Die „Dritte Kraft“!?

29. April 2013

Seit den ersten Wahlen in der jungen Republik im Jahre 1919 wird das national-freiheitliche Lager im Lande gemeinhin als „Dritte Kraft“ oder „Drittes Lager“ bezeichnet. Hinter den Christlich-Sozialen und den Sozialisten bildet dieses Lager seitdem, nahezu über ein Jahrhundert, einen konstanten Teil der politischen Landschaft Österreichs. Der unvergessene Wiener Historiker Adam Wandruszka sprach von gewissermaßen „gottgewollten“ drei politischen Lagern, die Österreichs Geschicke seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bestimmen. Drei politische Lager, die einander – insbesondere während der Tragödien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – häufig äußerst feindselig gegenüber standen, die aber doch die Säulen der heimischen Parteiendemokratie darstellen.

Mit geringen Unterbrechungen sind die Freiheitlichen seit 1949 diese Dritte Kraft im Lande gewesen. Nach den Wahlen 1988 waren sie für wenige Jahre die zweite Kraft, nach dem Zusammenbruch im Jahre 2002 und der Abspaltung des BZÖ im Jahre 2005 waren sie für kurze Zeit die vierte Kraft. Unter Heinz-Christian Strache wurden sie wieder gesichert zur dritten.

Nun allerdings bei den Landtagswahlen in Niederösterreich und in Tirol wurde die FPÖ von diesem, ihrem historischen dritten Platz verdrängt. In Niederösterreich wurde sie vom Obskuranten-Team Stronach auf den vierten Platz verwiesen. In Tirol – sieht man von ÖVP-Abspaltungsgruppen ab – waren es nunmehr die Grünen, die die Freiheitlichen locker überrundeten. Wie es in wenigen Tagen in Salzburg sein wird, ob dort der dritte Platz behauptet werden kann oder ob es auch die Grünen sein werden, die diesen einnehmen, bleibt abzuwarten. Und was die ins Haus stehenden Nationalratswahlen im Herbst betrifft, so deuten die Umfragen darauf hin, dass Strache sich als unbestrittener Inhaber dieser dritten Kraft behaupten kann. Obwohl im Jahr der politischen Stagnation, in dem sich die größte Oppositionspartei des Landes unbestritten heuer befindet, manche dramatische Entwicklung möglich ist. Vor Jahr und Tag war man ja – glaubt man den Umfragen – noch auf dem Sprung zur ersten Kraft, zur stärksten also im Lande und über längere Zeit galten die Freiheitlichen gesichert als Inhaber des zweiten Ranges noch vor der Volkspartei. Nun müssen sie quer durch die Bundesländer darum kämpfen, ihre Position als dritte Kraft zu erhalten.

Dabei geht es nicht nur um die symbolische Position im Hinblick auf diese historisch wohlerworbene Bezeichnung für das freiheitliche Lager, es geht auch um die freiheitliche Rolle als Kontrollpartei, als einzige Alternative zum rot-schwarzen Proporz und bisweilen auch um jene als Zünglein an der Waage zwischen beiden alten Parteien. Dass sich Heinz-Christian Strache mittel- und längerfristig den Aufstieg der dritten Kraft zum stärksten politischen Faktor im Lande auf die Fahnen geschrieben hat, ändert nichts daran, allzumal eine solide abgesicherte dritte Kraft durchaus als Startposition für den Vorstoß an die Spitze der politischen Landschaft dienen kann.

Politische Bewegungen mit langem Atem müssen aber auch in der Lage sein zwischenzeitliche Rückschläge zu verkraften. Die Qualität der Strache-Partei, ihre oppositionelle Kraft und auch ihre Regierungsfähigkeit dürften sich nicht zuletzt in der Art und Weise bestätigen, wie sie das schwierige Jahr 2013 bewältigt. Österreich hat mit dem national-freiheitlichem Lager seit bald 100 Jahre eine solide dritte Kraft, die – sieht man von den schrecklichen Irrwegen des Totalitarismus ab – immer wieder eine staatstragende Rolle gespielt hat. Ob als Opposition oder als Regierungspartei. Diese Perspektive dürfen die Freiheitlichen trotz kleinerer Rückschläge wie Niederösterreich oder Kärnten nicht vergessen.


