Was es da so alles an Regeln und Vorschriften – die „3G-Regel“, wie viele Personen von wie vielen Haushalten einander treffen dürfen, welchen QR-Code man woher und wofür bekommt etc. – gibt, scheint die Menschen im Lande eigentlich nicht mehr sonderlich zu interessieren. Selbst die erfreulich zurückgegangenen Infektionszahlen und skurrilen Inzidenzen werden nur mehr am Rande wahrgenommen. Wir seien auf einem „guten Weg“, lassen uns die politischen und medialen Wortspender wissen. Und das reicht den Menschen offenbar.
Es ist nämlich Sommer. Sonne-, Natur- und Freizeit-Gefühle beherrschen uns alle. Man sitzt in den Cafés oder Gastgärten, die Strandbäder sind überfüllt und kurze oder längere Urlaubstrips werden im Lande, aber auch schon in die Nachbarländer hinein, unternommen. Und dass bei den Fußball-Europameisterschafts-Spielen in den Stadien nur eine beschränkte Zahl von Zuschauern sitzen dürfen, erscheint uns allen als einigermaßen skurril. Man lobe sich da Budapest, wo das Stadion voll war.
Die Lebensfreude und ein gewisses Gefühl der Normalität haben uns also wieder. Und wir wollen das ganze Corona-Gequatsche schlicht und einfach nicht mehr hören. Selbst die vielfachen Meldungen, wonach es den Menschen nach den Corona-Impfungen in viel höherem Maße, als es die Mainstream-Medien zugeben wollen, schlecht gehe, dass man da Nebenwirkungen verspüre und mutmaßliche Langzeitwirkungen, wie man sie von anderen Impfungen schlicht und einfach nicht kannte, verdrängen wir in diesen Tagen des Aufbruchs, der Lebensfreude und des Rückkehrs zur alten Normalität.
Auf der anderen Seite gibt es da die Fortsetzung der politischen und medialen Angstmache. Die sogenannte „Delta-Mutante“ sei es, die uns Sorgen bereiten müsse. Früher hieß es die „indische Mutation“, so wie es zuvor die südafrikanische und die englische gegeben hat. Aber in politisch korrekten Zeiten wäre das natürlich rassistisch. Folglich benützt man das neutrale griechische Alphabet. Dies hindert uns freilich nicht daran, langsam einigermaßen sicher zu sein, dass das Virus aus einem virologischen Forschungszentrum im chinesischen Wuhan entsprungen sein dürfte, somit künstlichen und vor allem chinesischen Ursprungs wäre. Aber auch diese Erkenntnis ist wertlos, da deshalb niemand auf diesem Planeten, und schon gar nicht das kommunistische Regime in China, verpflichtet werden könnte, Haftung zu übernehmen oder Schadenersatz zu zahlen, für all die Schäden, die das Virus angerichtet hat.
Die Regierungen aber, insbesondere auch jene bei uns in Österreich, wollen den Knüppel der Angstmache offenbar noch nicht aus der Hand geben. Selbst wenn wir alle geimpft, getestet, genesen sind, müssen wir – so die Propagandisten der Angstmache – weiter mit dem Schlimmsten rechnen. Nur ja kein Leichtsinn, nur ja weiter Vorsicht, nur weiter Masken, weiter Abstand, weil es sonst im Herbst wieder knüppeldick auf uns zukommen könnte.
Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass die Regierenden und die entsprechenden Kräfte im Hintergrund dieses Instrument der politischen und medialen Angstmache, das sich im letzten Jahr so bewährt hat, nicht mehr aus der Hand geben wollen, es weiter parat haben möchten, um in andern Problembereichen – Stichwort Klimawandel – Steuerungsmöglichkeiten und Druckpunkte zu haben, um die Menschen willfährig zu halten.
Aber wie auch immer: Carpe diem! Jetzt sind Sommer, Sonne, Lebensfreude, Freizeit und Urlaubsfreude angesagt. Was kümmern uns da die Kassandra-Rufer?
Zwischen Lebensfreude und Angstmache
24. Juni 2021Warum Ursula Stenzel kandidieren soll
20. August 2020Über Jugendlichkeitswahn und Seniorität in der Politik
Unser Bundeskanzler ist erst in den Anfang-Dreißigern. Ein adretter junger Mann mit bestens gegelter Frisur, dessen Slimfit-Anzüge man früher Firmlingen zugeordnet hätte, eloquent, dynamisch und politisch sehr geschickt. Allerdings ohne Familie oder Beruf oder Studienabschluss, in keiner Weise leidgeprüft, schlicht und einfach ohne Lebenserfahrung.
Dieser, unser Regierungschef, Sebastian Kurz, ist der Prototyp des jugendlichen Teflon-Politikers, der – unabhängig von Ideologie und politischem Programm – für politische Erneuerung und Zukunftsorientierung steht. Der Zauber der Jugend ist seine Stärke und sein Argument. Er ist allerdings auch jener Politiker-Typ, der für eine gewisse Form des Jugendlichkeits-Wahns, für ein Juvenilitäts-Prinzip steht, das es immer wieder in der Geschichte gegeben hat und gibt. Kaiser Franz Joseph war 18 Jahre alt, als er – von Gottes Gnaden allerdings – österreichischer Kaiser wurde.
Napoleon Bonaparte war mit 20 Jahren General – und allenthalben als militärisches Genie anerkannt. Und im Zuge der 68er Revolte, die die neue Linke motivierte, hieß es: „Trau keinem über 30!“ Nun sind unser Bundeskanzler und seine Buberlpartie, sein intimer Beraterkreis nämlich, in keiner Weise „von Gottes Gnaden“ legitimiert und als politisch-militärische Genies gelten sie auch nicht. Sie sind aber jung, das steht außer Zweifel, und sie zehren vom Bonus dieser Jugendlichkeit. Andererseits war Konrad Adenauer weit über 70, als er deutscher Bundeskanzler wurde.
