland seit den Tagen Ivans des Schrecklichen bis hin zu Leonid Breschnew die Herrschaft auszuüben pflegte. Und Wladimir Putin ist ein russischer Nationalist, ein Großrusse, der in der Tradition Peters des Großen und vielleicht sogar Josef Stalins steht, wenn es darum geht, die geopolitischen Interessen des Landes zu vertreten. Putin ist aber auch ein Realist. Ein politischer Realist, der in den globalen Konflikten der letzten zwei Jahrzehnte vielleicht keine mäßigende, aber doch eine berechenbare Rolle gespielt hat.
Die in den Medien und in den Aussagen der westlichen Politiker gegenwärtig häufig aufgestellte Behauptung, Wladimir Putin sei dabei, gegenwärtig einen großen europäischen Krieg durch eine Invasion der Ukraine anzuzetteln, ist daher wenig glaubwürdig. Gewiss, er hat eine militärische Drohkulisse gegenüber jenem Nachbarstaat aufgebaut, der über Jahrhunderte Teil des russischen beziehungsweise danach sowjetischen Imperiums war. Eine Drohkulisse, die offenbar verhindern soll, dass sich diese große Land, die Ukraine eben, dem westlichen Militärbündnis NATO anschließt. Eine Drohkulisse aber auch, die darauf hinweist, dass Putin und die Russen insgesamt offenbar nicht gewillt sind, die NATO-Osterweiterung bis hin an die Grenzen des russischen Kernlandes weiter zu akzeptieren. Eine Drohkulisse auch, die Putin offenbar als Antwort auf das gebrochene Versprechen aus dem Jahr 1989/90 betrachtet, wonach die NATO sich nicht auf ehemals sowjetisches Territorium vorwagen wolle.
Insgesamt aber steht Wladimir Putin natürlich in der Tradition der großrussischen Politik, wie wir sie seit Jahrhunderten kennen. Der größte Flächenstaat der Erde hatte stets einen Drang zu den Meerengen, zu den offenen Weltmeeren gehabt, im Norden über Murmansk zum Eismeer, in der Ostsee über das Baltikum und im Süden zu den Dardanellen. Dass das neue Russland unter Putin die baltischen Staaten verloren hat, wurde indessen im Kreml wohl akzeptiert. Die Eigenständigkeit der baltischen Völker, abgestützt durch die NATO-Mitgliedschaft ist Faktum. Ein Faktum, das allerdings relativiert wird durch die zahlenmäßig starken russischen Minderheiten in diesen Staaten. Deren bürgerliche Rechte zu stärken, sollte eigentlich ein Anliegen der Europäischen Union sein, wenn man nicht will, dass der Kreml als russische Schutzmacht dies durchsetzt.
Als die Sowjetunion zerbrach und in der Folge auch der russische Zentralstaat Randbereiche abgeben musste, war der Kreml in der Periode von Boris Jelzin in der Defensive. Erst unter Wladimir Putin war der russische Bär in der Lage, sich vom machtpolitischen Krankenbett zu erheben und nach und nach seine Krallen zu schärfen. Neben jenem Bündnis, das Russland mit Weißrussland und anderen ehemals zu Russland gehörenden Bereichen errichtete, ist es zweifellos so etwas wie ein Machtanspruch in Richtung auf alle ehemals sowjetischen Territorien, wobei der Kreml zweifellos auch auf jene Gebiete und Staaten schielt, die zum Warschauer Pakt gehörten.
Angesichts dieser historischen und geopolitischen Tatsache war es ein Gebot der Vernunft, dass die ehemaligen Ostblockstaaten auf eine beinahe überhastetete Art und Weise der EU beitraten und auch der NATO. Jahrzehntelang mussten sie das Schicksal von Satellitenstaaten der Sowjetunion und damit gegenüber den Russen erleiden, nunmehr war die Hinwendung zu Europa die logische Alternative, die auch Sicherheit bot. Und dasselbe galt natürlich auch für die drei baltischen Staaten.
Dass der Kreml indessen durch die NATO-Erweiterung ein Gefühl der Einkreisung entwickeln musste, liegt auch auf der Hand. Als in den 60er Jahren die Sowjetunion Raketen auf Kuba stationierten, fühlten sich die US-Amerikaner in derart hohem Maße bedroht, dass dies beinahe zu einem Atomkrieg geführt hatte. Wenn nunmehr moderne Waffensysteme in Polen stationiert werden, ist es also nur verständlich, dass der Kreml ebenfalls allergisch darauf reagiert. Ein Ausgreifen der NATO auf die Ukraine wäre indessen tatsächlich das Vordringen des westlichen Militärbündnisses in eine Region der ehemaligen Sowjetregion, deren Osten noch dazu in weiten Teilen auch von Russen besiedelt ist. Ob nun Wladimir Putin tatsächlich so weit gehen wird, um diesen russisch dominierten Osten der Ukraine auch militärisch zu besetzen und so wie vor wenigen Jahren die Krim der russischen Föderation einzuverleiben, bleibt abzuwarten. Mit dem Erzwingen eines Plebiszits im östlichen Landesteil könnte eine solche Maßnahme nach dem Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker sogar nachträglich absichern.
Die gegenwärtigen Spannungen zwischen Russland und der NATO sollten allerdings nicht von den grundsätzlichen geopolitischen Fragen ablenken. Und da ist es das zentrale Problem, wie sich EU-Europa künftig hin gegenüber Russland verhält. Vergessen werden darf ja nicht, dass die Russen mit nahezu 140 Millionen Menschen das stärkste europäische Volk sind, das allerdings auch teilweise auf asiatischen Boden siedelt. Davon leben 115 Millionen Russen in Russland selbst und immerhin 23 Millionen in anderen benachbarten Staaten. Dass der Kreml sich als Schutzmacht dieser Menschen sieht, ist legitim. Wie weit deshalb allerdings Eingriffe in die Souveränität anderer Staaten und Grenzänderungen möglich sind, ist eine andere Frage.
Aus einer historischen Perspektive gesehen ist es einigermaßen paradox, dass das größte europäische Volk, die slawischen Russen eben, das überdies ein christlich geprägtes Volk ist, von der europäischen Integration ausgeschlossen sein soll. Natürlich ist der größte Flächenstaat des Planeten nicht so einfach in die Integration nach dem Muster der Europäischen Union einzubeziehen wie die Slowakei oder auch ein größeres Land wie Polen. Und natürlich stellt sich die Frage, wie weit ein derart großes und militärisch mächtiges Land nicht hegemoniale Ansprüche im Zuge einer solchen Integration hätte. Dennoch liegt es auf der Hand, dass die Europäische Union mit dem größten europäischen Volk, mit einem anderen europäisch dominierten Staat besondere und engere Beziehungen haben müsste als mit allen anderen Bereichen auf diesem Planeten.
Solcher Art könnte die EU, die gegenwärtig ja machtpolitisch im globalen Ringen nur eine Statistenrolle zu spielen vermag, zum wirklichen weltpolitischen „Player“ werden. Ein Bündnis Europas mit Russland wäre ein veritables Gegengewicht zur abstiegsgefährdeten USA und zum immer offensiver werdenden roten Giganten China.
Natürlich gibt es da das Problem der mangelnden Demokratie und der immer wieder auftretenden Gefährdung der Menschenrechte in Russland. Da müsste der Kreml einmal daran gehen, die alten moskowitischen autokratischen Tendenzen zu hinterfragen und zu eliminieren. In der Europäischen Union allerdings sollte man diesbezüglich vom hohen Ross heruntersteigen und angesichts der eigenen Demokratiedefizite gegenüber Russland ein geringeres Maß an Selbstgerechtigkeit äußern.
Andererseits bestünde die Möglichkeit, dass das wertkonservative Gesellschaftsmodell, das in Putins Russland dominiert, die Betonung von Patriotismus, Familiensinn und Bewahrung der eigenen Kultur, befruchtend auf die einigermaßen dekadenten Gesellschaften EU-Europas einwirkt.
Die Traditionen der Aufklärung, wie sie in Europa entwickelt wurden und die Tiefe der russischen Seele sollten hier auf der Basis der christlich europäischen Kultur eine gemeinsame zukunftsträchtige Entwicklung der europäischen Kulturvölker ermöglichen. Ein Modell, das als Gegenentwurf zum hyperdekadenten Zeitgeist der US-amerikanischen gesellschaftlichen Entwicklungen mit „political correctness“, „me too“, black lives matter“, „wokeness“, etc. auf der einen Seite und auf der anderen Seite zum totalitären staatskapitalistischen Systems Chinas taugen könnte. Ob ein solches Modell allerdings angesichts der realen Verhältnisse der Gegenwart, der Zuspitzung der Konfrontation zwischen Russland und dem Westen, wie wir sie in diesen Tagen erleben müssen, denkmöglich wäre, ist wenig wahrscheinlich – leider!


