Die Jahrhundertchance

30. November 2016

Metapolitische Überlegungen zur Hofburg-Wahl

Das nationalliberale Lager, die freiheitliche Gesinnungsgemeinschaft, und in ihrem Gefolge deren politische Repräsentanz, also zuerst der Verband der Unabhängigen und dann die Freiheitliche Partei Österreichs, sie waren so etwas wie die Zuspätgekommen der Zweiten Republik, Stiefkinder der aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs wiedererstanden Republik. Belastet mit der allzu einseitig ihnen zugeordneten Hypothek des Nationalsozialismus und der NS-Ideologie, ausgegrenzt und diffamiert war dieses Lager, waren die betreffenden Parteien doch immer Teile der politischen Landschaft der Alpenrepublik. Sie schafften es, so etwas wie semi-etablierte Parteien zu werden mit einem Fixplatz im parlamentarischen Geschehen, weitgehender Repräsentanz in allen Bundesländern und Mitwirkung in vielen Gemeindestuben des Landes. Diese merkwürdige Zwitterstellung ermöglichte einerseits Fundamentalopposition und die politische Vereinnahmung des Protests gegen Regierung und Herrschende.
Auf der anderen Seite war dadurch ein wirklicher Ausschluss aus dem Verfassungsbogen (Copyright Andreas Khol) oder gar die Kriminalisierung beziehungsweise Parteienverbote so gut wie unmöglich. Eine wirkliche Volleinbeziehung in das politische System der Zweiten Republik aber war nie möglich, obwohl es zweimal, einmal in einer rot-blauen Koalition und einmal in einer schwarz-blauen Koalition versucht wurde.
Die letztgültige Emanzipation dieses politischen Lagers und der von ihr getragenen Partei scheint erst nun, im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, zu gelingen, da die Freiheitlichen zur stärksten politischen Kraft des Landes aufzusteigen scheinen. Zu einer Partei, die dadurch sui generis Regierungsanspruch erhebt und – wie in diesen Tagen – auch den Anspruch auf das höchste Staatsamt, den Sitz in der Hofburg nämlich.
Dies mag nun einerseits die Frucht jahrzehntelanger Arbeit und großen politischen Beharrungsvermögens sein, wobei die Freiheitlichen sich von einer nationalliberalen Honoratiorenpartei zu einer Art plebiszitärer Volkspartei neuen Typ entwickelt haben, die alle Schichten der Bevölkerung, alle Generationen und alle Berufsstände anzusprechen vermag. Es mag auch an der politischen Qualität des Führungspersonals liegen, das über alle Brüche und Zäsuren hinweg, Parteispaltungen, Wahlniederlagen und darauffolgende Neuorientierung auf Linie blieb.

Letztlich aber liegt der Erfolg der letzten Jahre wohl daran, dass die etablierten politischen Kräfte, die in der Nachkriegszeit ans Ruder kamen, sich schlicht und einfach überlebt haben und nun nicht in der Lage sind, den großen Herausforderungen des neuen Jahrhunderts Paroli zu bieten. Globalisierung, Europäisierung, Massenmigration, die Erosion der gewachsenen Sozialsysteme und ganz allgemein der Beginn eines zunehmend chaotischer werdenden Zeitalters überfordern die herkömmlichen Polit-Eliten. Quer durch Europa, aber auch in den anderen westlichen Industriestaaten sind es somit plebiszitäre Emanzipationsbewegungen – von ihren Gegner zumeist als „rechtspopulistisch“ gescholten – die hier als Systemalternativen auftreten.
Gerade die Freiheitlichen als österreichischer Sonderfall, mit ihrem Charakter als semi-etablierte Partei haben hier idealtypisch die Chance ergriffen, eine fundamentaloppositionelle Systemalternative darzustellen, die sich den Dogmen der neuen Zivilreligion der Political Correctness widersetzt. Gleichzeitig aber verfügt sie über gefestigte, landesweite Strukturen und im Kern über eigene politische Eliten aus dem traditionellen nationalliberalen Lager, was für ideologische Konsistenz und personelle Kontinuität sorgt. Sie ist daher nicht nur in der Lage, daraus resultierende Wahlkämpfe erfolgreich zu führen, sondern auch entsprechende staatstragende Verantwortung zu übernehmen. Ihr zweimaliges Scheitern, in den bereits zitierten Varianten einer rot-blauen und einer schwarz-blauen Koalition, lag weniger im eigenen Unvermögen begründet, als vielmehr in der relativen Schwäche der Partei. Erst jetzt, da sie aus eigener Kraft zumindest ein Drittel der Wähler auf sich zu vereinen vermag, und somit ohne sie keine verfassungsändernde Mehrheit im Lande mehr möglich ist, könnte sie die Stärke haben, um auf Dauer auch Regierungsarbeit zu tragen und zu dominieren. Das fehlende strukturelle Hinterland, das die alten Parteien in den Restbeständen des Kammerstaates hatten, und das fehlende mediale Hinterland wird man künftighin in gewissen Ansätzen noch schaffen müssen, beziehungsweise – was die Medien betrifft – verstärkte Aktivitäten in den sozialen Medien, also im Bereich der Internet-Medien setzen müssen. Diesbezüglich sind die Freiheitlichen des Heinz-Christian Straches ohnedies schon höchst erfolgreich und aktiv.