Kaiser Franz Joseph war bis zu seinem 86. Lebensjahr österreichischer Kaiser. In der KPdSU unter Leonid Breschnew galt von den Mitgliedern des Zentralkomitees jeder unter 80 als Lausbub. Und derlei Beispiele für die Wertschätzung von Alter, Erfahrung und Weisheit in der Politik gibt es sonder Zahl.
Wenn in unseren Tagen nun – allerdings ohne jegliche welthistorische Dimension – für die ins Haus stehenden Wiener Landtags-und Gemeinderatswahlen die 74-jährige Ursula Stenzel kandidiert, werden kritische Stimmen laut, dass die vor einigen Jahren von der ÖVP zu den Freiheitlichen gewechselte einstige ORF-Sprecherin zu alt sei.
Tatsache ist allerdings, dass die aus einer jüdische Familie stammende, mit dem unvergessenen Schauspieler Heinrich Schweiger lange Jahre verheiratete Ursula Stenzel nicht nur über große politische Erfahrung verfügt, sondern auch über den altersbedingten Mut, die Dinge beim Namen zu nennen.
Und dann gibt es dafür natürlich noch ein weiteres Argument: Nahezu die Hälfte der österreichischen Wähler ist über 60, sind also ältere oder alte Mitbürger, und sie haben das Recht, in einer repräsentativen Demokratie vertreten zu werden. Aber auch die Alten haben das unbestreitbare Recht vertreten zu sein.
Ein Gemeinwesen, konkret unsere Republik, oder auch die Gemeinde Wien, das die Erfahrung, das Wissen und die Weisheit der älteren Generation nicht nützt und nicht respektiert, ist schlecht beraten. Dies gilt natürlich parteien- und ideologieübergreifend. Darum: „Chapeau, Frau Stenzel!“
Jupiter und der Ochse
2. Juli 2020Wir, die humanistisch gebildeten Zeitgenossen, kennen den alten lateinischen Sinnspruch natürlich: „Quod licet Iovi, non licet bovi“ – was Jupiter ziemt, ziemt nicht dem Ochsen. Und so ist es auch in der heimischen Innenpolitik. Wenn etwa der kleine steierische Landtagsabgeordnete Hirschmann in Tagen der CoronaIsolation, wo es nur angeblich nur vier Gründe gab, das Haus zu verlassen, sich mit einer Handvoll Freunde in einem Vereinslokal trifft, um sich dort zu besprechen, und womöglich noch ein Achterl Wein zu leeren, ist der Sturm der Entrüstung in den Mainstream-Medien gewaltig. Von Corona-Party war da die Rede und sofort trat besagter Herr Hirschmann von seinem Mandat zurück, als Ochse wohlgemerkt, weil er ein Abgeordneter der steirischen Blauen war.
Wenn hingegen das Staatsober-haupt höchstderoselbst wenige Wochen später die von Amts wegen verordnete Corona-Sperrstunde um satte eineinhalb Stunden von 23 Uhr auf nahezu halbein Uhr nachts überzieht, so wird das verständnisvoll hingenommen.
Dabei sei auf den kleinen Unterschied hingewiesen, dass die Ausgangsbeschränkungen nie-mals gesetzeskonform waren, die Sperrstunde, die der Bundespräsident überschritt, hingegen sehr wohl. Aber so ist es eben, was dem grünen Jupiter ziemt, ziemt dem blauen Ochsen noch lange nicht.
Ähnlich verhält es sich mit dem politischen Stil im Hohen Haus. Wir entsinnen uns der Empörung über den steierischen FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Zanger, der da vor Jahr und Tag geäußert hatte, dass rote Gewerkschafter richtige „Beidln“ seien. Der Tenor in den Medien war unisono jener, dass für einen solchen Rüpel kein Platz im Parlament sei.
Wenn nunmehr allerdings eine überaus bürgerliche Neos-Dame namens Stephanie Kris-per irrtümliche ins noch offene Untersuchungsausschuss-Mikro mault: „Die geht mir sowas von am Oasch“, ist die Missbilligung weit verhaltener und so müssen wir feststellen, was der Göttergattin Juno ziemt, ziemt nicht dem obersteirischen Ochsen.
Und wenn ein hochrangiger Tiroler Schwarzer eine Umweltaktivistin ein „widerwärtiges Luder“ nennt, wird das allenfalls als älplerische Folklore abgetan, er gehört ja zur Kanzlerpartei und das sind Forderungen nach Konsequenz oder nach Rücktritt unbotmäßig.
Aber wenn der bereits zitierte blaue Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger – offenbar ein besonderer steirischer Feingeist – zur nunmehrigen Justizministerin Zadic so nebenbei während der Nationalratsdebatte sagte, „Bei uns bist du sicher, Alma“, sprang die mediale Empörungsmaschine-rie flugs und gnadenlos an. Auch hier wieder „Iovi und Bovi“, die Empörung ist also einigermaßen ungleichmäßig verteilt, wenn es um unfeine Aussagen und Meinungsäußerung im Lande Österreich geht. Vielleicht aber ist es schlicht und einfach der wirkliche Stil der politischen Elite, der sich hier äußert. Wir entsinnen uns mit großer Heiterkeit, dass der einstige Nationalratspräsident Anton Benya, allmächtiger Gewerkschafter und SPÖ-Grande, ins ebenfalls noch nicht ausgeschaltene Präsidiums-Mikrofon im Parla-ment grunzte: „Holtats die Gosch da unten“, und wir nehmen in unseren Tagen mit ebenso großer Heiterkeit zur Kenntnis, dass „ein Stadion mit leeren Plätzen“ sei, „wie eine schiache Oide w*****“. Philosophisch könnte man meinen, die Schöpfer und Verursacher all dieser Aussagen könnten vielleicht reich werden, vornehm aber sich nicht mehr.
Soweit, so erheiternd. Schön wäre es nur, wenn man seitens der politischen Moralapostel und Gralshüter der Political Correctness in Politik und Medien weniger Heuchelei an den Tag legen würde und nicht derart grotesk mit zweierlei Maß messen würde. Abstoßend für den politischen Beobachter ist nämlich nicht der eine oder andere ordinäre Sager, abstoßend ist die Verlogenheit, mit der dies aufgenommen wird.
