Offener Brief von Andreas Mölzer an den Autor der Publikation „Gut gegen Mölzer“

25. Februar 2013

Lieber Herr Alexander Pollak!

Fast war ich ein bisschen gerührt, als ich nun bei der Lektüre Ihres Büchleins – ich verzichte darauf, es „Pamphlet“ zu nennen – feststellen musste, wieviel Zeit und Mühe Sie für die Vorbereitung unseres kaum einstündigen Streitgesprächs und dessen Nachbereitung bis hin zur Erstellung der gegenständlichen Publikation aufgewendet haben. Dies deshalb, da ich selber kaum zweimal drei Minuten für die Festlegung des Termins, die eine Stunde für das Streitgespräch selbst und nunmehr eine Viertelstunde für dieses Schreiben an Sie dafür benötigte.

Diese offensichtliche Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes zwischen Ihnen und mir für das gegenständliche Streitgespräch soll nun keine überhebliche Missachtung Ihrer Person sein. Ebenso wenig wie meine seinerzeitige Ablehnung eines Korrekturlesens des Streitgesprächs oder einer Autorisierung. Letzteres entsprang schlicht und einfach meiner Überzeugung, dass niederträchtige Verzerrung des Gesprächs den Niederträchtigen selbst disqualifiziert. Wie ich meine, haben Sie und Ihre Mitarbeiter sich diesbezüglich nicht als niederträchtig erwiesen. Das Gespräch ist relativ fair wiedergegeben.

Daran und an der zuerst genannten leichten Rührung liegt es vielleicht auch, dass ich nunmehr doch ein wenig ausführlicher auf unsere Gespräch und die darauf folgende Publikation eingehe, könnte ich letztere doch schlicht und einfach als gedruckte Polemik gegen meine Person abtun. Eine Polemik, die mir bei meinem Wählerpotential letztlich nur Sympathien schafft, also eine Werbung für mich ist und anderseits bei jenen, die mich verabscheuen, zur Bestätigung wird. Und nachdem ich niemals „everybody’s darling“ sein wollte, sondern lieber polarisiere, könnte mir dies durchaus recht sein.

Dennoch, wie gesagt, einige Bemerkungen meinerseits im Sinne des von Friedrich Heer geforderten „Gesprächs unter Feinden“:
Zuerst einmal freut es mich, dass Sie mir Ironie attestieren und nicht Zynismus. Ihnen ist aber offenbar bei dieser meiner immer wieder anklingenden Ironie nicht aufgefallen, dass diese nicht zuletzt eine Relativierung der eigenen Standpunkte bedeutet. Das Wissen, dass man keineswegs die Wahrheit gepachtet hat, sondern eben ein Irrender in diesem Leben ist. Die flapsige wiederholte Bemerkung „da hat er mich aber erwischt, der Pollak…“ sollte genau darauf hindeuten. Wurde von Ihnen aber offenbar nicht so verstanden.

Nun mögen Sie als Autor des betreffenden Büchleins das wiedergegebene Interview durchaus berechtigt mit Ihren Eindrücken was Pantomime und Körpersprache betrifft ergänzen. Auffällig ist aber schon, dass ich „grinse“ während Sie „lachen“. Gerade, dass Sie sich das Beiwort „hämisch“ bei mir verkneifen und bei sich nicht „weise“ hinzufügen. Da gleitet das Ganze dann doch ins Polemische ab, dargestellt mit jener merkwürdigen Art von Spaßfreiheit, die die politisch korrekte Linke in unseren Tagen auszeichnet. Demgemäß hätten Sie vielleicht für das Werk doch bessern den Titel „Gut gegen Böse“ statt „Gut gegen Mölzer“ wählen sollen. Gestatten Sie mir diesbezüglich noch die kleine, vielleicht ein wenig boshafte Bemerkung, dass sich jene Form von Tugendhaftigkeit, die eben dieselbe politisch korrekte Linke, der ich Sie zurechnen darf, heute auszeichnet, der historischen Erfahrung nach bei entsprechender Gelegenheit immer wieder sehr rasch zum Tugendterror auswächst. Ein klein wenig jakobinisch sind Sie mir schon vorgekommen, lieber Herr Alexander Pollak.

Zuguterletzt noch zwei inhaltliche Anmerkungen: Wenn Sie glauben, ich würde mein Selbstwertgefühl ausschließlich aus dem, was ich tradiert erhalten habe, aus meinen autochthonen Vorfahren eben, schöpfen, dann irren Sie sich. Ich schöpfe dieses Selbstwertgefühl sehr wohl aus dem, was ich getan und geschaffen habe und was ich geworden bin. So sehr ich ein Verfechter eines rigiden Ahnenkults bin und meine eigenen Vorfahren soweit ich sie zurückverfolgen kann – und das ist weit – schätze und verehre, ist es doch eine Tatsache, dass mein eigener Vater nach Kriegsende aufgrund der Zeitläufe des unseligen 20. Jahrhunderts als einfacher Arbeiter im Stahlwerk der Alpine in Leoben Donawitz arbeitete und meine Kindheit und Jugend vom Dasein wirklich armer Leute geprägt war. Und natürlich schöpfe ich mein Selbstwertgefühl aus der Tatsache, dass ich – intellektuell, argumentativ und aus meiner Sicht auch moralisch-ethisch – die Konfrontation, publizistisch wie politisch mit allen meinen politischen Gegnern – und da gibt es andere Kaliber als Sie, lieber Herr Alexander Pollak – noch nie gescheut habe und auch in Zukunft nicht scheuen werde. Der unvoreingenommene Leser, so es den in diesem Falle gibt, wird dies vielleicht bei der Lektüre des vorliegenden Büchleins feststellen können.

