Das allgegenwärtige Gejammere, wonach Putin die olympischen Spiele von Sotschi politisch instrumentalisieren wolle, ist schlicht und einfach lächerlich. Bei olympischen Spielen handelt es sich ja um einen Wettkampf der Nationen wobei jedes Volk obsiegen will, zum höheren Ruhm und zur höheren Ehre. Und natürlich will Vladimir Putin seinem neuen Russland damit neues Selbstvertrauen geben und der Welt zeigen, zu welchen Leistungen das Land fähig ist. No na kann man da nur sagen.
2013 war Putins Jahr heißt es allenthalben im Kreise der politischen Beobachter. Er hat Russland auf die weltpolitische Bühne zurück gebracht. Russland ist wieder ein Faktor im internationalen Geschehen, eine Autorität und eine Stütze für viele Völker und Staaten, die den US-Amerikanern halt nicht so ganz in den Kram passen. Und diesmal ist es weniger die militärische Stärke der Russen, ist mehr die wirtschaftliche Potenz, ihr Rohstoffpotential, das sie wieder zurück ins politische Geschehen gebracht hat. Russische Gas-Exporte sind eben kein zu vernachlässigender Faktor. Und Russlands Eintreten etwa für den syrischen Staatschef Assad hat diesen wahrscheinlich vorläufig Kopf und Kragen gerettet.
Immer wenn Russland erstarkt kehrt es bekanntlich zu denselben politischen Zielen zurück, die wir alle seit Peter dem Großen kennen: Der größte Flächenstaat der Erde wird es nicht dulden, im kontinentalen Bereich eingeschlossen zu bleiben. Der Drang zu den Meerengen und zu offenen Häfen ist eine Konstante russischer Politik. Und natürlich die Vereinigung aller russisch sprechenden Menschen.
Es liegt also auf der Hand, dass Vladimir Putin Weißrussland wieder näher an Moskau binden will. Vielleicht nicht mit einer staatlichen Wiedervereinigung, sondern mittels einer eurasischen Wirtschafts- und politischen Union. Warum auch nicht, die Weißrussen sind schlicht und einfach Russen. Und es liegt auf der Hand, dass Putin die Ukraine, deren größerer östlicher Teil auch schlicht und einfach russisch ist, nicht auf Dauer aufgegeben hat. Und es liegt auf der Hand, dass die Russen den Verlust der Krim nicht verschmerzen wollen. Und ganz so selbstverständlich ist für die Russen auch nicht die Selbstständigkeit der drei baltischen Staaten, deren Bevölkerung zu einem guten Teil auch aus Russen besteht. Wollen wir hoffen, dass die EU-Mitgliedschaft Estlands, Lettlands und Litauens diesbezügliche Ambitionen des Kremls einschränkt. Aber ansonsten ist klar, das was Moskau in den Jahren der Schwäche nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und unter dem Regiment Jelzins preisgegeben hat, will es sich nach Möglichkeit zurückholen. Und Putin ist ein politischer Langzeitstratege, der in erster Linie das nationale Interesse Russlands im Auge hat.
Wer will es ihm verdenken? Realpolitik, insbesondere europäische Realpolitik, würde es nunmehr erfordern, mit diesem neu erstarkten Russland einen Interessensausgleich und ein neues partnerschaftliches Verhältnis aufzubauen. Moralisierende Besserwisserei hilft da nichts. Und Putin die demokratische Legitimation abzusprechen ebenso wenig. Immerhin ist eben derselbe Putin in wirklichen Wahlen von einer großen Mehrheit der Russen gewählt. Der Ratspräsident der Europäischen Union, Herr Van Rompuy beispielsweise wurde von niemandem gewählt. Da sollten wir Europäer also ein wenig leiser treten.