Ein Jahr nach Ibiza
14. Mai 2020Kaum zu glauben: Gerade vor einem Jahr noch hatte Österreich eine Mitte-Rechts- Regierung mit sechzigprozentiger Zustimmung in den Umfragen. Die Freiheitlichen besetzten das Innenministerium, Heinz-Christian Strache galt als einigermaßen seriöser Staatsmann, und die Grünen waren nicht einmal im Nationalrat. Gleich war nur eines: Der Bundeskanzler hieß damals wie heute Sebastian Kurz.
Und dann am 17. Mai kam der Paukenschlag: Auf allen Kanälen wurden Auszüge aus einem Video gesendet, die Strache und seinen Mitstreiter Johann Gudenus auf Ibiza im alkoholgeschwängerten Gespräch mit einer angeblichen Oligarchin zeigten. Da schwadronierten die beiden blauen Spitzenmänner im Prolo-Urlaubslook über den Kauf der halben österreichischen Medienlandschaft und den Ausverkauf eines guten Teils der Staatsaufträge an die Möchtegern-Oligarchin mit den schmutzigen Zehennägeln.
Die ganze Sache hinterließ einen derart verheerenden Eindruck und sie war, ausgehend von der „Süddeutschen Zeitung“ bis hin zur österreichischen Medienlandschaft, insbesondere zum Staatsfunk, derart orchestriert, dass den beiden Helden von Ibiza schlicht und einfach nichts übrig blieb als der sofortige Rücktritt. Und dieser erfolgte auch prompt. Wobei der Bundeskanzler sein zweifellos gleichzeitig gegebenes Versprechen, doch mit dem Strache-Vize Norbert Hofer weiterzuregieren, nicht einhielt. Für die Freiheitlichen erwies sich Ibiza als wahres Waterloo. Konnten sie bei den darauf folgenden Europawahlen noch einigermaßen passabel abschneiden, so folgte daraufhin Schlag auf Schlag die Casino-Affäre, die Beschlagnahmung von Straches Handy und die mittels dieser Handydaten aufgerollte Spesenaffäre mit den darauf folgenden Erhebungen wegen Betrugs und anderer Delikte. All das brachte die Blauen derart in Erklärungsnotstand, dass der Absturz bei der Nationalratswahl im Herbst kaum mehr verwunderte. Der auf diese Wahlen folgende Einzug der Grünen in die Bundesregierung, die allerdings von den Türkisen des Sebastian Kurz absolut dominiert wird, war dann aber auch die Folge einer grundlegenden Veränderung des öffentlichen politischen Diskurses: Während nach 2015 die Migration- und Asylfrage im Mittelpunkt der Debatte gestanden war, war es nun plötzlich die Klimakrise, die die Gemüter bewegte. Und auf dieser Welle surften die Grünen zurück ins Parlament und in die Bundesregierung.
Dass die Klimakrise dann, quasi über Nacht, von der Corona-Krise abgelöst und in den Hintergrund gedrängt werden sollte, konnte man noch in den Februar-Tagen dieses Jahres kaum ahnen. Und dass diese wohl schon in wenigen Wochen von der Arbeitslosenkrise und der wirtschaftlichen Rezessionsproblematik abgelöst werden wird, scheint gegenwärtig auch vielen Zeitgenossen noch nicht so richtig klar geworden zu sein.
Strafrechtlich dürfte an Ibiza selbst und dem seinerzeitigen Skandalvideo bei Strache und Gudenus ja wirklich kaum etwas hängen bleiben. Wenn der Staatsanwalt tätig werden muss, dann allenfalls gegen die Hintermänner des Komplotts, dessen Opfer Strache wurde. Und was Johann Gudenus dieser Tage im Interview sagte, scheint längst Meinung der großen Mehrheit geworden zu sein: In Ibiza – das war nur besoffenes Gerede, das nie umgesetzt wurde, während andere, nämlich die Regierenden, derlei tatsächlich realisiert haben: Russische Oligarchen haben zwischen Neusiedler See und Bodensee gewaltige Aufträge erhalten, die Hälfte der größten Tageszeitung des Landes wurde tatsächlich von einem Austro-Oligarchen erworben, etc. etc.
Geblieben ist von Ibiza nur, dass die damalige Regierungsparte FPÖ sich nach wie vor in der Abwärtsspirale befi ndet und von den Grünen in der Regierung abgelöst wurde. Geblieben ist auch, dass Sebastian Kurz offenbar zum Serien-Krisen-Gewinner wird. Und geblieben ist auch Strache, der nunmehr als gefährlichster Gegner der Wiener Freiheitlichen in den Ring steigt. Warum er das tut? „Weil er für ehrliche Politik steht“, verkündet er. Und an dieser Stelle sei homerisches Gelächter erlaubt.
Die FPÖ in den Tagen der Epidemie
4. April 2020Von Österreichs Freiheitlichen hört man in diesen Tagen nicht viel, diesbezüglich geht es ihnen ebenso wie den beiden anderen Oppositionsparteien, der Sozialdemokratie und den NEOS. Der mediale Fokus ist ganz und gar auf die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Coronapandemie gerichtet, und in dem ohnedies reduzierten parlamentarischen Betrieb würde eine allzu rigide Opposition gegenüber den Regierungsmaßnahmen gegenwärtig nahezu wie Landesverrat aussehen. Allenthalben wird getrommelt, dass nunmehr Solidarität, Zusammenhalt und patriotischer Gemeinsinn gefordert sei – auch von den Oppositionsparteien. Dort, wo die Freiheitlichen sich im Bereich ihrer herkömmlichen Themen zu Wort melden, etwa in der Migrationsproblematik, heißt es schnell von den Mainstream-Medien und von den etablierten Parteien, dass diese Freiheitliche Partei nicht einmal in den Tagen der existenziellen Coronakrise von ihrer „Hetze“ lassen könne, und die Aufmerksamkeit der Bevölkerung richtet sich tatsächlich ausschließlich auf das Corona-Thema. Man interessiert sich kaum für etwas anderes, nicht einmal für die noch vor wenigen Wochen so drängend erscheinende Zuwanderungsproblematik über die Türkei und Griechenland.