Strafen, Strafen, Strafen

19. Januar 2022

Polizeistaatstendenzen in Coronazeiten

Da gab es dieser Tage in Kitzbühel angeblich eine ausgelassene Après-Ski Feier, dicht gedrängt und ohne Maske – wie schrecklich! Und die Tourismusministerin Köstinger tritt sofort entrüstet vor die Kameras und Mikrofone und fordert exemplarische Strafen: Das könne man nicht hinnehmen, da müsse man rigoros durchgreifen.
Und gleichzeitig präsentieren die Regierenden uns den Entwurf für das Impfpflichtgesetz und in dessen Mittelpunkt die einigermaßen verwirrenden, aber ob der Höhe doch aufsehenerregenden vorgesehenen Strafmaßnahmen. Da schwirren Summen herum von 600 Euro über 3.000 Euro bis zu 6.000 Euro, vier Mal im Jahr, mit oder ohne Einspruchsmöglichkeit und dergleichen mehr. Und wieder zeigt sich das Prinzip, dass die Regierung hier Strafen, Strafen, Strafen will.
Nun wissen wir, dass in den Zeiten der Pandemie zunehmend paternalistische Tendenzen im öffentlichen Leben bemerkbar werden. Zwar mag es übertrieben sein, wenn die freiheitliche Opposition von einer „totalitären Regierung“ und einer „drohenden Diktatur“ spricht, Tatsache bleibt aber, dass es offenbar für die Bundesregierung so etwas wie eine autoritäre Versuchung gibt, der man scheinbar allzu gern und allzu oft nachzugeben bereit ist.
Sind wir also auf dem Weg vom liberalen Nachtwächterstaat zum Polizeistaat? Kritische Stimmen, wie etwa der Chefredakteur eines Wiener Gratisblättchens, meinten, dass Österreich auf dem Wege zum „Verlautbarungsstaat“ sei, in dem „niemand etwas erklärt und niemand etwas versteht“. Das ist eigentlich relativ verharmlosend ausgedrückt, zeigt aber, in welche Richtung der politische Zug fährt. Metternich lässt grüßen, könnte man meinen, und historisch bewusste Mitbürger glauben erkennen zu können, dass wir in einem elektronischen Biedermeier leben, in dem man sich in seine eigenen vier Wände zurückzieht – Home Schooling, Homeoffice, etc. – und im öffentlichen Raum die Polizeikontrollen das Bild prägen.
Übertrieben vielleicht, aber es gilt den Anfängen zu wehren. Und wenn Omikron das Ausklingen der Pandemie bedeutet, dann müssen wir als Bürger ehestmöglich und energisch darauf dringen, dass dieser Rückbau der paternalistischen, tendenziell autoritären Maßnahmen erfolgt. Und die Neigung der Regierenden, für jedes regelwidrige Verhalten sofort drakonische Strafen festzusetzen, sollte schleunigst zurückgefahren werden. Die Belehrung, die Verwarnung und vor allem die sachliche Überzeugung der Bürger sollten ausreichen und an erster Stelle stehen. Es kann doch nicht sein, dass sich im Lande nach und nach unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung Zustände einschleichen, wie wir sie aus der DDR unseligen Angedenkens kennen. Spitzelwesen, Denunziantentum, Blockwartmentalität und ein Polizeiapparat, der diensteifrig nach zu pönalisierenden Fehlverhalten der Bürger sucht, das ist einer Demokratie unwürdig.


