Ungarns EU-Vorsitz ist eine Chance für ein anderes Europa

29. Dezember 2010

Während kaum einer vom belgischen EU-Vorsitz der vergangenen sechs Monate Notiz genommen hat, ist Ungarns EU-Vorsitz im ersten Halbjahr 2011 nun eine große Chance für eine Umkehr innerhalb der Europäischen Union. Denn Belgien war vor allem mit der Bildung einer neuen Regierung beschäftigt, und der Streit zwischen Flamen und Wallonen hat das Land politisch handlungsunfähig gemacht.

Daher ist es kein Wunder gewesen, dass das EU-Polit-Establishment ein leichtes Spiel gehabt habe, um den Zentralismus innerhalb der Europäischen Union weiter voranzutreiben. Zusätzlich wurde die Krise des Euro zum Anlass genommen, um Pläne für eine europäische Wirtschaftsregierung zu schmieden.

Der rechtskonservative, ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist jedoch alles andere als ein Anhänger der „political correctness“. Daher hat die Jagdgesellschaft der vereinigten Linken bereits eine Kampagne begonnen und reduziert die Betrachtung des Landes ausschließlich auf das problematische neue Mediengesetz. Offenbar haben es die Moral- und Tugendwächter nicht verwunden, dass die Sozialisten bei der Parlamentswahl im April 2010 von den Ungarn abgestraft wurden.

Zudem fühlt sich die ungarische Regierungspartei Fidesz in erster Linie Ungarn und den Magyaren verpflichtet. Damit haben in der Europäischen Union alle jene Kräfte einen wichtigen Verbündeten, die für die Erhaltung der historisch gewachsenen nationalen Identitäten, dem wichtigsten Merkmal Europas, eintreten.
Schließlich ist es höchst an der Zeit, dass sich gegen den Zentralisierungswahn und gegen die Regulierungswut Brüssels Widerstand formiert.

Positiv zu bewerten ist auch, dass sich der ungarische EU-Vorsitz für einen raschen Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien einsetzen will. Kroatien ist kulturhistorisch ein mitteleuropäisch geprägtes Land uns erfüllt bereits alle Beitrittskriterien. Daher sollte einer raschen Aufnahme Agrams in die Europäische Union nichts im Wege stehen.


Gegen Freiheitliche ist alles erlaubt

20. Dezember 2010

Da gibt es einen schwarzen Parteisekretär, der sich verbal häufig nicht ganz unter Kontrolle hat. In Presseaussendungen und anderen Auslassungen, für die die Wiener ÖVP-Zentrale sich verantwortlich zeichnet, geiferte er in schöner Regelmäßigkeit gegen freiheitliche Oppositionspolitiker. Völlig wirr behauptet der Mann, Strache rekrutiere in den Diskotheken Nachwuchssöldner, der Dritte Nationalratspräsident Graf habe „kriminelle Machenschaften zu verantworten“, ebenso wie EU-Abgeordneter Andreas Mölzer und dergleichen mehr. Die verbale Logorrhoe eines politischen Schwachkopfs könnte man meinen, wenn nicht etwas anderes dazu käme. Dass nämlich die österreichische Justiz die darauf folgenden freiheitlichen Klagen abweist und dem Mann damit indirekt Recht gibt. Meinungsfreiheit sei das und politisch zulässiger Diskurs, dem sich die freiheitlichen Oppositionspolitiker gefälligst zu stellen hätten.

Ähnlich verhält es sich mit manchen Redakteuren des öffentlich-rechtlichen Staatsrundfunks. Dort ist es gang und gäbe und offenbar auch ein Teil der Meinungsfreiheit, dass man ach so unglaublich lustige Sendungen wie etwa „Am Schauplatz“ mit irgendwelchen unterbelichten Skinheads aufmotzt, die dann gegen geringes Entgelt – selbstverständlich nur für die Abgeltung ihrer Persönlichkeitsrechte – provokant bei Strache-Wahlversammlungen auftreten. Allein der bestellte und indirekt auch bezahlte Auftritt solcher Figuren ist für den freiheitlichen Oppositionsführer natürlich ein Image-Schaden: Typisch heißt es da, schau dir das Publikum des FPÖ-Chefs an, lauter Neonazis.

