Hochgejubelt, abgestürzt

31. März 2017

In der benachbarten Bundesrepublik Deutschland gab es in den letzten Wochen bekanntlich so etwas wie den sogenannten „Schulz-Hype“. Martin Schulz, der langjährige Präsident des Europäischen Parlaments, wurde zum neuen SPD-Kanzlerkandidaten designiert und hat danach angeblich in den Umfragen für unglaublichen Aufwind für die deutsche Sozialdemokratie gesorgt. Wer, wie der Autor dieser Zeilen, Martin Schulz kennt, weiß, dass dieser alles andere als ein Sympathieträger ist. Und jetzt soll er plötzlich der neue Messias der „guten alten Tante“ SPD sein.
Die Wahlen im Saarland haben nunmehr die Bundesdeutschen eines Besseren belehrt. Vom SPD-Höhenfl ug keine Spur, im Gegenteil, eine relativ biedere CDU-Politikerin konnte respektabel gewinnen. Natürlich wird das für die regierenden Christdemokraten die Versuchung darstellen, wiederum voll auf Angela Merkel und ihre Politik der Willkommenskultur zu setzen. Auch das könnte sich als Trugschluss erweisen, da indessen zweifellos eine satte Mehrheit der Bundesdeutschen dieser Willkommenskultur überdrüssig ist. Aber das Phänomen, dass neue politische Gesichter am Anfang medial und umfragetechnisch in den Himmel gelobt werden, gibt es ja nicht nur in Deutschland. In Frankreich erleben wir das gegenwärtig um den unabhängigen Kandidaten Macron, der zwar als Ultralinker gilt, aber gleichzeitig Investmentbanker war, der die Gerüchte um seine Homosexualität mittels Heirat mit seiner nahezu drei Jahrzehnte älteren Lehrerin zu kaschieren suchte, und der, so hört man, beste Chancen hat, in den Elysee-Palast einzuziehen. Auch im Falle Macrons wird sich weisen, ob das reale Wahlergebnis dem Medien-Hype entsprechen wird. Zweifel dürfen angemeldet werden, und das nicht nur aus Zweckoptimismus für Marine Le Pen. Genauso sind ja in Österreich die Werte für den alerten Kanzler-Darsteller Christian Kern und den Außenpolitikpraktikanten Sebastian Kurz in schwindelnde Höhen gestiegen. Kern soll angeblich die Fähigkeit haben, die SPÖ emporzureißen, und Kurz sollte in einem sogenannten Lazarus-Effekt sogar die totgesagte Volkspartei wieder über die 30 Prozent katapultieren.
Wer es glaubt, wird selig, und wer sich von Seiten der freiheitlichen Opposition diesbezüglich nervös machen lässt, ist selbst schuld. Der mangelnde Schulz-Effekt im Saarland könnte sich sowohl in Frankreich als auch in Österreich bei den kommenden Wahlgängen fortsetzen. Hochgejubelte neue Kandidaten mit Teflon-Image, mediengerechter Optik und allzu zeitgeistigem Auftreten sind die große Hoffnung nur für die etablierten Medien. Offenbar nicht für die politiverdrossene, bedrängte und frustrierte Wahlbevölkerung.


Die Integrationsillusion

30. März 2017

Ein Plädoyer für Segregation und Repatriierung

Wanderungsprozesse gehören zweifellos zur historischen Realität der Menschheit. Ethnische Überschichtung, kulturelle Beeinflussung und natürlich auch Ethnomorphose – horribile dictu: „Umvolkung“ – sind Phänomene, die in der Menschheitsgeschichte immer wieder auftreten. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Flucht vor Gefahr für Leib und Leben, das Streben nach einem besseren Leben, nach Freiheit oder auch nur Wohlstand, Hungersnöte, Dürrekatastrophen und vieles mehr. Manchmal auch schlicht und einfach die Sehnsucht des Menschen zu erforschen, was sich hinter dem Horizont befindet.
In einer Welt, in der sich die menschliche Gesellschaft, welche sich in Jahrhunderttausenden genetisch und biologisch vielfältig und unterschiedlich ausdifferenziert hat, in Völker, in unterschiedlichen Sprachen, und, darauf basierend, in Nationen mit territorial eingegrenzten Staaten, organisiert, in einer solchen Welt haben Wanderungsbewegungen natürlich eine weit darüberhinausgehende Bedeutung.
Sie sind auch so etwas wie eine Machtfrage geworden: Handelt es sich bei den Wanderungsbewegungen um Landnahme, also um Eroberung und Verdrängung der bisherigen Population, oder ist es eher ein individueller, in überschaubaren Relationen stattfindender Einsicker-Prozess? Im ersten Falle ist es ziemlich klar, dass es nicht ohne Gewalt geht. Im zweiten Falle hingegen ist durch die Einhaltung rechtlicher Standards und internationaler Normen ein friedlicher Prozess möglich – keineswegs aber immer gesichert.
Im Idealfall wäre bei der Einwanderung in einen fremden Staat mit dem Wunsche, Teil des jeweiligen Staatsvolkes zu werden, die Assimilation selbstverständlich. Die vollständige Übernahmevon Kultur, Sitten und Gebräuchen, von Sprache und Religion des Gastlandes und die vollständige Aufgabe der Kultur des eigenen Herkunftslandes wären die Bedingung dafür. Eine Idealvorstellung, die allerdings kaum realisierbar ist.
Realistischerweise hat man sich im Hinblick auf die moderne Wanderungsbewegung und die zeitgenössische Zuwanderungsgesellschaft auf Integration als Zielvorstellung geeinigt. Und Integration in diesem Sinne bedeutet, dass sich die betroffenen Zuwanderer zwar in das Wertegefüge – was auch immer man darunter verstehen mag – der Gastgesellschaft einzufügen haben, dass sie aber ihre Muttersprache, ihre Kultur, ihre Religion, ihre Sitten und Gebräuche unbeschadet behalten dürften. Um es vorwegzunehmen: Diese bislang in Europa und in den anderen westlichen Industrienationen dominierende Vorstellung hat sich indessen als Illusion entpuppt. Sie hat nämlich keineswegs zu einer sozial-kulturell ausgewogenen Gesellschaft geführt, sondern vielmehr zur Entwicklung von Konflikten und Konfrontationssituationen bis hin zu Parallelgesellschaften und einer vielfältig spannungsgeladenen Ghettokultur. Dies erwies sich bereits nach den Gastarbeiter-Zuwanderungswellen in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts. Und nun, mit der massenhaften Armutsmigration, insbesondere aus Afrika, verstärkt sich diese Entwicklung naturgemäß. Explodierende Kriminalität, bürgerkriegsähnliche Zustände, sogenannte „No-Go-Areas“, religiöser Fundamentalismus und Fanatismus bis hin zum Terrorismus sind die Symptome dieser Entwicklung.
Diese Form von fehlgeleiteter Integration hat sich also in Wahrheit als Segregation erwiesen, die von manchen Teilen der Zuwanderungsgesellschaft als eine Art Landnahme durch Einwanderung in die europäischen Sozialsysteme verstanden zu werden scheint. Der jüngste Aufruf des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, wonach die in Europa lebenden Türken nicht zwei oder drei Kinder, sondern fünf Kinder produzieren sollten, um das türkische Element zu stärken, deutet auf genau diese Denkweise hin.
Diese Form von Segregation bietet allerdings auch die Chance für die Gaststaaten und Gastgesellschaften, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Wenn die betreffenden Völker nicht schon zu dekadent sind, werden sie eine schleichende Landnahme dieser Art, also die von Erdogan geforderte Invasion durch die Gebärmutter, auf Dauer nicht dulden. Nicht vollzogene Assimilation und nicht gelungene Integration führen also zur Segregation, und diese Segregation könnte die Basis für eine Repatriierung der verschiedenen Zuwanderungspopulationen bieten. Dies gilt nicht nur für abgelehnte Asylansuchende und auch nicht nur für illegal Zugewanderte, sondern durchaus auch für Gastarbeiter der zweiten oder dritten Generation. Allzumal dann, wenn diesen massenhaft nachgewiesen werden könnte, dass sie mittels illegaler Doppelstaatsbürgerschaften – im Falle der Türken mutmaßlich sehr häufig – gar nie vorhatten, ihrem Herkunftsland wirklich adieu zu sagen.
Geradezu infantil wirkende Versuche, diese Repatriierung zu beschleunigen, indem man den potentiellen Heimkehrern Geldprämien verspricht, werden da kaum etwas nützen. Bereits in den 70er und 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es derlei Prämien, die keinen messbaren Effekt hatten. Maßgeblich dürfte vielmehr die Anwendung der vollen Härte der geltenden Gesetze sein: Wer illegal ins Land kommt, hat keine Anspruch auf Asyl und irgendein Bleiberecht! Wer straffällig wird, ist abzuschieben! Wer sich unter der Hand für eine illegale Doppelstaatsbürgerschaft entschieden hat, dem ist die Staatsbürgerschaft der europäischen Gastländern ebenso abzuerkennen,und seiner Repatriierung steht auch nichts im Wege.
Neben dem Stopp der unkontrollierten Massenzuwanderung und der schnellstmöglichen Beendigung der heuchlerischen Willkommenskultur ist also solcherart eine Abschiedskultur (die auch eine Abschiebungskultur sein muss) entgegenzusetzen. Die Repatriierung einer Vielzahl von jungen, arbeitsfähigen und mutmaßlich auch tüchtigen Männern in ihre Herkunftsländer wie Afghanistan, Syrien oder die Staaten Schwarzafrikas könnte bei entsprechendem Einsatz für diese Länder sehr segensreich sein.
Dabei müssten ihnen die westlichen Industriestaaten wohl behilflich sein. Und das zu beiderseitigem Nutzen. Die Wanderungsbewegung unserer Tage könnten also künftig verstärkt in Rückwanderung, also in Repatriierung, bestehen.