Was aber soll eine Freiheitliche Partei, die allzumal Opposition ist, in diesen Tagen machen? Was kann sie tun? Was wäre ihre politische Aufgabe? Nachdem wir gegenwärtig die größten Einschränkungen unserer Grundrechte seit dem Krieg und der Besatzungszeit erleben müssen, sollte eine politische Bewegung, die sich „freiheitlich“ nennt, auf jeden Fall ein verstärktes und rigoroses Augenmerk auf die Frage richten, ob die Verhältnismäßigkeit der Beschneidung unserer Bürgerfreiheit durch die Bundesregierung zwecks Seuchenbekämpfung gegeben ist. Die FPÖ müsste im Parlament, aber auch insgesamt in ihrer gesamten politischen Tätigkeit in diesen Tagen ein scharfes Auge darauf haben, dass die Einschränkungen unserer Bürgerfreiheit streng nach rechtsstaatlichen Prinzipien vonstatten gehen. Dass die Legislative, das Parlament also und die Landtage nicht völlig ausgehebelt und in den Hintergrund gedrängt werden. Sie muss darauf achten, dass wir nicht in eine Art Notverordnungs-Diktatur hineingleiten und jeden Ansatz der Exekutive, insbesondere der Bundesregierung, ihren zweifellos gegenwärtig gegebenen autoritären Versuchungen zu erliegen, gnadenlos aufzeigen und bekämpfen.
Alle Tendenzen, nunmehr nach dem Prinzip „Big Brother is watching you“ die Menschen im Lande in ihrem Alltagsleben zu überwachen, müssen von freiheitlicher Seite überprüft und hinterfragt werden, wie weit sie tatsächlich für die Seuchenbekämpfung nötig sind. Und sie müssen im Fall, dass sie tatsächlich eingeführt werden, nach dem Ende der Seuchenbedrohung wieder rückgeführt werden.
Die Freiheitlichen sollten darauf achten, dass Befugnisse der Exekutive bei der Überwachung, wie weit die Bürger die Verordnungen des Gesundheitsministers befolgen, nicht übers Ziel schießen. Sie müssen diese Verordnungen selbst immer wieder im Detail überprüfen und hinterfragen, inwieweit sie tatsächlich im Zuge der Seuchenbekämpfung notwendig sind. Diese Tätigkeit sollte von den Freiheitlichen auch dokumentiert und ständig evaluiert werden, auch wenn das Bürgerinteresse und das Augenmerk der etablierten Medien gegenwärtig vielleicht nur sehr schwer darauf zu lenken sein wird. À la longue wird diese Kontrolle und dieses Eintreten für die Freiheitsrechte und für die Verhältnismäßigkeit der Notmaßnahmen der Regierung und der Exekutive Früchte tragen. Natürlich ist die Freiheitliche Partei eine patriotische Partei, natürlich ist sie auch eine Law-and-Order-Partei, die für Recht und Ordnung eintritt. In erster Linie aber ist sie eine Freiheitspartei und der Bürgerfreiheit, die man seit 1848 erkämpft hat, verpflichtet.
Und die Wahrung der Grundrechte und der Privatsphäre der Menschen im Lande, das sollte ihre vornehmste Aufgabe sein. Und diese Aufgabe ist durchaus vereinbar mit patriotischer Solidarität, mit pragmatischer Vernunft, mit der man auch Notmaßnahmen zur Seuchenbekämpfung akzeptiert, und mit konstruktiver Politik, die das Parteiengezänk und die Fundamentalopposition in diesen Tagen vermeidet.
Die große Frage, ob Sicherheit oder Freiheit Priorität habe, wird gegenwärtig von der Bundesregierung und von der Exekutive des Landes, und das nicht nur in Österreich, sondern europaweit, ja weltweit, zu Gunsten der Sicherheit, im konkreten Fall der Sicherung der Gesundheit der Menschen, beantwortet. Die Freiheitlichen in Österreich sind dafür da, dass man dabei die Freiheit nicht vergisst: die Bürgerfreiheit, die Grundrechte, die parlamentarische Demokratie, den Rechtsstaat und insbesondere die Meinungsfreiheit. Eine Meinungsfreiheit, die man auch von den im Bundeskanzleramt offenbar angedachten Ansätzen für eine Gedankenpolizei – man denke an jene Einheit, die Fake News bekämpfen soll – nicht gefährden lassen sollte. Zu solchen Bekämpfung kann die FPÖ gegenwärtig wenig beitragen, zur Bewahrung der Freiheit aber sehr wohl.
Die Neutralisierung von Systemkritikern
12. März 2020Strategien gegen patriotische Freiheitsparteien
Das politische Establishment in den westlichen Demokratien, auch in Österreich, ist rein formal natürlich den Prinzipien demokratischen Machtwechsels verpflichtet. De facto aber versucht es mit einer gewissen Zwangsläufigkeit, Machterhaltung zu praktizieren und die eigenen politischen Positionen mit allen lauteren und möglicherweise auch weniger lauteren Mitteln zu verteidigen. Solange dies im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Usancen geschieht, ist dies auch nicht illegitim.
Insbesondere gegenüber nonkonformistischen, prinzipiell systemkritischen politischen Bewegungen und Parteien entwickelt das politische Establishment die verschiedensten Abwehrstrategien, die bis hin zur Vernichtung dieser Herausforderer gehen. In den 70er und 80er Jahren in der Folge der neulinken Bewegung von 1968 waren es vor allem linke, auch ultralinke Gruppierungen, die da bekämpft werden mussten. Sie haben allerdings den langen Marsch durch die Institutionen geschafft und sind über diverse etablierte linke Parteien, von der Sozialdemokratie bis hin zu den Grünen, längst an die Futtertröge der Macht und ins Zentrum des politischen Establishments vorgedrungen.