Die Justiz aber, eben dieselbe die auch den schwarzen Partei-Kettenhund Kaltenegger schützt, urteilt dann, dass es selbstverständlich gelte, das Redaktionsgeheimnis zu schützen. Und der ORF muss das Filmmaterial, das unter Umstände einiges bei genauer Analyse beweisen würde, nicht herausgeben. Selbstverständlich hat die Schauplatz-Redaktion nur wegen des hehren Prinzips des Redaktionsgeheimnisses verweigert. Und keineswegs fürchtet sie irgendwelche belastenden Dinge – Sieg-Heil-Rufe etwa – dabei. Aber wo denn, die ultra-links eingestellten Herrn ORF-Redakteure kämen doch gar nie auf die Idee, den FPÖ-Chef diffamieren zu wollen.

Ja jedenfalls sind das schöne Siege für die Meinungsfreiheit und für das Redaktionsgeheimnis. So ein Zufall nur, dass beide hehren Prinzipien in erster Linie dann zur Anwendung kommen, wenn es darum geht, die missliebige ach so böse rechtspopulistische Opposition zu attackieren. Ob das Ganze ähnlich aussehen würde, wenn es gegen Vertreter der Regierungsparteien oder gegen die insbesondere von den Medien ach so gehätschelten Links-Grünen geht, ist eine andere Sache. Der gelernte Österreicher jedenfalls darf daraus schließen, dass gegenüber den Freiheitlichen alles erlaubt ist und dass nicht nur in den Medien sondern auch in der Justiz längst die Spät-68-er und die Jünger des politisch korrekten linken Zeitgeists das Sagen haben.


Währungsunion darf nicht zu Umverteilungsunion zulasten der Nettozahler werden

16. Dezember 2010

Die europäische Währungsunion darf nicht in eine europäische Umverteilungsunion zulasten der Nettozahler verwandelt werden. Auch um dieses Thema geht es bei dem heute in Brüssel beginnenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU. Wenn der sogenannte ständige Rettungsschirm für den Euro wie geplant beschlossen werden soll, dann werden die wirtschaftlich erfolgreichen EU-Staaten wie Österreich oder Deutschland doppelt und dreifach draufzahlen, während notorische Defizitsünder, die jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben, belohnt würden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass ein sogenannter Rettungsschirm für den Euro nur dann einen Sinn hat, wenn bei seiner Inanspruchnahme entsprechende Gegenleistungen verlangt werden. Als Gegenleistung kommt für die Nehmerländer nur eines infrage: sparen, sparen und nochmals sparen. Ich spreche mich auch entschieden gegen den Eurobonds aus, weil dieses Instrument nur die bestehenden wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Euro-Ländern verschleiern soll.

Es wird mit Spannung zu beobachten sein, ob sich Bundeskanzler Werner Faymann am Brüsseler Ratstisch an sein vor zweieinhalb Jahren in einem Leserbrief an den Herausgeber der größten Tageszeitung des Landes abgegebenes Versprechen erinnern werde, wonach die Österreicher über künftige EU-Verträge abstimmen werden. Wenn Faymann zu seinem Versprechen steht, dann muß in Österreich eine Volksabstimmung stattfinden, weil die beabsichtigten Änderungen des Lissabonner Vertrags bezüglich des Rettungsschirms für den Euro einen neuen EU-Vertrag darstellen.