Immer mehr Einwanderer

Immer mehr Menschen aus Drittstaaten zieht es in die EU. „Am 1. Januar 2015 lebten 34,3 Millionen Menschen in einem EU-Mitgliedstaat, die außerhalb der EU-28 geboren wurden“, heißt es in einem Dokument der EU-Kommission. Aufgrund der Masseneinwanderung der letzten beiden Jahre dürften mittlerweile gut 37 Millionen Drittstaatsangehörige in der EU leben. Hinzu kamen mit Stichtag 1. Januar 2015 noch 18,5 Millionen Menschen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat lebten als jenem, in dem sie geboren wurden.
Was den Ausländeranteil betrifft, gibt es zwischen den Mitgliedstaaten teils riesige Unterschiede. Lebten laut dem deutschen Statistischen Bundesamt 2015 EU-weit im Durchschnitt 6,91 Prozent Ausländer, so waren es in Luxemburg 45,95 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgen Zypern (17,07 Prozent), Lettland (15,03 Prozent) und Estland 14,57 Prozent). Der hohe Ausländeranteil in den beiden baltischen Staaten erklärt sich übrigens durch Russen, die zu Sowjetzeiten zugewandert waren und später nicht eingebürgert wurden. Für Österreich wird ein Ausländeranteil von 13,19 Prozent ausgewiesen, für die Bundesrepublik Deutschland 9,29 Prozent.
Am unteren Ende der Rangliste befindet sich Polen mit einem Ausländeranteil von gerade einmal 0,28 Prozent. Ebenfalls wenige Ausländer leben in Rumänien (0,45 Prozent) oder in Litauen (0,77 Prozent).


Andreas Mölzer und „Die Presse“

30. März 2017

Geschichte einer kuriosen publizistischen Beziehung

Herr Burkhard Bischof, respektables Mitglied der ebenso respektablen Redaktion des Flaggschiffs der österreichischen Printmedien, also der „Presse“, hat dieser Tage Andreas Mölzer, Herausgeber der Zur Zeit , per E-Mail wissen lassen, dass man von ihm in der Presse keine Gastkommentare mehr nehmen werde.

Grund dafür sei die überaus unfreundliche Qualifizierung einer „respektablen“ „Presse“-Mitarbeiterin in Zur Zeit. Nach näherem Nachsehen wurde man fündig: Zur Zeit-Mitarbeiter Erich Körner-Lakatos hatte über die antigriechischen Ausschreitungen in Istanbul im Jahre 1955 durch die Türken geschrieben und kritisiert, dass diese in einem „Presse“-Beitrag von besagter Redakteurin verharmlost worden seien. Es seien bloß einige Geschäfte geplündert worden und harmlose Übergriffe gewesen. Körner-Lakatos wies darauf hin, dass diese seinerzeitigen Ereignisse in seriösen Zeitungen, wie etwa der „Frankfurter Allgemeinen“ durchaus als ganz realer Terror qualifiziert worden seien und hat dann polemisch die Frage in den Raum gestellt, ob sich „Die Presse“ zur „Stimme Erdogans“ herabwürdigen lasse, und das war Herr Burkhard Bischof dann eben zu viel.

Mölzer Hinweis, dass er zwar Herausgeber der Zur Zeit sei, nicht aber deren Zensor, ändert an den Dingen natürlich nichts und auf die an ihn von Bischof brieflich gestellte Frage, warum er denn überhaupt unbedingt in einem Blatt publizieren wolle, dass seiner Ansicht nach offenbar „die Stimme Erdogans sei“ gab es schon keine Erwiderung. Erklärlich ist dies allerdings, wenn man sich die doch einigermaßen lang andauernde Geschichte der Beziehung zwischen Andreas Mölzer und der „Presse“, vergegenwärtigt.