In den letzten zwei Jahrzehnten hingegen sind es vorwiegend rechtsorientierte Gruppierungen, die sich selbst zumeist als patriotische Freiheitsparteien definieren, welche als Herausforderer für das politische Establishment an Gewicht gewonnen haben.
Bahnbrechend waren diesbezüglich zweifellos die österreichische FPÖ, der Front National des Jean-Marie Le Pen in Frankreich und die italienische Lega Nord des Umberto Bossi bzw. parallel dazu die Allianza Nazionale des Gianfranco Fini. In ihrem Gefolge entwickelte sich in nahezu allen europäischen Ländern so etwas wie eine rechtspopulistische Bewegung mit mehr oder minder großem Erfolg.
Wiewohl Österreich als kleinerer EU-Mitgliedstaat kein großes politisches Gewicht hat, war die Entwicklung der rot–weiß–roten Freiheitlichen unter Jörg Haider und dann später unter Heinz-Christian Strache paradigmatisch für andere europäische Rechtsparteien. Demgemäß sind auch jene Strategien, die das politische Establishment zur Bekämpfung dieser FPÖ entwickelte und auch anwandte, der paradigmatische Kampf gegen den sogenannten Rechtspopulismus.
Als sich die österreichische FPÖ mit der Übernahme der Parteiführung durch Jörg Haider Mitte der 80er Jahre von einer nationalliberalen Honoratiorenpartei zu einer solchen rechtspopulistischen Bewegung entwickelte, war die erste Reaktion des politischen Establishments, konkret der Sozialdemokratie unter Franz Vranitzky, die Ausgrenzung dieser blauen Herausforderer. Die politische Gesprächsverweigerung und Stigmatisierung waren die Mittel dieser Ausgrenzung. Eine Stigmatisierung, die bis hin zur Kriminalisierung ging. Im Zuge der Briefbomben-Affäre Mitte der 90er Jahre waren klare Tendenzen erkennbar, die Verantwortung für diese Verbrechen den Freiheitlichen zuzuschieben und sie damit außerhalb des Verfassungsbogens zu stellen, sie schlicht und einfach zu kriminalisieren. Eine Strategie, die damals eher kurzfristig scheiterte, die allerdings zwei Jahrzehnte später in der Folge der Ibiza-Affäre durchaus erfolgreich wiederentdeckt wurde.
Eine Kriminalisierung erfolgte allerdings auch nach dem Ende der zweiten freiheitlichen Regierungsbeteiligung unter Wolfgang Schüssel und Susanne Riess-Passer bzw. deren Nachfolgern, weil damals diese Freiheitlichen glaubten, es ihren roten und schwarzen Konkurrenten gleichtun zu können und sich an den Futtertrögen der Macht entsprechend zu bedienen versuchten. Dies in der Folge zweifellos weniger professionell und mit einer gewissen kriminellen Energie, da man im Gegensatz den altkoalitionären Parteien nicht mit einer Versorgung im staatsnahen Bereich nach dem Ende der eigenen politischen Karriere hoffen konnte. Grasser, Meischberger, Rumpold und wie sie alle hießen, wurden solcherart zu willigen Opfern der Korruptionsjäger und der Staatsanwälte. Und eineinhalb Jahrzehnte später trat H.-C. Strache in deren Fußstapfen. Nach der Ausgrenzung war es der Versuch, diese politischen Herausforderer durch Streit, Hader und Spaltung zu neutralisieren. Die Gründung des Liberalen Forums durch Heide Schmidt stellte einen solchen Versuch dar. Die ein Jahrzehnt später erfolgte Gründung des Bündnis Zukunft Österreich durch den innerparteilich gescheiterten Jörg Haider war – anders geartet – ein ebensolcher Versuch.
Eine weitere Strategie zur Eindämmung des Wachstums und zur Neutralisierung einer nonkonformistischen systemkritischen Anti-Establishment-Partei war es, diese durch Einbeziehung in das Machtgefüge gewissermaßen zu domestizieren. Was war ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel doch stolz, als ihm politische Analytiker attestierten, er hätte die Haider-FPÖ durch die Hineinnahme in eine Mitterechts-Koalition nun gezähmt. Die Korrumpierung einer solchen Bewegung durch Schulterklopfen, durch scheinbare Akzeptanz, schien für eine gewisse Zeit ja tatsächlich zu funktionieren. Und als sich im Jahr 2002 rund um die Ereignisse von Knittelfeld die FPÖ dieser Strategie verweigerte, kam es eben zur Spaltung, wobei das neue BZÖ weiter an den Futtertrögen der Macht verbleiben durfte und solcherart als gezähmt galt.
Gleichzeitig allerdings manifestierte sich damals auch das Scheitern der „Domestizierungs-Strategie“, da sich die gespaltene und aus der Regierung geworfene FPÖ als überlebensfähiger erwies, als ihre Gegner gehofft hatten. Nach der Ausgrenzung und Kriminalisierung, nach dem Spaltungsversuch und nach der Domestizierungsstrategie war es die Gründung von Parallelparteien mit scheinbar ähnlichen Programmen und Inhalten, was den Vormarsch der FPÖ stoppen sollte. Konkret war es das Team Stronach, mit dem dieser Versuch unternommen wurde.
Unterstützt wird der Versuch, durch eine parallele Partei eine entsprechende Eindämmung der authentischen Gruppierung vorzunehmen, dadurch, dass verständlicherweise eine Reihe von einzelnen Personen aus dem eher opportunistischen Umfeld nach ihrem Scheitern in der Stammpartei der Versuchung unterliegen, in der Parallelpartei Mandate und Pfründe zu erlangen. Gerade aus den Reihen jener Quereinsteiger, die Jörg Haider jahrelang für die FPÖ angeworben hatte, gab es eine Reihe von Persönlichkeiten, die beim Team Stronach mitmachten. Aber auch der Erfolg solcher Parallelgründungen ist – zumindest in Österreich – überschaubar.