Impfpflicht – weil Kickl nicht gewinnen darf

19. Januar 2022

Wenn nun die Impfpflicht fällt – so dieser Tage einer der engsten Mitarbeiter des FPÖ-Chefs gegenüber dem Autor dieser Zeilen – sei dies der größte politische Sieg der FPÖ seit Ibiza und genau deshalb wird das Gesetz zur Impfpflicht auch kommen, weil Kickl nicht gewinnen darf.
Zwar rumort es diesbezüglich längst jenseits der Freiheitlichen in allen Parlamentsparteien. In der SPÖ ist es nicht nur der burgenländische Landeshauptmann, der sich skeptisch äußerte, nein, auch der Gewerkschaftsflügel und die Arbeiterkämmerer melden massive Bedenken an. Der eine oder andere NEOS-Abgeordnete erklärte bereits, dass er ohne Wenn und Aber dagegen stimmen würde, und sogar die ÖVP-nahe Wirtschaftskammer zeigt sich skeptisch. Und das elektronische Gesundheitssystem ELGA erklärt, dass es diese Impfpflicht allenfalls mit Monaten Verzögerung umsetzen könnte.
Und dann ist da noch die Omikron-Variante des Virus, durch welche klar wurde, dass die Impfung nur mehr sehr eingeschränkt wirken würde. Und durch die am politischen Horizont die Hoffnung heraufdämmert, dass es sich um eine Fluchtvariante handeln könnte, die einerseits zur Durchseuchung, andererseits aber zum Ausklingen der Pandemie führen könnte. Und schließlich kommen endlich Corona-Medikamente auf den Markt, die daran zweifeln lassen, dass die Impfung das gelindeste Mittel zur Seuchenbekämpfung wäre, wie das verfassungsrechtlich wohl erforderlich sein müsste.
All diese Entwicklungen hätten wohl längst dazu geführt, dass die Bundesregierung ihre unter völlig anderen Umständen geplante Impfpflicht-Gesetzgebung fallen gelassen oder zumindest auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben hätte, wenn, ja wenn, da nicht Herbert Kickl wäre, der dies im Zuge seiner Politik der Fundamentalopposition zweifellos als triumphalen Sieg zelebrieren würde. Wer den freiheitlichen Oppositionsführer dieser Tage auf dem Wiener Heldenplatz bei seiner Rede vor zehntausenden Anti-Coronamaßnahmen-Demonstranten hörte, weiß, warum die schwarz–grüne Bundesregierung ihm einen solchen Triumph nicht gönnen will, ja nicht gönnen kann. Von Kickl als „verlogene und hinterhältige Lemuren“ bezeichnet und als „Pfeifen“, die man nur noch auspfeifen könne, müssen die Regierenden wohl oder übel ihr mehr als holpriges Gesetzesvorhaben zur Impfpflicht im Gesundheitsausschuss und im Plenum des Nationalrats durchpeitschen, um ihr Gesicht nicht vollends zu verlieren.
Die indessen nicht nur in der Bundeshauptstadt, sondern auch quer durch Österreich längst zum politischen Alltag gehörenden großen Anti-Coronamaßnahmen-Demos sind indessen längst zu einer Art außerparlamentarischer Opposition – man denke an die linkslinke APO der 70er Jahre – geworden. Wenn nun der freiheitliche Oppositionsführer auf eben diese außerparlamentarische Opposition setzt, um die Bundesregierung unter Druck zu setzen, ist das demokratiepolitisch sicherlich legitim, es birgt aber auch Gefahren in sich. Gefahren, die nicht nur die eigene Terminologie, das sogenannte „wording“ betrifft, sondern auch das Umfeld, in dem man sich bewegt. Wenn als Vorredner des parlamentarischen Oppositionsführers neben dem politischen Grenzgänger Martin Markus Rutter ein langbärtiger Südtiroler Schamane das Verhalten von Wölfen beschwört, der eigene Generalsekretär vom „Kampf bis zum letzten Atemzug“ spricht, ist es als Hauptredner oder „Stargast“ eben nur mehr möglich, dies durch exzessive Tonalität zu toppen. Und da dürfte sich letztlich dann wohl die Frage stellen, wie man die Geister wieder los wird, die man rief.
So ist also die Durchsetzung der Impfpflicht-Gesetzgebung wohl auch nicht zuletzt jenem vermeintlichen Zwang geschuldet, dem sich die Bundesregierung ausgesetzt sieht, weil sie der fundamentaloppositionellen Politik Herbert Kickls nicht weichen zu dürfen glaubt. Die Folge einer solchen „Jetzt erst recht“-Reaktion wird zwangsläufig eine weitere Spaltung innerhalb der Bevölkerung sein, eine Klage- und Beschwerdeflut, die administrativ kaum zu bewältigen sein dürfte, und eben eine gesetzliche Regelung, deren Umsetzung schlicht nicht zu realisieren ist. Zweifellos eine Blamage für die Regierung und ein Triumph für den blauen Oppositionsführer.
Möglicherweise aber ein Pyrrhussieg, es sei denn, die Freiheitlichen kämen bei künftigen Wahlen auf 51 Prozent der Wählerschaft. Eines nämlich wird immer deutlicher: Mit einer Politik der verbrannten Erde werden potenzielle Bündnispartner, die für allfällige Koalitionen zur Verfügung stünden, geradezu systematisch ausgeschlossen. Wer von den „Lemuren“ und „Falotten“ würde denn für Koalitionsgespräche zur Verfügung stehen? Gewiss, auch in den 90er Jahren zu Haider-Zeiten hieß es, die Freiheitlichen würden sich außerhalb des „Verfassungsbogens“ (Copyright Andreas Khol) bewegen und mehrere Monate später befand sich die FPÖ mit der Schüssel-ÖVP in einer Koalitionsregierung. Sowohl der FPÖ-Chef Jörg Haider, als auch später Heinz-Christian Strache bewahrten sich aber bei aller scharfen Oppositionspolitik eine Gesprächsbasis mit den politischen Mitbewerbern. Heute aber droht diese, gerade durch die Radikalität der außerparlamentarischen Opposition auf der Straße, verloren zu gehen. Und auch die berauschende Rückkoppelung der zehntausenden Demonstranten auf dem Wiener Heldenplatz – „Ihr gebt mir Kraft“, „Das sind die glücklichsten Momente meines Lebens“ – kann kein Ersatz für parlamentarische Gesprächs- und Kompromissfähigkeit sein. Dies sollte man auch in den freiheitlichen Reihen bedenken, trotz aller triumphalen Emotionen, angesichts des De-Facto-Scheiterns des Impfpflicht-Gesetzes.


Drittes Lager – wohin?

19. Januar 2022

Von der national­liberalen ­Honoratiorenpartei zur ­außerparlamentarischen
Corona-Opposition