Jenseits der Nabelschau

24. April 2013

Die Innenpolitikberichterstattung der heimischen Gazetten wird derzeit von den Landtagswahlen in Tirol und Salzburg beherrscht. Dabei geht es um die üblichen Intrigen und Querelen, die Zersplitterung der Tiroler Parteienlandschaft, den Salzburger Finanzskandal sowie darum, welche gescheiterten Politiker für Stronach in die Landtage zu Innsbruck und Salzburg einziehen werden. Es werden also Themen als weltbewegend dargestellt, die in Wirklichkeit jenseits der Landesgrenzen, etwa in Freilassing oder in Sterzing, keinen Menschen mehr interessieren. Oder anders ausgedrückt: Einmal mehr wird in der Alpenrepublik, die Papst Paul VI. bekanntlich als „Insel der Seligen“ bezeichnet hat, politische Nabelschau betrieben.

Dies ist um so bedauerlicher, weil sich in diesen Tagen in Europa und in Übersee Dinge ereignen, die auf die Zukunft bei weitem mehr Einfluß haben werden als die Ergebnisse der Landeswahlen in Tirol und Salzburg. Auf dem sogenannten Westbalkan etwa hat sich für Belgrad nach der Einigung mit dem Kosovo auf ein Rahmenabkommen bezüglich des Status der serbischen Minderheit das Tor zur EU geöffnet. Möglich wurde das freilich nur, weil Brüssel den einstigen „Schurkenstaat“ Serbien damit erpreßt hat, daß es ohne diese De-facto-Anerkennung der Unabhängigkeit seiner südlichen Provinz keine Annäherung an die Europäische Union geben werde. Und die Kosovo-Serben, die von dem Abkommen betroffen sind, werden freilich nicht um ihre Zustimmung gefragt – wohl wissend, daß sie für eine Vereinigung mit dem serbischen Mutterland stimmen würden.

Mit dieser Politik schafft die EU nach Bosnien einen weiterhin „multiethnischen“ Kunststaat am Westbalkan. Daß Bosnien bis heute ein nach ethnischen Grenzen geteiltes und ohne EU-Aufsicht funktionsuntüchtiges Gebilde ist, spielt hier keine Rolle. Hauptsache, die eigenen Dogmen werden umgesetzt, mögen sie auch noch so realitätsfremd sein. Wie widersprüchlich diese Politik ist, ermißt sich auch daran, daß auf dem Westbalkan willkürliche und unnatürliche Grenzen gezogen werden, die dann, wenn die Länder dieser Region in die Europäische Union aufgenommen werden, automatisch an Bedeutung verlieren.

Aber auch jenseits des Atlantiks gibt es Entwicklungen, die wir genau beobachten sollten. Nach dem schrecklichen Anschlag in Boston sind die USA wieder einer Terror-Paranoia verfallen. Ganze Stadtteile Bostons wurden hermetisch abgeriegelt, gegenüber Terrorverdächtigen die Lizenz zum Kopfschuß erteilt und die gespenstische Szenerie in dem „Land der Freien“, wie es in der US-Hymne besungen wird, glich einem Bürgerkriegsschauplatz. Natürlich ist es wichtig, den Terror zu bekämpfen, aber mit dem Schüren von Hysterie und Angst wird vielmehr das Gegenteil bewirkt. Und noch etwas: Die beiden mutmaßlichen Täter sind Kinder tschetschenischer Einwanderer und damit auch der weltweiten Migrationsströme.