Und was schließlich die „Ideologie des Egoismus“ betrifft, von der Sie behaupten, dass ich Sie vertrete, möchte ich nur so ganz nebenbei anmerken, dass ich sechs Kinder habe und fünf davon mit viel Mühe, Plage und auch viel Verzicht auf manche durchaus reizvolle Facetten des zeitgemäßen Hedonismus aufziehe. Wie meinte FAZ-Schirrmacher „Altruismus lernt man nur in der Familie“. Und Altruismus ist bekanntlich das Gegenteil von Egoismus. Was Sie, lieber Herr Alexander Pollak diesbezüglich vorzuweisen haben, weiß ich nicht.

Und dann – wirklich als Letztes – zu den Formulierung der Klappentexte des Verlags Ihres Büchleins: So lange der „rechte Rand“ den ich da für Sie und den Verlag zu vertreten die Ehre habe, von etwa einem Viertel der Menschen dieses Landes gewählt wird und meiner Schätzung nach zwei Drittel der Menschen dieses Landes so denken wie ich und das in vielerlei Hinsicht, bin ich gerne Teil dieses „rechten Randes“.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Mölzer
P.S: Spaßeshalber hätte ich gerne an der Präsentation des Büchleins im Café Korb teilgenommen, allein die konspirative und wohl bewusst kurzfristige Anberaumung des Termins verhindert dies, da ich berufsbedingt zur selben Zeit leider in Brüssel weile. Schade, wäre vielleicht ganz witzig gewesen.


Wir waren Papst

20. Februar 2013

Joseph Ratzinger, der am Inn im bayrisch-österreichischen Grenzgebiet aufgewachsene Bajuware, ist zweifellos der bedeutendste katholische Theologe unserer Tage. Daß ein konservativer Deutscher Papst wurde, hat uns naturgemäß gefreut. Dessenungeachtet muß man eingestehen, daß er ein Übergangspapst war. Einer, in dessen achtjährigem Pontifikat die große, längst überfällige Kirchenreform nicht gelungen ist. Die Re-Missionierung des alten Europas, deren Notwendigkeit Ratzinger absolut klar war, konnte nicht einmal im Ansatz verwirklicht werden. Und das Zusammenführen der christlichen Religionsgemeinschaften auch nicht. Ebensowenig wurden die großen theologischen Fragen der Zeit bewältigt. Benedikts Verdienst war es, all diese Probleme erkannt und – eben auch nur ein Mensch – letztlich darüber auch verzweifelt zu haben.
Sein Vorgänger Karol Wojtyla hat einmal zur Frage des Abdankens eines Papstes gemeint: „Vom Kreuz kann man nicht herabsteigen“. Joseph Ratzinger hat dies nun getan. Vielleicht nicht nur aus physischer Schwäche, sondern aus Verzweiflung angesichts der Probleme dieser Welt. Um einen kleinen Ausflug in das Apokalyptische zu machen: Vielleicht wollte Ratzinger auch nicht jener Pontifex Maximus sein, der an der Schwelle zum Weltengericht amtierte.
Und vielleicht hat es Joseph Ratzinger, der so kluge und nahezu allwissende Theologe auch nicht gewagt, Fragen zu beantworten, die in unserer Zeit mit den herkömmlichen Mustern nicht mehr zu beantworten sind. Warum beispielsweise Frauen nicht Priester werden dürfen im katholischen Bereich. Und warum Priester nicht heiraten dürfen. Vielleicht hat er es aber auch nicht gewagt, diese Fragen in aller Offenheit gemäß der katholischen Tradition zu beantworten. Kritiker könnten ihm vorwerfen, daß da bei seinem Rücktritt auch ein wenig Feigheit mitschwingt.
Was nach Benedikt XVI. kommt, ob ein Papst aus der Dritten Welt, aus Schwarzafrika oder Lateinamerika oder doch wieder ein Italiener, vielleicht sogar Ratzingers schwächlicher österreichischer Schüler, der Kardinal von Wien, wir wissen es nicht.
Als Katholik könnte man angesichts der Schwäche und Orientierungslosigkeit dieser Kirche ebenfalls wie Ratzinger schier verzweifeln. Wer etwa die zögerliche und ängstliche Haltung des gegenwärtigen Kardinals von Wien in vielen gesellschaftspolitischen Fragen unserer Tage in den vergangenen Jahren miterleben mußte, kann sich nur schwer vorstellen, daß dieser als Papst vom Heiligen Geist in solchem Maße beflügelt werden könnte, daß er sich an die Probleme unserer Zeit und der Kirche auch nur heranwagen würde. Da war der kleine, fragile Greis aus Niederbayern, der nunmehr wohl im Kloster bis zu seinem Tode schweigend ausharren wird, früher doch aus anderem Holze geschnitzt. Und doch hat er resigniert. Sic transit gloria mundi.