Treffen mit Otto Schulmeister

Begonnen hat alles mit einem Gespräch im Schwarzen Kameel im Wien der späten 80er-Jahre: Otto Schulmeister, Chefredakteur, später Herausgeber der „Presse“ und Doyen des österreichischen Journalismus, hatte den jungen Grundsatzreferenten und Vorsitzenden des Freiheitlichen Bildungswerks Andreas Mölzer zu einem diskreten Mittagessen eingeladen. Dieses vom jungen Publizisten und Politikberater Mölzer als große Ehre betrachtete Gespräch gipfelte in der Frage Otto Schulmeisters, ob denn Jörg Haider, Mölzers damaliger Chef, „eine catilinarische Persönlichkeit“ sei. Anlass für die damalige Mittagseinladung war Haiders Aussage von der österreichischen Nation als „Missgeburt“, was den durchaus „deutschbewussten“ christlich-konservativen Schulmeister nicht teilnahmslos lassen konnte.

Ein Jahrzehnt später, Mölzer hat  sich indessen bereits mehrfach mit Haider überworfen, schrieb er als FPÖ-Dissident seinen ersten Gastkommentar „Vom Glanz und Elend des Populismus“ für die „Presse“. Haider-Kritik von einem Freiheitlichen, das war gewissermaßen die Eintrittskarte für die etablierten Medien. Und der damalige Chefredakteur Andreas Unterberger, ein hochseriöser und hochgebildeter, wenn auch ein wenig spaßfreier Konservativer, der ein würdiger Nachfolger von Otto Schulmeister und Thomas Chorherr war, lud Mölzer darauf ein; unter der neuen Rubrik „Quergeschrieben“ ständige Kommentare für die Presse zu verfassen – immerhin für ein Honorar von Schilling 1.000,- pro Kolumne und das nahezu wöchentlich.

In dieser Zeit von 1998 bis 2004 war Mölzer auch ständiger Kolumnist der größten Tageszeitung des Landes der auflagenstarken „Kronen Zeitung“. Im Einvernehmen mit dem alten Hans Dichand konnte er da neben seinen „Presse“-Kolumnen wertkonservative und nationalliberale Positionen vor einem Millionenpublikum vertreten und damit am politischen Diskurs der Republik teilnehmen. Bereits durch Mölzers Tätigkeit als Kulturbeauftragter des Landes Kärnten unter dem Landeshauptmann Haider und vollends dann später mit seiner Wahl über einen Vorzugsstimmenwahlkampf ins EU-Parlament im Jahre 2004, wurde diese Kolumnisten-Tätigkeit schwieriger. Mit einer Fülle mit Gastkommentaren konnte er allerdings immer wieder dann hervortreten, wenn er in direkte Konfrontation mit dem Bärentaler geriet, so etwa im Jahre 2005 bei der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ. Von der „Presse“ über die „Kronen Zeitung“ bis hin zu „Standard“ und „Falter“ fanden sich da Mölzer‘sche Gastkommentare, ergänzt durch Diskussionsauftritte in den Talkshows von Funk und Fernsehen. Und immer wieder nahm er auch die Gelegenheit wahr, in gewissen Abständen in der „Presse“ zu publizieren. So überlebte er im wahrsten Sinne des Wortes den Wechsel der Chefredakteure. Als Andreas Unterberger in die „Wiener Zeitung“ weggelobt wurde, wurde der ursprünglich von der „Kärntner Kirchenzeitung“ kommende (und schon von damals her wegen des gleichen Drucktermins der „Kärntner Nachrichten“ und der Kirchen Zeitung in der Druckerei Carinthia mit Mölzer bekannte) Michael Maier Chefredakteur. Nach dessen Scheitern kam Michael Fleischhacker den Mölzer schon von der „Kleinen Zeitung“ her kannte und den ihm indirekt Bischof Kapellari als einer der Eigentümer des Styria Verlags als Qualitätsjournalisten empfohlen. Mölzer blieb der „Presse“ treu bis hin zum umtriebigen Rainer Nowak, der der „Presse“-Redaktion nun mehr vorsteht.

Teilnahme am konservativen medial-politischen Diskurs

Und immer war Andreas Mölzer bemüht, an jener Form des tendenziell eher konservativen medial-politischen Diskurses teilzuhaben, der über die „Presse“ eben möglich war. Gewiss als langjähriger Chefredakteur und dann Herausgeber einer eigenen Wochenzeitung verfügte er über eigene publizistische Öffentlichkeit, aber Zur Zeit als nationalliberales und wertkonservatives Nischenprodukt erreicht eben auch nur ein relativ kleines Segment der politischen Öffentlichkeit. Deshalb auch die Bereitschaft Mölzers, darüber hinaus in möglichst vielen anderen Medien Positionen zu setzen.

So waren es also mehrere hundert Gastkommentare, die Andreas Mölzer neben seiner anderen publizistischen Tätigkeit und neben seinem politischen Mandat in der „Presse“ veröffentlichte. Abgesehen von Andreas Unterbergers anfänglichen Schilling  1.000,– honorarfrei und stets unter pflichtschuldigster Bezeugung jener Devotion – was es denn für eine Ehre sei, in der „Presse“ abgedruckt zu werden – die für publizistisch-politische Schmuddelkinder gegenüber den Medien des Establishment eben von Nöten ist.

Und das war’s dann halt. Otto Schulmeister ist tot und mir ist auch schon schlecht.