Aufsplitterung der Zerstrittenen

18. April 2013

Indessen sind es sage und schreibe vier Parteien, die sich in der Nachfolge Jörg Haiders in der politischen Landschaft Kärntens tummeln: Die kleine FPÖ Landesgruppe, welche nach der Haiderschen orangen Abspaltung des Jahres 2005 übrig geblieben ist, dann das Rest-BZÖ der Buchers und Petzners, welche wiederum nach der Rückkehr der Landespartei in die „freiheitliche Familie“ abseits geblieben war.
Zu einem gewissen Teil auch Onkel Franks karantanisches Team, in dem sich ja Leute wie etwa Franz Schwager, vormaliger FPÖ-Landesobmann, umtun. Und natürlich das FPK, bis vor kurzem noch Landeshauptmann-Partei. Letzterem droht – glaubt man den Medien-Analysen – noch eine weitere Spaltung durch eine Gegenkandidatur auf dem dieser Tage ins Haus stehenden Parteitag. Vermehrung durch Zellteilung könnte man meinen, die Aufsplitterung eines völlig zerstrittenen und nach einem Wahldebakels desorientierten Haufens.
Oder etwa nicht? Rein rechnerisch ist das Kärntner Wählerpotential des Dritten Lagers – addiert man FPK/FPÖ-Stimmen, BZÖ und einen Teil des Team Stronach zusammen – bei jenem Drittel der Kärntner gelandet, über das es historisch seit jeher verfügt. Und die „Freiheitliche Partei Kärntens“ selbst ist nach drei Jahrzehnten bei jenem Stand, den sie vor Beginn der Ära Haider hatte. Das Haider-Projekt ist jedenfalls mit dem 3. März 2003 beendet – und wohl auch gescheitert.

Und nun sind es Haiders Diadochen von unterschiedlicher politischer Potenz, die einander bekämpfen. Es mag überzogen sein, von „Diadochen“ zu sprechen. Der Bärentaler hat ja nicht wie der Makedonier Alexander ein Weltreich begründet, sondern sich nur ein kleines österreichisches Bundesland politisch unter den Nagel gerissen. Das Zerwürfnis, der Neid und der Hader zwischen seinen Nachfolgern aber sind durchaus mit den historischen Diadochen-Kämpfen vergleichbar.

Format und Stil haben indessen nur zwei der Haider-Erbfolger bewiesen. Nämlich jene, die als einzige wirklich aus dem Dritten Lager kommen: die vielgescholtenen Gebrüder Scheuch. Ihr Totalrückzug aus der Politik nach der Hinrichtung durch Medien und Justiz mag allerdings nicht eine Konsequenz ihrer politischen Moral sein, sondern schlicht und einfach der Tatsache entsprießen, daß sie als einer der wenigen Akteure der österreichischen Innenpolitik über genug Privatvermögen und beruflichen Hintergrund verfügen, um auch ohne Politik leben zu können. Sie benötigen eben weder Bundesrats-Ausgedinge noch wohldotierte Konsulentenverträge.

