Der Papst war nunmehr also in Mexiko und auf Kuba. Zum ersten in einem Land, in dem er von Millionen umjubelt wurde, zum zweiten in einem nach wie vor kommunistischem Staat, in dem „Opium fürs Volk“ allzu lange verfolgt und kriminalisiert worden war. Insgesamt aber war er auf einem Kontinent, in Lateinamerika nämlich, auf dem das Christentum noch ein beherrschender Faktor ist.
In Europa hingegen ist das längst nicht mehr so. Das ehemals christliche Abendland ist längst ein säkularisierter Kontinent geworden. Katholische Länder sind vielleicht noch Polen und Kroatien, im Grunde nicht einmal mehr Spanien und Portugal und Italien. Und natürlich der Vatikan, das ist klar.
Die Schwerpunkte des Christentums liegen also längst außerhalb Europas, auch wenn das Zentrum der Kirche in Rom nach wie vor ein europäisches ist. Dafür wäre die eigentliche Hauptaufgabe dieser römisch-katholischen Kirche eben die Re-Christianisierung Europas, die erneute Missionierung jenes Kontinents, auf dem das Christentum nach seiner Translatio aus dem Heiligen Land entstanden ist, groß geworden ist und auch auf die anderen Kontinente über gegriffen hat.
Neben dem Hedonismus und der absoluten Ent-Sakralisierung durch den Materialismus ist es aber in Europa zweifellos der offensiv und fundamentalistisch vordringende Islam, der das Christentum gefährdet. Die Kirche und ihre Amtsträger werden sich also nicht nur mit der Unglaublichkeit einer materialistischen Welt auseinander setzen müssen, sondern zusätzlich mit der fundamentalistischen Gläubigkeit der Muslime. Einer Gläubigkeit, die auf Einzigartigkeit besteht und deren Radikalität jener des Christentums im Mittelalter entspricht. Die islamische Gesellschaft, die bekanntlich bislang ohne Aufklärung geblieben ist, kann nicht mittels billiger Arrangements und frommer Worte eingebunden oder gar überwunden werden. Ihr wird sich das römisch-katholische Christentum im Kampfe stellen müssen – oder hoffnungslos unterliegen.
Der Logik dieser Erkenntnis ist nichts entgegen zu setzen. In Kenntnis des Kirchenpersonals, angefangen vom zwar hoch intellektuellen aber wohl allzu milden Papst Ratzinger bis hin über die Kardinäle und Bischöfe unseres Landes muss man leider bezweifeln, dass dieser Kampf gewonnen wird. Wahrscheinlich wird er nicht einmal aufgenommen werden. Und so dürfte die einzig wahrnehmbare Reaktion des europäischen Christentums in Bewegungen bestehen, wie sie etwa die heimische Pfarrer-Initiative darstellt: zeitgeistig und angepasst, lasch und lauwarm. Wie aber heißt es in der Bibel: Die Lauen werden ausgespien.