Andreas Mölzer


Der Aufmarsch der Janitscharen

16. März 2017

Wie Erdogans Türkei zum Herausforderer für Europa wird

Knapp hundert Jahre ist es her, dass das Osmanische Reich durch die gemeinsam mit den Mittelmächten erlittene Niederlage im Ersten Weltkrieg zerbrach. Die Hohe Pforte, der Sultan im Topkapi-Palast in Istanbul und seine Herrschaft über weite Bereiche der islamischen Welt gehörten der Vergangenheit an, waren Geschichte. Die Jungtürken und Kemal Pascha, später genannt Atatürk, retten, was zu retten war, und schufen die neue Türkei  als einen Nationalstaat, der – zumindest theoretisch – in Richtung Europa blickte. Fez und Kopftuch sollten der Vergangenheit angehören, der Muezzin und tanzende Derwische waren Relikte aus der historischen Mottenkiste. Westliche Technik, europäische Zivilisation, Fortschritt und ein laizistisches System – nicht sonderlich demokratisch, allerdings „kemalistisch“ eben – sollten die Türkei in die Zukunft führen. Der Armenier-Genozid, die Vertreibung der ionischen Griechen, die Aufarbeitung der Kriegsschäden  und natürlich der Verlust gewaltiger Territorien im Nahen Osten und auch auf dem europäischen Festland waren zu verkraften.
Dennoch, der Weg der Türkei schien in eine europäische  Zukunft zu führen, und nachdem es dem Land gelang, im Zweiten Weltkrieg neutral zu bleiben, um in der Folge in den 70er-Jahren und 80er-Jahren den Makel eines Dritte-Welt-Landes abzuschütteln, schien die europäische  Integration schlechthin die einzige türkische Perspektive zu sein.
Und dann kamen die AKP und Recep Tayyip Erdogan. Eine, wie es ursprünglich hieß „gemäßigte islamistische“ Partei, die allerdings, wie wir nun wissen, die Islamisierung des Landes gezielt und vehement vorantreibt. Und mit Erdogan, einem Führer, der seit Kemal Atatürk wohl der populärste türkische Politiker ist. Nach Jahren, in denen es nach Demokratisierung und Wirtschaftsaufschwung aussah, will  Erdogan nunmehr ein autoritatives Präsidialsystem einführen. Und die Ausrichtung Ankaras in Richtung Brüssel scheint nur mehr Vorwand dafür zu sein, Geld von den Europäern zu lukrieren, und zwar  viele Milliarden Heranführungshilfe und Bezahlungfür die Sperrung der Flüchtlingsrouten. Tatsächlich hat die neue Türkei unter Erdogan auch ganz andere Perspektiven als nur die europäische.
Immer schon war das Land so etwas wie eine Leitnation für alle Turkvölker im Nahen und Mittleren Osten. Wenig bekannt ist in diesem Zusammenhang, dass die Angehörigen der Turkvölker, ähnlich wie die Volksdeutschen in der Bundesrepublik Deutschland, in der Türkei sofort einen türkischen Pass bekommen, wenn sie wollen. In diesem Sinne wirkt die Türkei als regionale Großmacht bis weit hinein nach Zentralasien. Abgesehen davon aber galt die Türkei lange Jahre als so etwas wie eine islamische Vorzeigedemokratie.
Gerade in Bereichen, in denen das alte Osmanische Reich über Jahrhunderte herrschte, in den arabischen Regionen und in Nordafrika, und wo diese osmanische Herrschaft bis heute als verhasst gilt, zeigte sie nunmehr den Weg auf, wie man westliche Demokratie und moderaten Islamismus miteinander verbinden könnte. Dies hat sich nunmehr allerdings geändert. Von moderatem Islamismus ist keine Rede mehr und von Demokratie auch nicht mehr viel. Vielmehr scheint die Islamisierung des Landes immer radikalere Formen anzunehmen, und die  autoritären Tendenzen  der AKP weisen in eine völlig andere Richtung als in jene der westlichen liberalen Demokratie.
Aber auch in jener Form scheint die Türkei den Ehrgeiz zu  haben, im Nahen Osten und in der islamischen Welt eine Führungsrolle zu spielen. Gerade die jetzt anstehende Neuordnung des Irak und Syriens  bietet der Türkei ein breites Betätigungsfeld als regionale  Vormacht im Nahen Osten.  Erdogan scheint gewillt, diese Rolle auch zu spielen, dabei hat er allerdings das Kurdenproblem als schwere Hypothek zu bewältigen.
In der östlichen Türkei, die bekanntlich von Millionen von Kurden bewohnt wird, muss er einerseits die Einheit des türkischen Territoriums bewahren, indem er weiter von der Fiktion ausgeht, dass die Kurden ja in  Wahrheit „Bergtürken“ seien. Im Bereich des nördlichen  Syriens und des angrenzenden Iraks muss er das Entstehen eines geschlossenen kurdischen Territoriums oder gar eines Kurdenstaats verhindern, da ein solcher naturgemäß eine gewaltige Sogkraft auf die in der Türkei lebenden Kurden ausüben würde. Neben der Verhinderung eines solchen Kurdenstaats aber ist es Erdogans Bestreben, in der Großregion zwischen dem Mittelmeer, dem Iran und der arabischen Halbinsel als regionale Großmacht anerkannt zu werden.
Und die europäischen Ambitionen der Türkei? Das Bestreben, Mitglied der Europäischen Union zu werden, ist wohl mehr oder weniger ad acta gelegt worden. Man holt sich – wie gesagt – noch Finanzmittel in Milliardenhöhe, soweit dies möglich ist, hat aber wohl oder übel zur Kenntnis genommen, dass eine Vollmitgliedschaft auf absehbare Zeit – insbesondere in Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklung im Lande – nicht mehr möglich sein wird.
Umso entschiedener betreibt man aber die Betreuung der türkischen Communities in Mitteleuropa, insbesondere in Deutschland und Österreich, wo sich insgesamt immerhin Millionen Türken auf Dauer niedergelassen haben. Entweder sind diese Menschen nach wie vor türkische Staatsbürger oder sie haben über eine – zumeist illegale – Doppelstaatsbürgerschaft nach wie vor Kontakt zu ihren türkischen Wurzeln. Gerade in diesen Tagen ist Erdogans Versuch, hier für sein Verfassungsplebiszit Wahlwerbung zu betreiben, eine große Streitfrage gegenüber den Gastländern der Euro-Türken. Weil man Erdogans Wahlwerbung zwischen Köln und Wien nicht so ohne Weiters akzeptieren will, diffamiert der neue Sultan die Deutschen als Nazis und die Österreicher als Rassisten. Die Loyalität seiner Landsleute, der Deutsch-Türken und der Austro-Türken, ist ihm allerdings zu einem hohen Prozentsatz gewiss.
Ein weiteres Spielfeld der neo-osmanischen Ambitionen ist der Balkan. Hier gibt es so etwas wie eine Re-Osmanisierung in jenen Territorien, die einst ohnedies zum türkischen Sultanat gehört haben. In Bosnien und im Kosovo gelten als die großen islamischen Geldgeber zwar Saudi-Arabien und die Golfstaaten, und die Wahhabiten, die von dort aus gesteuert werden. Geopolitisch aber ist es die Türkei, die auch in dieser Region zunehmend eine Rolle zu spielen scheint.
Insgesamt muss man sagen, dass türkische Parallelgesellschaften in Mitteleuropa und Westeuropa, türkische Geopolitik auf dem Balkan, regionale Vormachtpolitik im Nahen Osten und im Bereich der Turkvölker in Zentralasien gemeinsam mit der zunehmenden Islamisierung des Landes und dem autoritären Kurs Erdogans eine unheilvolle Gemengelage bilden. Hier etabliert sich am südöstlichen Rand Europas ein neuer Machtfaktor mit Großmachtambitionen. Die Herausforderung gegenüber Europa, die damit gegeben ist, ist unübersehbar, und dass diese geopolitische Herausforderung überdies durch die türkische Massenzuwanderung nach Europa selbst und durch die Islamisierung in der Türkei, aber auch in den europäischen Zuwanderer-Populationen Sprengstoff gewaltigen Ausmaßes beinhaltet, ist ebenso klar. Sultan Recep Tayyip der I. und die Hohe Pforte lassen grüßen.