In der Tat dürfte der Aufstieg der FPÖ zur stimmenstärksten Partei im Lande bis hin zur kommenden Nationalratswahl kaum zu verhindern sein. Und ob der freiheitliche Kandidat für das höchste Staatsamt (in wenigen Tagen nach Verfassen dieses Textes) tatsächlich eine Mehrheit der österreichischen Wähler hinter sich zu versammeln vermag und in die Hofburg einzieht, wird man sehen. Tatsache ist jedenfalls, dass er trotz des Gegenwinds aller etablierten Medien, aller etablierten Parteien und der gesamten Zivilgesellschaft, von den Gewerkschaften bis hin zu den Kirchen, von der Kunstszene bis hin zur Wissenschaft, rund die Hälfte aller österreichischen Wählerstimmen erlangen kann.
So gesehen ist insbesondere die Wahl für das Amt des Bundespräsidenten von hohem symbolischem Wert. Auch wenn das höchste Staatsamt in Österreich längst nicht mit ähnlichen Vollmachten ausgestattet ist wie etwa in Frankreich oder in den USA, wäre die Wahl eines aus dem Kreise der Freiheitlichen stammenden Bundespräsidenten dennoch nicht nur für Österreich eine Sensation, sondern wohl auch weltweit für alle Medien. Und es würde zweifellos beweisen, dass die Emanzipation dieses Lagers gelungen ist und dass die FPÖ längst absolut in der Mitte der Gesellschaft der Alpenrepublik angekommen ist.
Möglicherweise aber ist diese Jahrhundertchance auch eine der letzten Chancen. Man darf nicht vergessen, dass es eine Schwäche der FPÖ ist, auch etabliert zu sein. Und im Falle von noch katastrophaleren Entwicklungen und vor allem im Falle, dass es ihr nicht gelingt, diesen mit radikalen Lösungen zu Leibe zu rücken, könnte sie dann sehr wohl auch den Unwillen der Wähler ernten. Überdies ist das gegenwärtig so erfolgreiche Führungspersonal der Partei nunmehr auch schon langgedient und der Schmelz der unmittelbaren Jugend und der Zauber des ist längst politischer Routine gewichen.

Dazu kommt ein demographisches und strukturelles Problem, dass nämlich die Zusammensetzung der Wahlbevölkerung durch die Massenmigration so rasch und dramatisch verändert wird, dass möglicherweise in etlichen Jahren, spätestens aber wohl innerhalb einer Generation, ein Wahlerfolg einer Partei der autochthonen Bevölkerung, die sich der historisch gewachsenen Identität von Land und Volk verschrieben hat, kaum mehr möglich sein wird. In einzelnen Wiener Bezirken ist diese Situation bereits heute gegeben und es stellt sich die Frage, ob in der Bundeshauptstadt, wo in vier und neun Jahren die nächsten Wahlgängen planmäßig anfallen müssten, freiheitliche Wahlsiege rein mathematisch noch denkbar sind.
Zwar wird es möglich sein, integrationsfähige und integrationswillige Zuwanderer, etwa aus dem Bereich des christlich-abendländisch orientierten Balkans, auch für eine Partei zu gewinnen, die der angestammten Identität des Landes verpflichtet ist. Allein darauf aber werden sich Wahlerfolge in der Zukunft nicht begründen lassen. Und der demographische Schwund der autochthonen Bevölkerung, der Geburtenrückgang und die Überalterung der angestammten Österreicher scheinen gegenwärtig durch nichts aufzuhalten zu sein.
Darüber hinaus kommt ein gewisser Gewöhnungseffekt im Hinblick auf die „Segnungen“ der neuen multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft, die unser Land seit der Massenmigration prägt. Zwar liest man tagtäglich von Kriminalität, von Gewaltverbrechen und auch von Terroranschlägen, die nur im Umfeld der Migration möglich geworden sind. Eine gewisse Abstumpfung des Medienkonsumenten ist aber auch diesbezüglich gegeben. Möglicherweise erfasst die Menschen diesbezüglich eine Art Fatalismus, so nach dem althergebrachten österreichischen Motto „da kann man halt nichts machen“.

All diese Faktoren könnten dazu führen, dass der Zenit des freiheitlichen Aufstiegs und der Wahlerfolge der Partei irgendwann einmal, früher oder später, überschritten sein wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erfolg bei Nationalratswahlen mit rund einem Drittel der Wählerstimmen und ein Einzug in die Hofburg die Höhepunkte dieses politischen Aufstiegs darstellen, ist relativ hoch. Umso mehr wird es notwendig sein, diese Erfolge zu nutzen und in politische Maßnahmen umzusetzen, deren Ziel man verkürzt als „Rettung Österreichs“ bezeichnen kann.
Wenn die Freiheitlichen unter Jörg Haider zu Beginn des 21. Jahrhunderts unter dem Motto „Österreich neu regieren“ in eine Koalition gegangen sind, so wird es die Strache-FPÖ wohl unter dem Motto „Österreich retten“ tun müssen. Längst sind Land und Leute nämlich im Notwehrmodus und die historische Legitimation der freiheitlichen Erfolge wird nur gegeben sein, wenn die FPÖ die politische Verantwortung im Sinne der Lösung dieser vitalen Probleme von Land und Volk zu nützen vermag. Letztlich geht es um die Erhaltung der nationalkulturellen Identität der autochthonen Österreicher und die Erhaltung und den Ausbau der heimischen Sozialsysteme, sowie die Erhaltung und sinnvolle Weiterentwicklung unserer Kulturlandschaft und auch unseres materiellen Wohlstandes. All dies wird nur bei Erhaltung beziehungsweise Wiedergewinnung einer relativen Souveränität der Republik möglich sein und nicht ohne Widerstandsmaßnahmen gegen europäischen Zentralismus und Globalisierung vonstatten gehen können.
Der Stopp der Massenzuwanderung und die Repatriierung illegaler Zuwanderer, aber auch die Integration von integrationsfähigen und integrationswilligen Einwanderern wird nur ein Teil einer künftigen volkserhaltenden Politik sein. Eine Familienpolitik im Sinne von generationenübergreifender Solidarität und des Muts zu eigenen Kindern wird ein weiterer wichtiger Bereich sein. Der Wiederaufbau eines tragfähigen ökonomischen Mittelstandes, einer Bildungspolitik, die diesen Namen verdient, und einer Förderung von Kunst und Wissenschaft, die die Republik wieder europaweit und weltweit an die Spitze der Entwicklung bringen sollte, werden ebenso vonnöten sein.