In Belgien etwa war eine solche Parallelgründung, die den Vlaams Belang schädigen sollte, absolut erfolgreich. Desgleichen war etwa in Italien die Domestizierungsstrategie von Erfolg gekrönt. Die Allianza Nazionale des Gianfranco Fini passte sich dem politischen Establishment zu 100 Prozent an, was zwar für Fini politische Ämter zeitigte, allerdings das politische Aus für seine Bewegung mit sich brachte.
All die skizzierten Strategien zur Eindämmung bzw. zur Vernichtung der rechtspopulistischen Nonkonformisten werden natürlich nicht separiert und für sich lupenrein praktiziert, sondern je nach Bedarf auch miteinander vermischt. Gegenwärtig zeigt sich am Beispiel der österreichischen FPÖ, dass man Ausgrenzung und Kriminalisierung – in diesem Fall gegenüber ihrem ehemaligen Obmann – ebenso praktiziert wie die Abspaltungsstrategie und die Gründung von Parallelparteien. Und gegenwärtig erweist sich in Österreich auch, dass diese Strategien – zumindest zeitweilig – auch von Erfolg gekrönt sein können. Die FPÖ, die bei den Wahlen des Jahres 2017 noch knapp 27 Prozent erreichte, stagniert derzeit in den Umfragen zwischen zwölf und 16 Prozent. Sie scheint also nahezu halbiert zu sein. Und überdies kommt in Österreich eine weitere Strategie zum Tragen, die ebenso gegenwärtig großen Erfolg hat: Die der Übernahme von Inhalten einer solchen nonkonformistischen rechtspopulistischen Bewegung durch Teile des etablierten politischen Spektrums. Wenn die türkise ÖVP des Sebastian Kurz mit freiheitlichen Inhalten wie etwa einer rigiden Migrationspolitik Wahlen gewinnt, ist dies der Beweis für den Erfolg dieser Strategie. Auch in diesem Falle allerdings wird sich erweisen, ob es längerfristig und auf Dauer erfolgreich ist, da man den Verdacht hegen kann, dass diese freiheitlichen Inhalte nur vordergründig übernommen wurden, und dann, wenn es zur politischen Nagelprobe kommt, nicht wirklich in die Realität umgesetzt werden. Ob beispielweise Kurz, das, wofür er von den vormaligen freiheitlichen Wählern gewählt wurde, dann tatsächlich realisiert, könnte sich sehr bald durch die sich verschärfende Migrationskrise erweisen.
Überlebensgarantie für eine systemkritische nonkonformistische patriotische Freiheitspartei wie es die FPÖ ist, stellen einzig und allein die Existenz eines politischen Lagers, einer Gesinnungsgemeinschaft dar und eine tiefgreifende ideologische Verwurzelung. Beides muss eine Bewegung wie die FPÖ pfl egen und Zeiterfordernissen anpassen. Die großen Themen des nationalliberalen Lagers einerseits, die Erhaltung der nationalen kulturellen Identität und andererseits der immer neue Kampf um die bürgerliche und kollektive Freiheit sind zeitlos. Die Gefährdungen dieser nationalen kulturellen Identität und der Freiheit bedingen die Notwendigkeit einer entsprechenden politischen Gegenbewegung.
Jubel, Jubel, Jubel!
10. Januar 2020Österreich sei endlich „wieder in der Mitte Europas angekommen“, titelt etwa eine als „bürgerlich“ geltende österreichische Tageszeitung im Hinblick auf die dieser Tage erfolgte Angelobung der neuen türkis–grünen Bundesregierung. Ganz so, als wären wir zuvor in Zentralasien unter dem Regiment Dschingis Khans gelegen. Als wäre die vormalige Mitte-Rechts-Regierung mit den Freiheitlichen ein Regiment der Barbaren gewesen.
Der Jubel jedenfalls in den Mainstream-Medien über die neue Bundesregierung war ein allgemeiner. Warnende Stimmen, welche die mangelnde Kompatibilität grüner und türkiser Programme anmerkten, waren mehr als zaghaft und zumeist bloße journalistische Pflichtübungen, um irgendwo den Anspruch des Kritischen noch anzudeuten. Insgesamt aber Jubel.
Und erst der Herr Bundespräsident, der war so etwas von zufrieden, vermittelte mit Körpersprache, Gestik und seinen Formulierungen gewissermaßen den grünen Anspruch, den Gipfelpunkt der politischen Evolution für das Land erreicht zu haben. Kogler mochte ein wenig aufgequollen und aufgelöst erschienen sein, Kurz hingegen lächelte wie ein chinesischer Mandarin: aalglatt.
Und so wird es wohl bleiben. Allein die breite mediale Unterstützung scheint so etwas wie ein Garant dafür zu sein, dass uns diese Bundesregierung länger erhalten bleibt. Da gibt es natürlich keine Einzelfälle. Wenn beispielsweise die Anarchos demnächst beim Wiener Akademikerball wieder Krawall schlagen, wird das doch nicht den Grünen angelastet.
Was hat Sigrid Maurer damit zu tun? Und die biografischen tiefroten Flecken der einzelnen Grünexponenten – wer war da nicht alles Maoist, Trotzkist oder revolutionärer Marxist? – spielen sowieso keine Rolle. Und wenn die Justizministerin selbst ein Fall für die Justiz war, ist das auch völlig wurscht. Freude, Friede, Eierkuchen quer durch die heimische Medienwelt.
Man stelle sich das umgekehrt im Hinblick auf die Freiheitlichen vor oder man erinnere sich schlicht und einfach an die Regierungsbildung des Jahres 2017. Da hat der Bundespräsident natürlich irgendwelche bedenklichen politischen Persönlichkeiten abgelehnt. Frau Zadic ist ihm natürlich sehr recht. Da wurde jeder Rülpser aus dem Randbereich des freiheitlichen Lagers als Einzelfall der Regierung vorgerechnet. Und irgendwelche angeblichen „braunen Flekken“ aus der Vergangenheit wurden stets dem freiheitlichen Koalitionspartner zur Existenzfrage gemacht.