Und wieder einmal eine Menschenhatz

16. März 2017

Die Causa Abfangjäger wird nun wieder einmal aufgewärmt. Ein Untersuchungsausschuss wird – so hoffen wir – Dinge klären, die der Klärung bedürfen. Zum Beispiel, welch merkwürdigen Vergleich die Republik unter Gusenbauer und Darabos, also unter einer SPÖ-Regierung, mit dem Abfangjäger-Hersteller geschlossen hat.
Dass das Ganze ursprünglich politisch-medial anders angelegt war, ist auch klar: Primär ging und geht es offenbar darum, wieder einmal die allzu erfolgreiche freiheitliche Opposition anzuschwärzen und eine mögliche blau–schwarze Zusammenarbeit von Vorneherein zu torpedieren. Pech nur, dass die Einsetzung des Untersuchungsausschusses ohne freiheitliche Zustimmung nicht möglich war, und FPÖ-Chef Strache hat dieser offenbar geplanten einseitigen Schuldzuweisung nun den Riegel vorgeschoben, indem er seine Zustimmung an gewisse Bedingungen in der inhaltlichen Ausrichtung des Untersuchungsausschusses geknüpft hat.
Ganz wollte man die ursprüngliche Stoßrichtung doch nicht aufgeben. Zwei Schwergewichte der heimischen „System-Presse“ – horribile dictu – schossen sich in den letzten Tagen auf unseren Co-Herausgeber Walter Seledec ein. Dieser habe in den Tagen der Abfangjägerentscheidung sich allzu entschieden für den Eurofighter eingesetzt und – wer weiß, wer weiß, die Neidgenossenschaft glaubt’s allzu gerne – möglicherweise auch irgendwelche Zuwendungen erhalten. Und nachdem es für letzteres offenbar keinerlei Hinweise oder gar Beweise gibt, schwärzt man den solcherart Verdächtigten dadurch an, dass man ihn – so im „Kurier“ – als den „seltsamen Herrn Seledec“ bezeichnet, der der Herausgeber eines „deutschnationalen-antisemitischen und den Nationalsozialismus behübschenden“ Blattes sei.
Gemeint ist damit völlig außer Zweifel unsere Zur Zeit, und wir nehmen es ohne zu murren zur Kenntnis, dass man uns als „deutsch-national“ bezeichnet, auch wenn dies in den genannten Gazetten als Beschimpfung gemeint ist. Dass das Blatt „antisemitisch“ sei, weisen wir strikt zurück, und dass es gar den Nationalsozialismus „behübsche“, ist eine nicht hinzunehmende Beschuldigung. „Behübschen“ kann nämlich nur verharmlosen bedeuten und dies ist bekanntlich ein im Verbotsgesetz strafrechtlich zu ahndendes Verbrechen. Der „Kurier“-Redakteur und das Blatt werden sich dafür noch verantworten müssen.
Was unseren Herausgeber Walter Seledec betrifft, so hat er sich seinerzeit als hochrangiger Reserveoffizier und als redaktionell Verantwortlicher für die Bundesheerberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen immer offen für das seiner Meinung nach beste Gerät, nämlich den Eurofighter, eingesetzt. Dass er nunmehr stellvertretend für die Freiheitlichen, die diese Regierungsentscheidung damals in Person von Herbert Scheibner, Karl-Heinz Grasser und Susanne Riess-Passer mittrugen, geprügelt wird, ist für den gelernten Österreicher kein sonderliches Wunder. Dass er von eben denselben Freiheitlichen diesbezüglich auch kaum Flankenschutz zu erwarten hat, ebenso wenig.
Wenn aber ein Herr Trautenberg, pensionierter Adjutant des vormaligen Bundespräsidenten Thomas Klestil und ausgewiesener Links-Katholik als Hasser der Freiheitlichen mittels Diffamierungsschreiben an den ORF nunmehr verhindern will, dass Walter Seledec weitere zeitgeschichtliche Dokumentationen für denselben dreht, ist das eine Sache. Eine andere Sache ist es, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk und sein Generaldirektor, Spross einer traditionsreichen Wiener Burschenschafter-Familie, dieser Denunziation so leicht nachgibt und Seledec, der über dreißig zeitgeschichtliche, vorwiegend militärhistorische Dokumentationen für den ORF gemacht hat, aufgrund diffuser Verleumdungen abserviert. Sehr charakterstark. Wir jedenfalls von Zur Zeit stehen zu unserem Herausgeber, auch wenn er derzeit das Opfer einer Diffamierungskampagne ist, man kennt das ja.