Dies alles bedeutet gewaltige Herausforderungen für ein kleines Land und für eine Partei, die sich als Alternative zum abgewirtschafteten Politsystem der Altparteien versteht. Die Chance besteht jetzt. Ob der Wähler den Freiheitlichen ermöglichen wird, sie zu ergreifen, wird sich zeigen. Wahlen zu gewinnen ist allerdings nur eine Sache, dann mit diesen Erfolgen wirkliche Reformpolitik zu betreiben eine andere. Dazu gehört Überzeugung, Mut und viel politische Fortune.


Vom Ende eines Sisyphos-Wahlkampfes

30. November 2016

Nahezu ein Jahr ist vergangen, seit Norbert Hofer zum freiheitlichen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert wurde. Niemand hätte seinerzeit gedacht, dass dieser Wahlkampf so lange dauern könnte und niemand ist wohl auch auf den Gedanken gekommen, dass ihn der dritte freiheitliche Nationalratspräsident in so hohem Maße dominieren könnte. Wie auch immer die Wahl vom 4. Dezember 2016 auch ausgeht, der große Sieger ist auf jeden Fall Norbert Hofer und mit ihm die freiheitliche Gesinnungsgemeinschaft.
Noch nie in der Zweiten Republik ist es vorgekommen, dass bei drei Wahlgängen eine Mehrheit der Österreicher bei einem freiheitlichen Kandidaten ihr Kreuz gemacht hat. Etwa 36 Prozent beim ersten Wahlgang, nahezu 50 Prozent beim zweiten Wahlgang und wohl ähnlich viele, wenn nicht sogar mehr beim dritten, das werden wir ja sehen.
Sollte der freundliche Freiheitliche mit der ebenso verbindlichen wie klugen Rede- und Argumentationsweise tatsächlich in die Hofburg einziehen, ist dies zweifellos eine Sensation, und wir zweifeln keinen Moment daran, dass dies weltweit registriert wird. Natürlich weitgehend mit Häme und mit Hass, denn die etablierten politische Kreise haben nicht nur in Österreich, sondern darüber hinaus auch im Ausland geschafft, dass die Menschen ein Bild von diesen Freiheitlichen und von ihrem Kandidaten haben, das mit der Realität nichts zu tun hat. In Österreich selbst weiß man es besser, sonst würde nicht die Hälfte der Menschen Hofer wählen.
Wenn Norbert Hofer es knapp nicht schaffen sollte, dann ist er zum Opfer des gesamten politischen Systems aller etablierten Parlamentsparteien, der Kirchen, der Gewerkschaften, der Kulturszene, aller etablierten Medien geworden. Dann ist er in einem wahren Titanenkampf ehrenvoll unterlegen. Er hat sich nämlich während dieses ganzen Jahres keinen Fehler geleistet und tatsächlich nichts zu Schulden kommen lassen. Das Schlimmste, das er angeblich gesagt hat – zumindest, wenn man der Interpretation seiner politischen Gegner glaubt – war die Aussage „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“, wenn er Bundespräsident werde. Dieses von Hofer zweifellos als Reformversprechen gemeinte Diktum wurde ihm natürlich im Mund umgedreht und als Beleg gewertet, er wolle ein „autoritäres System“ errichten.
Das Gegenteil wird natürlich der Fall sein, Norbert Hofer wird zweifellos ein ehrenwerter, ein duldsamer und toleranter, eben ein freiheitsliebender, ein freisinniger, freiheitlicher Bundespräsident sein. Und vor allem ein menschlicher, einer von uns, einer wie du und ich, ein gelernter Österreicher, ein Patriot, der seine Heimat liebt, der ein ganz normales Leben mit Frau und Kindern führt, der ganz normale Interessen hat, auch einen ganz normalen Beruf ausgeübt hat und zweifellos das Beste tun wird, was in seinen Kräften liegt, um Land und Leuten zu helfen.
Allein, wie er dieses schwierige Jahr des Wahlkampfes gemeistert hat, zeigt bereits, was wir uns von Norbert Hofer erwarten können. Dass er zu guter Letzt doch noch Opfer einer Diffamierungskampagne wurde, ist bedauerlich. Die Faschismuskeule versuchte man wie gewohnt zu schwingen, linke Medienleute und wohl auch die Wahlkampfleitung seines Gegners meinten schlussendlich doch nur wieder nach diesem sattsam bekannten Muster gegen ihn reüssieren zu können.
Aber wie auch immer, der Sieger heißt Norbert Hofer, entweder als Staatsoberhaupt in der Hofburg oder weiterhin im Präsidium des Nationalrats, wobei er dort die realistische Chance hätte, erster Nationalratspräsident zu werden – auch das wäre ein freiheitliches Novum. Und jene Österreicher, die einmal freiheitlich gewählt haben, werden es wohl auch in Zukunft wieder tun, wenn sie sehen, dass dies die einzige Partei ist, die dem politischen System mit all seinen Fehlentwicklungen Paroli bietet.


Wer ist Establishment?

25. November 2016

Die Kommentatoren und politischen Analytiker sind sich weitgehend einig: Donald Trump ist in den USA als Anti-Establishment-Kandidat gewählt worden. Und – wir entsinnen uns – im Präsidentschaftswahlkampf in Österreich hat es genauso geheißen: Alexander Van der Bellen ist der Kandidat der politischen Eliten, des Establishments, Norbert Hofer ist der Kandidat der Menschen, der Durchschnittsösterreicher.

Nunmehr bemühen sich die verschiedenen Helfer und Helfershelfer des grünen Kandidaten darum, darzulegen, dass Hofer sehr wohl zum Establishment gehöre. Er sei schließlich Berufspolitiker und das gewissermaßen ein Leben lang, während der grüne Professor nur wenige Jahre Berufspolitiker gewesen sei und ansonsten einem Zivilberuf nach gegangen wäre.