Nun ist das anders. Wir sind ja endlich „in der Mitte Europas angelangt“. Wie der Herr Kurz seinen so heftig beschworenen „Mitte-Rechts-Kurs“ beibehalten will, wie er „verfassungskonform“ die Sicherungshaft realisieren will, wie er – zum wievielten Mal eigentlich? – die Balkanroute schließen will und die Seenotrettung im Mittelmeer, diesen „Pull-Faktor“ für Schlepper und illegale Migranten, abdrehen will, all das steht in den Sternen und dürfte wohl nicht viel mehr als eine rhetorische Beruhigungspille für die vormaligen FPÖ-Wähler, die nunmehr Herrn Kurz gestärkt haben, bleiben. Und wie die Grünen schließlich mit einem allgemeinen Öffi-Ticket für ganz Österreich – das, nebenbei angemerkt, pro Jahr auch runde 1.000 Euro kosten wird – denPlaneten retten wollen, ist ebenso fraglich.
Aber allein schon die Tatsache, dass die Klima- Apokalypse nicht so schnell kommt, dürfte von den Grünen als gewaltiger politischer Erfolg auf ihre Fahnen geheftet werden.
Und Sebastian Kurz als Polit-Opportunist der Sonderklasse neben Greta Thunberg lässt sich als der „Held unserer Tage“ feiern.
Jubel, Jubel, Jubel!
Normalität in der grünen Mark
27. November 2019Das steirische Wahlergebnis wird von den etablierten Medien als großer Absturz der Freiheitlichen und als schmerzliche Niederlage für die Sozialdemokraten dargestellt. In Wahrheit ist es allerdings so etwas wie die Rückkehr zur steirischen Normalität: Nach 14 Jahren, in denen die SPÖ die stärkste Partei war, haben sich die Christlich-Konservativen unter Hermann Schützenhöfer den ersten Platz zurückerobert.
Was unter Krainer senior, Niederl, Krainer junior und Frau Klasnic selbstverständlich war, ist nun in der Steiermark wieder zur Realität geworden: Die ÖVP dominiert. Die Freiheitlichen haben zwar den Verlust von nahezu zehn Prozent hinnehmen müssen, sie erzielten aber immer noch das zweitstärkste Ergebnis ihrer Geschichte.
Als der Autor dieser Zeilen in den späten 70er Jahren FPÖ-Mitglied war, waren die Freiheitlichen in der grünen Mark eine Fünf-Prozent-Partei. Und vergessen darf auch nicht werden, dass sie vor kaum 15 Jahren unter Leopold Schöggl aus dem Landtag fl ogen. Dafür sind die 17 Prozent nach wie vor das Ergebnis einer stattlichen Mittelpartei.
Dass die SPÖ nunmehr bei 22 Prozent gelandet ist, ist wohl auch das Verdienst der skurrilen Vorgangsweise des vormaligen Landeshauptmanns Voves. Dieser, ein durchaus sympathischer Mann, hat im Jahr 2015, wiewohl die SPÖ knapp stärkste Partei wurde, auf den Landeshauptmannsessel verzichtet und damit Hermann Schützenhöfer die Möglichkeit gegeben, mittels Landeshauptmann- Bonus nunmehr den ersten Platz zu erobern.
Und natürlich ist der Volkspartei der Rückenwind aus Wien zu Hilfe gekommen. Der Lauf der türkisen ÖVP unter Sebastian Kurz hat sich in der Steiermark fortgesetzt. Und umgekehrt heißt es auch für die FPÖ, die Negativspirale, die in Bezug auf die Freiheitlichen in Wien mit den Ereignissen auf Ibiza losgetreten wurde, hat sich auch in der Steiermark ausgewirkt. Und natürlich die gnadenlose Vernichtungskampagne, die die größte Tageszeitung der Republik gegen die Freiheitlichen führt.
Angesichts dieser Umstände hätte das FPÖ-Ergebnis in der Steiermark noch viel negativer ausfallen können. Der zweifellos gut agierende Spitzenkandidat Mario Kunasek hat dies aber verhindert. Seinem Einsatz ist es wohl zu verdanken, dass das Ergebnis mit 17 Prozent doch trotz des großen Verlustes glimpfl ich ausgefallen ist.
Der Verlust von zehn Prozent ist natürlich kein Regierungsauftrag. Auf der anderen Seite ist eine Partei, die mit 17 Prozent die noch immer um die Hälfte stärker als die hochgejubelten Grünen und drei Mal so stark wie die hochgejubelten NEOS ist, natürlich in der Lage, auch im Rahmen einer Regierungskoalition mitzuarbeiten. Das aber liegt an Landeshauptmann Schützenhöfer. Er hat die Wahl, mit wem er künftig regieren wird.
Auf- und Absteirer
20. November 2019Die letzten Landtagswahlen in der Steiermark zeitigten ein Ergebnis, wonach ÖVP, SPÖ und Freiheitliche einigermaßen auf Augenhöhe abschnitten: Tendenziell auf 25 bis 30 Prozent und dann gab es da natürlich auch noch die Grünen, die Neos, die Kommunisten und ähnliche Splittergruppen. Der vormalige rote Landeshauptmann Voves resignierte und überließ das Feld dem schwarzen Schützenhöfer, und dieser führte die sogenannte „Reformpartnerschaft“ mit den Sozialdemokraten fort, nur eben unter ÖVP-Führung. Die steirischen Freiheitlichen allerdings unter Mario Kunasek durften sich aufgrund ihrer Stärke erhoffen, über kurz oder lang auch Regierungspartner zu werden. Die alte Konzeption, die der indessen verstorbene Gerhard Hirschmann vertreten hatte, dass nämlich eine bürgerliche Regierung zwischen ÖVP und FPÖ die Steiermark am ehesten voranbringen könne, sollte – so erhofften sich die Freiheitlichen – über kurz oder lang realisiert werden. Nun stehen die Zeichen ganz offensichtlich anders: Im Anschluss an Ibiza-Skandal, Spesenaffäre und die unmittelbar vor der Landtagswahl hochgezogene Liederbuchaffäre müssen die Freiheitlichen wohl mit gravierenden Verlusten rechnen. Diese sind gewiss nicht von der Landes-FPÖ hausgemacht, sie sind eine Folge der bundespolitischen Situation. Im Gegenteil, der blaue Spitzenkandidat Mario Kunasek, der zwei Jahre als Verteidigungsminister eine durchaus gute Figur abgegeben hat, hätte ursprünglich sogar einen Bonus einbringen können. Dieser wird sich nun wohl kaum auswirken.