Die Verblödung als Pandemie

10. März 2017

Ein Misere über den Niedergang unseres Bildungssystems

Wie lautete der alte bildungsbürgerliche deutsche Sinnspruch so schön: „Arbeit adelt – Bildung macht frei“. Die Befreiung des Menschen aus den Fesseln von Feudalismus und den Schranken der alten Klassengesellschaft und der Unmündigkeit durch Umbildung, durch Lernen, Bilden und Erkenntnisstreben – das war das Programm der bürgerlichen Bildungsgesellschaft, die sich seit dem aufgeklärten Absolutismus in den deutschsprachigen Landen Mitteleuropas herausbildete. Seit der Einführung der Schulpflicht unter Maria Theresia und den josephinischen Reformen bis hin zur Humboldtschen Universitätsreform, der in Österreich die Thun-Hohensteinsche Reform entsprach, entwickelte sich ein System der Volksbildung  mittels allgemein verpflichteter Grundschulen, welches den Menschen – und zwar allen, unabhängig von Stand, Herkunft und finanziellen Verhältnissen – die grundlegenden Techniken des Schreibens, Lesens und Rechnens vermittelte. Darauf aufbauend gab es jene Bildung, die die höheren Schulen vermittelten. Und nach dem Besuch einer Bürgerschule oder gar eines Gymnasiums und der Absolvierung eines Abiturs, einer Reifeprüfung, einer Matura, verfügte man im deutschsprachigen Raum über eine solide Allgemeinbildung, wobei das wirkliche Bildungsideal ein humanistisches war, dem allerdings eine technisch höhere Bildung, wie sie auf den Ingenieurs-Schulen vermittelt wurde, nicht nachstand. Neben dem Bildungsbürgertum war es aber auch die Arbeiterbewegung, die dafür sorgte, dass dieses Bildungsideal im Zuge der Industrialisierung auch in den proletarischen Schichten Eingang fand. Das Motto „Bildung macht frei“ sollte insbesondere in der Arbeiterklasse eine besondere Wertigkeit erhalten.
Darüber aufbauend gab es dann ein Universitätssystem, in dem Lehre und Forschung sowohl in den Geisteswissenschaften als auch in den Naturwissenschaften Weltgeltung erlangten. Die Anzahl deutschsprachiger Nobelpreisträger ist der beste Beleg dafür. Überdies war die universitas magistrorum et scolarium zwischen der Ostsee und den Alpen, zwischen Maas und Memel ein Hort des freien Denkens, der Aufklärung und des unabhängigen Geisteslebens. Kritisch gegenüber den Mächtigen und vereint gegen jede dogmatische Einengung, daran ändern auch die dunklen Stunden des deutschen Geisteslebens, in denen Bücher verbrannt und Denker vertrieben wurden, im Grunde nichts.
Dieses weltweit wohl einzigartige Bildungssystem überlebte die verschiedensten politischen Systeme. Entwickelt in der Monarchie und weitergeführt in der Republik, hat es die Räterepublik etwa in Bayern genauso überlebt wie die NS-Diktatur oder den österreichischen Ständestaat, die Weltwirtschaftskrise und das Wirtschaftswunder bis herauf in das geistige Umfeld des unseligen Jahres 1968. Da gelang es der vielzitierten „Frankfurter Schule“, ihr Gedankengut wie ein Virus in das Bildungs- und Schulsystem des deutschsprachigen Raumes zu implementieren. Und dieses Virus hat in den Jahrzehnten seitdem reichen Nährboden gefunden. Den Nährboden des Egalitarismus, der Elitenfeindlichkeit und schließlich der Political Correctness in all ihren grotesken Ausformungen. Pflicht-Antifaschis-mus, Feminismus, Genderismus, hysterischer Antirassismus und dogmatische Menschenrechtsreligion, all das sind die Krankheitsbilder, die seitdem von diesem Virus mehr oder minder verursacht wurden. Diese Formitis, die sich seit dem sozialdemokratischen Jahrzehnt der Ära Willy Brandts und Bruno Kreiskys im Schul und Bildungsbereich ausbreitete, war das Werkzeug des solcherart eingeleiteten Zerstörungsprozesses. Ein Schulversuch hetzte den anderen, bewährte Schultypen und Bildungswege wurden unter dem Vorwand der Chancengleichheit zerschlagen und durch untaugliche Alternativen ersetzt, das Niveau des Grundschulwesens wurde ausgedünnt, jenes der Reifeprüfung auf ein beschämendes Maß reduziert, und der Begriff akademisches Proletariat wurde auch im deutschsprachigen Raum zur höchst unerfreulichen Realität.
Dazu kamen dann die großen Umbrüche, die zuerst das Fernsehzeitalter und dann jenes der neuen elektronischen Medien mit sich brachten. Waren es zuerst ein bis zwei öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, die von den 60er Jahren an in das Familienleben einbrachen – für die Kinder in Österreich einmal die Woche mit Kasperl und täglich mit Betthupferl – wurden es gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts bald dutzende Privatsender, die die Medienlandschaft prägten. Hatten die Öffentlich-Rechtlichen noch ein gewisses Minimalerfordernis in Sachen Qualität, so entwickelte sich mit den Privatsendern tatsächlich so etwas wie „Unterschicht-Fernsehen“, das nicht zuletzt Kinder und Jugendliche in seinen Bann zog und bis heute zieht. Heftig wurde über die Auswirkungen des täglich stundenlangen TV-Konsums auf die kindliche Psyche diskutiert, und dennoch wurde der Fernseher mehr und mehr zum Kindermädchen für überlastete berufstätige Mütter.
Und dann kamen nach den heute einigermaßen harmlos erscheinenden Computerspielen das Internet via Smartphone, Tablet und allseits nutzbarem EDV-Zugang dazu. Die Nutzung von W-LAN, „surfen“, „chatten“ und „bloggen“ gehören nunmehr zunehmend zu den primären Kommunikationstechniken von Kindern und Jugendlichen auch im deutschsprachigen Mitteleuropa. Das Absetzen von massenhaften SMS in verballhornter Kurzsprache, das kostenlose Kommunizieren über WhatsApp und vieles mehr prägen nunmehr die zwischenmenschlichen Beziehungen gerade der jüngsten Generationen.
So ist nunmehr das gesamte Wissen der Menschheit, die Weltgeschichte, alle Gesetze von Physik, Chemie und Biologie abrufbar und das für jeden Volksschüler. Die Fähigkeit, einen geraden Satz orthographisch und grammatikalisch richtig zu bilden, beginnt allerdings auszusterben. Die einfachsten Rechenvorgänge im Kopf gelten als ebenso sinnlose wie exotische Hirnakrobatik, die man mittels Handy in Sekundenschnelle ersetzen kann, und humanistische Bildung ist vollends zum Auslaufmodell geworden.
Die Kenntnis von Fremdsprachen gilt zwar als „Must“, sie ist aber zumeist nicht mehr verbunden mit dem Eindringen in die Literatur, in die Geistesgeschichte, in die Kulturlandschaft und Mentalität des Landes und des Volkes, woher die Sprache, die man zu erlernen bemüht ist, stammt. Überhaupt sind Kenntnisse in jenen Fachgebieten, die einst zur Allgemeinbildung gehörten, Geschichte, Geographie, Biologie, Physik, Chemie, Kunstgeschichte, Musik zu so etwas wie exotischen Orchideen-Fächern geworden, denen sich nunmehr „Nerds“ nähern. Der klassische Bildungskanon, der den deutschsprachigen Bildungsbürger über Generationen auszeichnete, ist vollends als Reaktionär abgehakt und abgeschafft worden. Die Kenntnis der Klassiker beschränkt sich auf jenes Maß, das man allenfalls für eine TV-Millionenshow benötigt.
Philosophie wird zur zeitgeistigen Lebenshilfe degradiert und allenfalls durch esoterischen Unsinn ersetzt. Und so wird Unbildung zum allseits achselzuckend akzeptierten Normalzustand einer Gesellschaft, die sich so unglaublich aufgeklärt und modern erachtet wie niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte. In solcher Gesellschaft ohne Bildung aber muss die Dummheit, die wahre Geißel des Menschengeschlechtes, das Regiment übernehmen, und die Verblödung wird zur epidemischen Krankheit. Der faustische Mensch aber, der nach Erkenntnis strebt, ist aufgerufen, dagegen anzukämpfen. Zynismus und innere Emigration sind zwar Versuchung für ihn, aber keine Lösung. Zum Kampf um Erkenntnis gibt es für ihn keine Alternative.