Andererseits wissen sie aber auch ganz genau, daß die Landtagswahlen vom März 2013 in eben jenem Maße Anti-Scheuch-Wahlen waren, wie die des Jahres 2009 Haider- Gedächtnis-Wahlen darstellten. Der in diesen Zeiten amtierende Landeshauptmann hat dabei entgegen seiner offensichtlichen Selbsteinschätzung keine nennenswerte Rolle gespielt. Offenbar weder im Guten noch im Bösen, weder im Hinblick auf Sieg noch auf die Niederlage. Mit seinem Beharren auf politische Versorgung allerdings hat er es nach der Landtagswahl in wenigen Wochen geschafft, die zweifellos vorhandenen Früchte seiner vierjährigen Arbeit an der Spitze des Landes vergessen zu machen. Ein Bild des Jammers. Ebenso kleinkariert fällt der spät-orange Klein-Triumph der Buchers und Petzners aus, da sie sich mit dem Umfragen-gesicherten Ausscheiden aus der gesamt-österreichischen Politik damit allenfalls einen Kärntner Schmollwinkel gesichert haben. Und über Onkel Franks Jubel-Perser bzw. deren Einfluß auf die Zukunft Kärntens braucht man wohl wenig Worte verlieren.
Bleibt das FPK, das nach Überwindung der „Schock-Starre“ wohl flugs unter das Dach der gegenwärtig um neuen Rückenwind ringenden Bundes-FPÖ flüchten dürfte – ganz gleich ob unter Krenn oder Ragger. Beide werden sie mit einer auf ausdrücklichen Wunsch des Bärentalers weitgehend entideologisierten und damit ihrer Wurzeln beraubten Landespartei die vielfältigen Hypotheken der Ära Haider aufarbeiten müssen. Hypotheken, deren Benennung das neue rotgrün-schwarze Regime ihnen nicht ersparen wird. Um die schonungslose Analyse des „Systems Haider“, das Einbekennen der dunklen Flecken dieser Periode, werden die neuen Akteure an der Spitze des Dritten Lagers in Kärnten nicht herumkommen. Die Medien, die gegenwärtig triumphierenden etablierten Parteien und natürlich auch eine gerade diesbezüglich bemerkenswert aktive Justiz wird ihnen das nicht ersparen. Dort wo neue Kräfte am Werk sind, wie etwa der FPÖ-Landesobmann und nunmehrige Klubchef im Landtag, Christian Leyroutz, wird dies zweifellos leichter möglich sein, als im Falle von langjährigen Spitzen-Repräsentanten des „System Haiders“, wie es nun einmal ein Landesrat und ein Wirtschaftskammer-Vize zwangsläufig waren.

Eine Persönlichkeit mit Charisma, die in der Lage wäre, die gegenwärtig auf vier politische Parteien aufgeteilten vormaligen Haider-Wähler zusammenzuführen, ist jedenfalls – noch? – nicht erkennbar. Und die Möglichkeiten, seitens der Bundesspitze des freiheitlichen Lagers hier einzugreifen, sind mehr als dürftig. Die aus diesem Bild des Haders resultierende negative Dynamik für das national-freiheitliche Lager insgesamt quer durch Österreich ist hingegen sehr wohl geblieben. Und ob dies bei den kommenden Nationalratswahlen durch die über das FPK zu erwartenden Kärntner Stimmen in wirklich erhöhtem Maße ausgeglichen wird, ist ungewiß. Die Gefahr, daß ausgerechnet Kärnten, jahrzehntelang zentrale Stütze des Dritten Lagers in Österreich, nunmehr zum Sargnagel für den Erfolg der Strache-FPÖ werden könnte, stellt also tatsächlich ein politisches Paradoxon dar.


Alternative – nicht nur für Deutschland

17. April 2013

Relativ kurzfristig und überraschend hat sich nun also bei unseren bundesdeutschen Nachbarn eine politische Formation gegründet, die unter dem Namen „Alternative für Deutschland“ den Austritt aus der Eurozone propagieren will. Der führende Kopf dieser neuen Bewegung, der Hamburger Ökonom Luce, erklärte beim jüngsten Gründungsparteitag – der im Übrigen von Besuchern überlaufen war – man wolle dies sowohl zum Schutze Europas als auch zum Schutze Deutschlands bewerkstelligen.

Nun ist es ja tatsächlich so, dass die von den Eurokraten immer wieder für beendet und gelöst erklärte Eurokrise mit unverminderter Heftigkeit weiterschwelt. Dies ist nicht nur jüngst am Falle Zypern deutlich geworden. Wir wissen vielmehr, dass die Probleme Italiens, Spaniens und Portugals ebenso wie jene Griechenlands genauso wenig gelöst sind. Die Vermutung liegt nahe, dass dies alles nur bis zur deutschen Bundestags-Wahl vertagt wurde, um dann mit umso größerer Heftigkeit zu explodieren.