Was mögliche Koalitionen auf Landesebene betrifft, so stehen die Zeichen für die FPÖ auch eher schlecht. Schützenhöfer, dem man den Wahlsieg vorhersagt, dürfte die Wahl haben zwischen einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten oder einer schwarz–grünen Koalition, wie es sie in den westlichen Bundesländern bereits gibt und wie sie sich auf Bundesebene auch ankündigt. Und natürlich hätte er auch eine Option einer schwarz–blauen Koalition, die für das Land zweifellos vernünftig sein könnte. Allein die Medien und auch die Reaktion der ÖVPSpitze auf den jüngsten angeblichen Liederbuchskandal deuten darauf hin, dass man auf eine solche Zusammenarbeit von Seiten der Volkspartei keinen großen Wert mehr legt.
Was bleibt den Freiheitlichen also über? Primär also die Aufgabe, eine konstruktive, kontrollierende und wirklich steirischpatriotische Opposition im Landtag zu stellen. Darauf zu achten, dass die schwarzen Bäume nicht in den Himmel wachsen und eine schwarz–rote oder eine schwarz–grüne Koalition nicht vollends nach links kippt. Das hätte die Steiermark nämlich wirklich nicht verdient.
In der Abwärtsspirale
18. Oktober 2019Das Wahlergebnis im kleinen Bundesland Vorarlberg ist eigentlich nur bemerkenswert wegen des Absturzes der Freiheitlichen. So wie bei den vorhergehenden Nationalratswahlen haben sie rund zehn Prozent, mehr als ein Drittel ihrer Wähler, verloren.
Und ohne Defätist zu sein, muss man annehmen, dass das Ergebnis bei den kommenden steirischen Landtagswahlen ein ähnliches sein wird, genauso wie am Beginn des nächsten Jahres in Burgenland und daraufhin wohl auch bei der Wiener Landtagswahl.
Die Freiheitlichen sind in der Abwärtsspirale – auch wenn Norbert Hofer ein konzilianter, konsensorientierter Realpolitiker ist, und auch wenn Herbert Kickl verspricht, ein effi zienter, kämpferischer und kontrollorientierter Oppositionsführer zu sein.
Und aus dieser Abwärtsspirale kommt man nicht so einfach hinaus. Nur verbale Bekenntnisse zu Neugründung, Neuaufstellung und Neu orientierung reichen da nicht. Allzumal dann, wenn die eigenen Kernthemen erfolgreichvon anderen politischen Kräften besetzt werden, wie dies im Falle Sebastian Kurz und dem Migrationsthema zu sein scheint. Und vor allem dann, wenn der Kernbereich der eigenen politischen Marke, nämlich das Eintreten für politische Sauberkeit und der Kampf gegen Korruption und Parteibuchwirtschaft von eigenen Spitzenleuten konterkariert wurde. Um also erneut Glaubwürdigkeit – und diese ist das größte politische Kapital der Freiheitlichen gewesen – zu gewinnen, müssten wohl starke Signale für einen solchen Neubeginn, eine solche Neugründung gesetzt werden. Solche Signale müssen wohl die handelnden Personen betreffen, sie müssen die Themen betreffen und den politischen Stil.
Was die Personen betrifft, so zeigt das Beispiel der türkisen ÖVP des Sebastian Kurz, dass allein schon Verjüngung, und zwar massive Verjüngung, einen Quantensprung bedeutet. Die jetzigeParteiführung ist tendenziell an die 50 Jahre alt. Da wird sehr rasch die Generation der Dreißig- bis Vierzigjährigen zum Zug kommen müssen, und dasnicht in dem seit Haider und Strache gewohnten Stil einer quasi-messianischen Parteiführung, sondern eher in Form einer sachorientierten Kollegialführung.
Was die Themen betrifft, wird man leidvoll erklären müssen, wie leicht Themenraub – im Falle Immigration durch Kurz – stattfi nden kann.
Man wird also auf der Basis der ideologischen Traditionen des freiheitlichen Lagers, der Frage der nationalen Identität und die Frage der Freiheit,sich neuen Problemstellungen nähern müssen. Beides, unsere Freiheit und unsere nationale und kulturelle Identität, sind in so vielfältiger Weisegefährdet, dass es sehr leicht sein müsste, hier drückende Probleme zu defi nieren und sich deren Lösung zu widmen.
Und was schließlich den Stil betrifft, so ist das Schlagwort „Modernisierung“ schlicht zu platt und zu kurz gegriffen. Da geht es vielleicht eher darum, an Stelle der bisher gewohnten Fundamentalopposition einen neuen Typus von staatstragender Oppositionsarbeit zu entwickeln, die mittelfristig wieder in sachorientierte Regierungspolitik münden sollte.Fest steht jedenfalls, dass man die Abwärtsspirale, in der sich die FPÖ zurzeit befi ndet, nur durch klare Trennlinien gegenüber den Fehlern und auch den Personalien der Vergangenheit durch starke personelle inhaltliche und stilistische Signale durchbrechen wird können. Ob dies bis zur Wiener Wahl des nächsten Jahres gelingen wird, ist mehr als zweifelhaft.