Hochjubeln und Runterschreiben

8. März 2017

Zwei Jahre nun wurden die Freiheitlichen des Heinz-Christian Strache in den Umfragen hochgejubelt. Bei 30, ja bei 35 Prozent stünden sie. Und in Anbetracht der politischen Umstände des Asylantenchaos, des EU-Versagens und einer zögerlichen Regierungspolitik der Reformunfähigkeit und des permanenten Streits war dies auch einigermaßen glaubwürdig. Jetzt läuft die gegenläufi ge Bewegung, jetzt werden die Freiheitlichen runtergeschrieben. Der Wahltermin nähert sich, und den Bürgern soll suggeriert werden, dass die größte Oppositionspartei des Landes ihren politischen Zenit bereits überschritten hat. Die Regierung selbst schwenkt längst auf einen Kurs ein, wonach freiheitliche Forderungen, die über lange Jahre als rassistisch, rechtsextrem und EU-gesetzwidrig gegeißelt wurden, nunmehr umgesetzt werden sollen.
Die freiheitliche Opposition ist insofern in der Zwickmühle, als sie sich einerseits freuen sollte darüber, dass die Regierung ihre Forderungen umsetzt und damit ihren bisherigen politischen Kurs bestätigt, wohingegen sie andererseits aber Gefahr läuft, politisch gewissermaßen überfl üssig zu werden. Wessen politische Ziele vollständig erreicht sind, der ist eigentlich nicht mehr von Nöten, so zumindest die blasse Theorie. Die Realität indessen sieht anders aus: Der gelernte Österreicher weiß sehr wohl, wer in den wesentlichen Fragen der Massenzuwanderung, des Asylchaos, der schwindenden Sicherheit, der steigenden Kriminalität, der Schmied ist und wer der Schmiedl. Und die Bevölkerung weiß auch sehr wohl zwischen schönen Worten und echten politischen Taten zu unterscheiden, und vorläufi g gibt es keinerlei Entspannung im Integrations chaos. Das ist auch der Grund, weswegen die freiheitlichen Chancen sehr wohl aufrecht sind. Anderseits aber werden die Spindoktoren und Wahlkampfstrategen des politischen Establishments das Feld nicht kampfl os räumen.
Entwicklungen, wie der Untersuchungsausschuss in Sachen Abfangjäger, die Prozesse gegen die ehemaligen Granden des Kärntner BZÖ und der Kärntner Freiheitlichen und das natürlich wieder zu erwartende Aufkochen des Hypo-Desasters erfolgen deshalb, weil man damit hofft, die freiheitliche Politik insgesamt madig zu machen.
Der Bürger unterscheidet nicht zwischen alter FPÖ, zwischen Haider-Partie und der neuen FPÖ unter Strache. Er soll freiheitlich hören und damit Chaos und Korruption verbinden und natürlich soll auch das einstige blau–schwarze Projekt die Regierung Schüssel-Haider desavouiert werden. Herr Tal Silberstein und seine Mitarbeiter werden nicht ruhen, bis der uns ins Haus stehende Wahlkampf vorüber ist. Wie weit die Menschen sich durch Manipulation, Heuchelei und dreiste Lügen beeinfl ussen lassen, werden wir sehen.


Abschied von der Libertinage

3. März 2017

Niederländer und Skandinavier verabschieden sich von ihrer einstigen Freizügigkeit – eine Analyse

In diesen Tagen finden in den Niederlanden Parlamentswahlen statt, und die PVV, Partei für die Freiheit, des Geert Wilders scheint den Umfragen zufolge vor einem Wahlsieg zustehen. In Norwegen regiert seit Jahr und Tag die dem Vernehmen nach „rechtspopulistische“ Freiheitspartei. In Dänemark ist die Regierung von der angeblich ebenso „rechtspopulistischen“ Dänischen Volkspartei abhängig. In Schweden werden die vor Jahren noch als „rechtsradikal“ eingestuften „Schwedendemokraten“ immer stärker und in Finnland sind die „Wahren Finnen“ des Timo Soini bereits in der Regierung. Das einst so linksliberale, sich dem Fortschritt der Freizügigkeit und der schrankenlosen Humanitätsduselei hingebende nördliche Europa scheint massiv nach rechts zu rücken.
Woran das liegt? Zum einen wohl daran, dass sowohl die Niederlande als auch die vier nordeuropäischen Länder einen massiven Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund aufweisen und die entsprechenden Probleme einer multiethnischen Konfrontations- und Konfliktgesellschaft haben. In Holland ist es das Erbe der Kolonialzeit. In Skandinavien eine über Jahrzehnte geübte schrankenlose Zuwanderungspolitik. Davon ist Finnland zwar am wenigsten betroffen und wohl auch in geringerem Maße Norwegen. Aber selbst die einst so liberalen Schweden müssen nunmehr Probleme mit der Zuwanderungspopulation eingestehen. Und nach dem exzessiven Höhepunkt  der Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 musste nun die rot-grüne Regierung in Stockholm zu rigorosen  Maßnahmen zwecks Eindämmung des Flüchtlingsstroms greifen. In Dänemark ist unter dem seit Jahren existenten Einfluss der Dänischen Volkspartei ohnedies längst eine restriktive Zuwanderungspolitik zum Prinzip erhoben worden.
Und die Niederlande? Sie waren einst ein Hort der Libertinage: Freie Liebe, Drogenfreigabe, Schwulenehe und alle Auswüchse linker Gesellschaftspolitik, die wir seit dem Jahr 1968 kennen, dominierten das öffentliche Leben in Holland. Und dann kam Pim Fortuyn. Der war zwar als bekennender Schwuler durchaus auch ein Produkt der zur Dekadenz neigenden niederländischen Gesellschaft, aber er predigte die Abwehr des militanten Islams – und wurde dann auch dessen Opfer. In seiner Nachfolge ist nun Geert Wilders politisch erfolgreich. Ein Mann, der vom Phänotypus her durchaus auch als blondgefärbter Erbe der ostasiatischen Kolonialzeit der Niederländer gelten kann, der aber mit seiner militanten  antiislamischen Rhetorik immer mehr niederländische Wähler anspricht. Erst kürzlich verglich er den Islam mit dem Nationalsozialismus und forderte erneut das Verbot des Korans, der schlimmer sei als Hitlers „Mein Kampf“. Ob er nun in diesen Tagen zum großen Wahlgewinner werden wird, wird sich zeigen.
Ähnlich verhält es sich mit den skandinavischen Staaten. Alles, was progressive Freizügigkeit, linke Fortschrittspolitik und geradezu dogmatische Humanitätspolitik darstellte, schien von den 60er,  70er und 80er Jahren aus dem Norden zu kommen. Der schwedische Sozialdemokrat Olof Palme war das Abbild eines fortschrittlichen Linkspolitikers. Eine offene liberale Gesellschaft nach skandinavischem Muster war etwa in der Kreisky-Ära auch für Österreich das große Vorbild. „Her mit den kleinen Schwedinnen“, hieß es im Zuge des naiven Sexismus der 70er Jahre. Her mit dem schwedischen Modell,hieß es in der Politik.
Sexuelle Libertinage, demonstrative Toleranz gegenüber allen Randgruppen, Minderheitenschutz, Bejahung der Zuwanderung, offener Strafvollzug, exzessive staatliche Transferleistungen und schrankenlose  Umverteilung waren die Prinzipien dieses skandinavischen Modells. Alles das gehört der Vergangenheit an. Von all dem hat man sich in Schweden, Dänemark und auch in den Niederlanden im Wesentlichen verabschiedet. Im ökonomischen Bereich ist man längst zu einer rigorosen Sparpolitik übergegangen. Die Zuwanderung wurde massiv eingeschränkt und die sexuelle Libertinage ist einer neuen Prüderie gewichen, die nicht einer konservativen Werte-Umkehr geschuldet ist, sondern eher der Heuchelei der political correctness. Diese steht bekanntlich auch im Zeichen des Kampfes gegen den sogenannten Sexismus. Die skandinavischen Sozialpolitiker sind also längst zu eisernen Sparmeistern geworden und die „Kleinen Schwedinnen“ zu sittenstrengen Verfechterinnen eines feministischorientierten Neo-Puritanismus.
Dennoch sind die skandinavischen Länder und auch die Niederlande nach wie vor erfolgreicheDemokratien mit funktionierendem Rechtsstaat undhoher Lebensqualität. Eine Gemeinsamkeit haben  diese Länder allerdings auch aufzuweisen: nämlich eine gewisse Skepsis gegenüber der EuropäischenUnion und gegenüber dem Brüsseler Zentralismus.So hat sich Norwegen bekanntlich der europäischenIntegration überhaupt verweigert, ist allerdings mittels entsprechender Verträge in das europäische Wirtschaftsgeschehen gut eingebunden.
Die anderen Skandinavier verweigern sich immerhin  dem Euro und werden diesem aufgrund der anhaltenden Krise der Gemeinschaftswährung auch nicht so bald beitreten. Und was die Niederlande betrifft,so scheint Wilders im Falle seines Wahlsiegesja den britischen Weg einschlagen zu wollen. Oballerdings die Holländer wegen ihrer überaus engenwirtschaftlichen Verflechtungen mit dem großen deutschen Nachbarn einen solchen Sonderweg wirklich wollen und auch durchstehen können, darfbezweifelt werden. Das gleiche gilt für Dänemark,das nach Ansicht verschiedener politischer Beobachteram ehesten auch als Austrittskandidat nach dem Muster des Brexit gilt.
Von der euphorischen Europagesinnung, die die  Skandinavier und auch die Niederländer in vergangenen Jahrzehnten prägte, ist jedenfalls genauso wenig geblieben wie von der gesellschaftlichen Liberalität und von der sexuellen Libertinage. Bleibt zu hoffen, dass es nur so etwas wie ein skandinavischer Sonderweg ist, der aber innerhalb des Gesamtrahmens der europäischen Integration stattfindet. Insgesamt sind nämlich die skandinavischen Staaten und auch die Niederländer ein Faktor der ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität  innerhalb der Europäischen Union, dessen Fehlen wohl deren Teilzusammenbruch bedeuten würde. Außerdem sind diese Nationen  so etwas wie ein Gegengewicht gegenüber dem „bezuschussungsbedürftigen“ Südgürtel der Europäischen Union und sie sind auch Nettozahler innerhalb des integrierten Europas. Aus all diesen Gründen darf man sich ein Ausscheiden der skandinavischen Staaten und der Niederlande aus der EU keinesfalls wünschen.
Ob sich also Geert Wilders als niederländischer Donald Trump gerieren wird, ob der Schwedendemokrat Jimmie Åkesson ein schwedischer Nigel  Farage werden wird – wir wissen es nicht. Was man allerdings klar feststellen kann, ist die Tatsache, dass der gesellschaftliche Wandel, die ökonomischen Veränderungen und auch die sozialpolitische Umkehr, die in den betreffenden Ländern stattgefunden hat und noch stattfindet, wieder so etwas wie Modellcharakter für das übrige Europa hat. Der Abschied von den linken Utopien der 68er- Generation findet dort im Norden – ebenso wie im übrigen Europa – auf Raten und schrittweise statt, keine Frage!