In diesen Tagen spielen Österreichs Freiheitliche unter der Führung ihres neuen Obmanns Herbert Kickl so etwas wie die Rolle einer außerparlamentarischen Opposition. Die APO der 70er Jahre unseligen Angedenkens war bekanntlich eine linksextremistische Protestbewegung, fußend auf den Ideen der Frankfurter Schule in der Folge der 68er-Studentenrevolte. Die heutige außerparlamentarische Opposition, die sich in Monaten der Corona-Epidemie in Form von zahlreichen und überaus stark frequentierten Demos quer durch die Republik manifestiert, versammelt zwar überaus heterogene Bereiche der Bevölkerung der Republik, wird aber zunehmend von den Freiheitlichen orchestriert. Der FPÖ-Chef bekommt nach eigenem Bekunden zunehmend Glücksgefühle bei Auftritten vor den Menschenmassen auf dem Wiener Heldenplatz und gefällt sich zunehmend in der Rolle des Coronamaßnahmen-kritischen Volkstribuns. Eine Rolle, die seine Vorgänger Heinz-Christian Strache und Jörg Haider kaum jemals vor Massenversammlungen auf der Straße einnehmen konnten und die sie eher über mediale Wirksamkeit angelegt hatten.
Die damit verbundene Radikalisierung der Sprache und des politischen Stils könnte zwar bei künftigen Wahlen zu einer Stimmenmaximierung führen, gleichzeitig aber vermindert sie die Paktfähigkeit der parlamentarischen Oppositionspartei FPÖ für künftige politische Koalitionen in dramatischem Ausmaß. Auch wenn für die Kickl-FPÖ dadurch zumindest theoretisch das Erreichen der Spitzenwahlergebnisse vergangener Zeiten – 27 Prozent unter Haider 1999 und knapp 26 Prozent 2017 unter Strache – möglich ist, sind damit die Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung oder gar eine bürgerliche Koalition mit der ÖVP, wie sie sowohl in der Folge der Wahlen 1999 und jener von 2017 möglich waren, in weite Ferne gerückt.
Und wie sich die FPÖ als „single issue“-Partei im Hinblick auf die Pandemie inhaltlich und ideologisch weiterentwickelt, ist auch ungewiss. Zwar mag das Eintreten gegen die Einschränkungen der Bürgerrechte in Coronazeiten der liberalen Tradition des Dritten Lagers entsprechen, so wie das Eintreten gegen die Massenmigration und der Kampf um die Erhaltung der kulturellen Identität des Landes der nationalen Tradition entspricht, wirklich im Vordergrund der politischen Arbeit und deren ideeller Fundierung stehen diese Traditionen des Dritten Lager in der Kickl-FPÖ aber kaum.
Unter Heinz-Christian Strache wollte die FPÖ in den Jahren zwischen 2005 und 2019 die Funktion einer „sozialen Heimatpartei“ erfüllen. Diese Wortschöpfung des langjährigen Parteivizes und nachmaligen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer, der unter Strache mit der Ausformulierung des aktuellen Parteiprogramms betraut war, wollte deklariert in den genannten Traditionen des Dritten Lagers stehen. Einerseits betonte man die Zugehörigkeit zur „deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft“, andererseits sehr wohl das Streben nach individueller und kollektiver Freiheit.
De facto war die Strache-FPÖ aber die Fortsetzung jener rechtspopulistischen Partei, wie sie Haider in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen hatte, mit dem Anspruch, eine staatstragende Opposition und auch ein potenzieller Regierungspartner zu sein. Ein Anspruch, der auch tatsächlich in die politische Realität umgesetzt werden konnte und nachdem diese FPÖ unter Heinz-Christian Strache in der Folge der Massenmigration des Jahres 2015 über längere Zeiten in den Umfragen sogar stimmenstärkste Partei des Landes sein konnte, war die Regierungsbeteiligung von 2017 bis 2019 nur logisch. Das Erfolgsthema der Strache-FPÖ war die Kritik an der Migration und der mangelnden Integration der Zuwanderer. Ein Erfolgsthema übrigens, das ihr die türkise Kurz-ÖVP teilweise abzunehmen vermochte und die damit auch den politischen Erfolg der Wahlen 2017 erlangen konnte. In den kaum zwei Jahren der Regierung mit der türkisen ÖVP vermochte die Strache-FPÖ jedenfalls trotz allen Gegenwinds seitens der linksliberalen Mainstream-Medien und der politischen Opposition gute Figur zu machen. Gute Figur, die dann allerdings von den Zerrbildern des Ibiza-Videos zerstört wurde.
Vor den eineinhalb Jahrzehnten, die Heinz-Christian Strache die FPÖ prägte, war es Jörg Haider, der ähnlich lange die Geschicke der FPÖ bestimmte. Vom Innsbrucker Parteitag des Jahres 1986 bis zur Regierungsbeteiligung des Jahres 2000 transformierte der Bärentaler die vormals nationalliberale Honoratiorenpartei in eine „Arbeiterpartei neuen Typs“ – so Professor Plasser – und kann somit für sich in Anspruch nehmen, so etwas wie der Gründervater des europäischen Rechtpopulismus zu sein. Haider vermochte das Wählerpotenzial der Steger-FPÖ zu verfünffachen und konnte tatsächlich zu Jahresbeginn 2000 als knapp stärkerer Partner einer bürgerlichen Koalition gewissermaßen als Pate an der Wiege der Regierung Schüssel/Riess-Passer stehen. Haider war es aber auch, der im Zuge seines Aufstiegs die Entideologisierung der Partei und damit die Marginalisierung des traditionell freiheitlichen Lagers betrieb. Seine Absage an die „Deutschtümelei“, aber auch die durch die Gründung des Liberalen Forums von Heide Schmidt erfolgte Abspaltung des liberalen Bereichs machen dies deutlich. Stattdessen setzte Haider auf eine Wahlbewegung, die ihn als Volkstribun, als Robin Hood der österreichischen Innenpolitik zum Erfolg tragen sollte. In dieser freiheitlichen Bewegung waren dogmengeschichtliche Traditionen und programmatische Positionen nebensächlich, es galt das gesprochene Wort des Vorsitzenden.
Die nach dem Wahlerfolg des Jahres 1999 möglich gewordene Regierungsbeteiligung in einer Koalition mit der Schüssel-ÖVP machte aber bald auch die Grenzen der freiheitlichen Regierungsfähigkeit deutlich. Die Regierungs-Profis der ÖVP führten die freiheitlichen Spitzenexponenten, allen voran Susanne Riess-Passer als Vizekanzlerin und Peter Westenthaler als Klubobmann, bald am Nasenring durch die politische Arena. Und die Neuauflage der bürgerlichen Koalition nach der Wahl des Jahres 2002 zeitigte letztlich so etwas wie eine ÖVP-Alleinregierung „mit freiheitlicher Behinderung“. Herbert Haupt und Ursula Haubner, Haiders Schwester, konnten da in der Bundesregierung nur mehr eine politische Statistenrolle einnehmen. Und Haiders Abspaltung des „Bündnis Zukunft Österreich“ sollte sich als nicht mehr als der verzweifelte Versuch, sich aus diesem Dilemma herauszukommen, erweisen. Ein politischer Fehlschlag, der auch Haiders politische Karriere unrühmlich abschloss.
Jörg Haiders putschartige Übernahme der Partei auf dem Innsbrucker Parteitag des Jahres 1986 beendete bekanntlich auch die freiheitliche Regierungsbeteiligung in der Koalition mit den Sozialdemokraten. Der Wiener Norbert Steger hatte versucht, die FPÖ in eine „lupenreine liberale Partei“ nach dem Muster der bundesdeutschen FDP umzuwandeln, um solcherart auf längere Dauer Koalitionspartner der SPÖ in der Ära nach Bruno Kreisky sein zu können. Diese Koalition mit der Sozialdemokratie währte allerdings kaum drei Jahre und scheiterte letztlich am Widerstand des nationalen Lagers, durch den dann eben Jörg Haider zum Zug kam.
Norbert Stegers politische Linie war die Fortsetzung jener Strategien und jenes Kurses, den die junge Garde ab Beginn der 70er Jahre ab der Ära Kreisky im sogenannten Atterseekreis entwickelte. Die Idee von Steger, Firschenschlager, Holger Bauer und anderen war es, die alte nationalfreiheitliche Honoratiorenpartei, wie sie seit ihrer Gründung existierte, eben im Sinne eines zeitgemäßen Liberalismus zu modernisieren. Nachdem der Langzeitparteiobmann Friedrich Peter längst beste Beziehungen zu den Sozialdemokraten, insbesondere zu Bruno Kreisky aufgebaut hatte, war die logische Konsequenz dieser neuen politischen Linie, nach dem Ende der Ära Kreisky eben eine Koalition mit der SPÖ unter Fred Sinowatz. Während sie im Jahre 1983 mit kaum fünf Prozent in die Regierung gegangen waren, standen sie am Ende der rot–blauen Koalition in den Umfragen mit kaum mehr zwei Prozent im Kurs.
Davor wurde die Freiheitliche Partei über zwei Jahrzehnte von der Persönlichkeit Friedrich Peters geprägt. Der ehemalige Offizier der Waffen-SS wurde zwei Jahre nach der Gründung im Jahre 1958 der Nachfolger des an Lungenkrebs verstorbenen Parteiobmanns Anton Reinthaller. Unter ihm war die FPÖ eine zwar kleine, aber feine nationalliberale Honoratiorenpartei mit politischen Persönlichkeiten, wie Wilfried Gredler, Gustav Zeillinger, Otto Scrinzi und Tassilo Broesigke. Für Friedrich Peter als Sohn eines sozialdemokratischen Eisenbahners und mutmaßlich Mitglied einer Freimaurerloge war die Affinität zur Kreisky-SPÖ naheliegend. Durch die Unterstützung der sozialistischen Minderheitsregierung im Jahr 1970 gelang es ihm, ein Kleinparteien-freundliches Wahlrecht zu erlangen, welches das Überleben der FPÖ über Jahrzehnte sichern sollte.
Die Gründung der Freiheitlichen Partei in der Nachfolge des Verbands der Unabhängigen mit dem Gründungsobmann Anton Reinthaller, ehemaliger Minister im Anschlusskabinett Seyß-Inquart und Bergbauern-Staatsekretär in Dritten Reich, war klar als Vertretung des alten Dritten Lagers konzipiert, wobei der Schwerpunkt auf einer verstärkten nationalen Ausrichtung liegen sollte. Im Gegensatz zum Verband der Unabhängigen, der 1948 unter den beiden deklarierten Liberalen Herbert Alois Kraus und Viktor Reimann ins Leben getreten war, wobei damals die Emanzipation der minderbelasteten, aber entrechteten Nationalsozialisten als liberale Aufgabe im Mittelpunkt stand, glaubte die junge FPÖ, als deklariert deutschbewusste Kraft politisch reüssieren zu können.
Dies gelang ihr nur in sehr beschränktem Maße, allerdings stand sie damit von Anbeginn in Opposition zu den staatstragenden politischen Kräften der Zweiten Republik. Diese fundamentaloppositionelle Rolle sollte den politischen Weg der FPÖ über alle Epochen ihres Bestehens bis herauf zur Ära Kickl prägen. Bereits damals waren die Freiheitlichen die genuinen Gegner des rot–schwarzen Proporzsystems und damit so etwas wie Außenseiter der Zweiten Republik. Eine Rolle, die der Partei bis zum heutigen Tag immer wieder zuwachsen sollte.