Dass da Gelächter aufkommt ist nicht verwunderlich. Gewiss, wir wissen, Christian Kern war Bundesbahn-Manager. Dass er aber dort nur von Gnaden der SPÖ auf der Vorstandsebene tätig werden durfte, ist auch bekannt. Er ist natürlich Teil des politischen Establishments, genauso wie ÖVP-Boss Mitterlehner, der zeitlebens Mitarbeiter der Wirtschaftskammer war. Und der Außenminister Kurz hat außer seiner politischen Funktion überhaupt noch nie etwas gearbeitet, Ausnahme ist vielleicht Werner Faymann, der dem Vernehmen nach irgendwann einmal Taxifahrer war.

Aber es stimmt natürlich auch, dass Norbert Hofer als Dritter Nationalratspräsident gegenwärtig Berufspolitiker ist. Allerdings ist er deshalb nicht Teil des Establishments, er ist vielmehr der Vertreter einer non-konformistischen, fundamentaloppositionellen Partei, die sich als Systemalternative, als Gegenpol zum politischen Establishment zu etablierten politischen Kaste versteht und das Gegenteil der herrschenden Zivilreligion der Political Correctness verkörpert. Das wissen die Menschen auch und sie verstehen sehr wohl, warum Van der Bellen der Kandidat des Establishments ist und Hofer nicht.

Und so haben wir es also: Alle etablierten Parlamentspartei, mit Ausnahme des Restteams Stronachs sind für Van der Bellen, natürlich die Gewerkschaften, natürlich die Kirchen, natürlich die gesamte linksgepolte Zivilgesellschaft, natürlich nahezu alle Medien – mit Ausnahme der Zur Zeit. Die Einheitsfront der Van der Bellen-Unterstützer hat sich formiert. Und wie auch immer die Präsidentschaftswahlen ausgehen werden, kurios und belustigend ist es, dass diese Einheitsfront nur die Hälfte für sich zu mobilisieren vermag, die andere Hälfte, die Durchschnittsbürger und, wie wir hoffen, die schweigende Mehrheit, ist für den Kandidaten der politischen Herausforderer, für den Kandidaten der Erneuerung, für den Kandidaten der Systemalternative. Man wird sehen, ob der Trump-Effekt auch in Österreich zieht.


Human-Hypothek statt Human-Kapital

25. November 2016

Überlegungen zu den Kosten der Massenzuwanderung

Spätestens seit den Zeiten des Merkantilismus im 17. und 18. Jahrhundert ist wissen wir, dass eine gut ausgebildete, fachlich, handwerklich oder gar wissenschaftlich qualifizierte Bevölkerung für die Produktivität und die Schaffenskraft eines Landes beziehungsweise eines Volkes von ausschlaggebender Bedeutung ist. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vom Human-Kapital.

Und Human-Kapital ist es auch, was sich die klassischen Zuwanderungsländer, etwa die USA, Australien oder Kanada, durch die Einbürgerung von entsprechend qualifizierten Arbeitskräften versprechen. Solche Länder definieren jene Menschen, die sie zuwandern lassen, ganz genau nach Ausbildung, nach beruflicher Qualifikation und nach fachlicher Eignung, insbesondere aber nach den Notwendigkeiten der eigen Wirtschaft und der eigenen Industrie. Wenn Australien Baufachleute brauchte, Kanada Zimmermänner und Maschinenbauingenieure, dann haben die Einwanderungsbehörden dieser Länder in ihren Botschaften in den Zuwanderungsländern sich jene Menschen herausgefiltert, die ihnen dafür geeignet erschienen. Einen historischen Sonderfall bildeten insofern noch die US-Amerikaner, als sie ihren Bedarf etwa an qualifizierten Wissenschaftlern an Atomphysikern und Ähnlichen nach gewonnenem Kriegen aus den Leistungseliten und wissenschaftlichen Fachkreisen besiegter Völker zu decken vermochten. Wernher von Braun und seine Kollegen sind das beste Beispiel für diese Art von fachlich qualifizierter Zuwanderung.

Das Gegenteil davon stellt eine unkontrollierte Massenmigration dar, die aufgrund von kriegerischen Ereignissen oder von Naturkatastrophen stattfindet oder auch schlicht und einfach aufgrund der Verarmung weiter Teile des Planeten. Diese Armutsmigration, die Menschen in Richtung der westlichen Industriestaaten, insbesondere Europas treibt, welche schlicht und einfach bessere Lebensbedingungen oder auch nur bessere Sozialleistungen suchen, ist naturgemäß nicht in der Lage, nach fachlicher Qualifikation der Zuwanderer zu differenzieren. Auch wenn die Willkommenskultur-Bejubler in Politik und Medien uns etwa im Vorjahr glauben machen wollten, dass aus Syrien samt und sonders Ingenieure, Wissenschaftler, Ärzte und Architekten zuwandern würden, sieht die Realität völlig anders aus. Aus soziologischen Untersuchungen wissen wir indessen ganz genau, dass das Gros dieser Zuwanderer, wie sie etwa seit dem vorigen Jahr Europa erreicht haben, fachlich und bildungsmäßig weitgehend unqualifiziert sind. Ja, der Anteil der Analphabeten ist sogar überproportional hoch. Und ein Gros dieser Zuwanderer wird auf lange Jahre völlig ungeeignet sein für den europäischen beziehungsweise deutschen oder österreichischen Arbeitsmarkt.

Überdies wissen wir längst, dass die Kosten für die Aufnahme dieser Menschen wesentlich höher sind, als sie uns schönfärberisch zu Beginn der Massenmigration von den Regierungsverantwortlichen dargestellt wurden. Allein die Erstaufnahme, die Unterbringung, die Versorgung und dann die sogenannte Mindestsicherung in Österreich verursachen astronomische Belastungen für den Staatshaushalt.