Nun ist das System Haider zu Ende

2. März 2017

Es ist so etwas wie ein Schlussstrich unter das System Haider, der dieser Tage in Klagenfurt in zweierlei Hinsicht gezogen wird. Zum einen ist es der Strafrichter, vor dem sich die Provinz-Diadochen des Bärentalers in diesen Tagen zu verantworten haben. Zum anderen sind es die Organisatoren des Freiheitlichen Bundesparteitages, der am Wochenende in der Kärntner Landeshauptstadt über die Bühne geht, die einen Schlussstrich ziehen. Im Strafprozess wird noch einmal deutlich, mit welcher Bedenkenlosigkeit unter dem Regiment Haiders und seiner unmittelbaren Nachfolger unter oranger Flagge die Grenzen zwischen Parteiinteressen und der Finanzen des Landes ignoriert wurden. Und beim freiheitlichen Bundesparteitag soll letztlich die Wiederaufnahme der Kärntner Freiheitlichen in die Bundespartei und damit das endgültige Aus für die Haidersche Abspaltung vom 4. April 2005 vollzogen werden. Ein gutes Jahrzehnt eines wenig erfolgreichen Sonderweges.
Gewiss, die Historisierung der Ära Haider mag schon durch die erst in den letzten Monaten erfolgte Heta-Lösung, für die Finanzminister Schelling und der gegenwärtige Landeshauptmann Kaiser stehen, voran getrieben worden sein. Und wir wissen auch, dass Strache und Uwe Scheuch bereits vor fünf Jahren die Wiedervereinigung der gespaltenen Partei durch den damals öffentlich gemachten Kooperationsvertrag betrieben hatten. Aber so wirklich beendet wird das System Haider eben erst in diesen Tagen. Und das mag auch daran liegen, dass bald neun Jahre nach dem Tod des Bärentalers in unserer schnelllebigen Zeit die Erinnerung an einzelne politische Akteure so rasch verblasst. Dabei sollte man allerdings nicht vergessen, dass die schillernde Figur des Wahl-Kärntners aus Bad Goisern über lange Zeit im Lande für Aufbruchsstimmung zu sorgen vermochte. Dass er initiativ war und wagemutig – allerdings auch mit den bekannten negativen Folgen. Und natürlich sollten wir nicht vergessen, dass es just Haiders Nachfolger als Landeshauptmann Gerhard Dörfl er war, unter dessen Federführung der Ortstafel-Kompromiss mit der slowenischen Minderheit zustande kommen konnte. Dazu bedurfte es vielleicht eines freiheitlichen Landeshauptmannes um die Hardliner auf der Deutsch-Kärntner Seite einigermaßen einzubinden.
Abgesehen davon aber kehrt Kärntens freiheitliches Lager nunmehr zu einer gewissen gesamtösterreichischen Normalität zurück. Und das ist für Kärnten kein Minderheitenproblem, sondern, wie wir im Vorjahr bei den einzelnen Wahlgängen zur Bundespräsidentschaft gesehen haben, die Schicksalsfrage einer politischen Gemeinschaft, die in Österreichs südlichstem Bundeslandfallweise nach wie vor für Mehrheiten gut ist.