2022 – Wo bleibt der Optimismus?

14. Januar 2022

Den Jahresbeginn begleiten üblicherweise gute Wünsche und gute Vorsätze. Nun könnte man das Sprichwort zitieren: Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen. Dennoch ist es schon verwunderlich, dass der heurige Jahreswechsel weitgehend mit düsteren, wenn nicht gar apokalyptischen Prognosen begangen wurde. Da waren alle Gazetten voll, und auf allen Kanälen in Funk und Fernsehen hörte man es ebenso, die Omikron-Mutante habe die Herrschaft übernommen und allein in Europa seien schon mehr als Millionen Menschen infiziert. Sie sei derart ansteckend, dass bereits binnen wenigen Tagen auch hierzulande zehntausende Infizierte zu erwarten seien. Und die zweite Horrormeldung: Die EU-Kommission wolle die Atomkraft als grüne Energiequelle klassifizieren lassen. Und dies, so Österreichs nimmermüde grüne Umweltministerin Gewessler, sei der Weg in den Untergang.
Dass derlei Horror-Meldungen nicht gleich eine Welle Suizide ausgelöst haben, ist schon verwunderlich. Massive Magengeschwüre im breiten Teil der Bevölkerung und Massen-Depressionen dürften aber gewiss die Folge sein, denn wenn das der Realität entspräche, stünde uns der schaurige Höhepunkt der Corona-Pandemie unmittelbar bevor, und mittel- und längerfristig dann die nukleare Verseuchung quer über den Kontinent.
Dabei gäbe es natürlich auch eine andere Lesart der beiden zitierten Phänomene. Von Omikron könnte man beispielsweise sagen, dass es der Beweis sei für die geradezu dramatische Abschwächung des Virus und der durch ihn verursachten Krankheitsfolgen. In den aller, allermeisten Fällen verlaufe eine Infektion mit Omikron symptomlos oder eher wie ein mittlerer grippaler Infekt. Allenfalls sei dessen massenhaftes Auftreten noch eine Gefahr für die Infrastruktur. Der Prozentsatz der Hospitalisierungen oder gar der schweren Verläufe auf Intensivstationen und Todesfälle würde sich anteilsmäßig in hohem Maße verringern. Und damit wäre die Pandemie vorbei, wenn man nur nicht täglich zu hunderttausenden quer über das Land testen würde und darüber in geradezu pandemischem Ausmaße in den Medien berichten würde.
Und was das angebliche „greenwashing“ der Atomenergie betrifft, müsste man doch auch einmal nachfragen, ob sich die betreffende Technologie seit den österreichischen Ereignissen rund um Zwentendorf nicht auch weiterentwickelt hätte und ob etwa die neuesten Typen von Kernkraftwerken, wie sie Frankreich zu bauen beabsichtigt, nicht längst einen weit höheren Sicherheitsstatus aufzuweisen hätten als die alten Atomkraftwerke. Könnte es nicht sein, dass das Restrisiko solcher moderner Anlagen weit geringer ist als der CO2-Ausstoß und andere Umweltschäden von energieschaffenden Technologien konventioneller Art?
Aber bei den grünen Apokalyptikern, die derzeit diesbezüglich in Österreich und in Deutschland das Sagen haben, wird man derlei Einsichten natürlich vergeblich erwarten. Vielleicht sollte man einmal tiefenpsychologisch untersuchen, woher diese Sehnsucht nach der Apokalypse bei den Grünen stammt. Liegt es womöglich daran, dass sie unterbewusst derart traumatisiert sind vom welthistorischen identen Scheitern jener marxistischen Ideologie des real existierenden Sozialismus, deren politisches Erbe die neue Linke der 68er-Generation und danach die ultralinken Grünen angetreten haben, dass sie eben auch das Scheitern einer liberalen Gesellschaft und der freien Marktwirtschaft herbeireden wollen? Was weiß man.
Jedenfalls könnte man den Beginn eines neuen Jahres mit größerem Optimismus begehen, sowohl was die Pandemie, als auch was das Energieproblem und damit verbunden die angebliche Klimakatastrophe betrifft.