Die Meinungsforscher behaupten nun zwar, dass die Wahlchancen der Alternative für Deutschland eher gering seien und das das große öffentliche Interesse für die neue Bewegung nur so etwas wie eine Ventil-Funktion für frustrierte Bürger sei. Aber auch dieses Erklärungsmuster macht mit Sicherheit deutlich, dass ein guter Teil der Bundesdeutschen in der Euro-Sackgasse der fehlentwickelten Gemeinschaftswährung keine Zukunft sieht. Und damit kommen wir zu Österreich: Natürlich gibt es mindestens genauso viele Alpenrepublikaner, die sich den guten alten Schilling anstelle des Teuros zurück ersehen, wie dies Bundesrepublikaner im Hinblick auf die D-Mark tun. Bislang allerdings war es wenig realistisch, eine Rückkehr zum Schilling zu fordern, da Österreich alleine für eine nationale Währung möglicherweise zu klein und zu schwach wäre. Hat es den Schilling in Wahrheit doch auch vor der Euro-Einführung nur als D-Mark dividiert durch sieben gegeben. Die stabile und feste Anbindung des Schillings an die deutsche Mark war ein Teil seiner Qualität.

Wenn nun also ein qualifizierter Teil der Deutschen die Rückkehr zu einer nationalen Währung verlangen, kann man dies in Österreich ebenso mit gutem Gewissen tun. Eine nationale österreichische Währung in Anbindung an eine ebenso nationale deutsche Währung wäre finanzpolitisch und volkswirtschaftlich gesehen durchaus sinnvoll. Wenn also nunmehr die Freiheitlichen mit dem Ruf „Raus aus dem Euro zurück zum Schilling“ in den Wahlkampf zögen, könnte man dies nicht von vornherein mit dem Argument abtun, dies wäre doch unrealistische Polemik. Die deutsche Entwicklung vielmehr zeigt, dass sich damit ein durchaus realitätsnahes Szenario auftut. Ein Szenario – man denke an den Ökonomen Luce – mit dem man sowohl Europa nützen könnte, als auch Österreich. Wer gegen den Euro ist muss deshalb noch lange nicht gegen Europa sein. Und wer die Fehlentwicklungen der EU kritisiert ist deswegen noch lange kein schlechter Europäer. Das sollte endlich in die Köpfe der Mainstream-Meinungsmacher und in die Köpfe der etablierten politischen Kräfte hinein. Möglichst bevor es zu spät ist.


Die Fronten klären sich

10. April 2013

Langsam lichten sich die innenpolitischen Nebel und die Ausgangspositionen für die in wenigen Monaten ins Haus stehende Nationalratswahl werden deutlicher: Das politische Establishment kämpft ums Überleben und das mit einer nicht ungeschickten Strategie. Wenn die einzige wirkliche Opposition des Landes, die Freiheitlichen vor Jahr und Tag noch an die 30 Prozent in den Umfragen heran kamen und damit stärkste Partei gewesen wären, haben die rot-schwarzen Spindoktoren offenbar nunmehr das Rezept gefunden, sie einzudämmen.

Drei Strategien sind es offenbar, mittels derer es gelungen ist, dies zu bewerkstelligen: Zum einen eine partei-politischen Parallel- und Konkurrenzstruktur. Nachdem das BZÖ, das diese Funktion das letzte Mal inne hatte, offenbar dabei ist, in der untersten Schublade der kleinkarierten österreichischen Innenpolitik zu verschwinden, hat man mit dem alterprobten System-Nutznießer Frank Stronach in Kooperation mit dem Boulevard flugs eine neue Bewegung positioniert, die den Freiheitlichen tatsächlich rund um die zehn Prozent der Protestwähler abzunehmen vermag. Die zweite Strategie ist die Skandalisierung, das Anpatzen mit wirklichen oder angeblichen Korruptionsskandalen, die man von der gescheiterten Haider-Truppe und Teilen des vormaligen Kärntner BZÖ leichterhand auf die Freiheitlichen insgesamt ummünzt. Da ist Karl-Heinz Grasser natürlich ein freiheitlicher Minister, Meischberger wird zum freiheitlichen Urgestein, da sind die Kärntner Hypo-Verschleuderer Martinz und Birnbacher gewissermaßen auch Teil des „System Haiders“ und damit im freiheitlichen Umfeld. Und tatsächlich gelingt es, dass in Kärnten nicht die ÖVP verliert, sondern das FPK.