In der Folge ist es eine weitere schwerste Belastung für die Sozialsysteme und damit für die Staatshaushalte, wenn diese Menschen integriert werden sollen, die Sprache lernen, Ausbildungen erhalten und überdies das Gesundheitssystem des Gastlandes entsprechend ihren Bedürfnissen nützen. Hunderttausende Menschen in Österreich, Millionen in Deutschland, die niemals in die Sozialsysteme eingezahlt haben und auf Jahre hinaus auch nicht in der Lage sein werden einzuzahlen, kommen in überproportionalem Maße in den Genuss der Segnungen dieser Sozialsysteme. Der Gesundheitszustand der Zuwanderer dürfte ja herkunftsbedingt, kriegsbedingt oder aufgrund der wirtschaftlichen Lage bedingt im Durchschnitt eher schlechter sein als jener der autochthonen Bevölkerung. Dementsprechend müssen sie die Einrichtungen des heimischen Gesundheitssystems auch in überproportionalem Maße nützen, und all das, wie gesagt, ohne in die Systeme auch Leistungen einzubringen.

Geht man realistischer Weise davon aus, dass diese massenhaft Zugewanderten und jene, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch kommen werden – nichts spricht dafür, dass der Zustrom von der Politik wirklich gestoppt wird –, dass also jene Menschen kaum oder nur im geringen Maße in den Arbeitsprozess integriert werden können und damit auch weiterhin keine Leistungen für das Sozialsystem erbringen, weiß man, dass jene Prognostiker, die von hunderten Milliarden an Kosten für die nächsten Jahre und Jahrzehnte ausgehen, recht haben dürften. Ebenso klar ist aber, dass all das zu Lasten des Lebensstandards und der Qualität der sozialen Systeme für die autochthone Bevölkerung gehen muss. Diese immensen sozialen Transferkosten für die Massenzuwanderung werden zwangsläufig der treibende Faktor für die Verarmung der autochthonen Bevölkerung beziehungsweise der unteren Schichten der autochthonen Bevölkerung sein. Die Folge wird eine Mehrklassen-Medizin sein, in der einkommensschwächere Teile der Bevölkerung nur mehr die Minimalversorgung in Anspruch nehmen werden können. Eine weitere Folge wird eine Ausdünnung des Pensionssystems sein, da der Generationenvertrag mangels entsprechender Einzahler kaum mehr funktionieren kann. Ob die Gewährleistung einer minimalsten Altersversorgung auf Dauer für alle Staatsbürger danach gewährleisten sein kann, bleibt abzuwarten. Die Illusion, die gegenwärtig durch die Mindestsicherung gegeben ist, dass schlicht und einfach jeder Mensch aus der Wohnbevölkerung in einem Staat mit einem Mindesteinkommen versorgt wird, gleich ob er arbeitet, ob er Sozialleistungen bezahlt oder nicht, dies dürfte sich tatsächlich als Illusion erweisen.

Die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Oberschicht und Unterschicht, wird damit zwangsläufig immer weiter aufgehen, der Treiber für diese im wahrsten Sinne des Wortes asoziale Entwicklung ist zweifellos die Massenzuwanderung der letzten Jahre, die sich eben in den Jahren und Jahrzehnten, die auf uns zukommen, fortsetzen dürfte. Die etablierte Politik, die all das zu verantworten hat – wenn nicht vielleicht geplant, aber so doch fahrlässig zusehend – muss sich somit den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Verelendung Europas und der westlichen Industriestaaten verursacht hat. Dies allzumal dann, wenn aus ihren Kreisen Politiker neuen Typs, wie etwa der neugewählte US-Präsident, die sich massiv gegen diese Entwicklung richten, als „Rechtspopulisten“ oder gar als „Faschisten“ und „Rassisten“ diffamiert werden. Der etablierten Politik muss in diesem Zusammenhang ins Gedächtnis gerufen werden, dass sie auf die Verfassungen ihrer jeweiligen Staaten und auf das Wohl der autochthonen Bevölkerung der jeweiligen Staatsbürger angelobt sind. Frau Merkel hat laut Amtseid das „Wohl und Weh des deutschen Volkes“ im Auge zu haben und nicht eine nebulos gutmenschelnde Willkommenskultur, das Gleiche gilt für die österreichischen Regierungspolitiker unserer Tage und die meisten etablierten politischen Systeme innerhalb der EU und der westlichen Industriestaaten.

Ob es in einer chaotisch werdenden Welt der Massenmigration, der Kriege, der Bürgerkriege und internationalen Spannungen, der Naturkatastrophen und des Klimawandels eine Rückkehr zu einer geordneten und vernünftigen Migrationspolitik geben kann, die sich an den ökonomischen und sozialen Bedürfnissen der Herkunftsländer, aber auch der Gast- und Aufnahmeländer orientiert, ist mehr als ungewiss. Die „Torheit der Regierenden“, von der Barbara Tuchmann spricht, ist leider zum gestaltenden Prinzip der internationalen Politik geworden, und Hoffnung auf Vernunft beziehungsweise auf rationale Politik erweist sich weitgehend als Illusion. Die politischen Zielvorstellungen politisch korrekter Gutmenschen und Multi-Kulti-Apologeten decken sich mit der tendenziellen Entwicklung hin zum globalen Chaos. Solcherart ist das Prinzip „Laissez-faire, Laissez-passer“ schlechterdings das Motto einer ebenso unfähigen wie konzeptlosen Politik, die allerdings den Kriterien der Political Correctness entspricht. Eine mehr als gefährliche Entwicklung, in der Migration nicht mehr so etwas wie „Human-Kapital“ für die einzelnen Zuwanderungsländer zeitigt, sondern „Human-Hypotheken“ im gewaltigen Ausmaß.


Menetekel für die politische Klasse

18. November 2016

Was bedeutet Trumps Triumph?

Die erste und schwerste Todsünde gegen den Geist der Political Correctness ist echter oder nur angeblicher Rassismus, dessen schwerwiegendste Varianten bestehen aus Antisemitismus, der Xenophobie und ähnlichen Verhaltensweisen. Die zweite Todsünde gegen den Geist der Political Correctness ist Sexismus. Und sexistisch sind natürlich nicht nur Machos und Gegner des Feminismus, sondern jedermann, der sich gegen die neue Genderideologie wendet. Die dritte Todsünde gegen den Geist der Political Correctness ist Nationalismus. Bereits Heimatverbundenheit steht im Geruch chauvinistischem, völkischem Denkens und wird – wenn schon nicht verfolgt – so zumindest der Lächerlichkeit preisgegeben.