„Booster“ oder „Bundeskanzler“

14. Januar 2022

Unwort des Jahres 2021

Das Jahr 2021 geht zu Ende und wir haben es überlebt – gottlob! Es war nämlich ein annus horribilis, ein schreckliches Jahr. Nahezu die Hälfte des Jahres befanden wir uns im Lockdown und mit Ausnahme weniger optimistischer Wochen während des Sommers befanden wir uns im Zustand der Verwirrtheit, wenn nicht gar der Panik. Verwirrtheit, weil die ständig wechselnden, zumeist höchst unlogischen und leider auch unwirksamen Zwangsmaßnahmen der Regierung für die Bürger kaum verständlich waren. Und im Zustand der Panik, in die man und durch die Beschwörung immer neuer Virus-Varianten, die immer „schrecklicher“, immer „infektiöser“, immer „gefährlicher“ sein sollen, die Menschen versetzte.
Nun gibt es seit geraumer Zeit die Unsitte, für jedes abgelaufene Jahr ein „Unwort des Jahres“ zu erküren, welches im durchaus negativen Sinne den Ungeist des betreffenden Jahres ausdrücken sollte. Es seien an dieser Stelle daher gewissermaßen zwingende Vorschläge für dieses Unwort gebracht: Es müsste dies eigentlich der grässliche Anglizismus „booster“, die Bezeichnung für die dritte Coronaschutzimpfung sein, oder die ursprünglich zweifellos ehrende Amtsbezeichnung „Bundeskanzler“.
Warum, wird sich nun der geneigte Leser fragen. Zuerst einmal, weil beide potenzielle Unworte den alten Spruch widerlegen, dass aller guter Dinge drei seien. Die Heerscharen von Virologen und Epidemiologen wollen uns weismachen, dass die dritte Impfung segensreich sei, so wie diverse Regierungssprecher den Bürgern verklickern möchten, dass nunmehr der dritte Bundeskanzler in diesem Jahr es besser machen werde als seine Vorgänger.
Die Zweifel innerhalb der Bevölkerung über diese beiden Beurteilungen ist aber groß und wohl auch verständlich. Die Impfung, und in Zukunft womöglich die Zwangsimpfung, könnte einerseits Folgen haben, die viele sich nicht wünschen. Sie scheint andererseits nur bedingt wirksam zu sein. Ob sie also wirklich ein solch „gut Ding“ ist, bleibt abzuwarten. Und was den „dritten Bundeskanzler in Serie“ betrifft, so hat er trotz der Schalmeientöne, die er gegenwärtig von sich gibt, als Innenminister bewiesen, dass er eher zu scharfen Tönen und autoritärer Vorgangsweise neigt. Stellt sich also auch in diesem Falle die Frage, ob der dritte Kanzler in diesem Jahre ein solch „gutes Ding“ ist.
Von der Impfung wissen wir ja schon, dass es nicht bei drei Stichen bleiben soll, man diskutiert bereits den vierten. Und ob im Falle des Bundeskanzlers nicht auch demnächst ein weiterer die Bühne betreten wird, falls diese einander in so inniger Feindschaft verbundenen Koalition zwischen Schwarz und Grün scheitert, bleibt auch abzuwarten. Vorläufig aber bleibt es bei drei. Beim dritten Impfstich, dem Booster eben und beim dritten Bundeskanzler, Herrn Nehammer.


Bundespräsidentenwahl 2022: Wer wird wozu ­kandidieren?