Uns gegenüber ist alles erlaubt

6. Februar 2013

Da gibt es im Internet eine wochenlange Hetze gegen den Akademikerball der national-freiheitlichen akademischen Korporationen, Aufrufe „die Burschis“ zu schlagen, wo man sie treffe, die Bekanntgabe der Adressen der Verbindungshäuser, um diese entsprechend zu belagern, oder gar, so wie im Vorjahr, zu attackieren und natürlich die Ankündigungen, die Berufs-Anarchoszene brutal und gewalttätig aus Deutschland einzuladen. Die Wiener Polizei hat das alles gewusst und der Verfassungsschutz natürlich auch. Dessen Chef, Herr Gridling – ein an sich durchaus vernünftiger Mann – musste sich am vergangenen Samstag im Journal zu Gast im ORF-Radio eine Viertelstunde nur über den Kampf gegen den ach so gefährlichen Rechtsextremismus auslassen. Dass am Tag zuvor brutale Linksextremisten, die seine Behörde wahrscheinlich alle namentlich kennt und von der sie genau wusste, dass sie nach Wien kommen würden, mehr oder weniger ungehindert biedere Bürger und Steuerzahler überfallen durften, war ihm keine Erwähnung wert.

Gewiss, es wurden tausend Polizisten aus den Bundesländern in Wien zusammengezogen und ein Teil der Innenstadt war für die Demonstranten abgesperrt. Man ließ es aber zu, dass die Demonstrationen just so geführt wurden, dass die Zugänge zur Hofburg, wo der Akademikerball stattfand, locker blockiert werden konnten. Und obwohl die Gäste ohnedies bereit waren, auch kurze Strecken mit dem Taxi zu fahren, war dann zu Ballbeginn auch eine Zufahrt über freigehaltene Straßen nicht mehr möglich. Und wer es dann versuchte, zu Fuß durchzukommen, wurde bespuckt, geschlagen, beschimpft, bedroht und mit diversen Wurfgegenständen bedacht. Die einfachen Polizisten taten was sie konnten bzw. durften. Denn wie die Weisungen von oben aussahen, können wir nur vermuten. Deeskalieren wahrscheinlich. Was aber wohl bedeutete: Die korporierten Ballbesucher sollen selber schauen, wie sie da durchkommen. Und sie mögen sich nicht aufregen, wenn sie ein wenig abbekommen, wo sie doch die Frechheit haben, eine öffentliche Veranstaltung abführen zu wollen. Jedenfalls wurde nirgendwo ein Platz geräumt und das Vorgehen gegenüber den Demonstranten war mehr als defensiv.

Der Wiener Polizeipräsident, ein in der Wolle gefärbter Roter naturgemäß, meinte dann, bei 3.000 Demonstranten, 1.000 Polizisten und 700 Ballbesuchern – woher er das so genau weiß? – wären ein paar Verletzte, ein paar Verhaftete und ein paar harmlose Farbbeutel ohnedies so gut wie nichts. Wer das nicht wüsste, dem fehle der Sachverstand. Dazu dem Herrn Polizeipräsidenten ins Stammbuch geschrieben: Der friedfertige Bürger, der brave Steuerzahler und auch der freigewählten Abgeordnete hat in diesem Lande das Recht, absolut unbeschadet zu einer öffentlichen, legalen Veranstaltung zu gehen. Und dafür hat die Polizei zu sorgen. Demonstrationen, von denen man seit Jahren genau weiß, dass sie in Gewalttätigkeit ausarten, haben nicht bewilligt zu werden. Ungesetzliche Aktivitäten und Gewalttaten haben sofort unterbunden zu werden. Und unangemeldete Zusammenrottungen an nicht freigegebenen Plätzen haben aufgelöst zu werden – und das auch wenn es sich um missliebige Freiheitliche oder national-freiheitliche Korporierte handelt.

Der Herr Polizeipräsident Pürstl aber darf sich gewiss sein, dass er im Kreise der rot-grünen Stadtregierung hämisches Gelächter ernten wird, wenn er über die Vorgänge der vergangenen Freitagnacht berichtet. Und natürlich wird die Strafanzeige des Autors dieser Zeilen gegenüber dem Herrn Polizeipräsidenten in der heimischen Justiz im gegenwärtigen Zustand auch keine sonderlich schwerwiegenden Folgen haben. Herr Pürstl sieht der Anzeige also zu Recht gelassen entgegen. Denn er weiß: Uns gegenüber ist alles erlaubt. Diese Rechtsextremisten – Herrn in Smoking und Frack, Damen in langen Abendroben – sollen sich doch über ein paar Farbbeutel nicht aufregen.