Und als dritte Strategie schließlich gibt es da jene inszenierten inner-koalitionären Debatten wie jüngst um das Bundesheer und nunmehr um den Wohnbau mittels derer Rot und Schwarz politischen Diskurs und demokratische Auseinandersetzung simulieren unter völliger Aussparung der freiheitlichen Opposition.

Die Rechnung scheint großenteils aufzugehen. Tatsächlich sind die Freiheitlichen nicht mehr für tendenziell dreißig Prozent der Wählerstimmen gut, sondern maximal für tendenziell zwanzig Prozent. Und Rot und Schwarz könnten sich knapp wieder eine Regierungsmehrheit sichern. Andernfalls hätten sie als Steigbügelhalter die Grünen zur Hand, wobei man es in diesem Falle wohl so sehen müsste, dass die Volkspartei zum Steigbügelhalter für Rot-Grün werden würde. Und damit für ein linksgepoltes Österreich wider alle wirtschaftspolitische Vernunft.

Das Team Stronach wird wohl nur ein vorübergehendes Phänomen sein. Das drittklassige politische Personal und das Lebensalter des politischen Mentors dieser Bewegung lassen keine andere Prognose zu, auch wenn bei den gegenwärtigen Wahlen durch die Bank rund um die zehn Prozent erzielt werden. Wer allerdings glaubt, dass sich mit dem Team Stronach in Kooperation mit ÖVP und Freiheitlichen wieder so etwas wie eine „bürgerliche“ Mehrheit ergeben könnte, dürfte Illusionen erliegen. Die politische „Raison d’être“ des Teams Stronach ist es ja nicht, den Freiheitlichen zum Mitregieren zu verhelfen, sondern im Gegenteil ihren Durchmarsch an die politische Spitze zu verhindern bzw. zumindest zu verzögern. Dass Onkel Frank nebenbei seine geriatrischen Eitelkeiten befriedigen darf und ein bisschen auf Journalisten und Medien herumhaken kann, ist nur ein kurioser Nebeneffekt der ganzen Strategie.

Damit bleibt es eine Tatsache, dass die Freiheitlichen unter Heinz-Christian Strache die einzige ernstzunehmende Systemalternative in Österreich darstellen, die einzige politische Kraft, die eine wirkliche Umkehr und Neuorientierung in den wesentlichen Politik-Bereichen anstrebt. Diese Freiheitlichen werden gut daran tun, sich keine Flügelkämpfe und keinen parteiinternen Streit vom politischen Gegner und von den Medien aufoktroyieren zu lassen. Kurzfristige politische Rückschläge wie wir sie in Kärnten und auch in Niederösterreich erlebt haben und möglicherweise auch bei Wahlgängen der kommenden Wochen und Monate erleben werden, dürften daran nichts ändern. Interne Solidarität, die national-alternative aber auch realisierbare Konzepte und ein langer politischer Atem müssen dazu verhelfen, den taktischen Polit-Machinationen des Establishments zu begegnen. Auch wenn der Regierungsanspruch der Strache-FPÖ vielleicht in diesem Jahr nicht Realität werden kann, könnten nur eigene Nervosität, interner Hader und inhaltliche Beliebigkeit an den letztgültigen Erfolgsaussichten etwas ändern.