14. Januar 2022

Der alte Herr in der Hofburg, der – wenn schon nicht vom Habitus, so doch von den Lebensjahren und der einschläfernden Sprechweise – das Bedürfnis der Österreicher nach einem Ersatzkaiser befriedigt, hat zwar noch nicht kundgetan, ob er erneut kandidieren wird, es darf aber davon ausgegangen werden. Dies wohl deshalb, weil wesentliche Vertreter des politischen Establishments der Republik auch von jenen Parteien, denen Herr Van der Bellen nicht angehörte, Rot und Schwarz nämlich, bereits kundgetan haben, dass sie ihn im Falle des Falles unterstützen würden. Und auch wenn die Tartarenmeldungen, die seinerzeit im letzten Wahlkampf verbreitet wurde, wonach er bereits als Kettenraucher dem moribunden Lungenfraß anheimfallen müsse, übertrieben waren, können wir doch davon ausgehen, dass ihn als bald 80-Jährigen die Erfordernisse des Protokolls durchaus anstrengen dürften.
Jeder, der in dem Alter eine halbe Stunde zu stehen hat, wie das bei Staatsakten halt so üblich ist, hat Kreuzweh, und jeder, der 50 Jahre täglich eine Schachtel Zigaretten raucht, leidet unter Kurzatmigkeit, wenn er irgendwelche Zeremonientreppen hinaufschreiten muss. Aber die Eitelkeit ist ein Schwein und die Macht – auch die sehr begrenzte Macht eines österreichischen Staatsoberhaupts – ist das Surrogat für jegliche andere Triebbefriedigung. Schließlich gibt es auch noch einen ideologischen Auftrag, nämlich den ultralinke Grünen, aus deren politischen Bereich er selber kommt, das Mitregieren der Republik auch weiterhin zu gewährleisten. Warum also sollte Alexander Van der Bellen nicht kandidieren?
Dies ist aber vorläufig die einzige einigermaßen gesicherte Gegebenheit, von der wir im Hinblick auf die kommenden Bundespräsidentenwahlen ausgehen dürfen. Ob und wen die anderen Parlamentsparteien kandidieren, ist hingegen höchst ungewiss. Auch wenn der sozialdemokratische Parteirebell, Burgenlands Landeshauptmann Doskozil, dieser Tage verlangte, dass die SPÖ doch einen Kandidaten ins Rennen schicken müsste, dürfte das nicht zu wahrscheinlich sein. Dies erklärte die immer wieder als rote Kandidatin genannte Doris Bures erst anlässlich der Parteiklausur nach Neujahr: Wenn Van der Bellen erneut antrete, solle ihn die Sozialdemokratie unterstützen.
Und was die seit dem Abgang der türkisen Truppe um Sebastian Kurz offensichtlich in politischer Agonie befindliche Volkspartei betrifft, so entsinnt man sich in deren Reihen nur allzu gut der letzten Präsidentschaftswahlen, wo der schwarze Präsidentschaftskandidat Andreas Khol kaum elf Prozent zu erlangen vermochte. Demgemäß hat sich der Tiroler Landeshauptmann Platter bereits für die Unterstützung seines Landsmannes Van der Bellen durch die Volkspartei ausgesprochen und Gerüchte, wonach etwa der im Brüsseler Exil sein politisches Dasein fristende Vizepräsident des Europaparlaments Othmar Karas eine Kandidatur vorbereiten könnte, werden sich wohl nicht bewahrheiten.
So bleiben also die Freiheitlichen, die mit Norbert Hofer in der letzten Bundespräsidentenwahl im ersten Wahlgang als Wahlsieger hervor gegangen sind. Und eben dieser Norbert Hofer, der danach bei den Stichwahlen trotz seiner letztlichen Niederlage fast die Hälfte der Wählerstimmen für sich vereinnahmen konnte, hat in den vergangenen Jahren ja immer wieder durchklingen lassen, dass er neuerlich an einer Kandidatur interessiert wäre.
Und somit wird die freiheitliche Entscheidung ob und wen sie für das höchste Staatsamt nominieren, in zweierlei Hinsicht von Bedeutung sein. Zum einen in demokratischer Hinsicht, da diese Präsidentschaftswahlen ohne das Antreten eines ernstzunehmenden Kandidaten zu einer bloßen Bestätigung des Amtsinhaber verkommen würde, ohne Wahlmöglichkeit für das Wahlvolk. Zum anderen, weil diese Entscheidung für die Kickl-FPÖ zweifellos von großer strategischer Bedeutung sein dürfte.
Was aber spricht nun für und was gegen eine freiheitliche Kandidatur in diesem Wahlgang für das höchste Staatsamt der Republik? Dagegen spricht nun auf jeden Fall, dass es bei Präsidentschaftswahlen keine Wahlkampfkostenerstattung gibt, dass also jede Partei, die eine Kandidaten ins Rennen schickt, enorme Kosten zu tragen hat und dafür aus der Staatskasse nichts zurück kommt.
Dagegen spricht im freiheitlichen Falle auch, dass primär einmal, im Falle des sicher anzunehmenden Antretens Van der Bellens, ein Wahlsieg nahezu ausgeschlossen sein dürfte. Und dagegen spricht im Falle Norbert Hofer auch, dass er mutmaßlich damit den Nimbus jenes FPÖ-Politikers verlieren würde, dem es gelang, als Kandidat nahezu die Hälfte der Wähler für sich zu gewinnen. Gegen den Amtsinhaber Van der Bellen dürfte diesmal nämlich gewiss nur eine geringe Chance bestehen, ein Ergebnis wie vor sechs Jahren zu erzielen.
Sollte Van der Bellen nicht antreten, wären die Chancen für Norbert Hofer natürlich ungleich größer und sollten Sozialdemokraten und NEOS einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken, bestünde für Norbert Hofer als FPÖ-Kandidat wiederum die Chance, so wie im Jahre 2016 in eine Stichwahl gegen den Amtsinhaber zu kommen und dies wäre für ihn persönlich und die FPÖ ein bedeutender Erfolg.
Andererseits aber gilt es für die Freiheitlichen aber auf Grund der politischen Linie, die Herbert Kickl eingeschlagen hat, insbesondere die Corona­maßnahmen-Gegner und die Impfgegner zu mobilisieren beziehungsweise auch politisch an die FPÖ zu binden und dafür wäre der bekennende Impfbefürworter Norbert Hofer kaum der geeignete Mann. Er, der möglicherweise bei einem Nichtantreten der ÖVP den einen oder anderen bürgerlichen Wähler für sich gewinnen könnte, wird die harten Impf- und Coronamaßnahmen-Kritiker nicht überzeugen können.
Antreten wird die FPÖ aber sehr wohl mit einem diesbezüglich überzeugenden Kandidaten müssen, denn sonst könnte die in Oberösterreich erst jüngst in den Landtag eingezogene Anti-Coronamaßnahmen-Partei mit einem eigenen Kandidaten in jenem Wählerreservoir fischen, das eben Kickl für sich in Anspruch nimmt. So gesehen bliebe den Freiheitlichen nur die Option, mit irgendeinem mehr oder minder prominenten Impf- und Coronamaßnahmen-Gegner anzutreten, einem Mediziner etwa wie jenen Wiener Primarius, der jüngst wegen seiner kritischen Haltung gekündigt wurde und mit dem Kickl ja schon bei einer Pressekonferenz aufgetreten ist. Selbiger allerdings ist bedauerlicherweise bundesdeutscher Staatsbürger, kann kaum kandidieren. Und wen gäbe es sonst noch als einigermaßen prominenten Mediziner, der auf Kickl-Linie liegt?
Die Freiheitlichen stehen also vor einem strategischen Dilemma. Zwar mag sich der eine oder andere an die ersten Bundespräsidentenwahlen der Zweiten Republik in den frühen 50er Jahren erinnern, als der Verband der Unabhängigen, der Vorgänger der FPÖ, mit einem parteiunabhängigen Kandidaten, dem prominenten Mediziner „Engel von Sibirien“ und Innsbrucker Universitätsprofessor Burghard Breitner ein respektables Ergebnis von nahezu 17 Prozent erzielte.
Heute dürfte die FPÖ wohl kaum einen Kandidaten dieses Formats finden. Was bleibt also? Wird man Norbert Hofer verheizen oder mit irgendeinem politische Nobody? Oder hofft man, dass die Präsidentschaftswahl ohnedies zu einer wenig spektakulären Bestätigung des Amtsinhabers wird, für die man weder politische Energie noch Geld aufzuwenden bräuchte. Mit einiger Spannung darf man auf die diesbezügliche Entscheidung der FPÖ warten.


Epochen­wechsel

14. Januar 2022

Geht das Zeitalter der ­Globalisierung zu Ende?