In Amerika treibt diese Political Correctness beispielsweise an den Universitäten die kuriosesten Blüten. Dort sind es längst nicht mehr nur mehr Sprechverbote, sondern schon Denkverbote, mit denen das Prinzip Heuchelei durchgesetzt wird. Trump verstieß im Zuge seines Lebens als Kaufmann, aber auch während der langen Monate des Wahlkampfes, wiederholt massiv und wahrscheinlich auch bewusst gegen diese Gebote der Political Correctness. Wenn er die Abschiebung von illegalen und kriminellen gewordenen Zuwanderern propagiert, gilt er natürlich demnach schon als Rassist, und wenn er eine massive Grenzsicherung – Stichwort Mauer – propagiert, ebenso. Auch, dass man einigermaßen frauenverachtende, eher unappetitliche Äußerungen aus seinem Munde, die immerhin mehr als ein Jahrzehnt alt sind, ausgrub und – rein zufällig, versteht sich – den Medien zuspielte, scheint zu beweisen, dass er ein Sexist ist und damit gegen die Political Correctness verstößt. Trump hat daraus im Wahlkampf allerdings einen Trumpf machen können. In einem Land, in dem jeder zweite Fluch und jede zweite Beschimpfung mit „Fuck …“ beginnt, wird es ihm, insbesondere vom einfacheren Publikum, offenbar als Beweis seiner Authentizität angerechnet, dass er solcherlei sexistische Sprüche klopft. Auch diesbezüglich haben die Menschen in den USA offenbar ein verstärktes Gefühl bekommen, dass die politische Klasse maßloser Heuchelei frönt, indem sie nur mehr „Schönsprech“ und „Gutsprech“ pflegt. Trump aber, dieser Präsidentschaftskandidat, der von den etablierten Medien zum Rüpel abgestempelt wurde, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. So zumindest der Eindruck seiner Wähler, die ihn ins Weiße Haus hievten.

Das Hauptargument für die Wahl Donald Trumps aber dürften die Zukunftsängste und Sorgen der ehemaligen weißen Mehrheitsbevölkerung angesichts der Massenzuwanderung und angesichts ihrer sozioökonomischen Deklassierung gewesen sein. Die „WASP“, also die „White Anglo-Saxon Protestants“, müssen angesichts der Massenzuwanderung und der Bevölkerungsexplosion im Bereich der Latinos und der farbigen Bevölkerung tatsächlich damit rechnen, schon sehr bald in einer Minderheitenposition zu sein. Sie, die sich ursprünglich als die prototypischen Amerikaner fühlten, fühlen sich deklassiert und an den Rand gedrängt. Die Entindustrialisierung, verbunden mit dem sozialen Abstieg der vormaligen Arbeiterklasse, hat hier Ängste geschaffen, die keineswegs als bloße irrationale Emotionen abgetan werden können. Vielmehr stehen hinter diesen Ängsten alle sozioökonomischen Entwicklungen, die tatsächlich zum Hauptproblem des Landes geworden sind. Den davon betroffenen Menschen hat Trump eine Stimme verliehen, „Make America great agian“ lautet sein Credo, wobei ihm wohl selbst klar sein dürfte, dass die Erfüllung dieser Wünsche alles andere als leicht sein wird.

Allein aber sein Versprechen, die illegale Zuwanderung zu unterbinden und Millionen dieser Illegalen zu repatriieren, ist ein deutliches Signal für den Schutz der autochthonen weißen US-Amerikaner. Und natürlich wird ihm dies von seinen politischen Gegnern und den Hohepriestern der Political Correctness schon als massiver Rassismus ausgelegt.

Insgesamt ist die Wahl Trumps doch so etwas wie ein politisches Wunder, haben sich doch nahezu alle Angehörigen der ökonomischen, politischen und medialen Eliten gegen ihn ausgesprochen und nahezu alle Medien haben ihn bekämpft. So gesehen ist die Wahl Trumps, der in Europa taxfrei zum „Rechtspopulisten“ abgestempelt wurde, auch ein Menetekel für die herrschende politische Klasse. Und das nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Ob und wie weit sich durch die Wahl Trumps ein Rückenwind für andere systemverändernde patriotische Parteien in Europa ergibt, bleibt abzuwarten. Bereits am 4. Dezember wird man in Österreich diesbezüglich ja die Nagelprobe machen können. Dabei muss angemerkt werden, dass der Rückenwind für den freiheitlichen Kandidaten möglicherweise dadurch gegeben ist, allerdings wohl auch die emotionale Mobilisierung seiner Gegner und jener die, ein Trump-Ergebnis in der Alpenrepublik befürchten.


Erdogan als Anti-Atatürk

13. November 2016

Re-Islamisierung und autoritäre Staatsführung als Ziele des Präsidenten

Kein anderer Staatsmann wurde in der Türkei im Lauf des letzten Jahrhunderts mehr geliebt und gepriesen als Kemal Pascha Atatürk. Er, der die aus den Wirren des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches neuentstehende, dramatisch verkleinerte Türkei in die Moderne geführt hat, heraus aus dem islamischen Mittelalter, er, der das Gesicht des Landes in Richtung Europa gedreht hat, wurde mit Recht „Vater der Türken“ genannt. Ein Jahrhundert später möchte Recep Tayyip Erdogan, Chef einer islamistischen Partei, den Staatsgründer noch übertrumpfen. Und tatsächlich scheinen seine fanatischen Anhänger in ihm wenn schon nicht den Vater, so doch den Führer einer völlig neuen, völlig anderen Türkei zu sehen.

Während aber Atatürk das Land vor hundert Jahren modernisierte und zu verwestlichen versuchte, Rechtsstaat und freie Marktwirtschaft favorisierte und auch in gewissem Maße eine Demokratisierung, geht Erdogan heute den umgekehrten Weg: Re-Islamisierung und Abkehr vom Westen, Aushöhlung der Demokratie und offene Hinwendung zu einer autoritären Staatsführung, für die Rechtsstaat, Menschenrechte und Minderheitenrechte keine große Bedeutung mehr haben. Dass Erdogan bei der Richtung seines autoritären Präsidialsystems nicht nur die freien Medien und jede kritischen Opposition im eigenen Land niederknüppelt, sondern auch den offenen Bürgerkrieg mit den Kurden, immerhin fünf bis sechs Millionen Menschen im Osten der Türkei, riskiert, spricht für sich. Dass er auch das Ende des wirtschaftlichen Aufschwungs und der bislang massiven Wohlstandsentwicklung des Landes riskiert, um seine Vorstellung von einer islamischen, autoritären Türkei umzusetzen, ist ebenso aufschlussreich.

Und wenig verwunderlich ist dann schon, dass er den EU-Beitritt der kleinasiatischen Republik ganz offensichtlich durch die politischen Fakten, die er setzt, torpediert. Da geht es ihm augenscheinlich nur mehr darum, Förderungsmilliarden aus Brüssel abzuholen. Völlig irrational hingegen ist es, dass er die geopolitischen Chancen, die die Türkei unter seiner Führung im Nahen und Mittleren Osten und in der islamischen Welt gehabt hätte, ebenso zunichte gemacht hat. Seine aggressive Außenpolitik wird es mit Sicherheit verunmöglichen, dass die Türkei künftig als Paradebespiel einer modernen, demokratischen und islamischen Republik fungieren kann.

So stellt sich Recep Tayyip Erdogan, der starke Mann der Türkei, im beginnenden 21. Jahrhundert geradezu als Anti-Atatürk da. Während Kemal Pascha das Land nach einem verlorenen Weltkrieg zukunftsfähig machen wollte, was ihm teilweise auch gelang, scheint Sultan Erdogan die Türkei in eine düstere Vergangenheit von Unfreiheit und Unterdrückung und wohl auch wirtschaftlichen Niedergang – der Tourismus bricht bereits ein – zurückzuführen. Vorläufig steht die Mehrheit der Türken noch hinter ihm, wie lange dies so sein wird, wenn man auch in der einfachen türkischen Bevölkerung die Auswirkungen seiner Politik erkennen muss, bleibt abzuwarten. Tatsache ist jedenfalls, dass man sich in Europa nunmehr keine Illusionen machen sollte, und das, was die patriotischen, rechtsdemokratischen Parteien quer durch die EU schon immer verlangt haben, tun sollte: die Beitrittsverhandlungen sofort abzubrechen!


Wer diktiert die Koalitionsbedingungen?

11. November 2016

Wolfgang Schüssel war zweifellos ein schlauer Fuchs: Da hat er doch glatt als der große Verlierer der Nationalratswahl des Herbstes 1999 den knapp stärkeren Freiheitlichen Jörg Haiders jene Bedingungen diktiert, unter denen sie ihn zum Bundeskanzler machen durften. Wir entsinnen uns der damaligen Präambel zum blau–schwarzen Koalitionsvertrag: Bedingungsloses Ja zu Europa, Einrichtung eines höchstdotierten Restitutionsfonds, Absage an alle Rechtstendenzen und Ähnliches.…

Die New-Deal-SPÖ des nunmehrigen Bundeskanzlers Christian Kern möchte nun offensichtlich die Strategie Schüssels wiederholen: Auf Weisung des Kanzlers und auf Einladung des Kärntner Landeshauptmannes Peter Kaiser finden nun Gespräche und Verhandlungen, getragen von führenden SPÖ-Funktionären, statt, die bis zum Parteitag im Mai nächsten Jahres einen Kriterienkatalog erarbeiten sollen, der für die Zusammenarbeit mit anderen Parteien – in erster Linie wohl mit der FPÖ – maßgeblich sein wird. Kaiser, der im Zuge seiner politischen Biographie im Kärntner Landtag oft genug leidvoll erfahren musste, wie man zum Opfer der Umgarnungsstrategien des verblichenen Bärentalers und blauer List werden konnte, gilt da offenbar als geeigneter Mann, wobei die Positionen der SPÖ-Kriterienersteller in der Bandbreite zwischen Stadträtin Wehsely und Landeshauptmann Niessl ziemlich klar sind.

Und die Minimalforderungen an künftige blaue Koalitionspartner werden zumindest aus einer klaren Absage an jeglichen Öxit und einer strikten Abgrenzung zu jeglichem Rechtsextremismus – wobei natürlich die SPÖ definiert, was denn unter Rechtsextremismus zu verstehen sei – bestehen.

Eine von der SPÖ entworfene Präambel zu einem künftigen blau–roten Koalitionspakt kann man sich also ziemlich klar vorstellen: Eine gehörigen Portion EU-Bejubelung sowie ein klares und unmissverständliches Bekenntnis zur Political Correctness wird mit Sicherheit nicht fehlen. Letzteres deshalb, weil die „Refugee welcome“-Fraktion, allzumal innerhalb der Wiener SPÖ, besänftigt werden muss.

Allerdings scheinen Kern, Kaiser und Genossen die Rechnung ohne den Wirt zu machen. Und dieser Wirt heißt in diesem Fall: der Wähler! Was, wenn, wie alle Umfragen besagen, die Freiheitlichen bei der nächsten Nationalratswahl die stärkste Partei sind, und womöglicherweise sie auf die Idee kommen, einen Kriterienkatalog zu erstellen, unter welchen Bedingungen sie mit irgendeiner anderen Partei koalieren würden?

Dies würde nicht nur aus der Position der stärksten Partei resultieren, sondern auch aus den historischen Erfahrungen, die man bei zwei Regierungsbeteiligungen, einmal mit der SPÖ und einmal mit der ÖVP, gemacht hat.