In welcher Epoche leben wir? Diese Frage wird man wohl erst retrospektiv von den Historikern beantwortet bekommen, und in der Rückschau erscheint es ja relativ einfach zu sein. Wenn wir das 20. Jahrhundert, dieses schreckliche Jahrhundert betrachten, so ist es relativ einfach: Einerseits zeichnet es sich durch ein Paradoxon aus, nämlich dadurch, dass es nur 75 Jahre gedauert hat, nämlich von 1914, vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs, bis 1989, dem Zusammenbruch des Sowjetkommunismus und damit zum Ende der Supermachtkonfrontation. Und wenn man die Unterteilungen dieses kurzen, aber schrecklichen Jahrhunderts betrachtet, so erscheint auch alles relativ klar zu sein. Da ist der Erste Weltkrieg, dann die Zwischenkriegszeit, dann der Zweite Weltkrieg, schließlich der Kalte Krieg und die darauffolgende Entspannung bis hin zum Ende der bipolaren Weltordnung durch die Implosion des realexistierenden Sozialismus sowjetischer Prägung.
Was das Zeitalter danach, also die letzten drei Jahrzehnte betrifft, ist die die Sache schon schwieriger. Da hat der US-amerikanische Politologe Francis Fukuyama zu Beginn dieser Ära vom „Ende der Geschichte“ gesprochen, indem er davon ausgegangen ist, dass die liberale Demokratie westlicher Prägung einen globalen Siegeszug angetreten hat. Dann hieß es, es sei das Zeitalter des Neoliberalismus, in dem die freie Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt triumphiert, und schließlich kristallisiert sich in den letzten Jahren eine Interpretation des Geschehens heraus, die von einer multipolaren Weltordnung ausgeht. In dieser steht der Supermacht USA das kommunistische, aber staatskapitalistische China als stärkster Konkurrent gegenüber, begleitet von einem wieder erstarkendem Russland, einer weltpolitischen eher ohnmächtigen Europäischen Union und Schwellenländern wie Brasilien. Zusätzlich gibt es jenen Chaos-Bereich, der sich quer über den Globus von Lateinamerika über weite Bereiche Afrikas, bis hin zum Nahen und Mittleren Osten erstreckt, in dem der „clash of civilisation“, der Kampf der Kulturen, wie ihn Samuel Huntington schilderte, tobt. Dass dieser Kampf der Kulturen indessen weite Bereiche der westlichen Industriestaaten, insbesondere Europas, im Zuge der Massenmigration erfasst hat, steht auch außer Frage.
Frontstaaten dieses globalen Kulturkampfes, wie etwa Afghanistan, der Iran, der Sudan, der Irak, Syrien oder Libyen, in denen der Westen, angeführt von den USA, immer wieder versucht, seine Wertvorstellungen auch mit militärischer oder zumindest mit politischer Gewalt durchzusetzen, bleiben in dieser Epoche der Globalisierung neuralgische Punkte.
Wenn nunmehr dieses Zeitalter des Neoliberalismus und der Globalisierung just durch ein globales Phänomen, nämlich die Corona-Epidemie, beendet wird, muss dies wohl als List der Geschichte betrachtet werden. Die beginnenden 20er Jahre des neuen Jahrhunderts stehen bekanntlich weltweit im Zeichen der Seuche. Einer Seuche, die bei näherer Betrachtung eine relativ harmlose Krankheit darstellt, die vergleichsweise zu anderen Seuchen der Weltgeschichte wie der Pest eine geringe Mortalität aufweist, die aber gesamtgesellschaftlich unglaubliche Folgewirkungen zeitigen dürfte. Solcherart könnte die Corona-Pandemie tatsächlich so etwas wie einen Epochenwechsel einläuten. Die Tatsache nämlich, dass die einzelnen Nationen der Völkergemeinschaft glaubten, der Seuche nur eigenständig und vor allem durch Abschottung begegnen zu können, durch verschärfte Grenzkontrollen und massive Reisebeschränkungen, macht supranationale Verbände mehr oder minder obsolet. Die Europäische Union spielte in der Pandemiebekämpfung eine höchst untergeordnete Rolle, und die ehernen Werte der europäischen Integration, wie etwa die Freiheit des Personenverkehrs, waren plötzlich absolut hinfällig.
Ebenso verhält es sich mit dem Welthandel. Lieferketten, die im Zuge der freien Marktwirtschaft und des globalisierten Marktes entstanden sind, wurden plötzlich unterbrochen oder dergestalt verteuert, dass sie schlicht unwirtschaftlich wurden. Globalisierte Arbeitsteilung, wo etwa für westliche Märkte in Billiglohnländern produziert wurde, wurde durch die neue Abschottung nahezu liquidiert. Und insbesondere westliche Industriestaaten in Europa müssen sich gezwungenermaßen wieder dazu entschließen, Produktionen wieder verstärkt ins eigene Land zurück zu verlagern. Dies dürfte zwar keine Rückkehr zu alten Autarkie-Konzepten verursachen, aber doch eine verstärkte Regionalisierung des Wirtschaftslebens.
Neben der damit gegebenen Regionalisierung des ökonomischen Gefüges wurde im Zuge der Corona-Pandemie auch die individuelle Mobilität, der globale Tourismus in hohem Maße eingeschränkt. Die Rückgänge der Reisebranche verursachen naturgemäß wirtschaftliche Probleme, sie bedeuten aber auch, dass die zwischenmenschlichen Kontakte, die insbesondere in den reicheren Nationen nahezu in allen Gesellschaftsschichten weltweite persönliche Kontakte ermöglichen, massiv reduziert wurden und sogar im kleinräumigen Grenzverkehr, etwa zwischen einzelnen EU-Staaten, wurden während der letzten beiden Corona-Jahre grenzüberschreitende Kontakte verunmöglicht beziehungsweise minimiert. Zwar waren diese grenzüberschreitenden Reisen, Ausflüge, Urlaube oder auch berufliches Pendeln kaum jemals wirklich unmöglich, die staatlichen Verordnungen, angedrohte Kontrollen, die kaum durchgehend realisiert wurden, und die mediale Panikmache verängstigten aber die meisten Menschen und brachten sie dazu, derlei grenzüberschreitende Mobilität einzuschränken oder ganz zu unterlassen.
Ob dieser Rückbau auf kleinräumigere Lebensverhältnisse und Verhaltensweisen in ökonomischer und gesamtgesellschaftlicher, auch in kultureller Hinsicht nach dem Abklingen der Corona-Pandemie von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten. Da der Mensch aber auch zu großen Teilen ein Gewohnheitstier ist und Dinge und Verhaltensweisen, an die man sich einmal gewöhnt hat, nur schwer wieder ändert, könnte man davon ausgehen, dass die Pandemie tatsächlich eine neue Epoche einläutet, die jene der neoliberalen Globalisierung beendet. So wie man sich an Homeoffice, an E-Learning und den Einkauf über Amazon gewöhnt und dies möglicherweise nach dem Ende der Pandemie auch beibehält, so dürften viele der Corona-bedingt verordneten neuen Regeln im öffentlichen, aber auch im privaten Bereich weiter bestehen. Und auch das paternalistische, ja sogar autoritäre Verhalten der Staatsorgane gegenüber ihren Bürgern könnte zur neuen Normalität werden. Ebenso wie die Regionalisierung oder Renationalisierung des Wirtschaftslebens und der Mobilität.
Wenn man vergleichsweise die „wilden 20er“ des 20. Jahrhunderts heranzieht, so waren diese in Mitteleuropa geprägt von Hyperinflation, Massenarbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise, andererseits aber von überschäumender Lebensfreude und geradezu exzessiver Geselligkeit. Ob man dereinst sagen wird, dass die 20er des neuen Jahrhunderts von Seuchenangst, autoritären staatlichen Maßnahmen und ökonomischem Rückbau geprägt waren, darf angenommen werden, aber es bleibt abzuwarten, ob es als Ausgleich dazu auch neue Lebensfreude und Geselligkeit wie vor 100 Jahren geben wird. Feststehen dürfte allerdings, dass die Entwicklung zur schrankenlosen Globalisierung in allen kulturellen und wirtschaftlichen Lebensbereichen, wie wir sie in den letzten 30 Jahren erlebt haben, durch die Corona-Pandemie gebremst, wenn nicht sogar beendet sein dürfte. So gesehen bedeutete die Corona-Pandemie zweifellos einen Epochenwechsel.