Wenn es also der Teufel will (und dieser ist bekanntlich nicht fortschrittlich-sozialistisch, sondern eher reaktionär), werden nicht Kern, Kaiser und Genossen, sondern Strache, Kickl und Kameraden die Koalitionsbedingungen diktieren.  Und diese könnten dann so aussehen: Absage an den Brüsseler Zentralismus und Umbau der Europäischen Union zu einem europäischen Staatenbund; Absage an einen EU-Beitritt der Türkei; verstärkte direkte Demokratie nach Schweizer Muster; Zuwanderungsstopp ohne Wenn und Aber; staatliche Transferleistungen nur für Staatsbürger. Kurzum, der Anspruch der Freiheitlichen als soziale Heimatpartei wird sich auch in den Koalitionsbedingungen wiederfinden.

Zu glauben, die Freiheitlichen würden einmal mehr ihre politische Glaubwürdigkeit verkaufen für den Preis einiger Visitenkarten, auf denen dann in ein paar Jahren „Minister a. D.“ stünde, dürfte sich als Irrtum herausstellen.

Und zu glauben, eine dramatisch gestärkte FPÖ würde sich liebend gern unter das Joch der Political Correctness beugen, um damit eine abgestürzte SPÖ mit Kanzlerehren zu beglücken, dürfte nicht einmal als Plan B für Christian Kern tauglich sein.


Der liebe Gott als Wahlhelfer

7. November 2016

Er werde „in Eurem Sinne“ entscheiden, verspricht Norbert Hofer auf seinen neuen Wahlplakaten und fügt hinzu: „So wahr mir Gott helfe“. Diese in unseren Tagen geradezu archaisch anmutende, uralte, christlich-abendländische Eidesformel ist nun zweifellos ein starkes Signal. Ein Signal für eine christliche Grundhaltung und eine letztlich spirituelle Legitimierung des eigenen politischen Handelns. Der für das höchste Staatsamt werbende Norbert Hofer will also nicht nur gegenüber dem Wähler verantwortlich sein, sondern auch gegenüber der letzten ethischen Instanz, dem Göttlichem also.

Ein kühner Anspruch, der zwar in früheren Zeiten zumindest für christlich orientierte und konservative Politiker selbstverständlich war, der dem freiheitlichen Kandidaten von zeitgeistig politisch korrekter Seite aber gewiss noch viel Häme einbringen wird. Für Agnostiker, wie es sein grüner Gegenkandidat sein dürfte und vor diesem das vormalige Staatsoberhaupt Heinz Fischer oder prominent und dezidiert Bruno Kreisky waren – für solche Agnostiker mag der Gottesbezug in der Politik geradezu grotesk sein. Nun mag diese Anrufung des Allmächtigen bis vor einigen Jahrzehnten bei christkonservativen Politikern von CSU bis ÖVP, bei republikanischen Senatoren in den USA  und bei zu krönenden Häuptern im alten Europa noch gang und gäbe gewesen sein, heute mutet sie merkwürdig altfränkisch an.

Wir entsinnen uns, vor rund einem Jahrzehnt war es die Debatte um die geplante europäische Verfassung beziehungsweise wie weit in dieser auf Gott repliziert werden sollte und die Bestellung des italienischen EU-Kommissars Buttiglione, eines konservativen Katholiken, der diesen Gottesbezug forderte, was die Gemüter erregte. Die geradezu fundamentalistisch-laizistisch eingestellte Polit-Fraktion hat sich damals auf europäischer Ebene bekanntlich durchgesetzt.

Die historischen Traditionen der Freiheitlichen sind bekanntlich auch sehr stark vom politischen Antiklerikalismus geprägt. Die alte Los-von-Rom-Bewegung des späten 19. Jahrhunderts gehört zu diesen freiheitlichen Traditionen. Die bis heute bestehende Aversion zwischen CVern und „Schlagenden“ darf auch nicht vergessen werden.

Wenn die Freiheitlichen des Heinz-Christian Strache sich als die letzten Kämpfer für ebendieses christliche Abendland hochstilisieren, betonen sie ja völlig zu Recht immer, dass dies keine Frage der Theologie, sondern eben der kulturellen Identität Österreichs und Europas insgesamt sei. Und Norbert Hofer selbst ist dem Vernehmen nach ja aus der Katholischen Kirche ausgetreten, um sich bei den Evangelischen einzuschreiben. Da mag sich nun mancher denken, dass der freiheitliche Präsidentschaftskandidat da aber vom Regen in die Traufe gekommen ist. Die protestantischen Gemeindeoberen machen aus ihrer FPÖ-kritischen Haltung nämlich zumeist genausowenig ein Geheimnis wie die katholischen Kirchenfürsten. Da ist zwischen dem Wiener Kardinal Schönborn und dem evangelischen Landesbischof Bünker kaum ein Unterschied. Und Letzterer hat mit dem gerade im 500. Jubiläumsjahr seines Thesenanschlags vielgescholtenen Martin Luther ja ohnedies allenfalls noch die Leibesfülle gemeinsam, als Kämpfer für das christliche Abendland wird man ihn aber wohl kaum bezeichnen dürfen.

So könnte Norbert Hofer mit dem lieben Gott in der Endphase des Präsidentschaftswahlkampfes ziemlich alleine bleiben. Den lieben Gott wird es kaum stören und Norbert Hofer vielleicht auch nicht, wenn, ja wenn, jene österreichischen Wahlbürger, denen das Christentum – sei es katholisch oder evangelisch – noch etwas bedeutet, dieses Signal aufnehmen und verstehen. Irgendwo wird dieser so lange andauernde Wahlkampf paradoxerweise nun auch noch ein Lackmustest, wie weit Österreich noch ein christlich fundiertes Land ist und ob es den „Getauften“ des Landes völlig egal ist, ob sie an höchster Stelle von einem Agnostiker oder einem bekennenden Christen repräsentiert werden