Totschweigen oder lächerlich machen

13. Dezember 2010

FPÖ-Chef Heinz -Christian Strache war in Israel. Er hatte ein Einladung, traf sich mit verschiedenen Exponenten von Politik und Zivilgesellschaft, gab Stellungnahmen – eher maßvoll und ausgewogen – ab und unterzog sich auch dem Pflichtprogramm solcher Reisen, also dem Besuch der bekannten Holocaust-Gedenkstätte.

So weit, so wenig aufregend. Und dennoch schieden sich in den jüngsten Tagen die Geister an dieser Reise: Exponenten der israelitischen Kultusgemeinde sprachen vom „zynischen“ Versuch, sich einen „Persil-Schein“ zu holen. Ein Teil der etablierten „Mainstream-Medien“ versuchte das Ganze ins Lächerliche zu ziehen. Und der staateigene ORF aber auch Leitmedien wie das größte zeitgeistige Nachrichtenmagazin „Profil“ verschwiegen die Reise schlicht und einfach. Am rechten Narrensaum, der indessen ja weniger in der Realität als vielmehr im Internet seine Rest-Aktivitäten entfaltet, vernahm man die üblichen Verschwörungstheorien, wonach sich nunmehr auch der FPÖ-Chef „kaufen“ habe lassen oder zumindest „Demutsgesten“ gegenüber den „Weisen von Zion“ oder wem auch immer vollzogen habe. Und in den Couleurs des Wiener Parlaments hörte man hinter vorgehaltener Hand vom einen oder vom anderen Spitzenvertreter von Rot und Schwarz, dass das Ganze durchaus geschickt gewesen sei, weil man sich künftighin bei Verhandlungen um etwaige Regierungsbündnisse nach den nächsten Wahlen solcherart leichter tun könne.

Auf die Idee, dass der Oppositionsführer schlicht und einfach eine Einladung angenommen haben könnte, um sich vor Ort ein Bild über eine Seite des Nahost-Konflikts zu machen, kam offenbar niemand. Wenn er demnächst die andere Seite, etwa im Libanon oder auch im palästinensisch kontrollierten Teil Palästinas besuchen wird, um das Bild zu komplettieren, wird es vielleicht ein wenig deutlicher werden. Er wandle auf den Spuren Bruno Kreiskys, ließ der Parteichef selbst diesbezüglich verlauten und manch einer mag dabei gedacht haben, dass das vielleicht ein bisschen hoch gegriffen sein könnte. Kreisky war immerhin langjähriger Außenminister, einer der Chefverhandler für den Österreichischen Staatsvertrag und danach eben eine ganze Ära lang Bundeskanzler und Spitzenmann in der sozialistischen Internationale.

Und überdies war Kreisky Jude, was im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt und sein Eintreten für die palästinensisch-arabische Sache nicht ganz ohne Pikanterie gewesen ist. Da hat der freiheitliche Oppositionsführer gewiss noch einiges nachzuholen. Aber angesichts der außenpolitischen Schwäche der etablierten österreichischen Politik – WikiLeak lässt grüßen – muss man Straches Bemühen, auch außenpolitisch Akzente zu setzen, anerkennen. Als Oppositionspolitiker hat er naturgemäß auch eher zu oppositionellen politischen Kräften Kontakte: in Israel war es die Siedlerbewegung, in den USA wird es die Tea-Party-Bewegung sein und im Libanon vielleicht die Hisbollah. Was weiß man.

Häme, Schlechtmacherei und Totschweigen werden jedenfalls seitens der etablierten Medien und der regierenden politischen Kräfte nicht ausreichen, um den politischen Aufstieg von Heinz Christian Straches Freiheitlichen wirklich zu bremsen.


Wem gehört Israel?

9. Dezember 2010

Was war es? Eine vorweihnachtliche Pilgerreise ins gelobte Land? Oder eine „Fact-Finding-Mission“ in Sachen Nahost-Konflikt? Ein Meinungsaustausch über den fundamentalistischen Islamisten-Terror? Oder gar die Demutsgeste eines bußfertigen Rechtspopulisten, den man in der Vergangenheit immer wieder unterschwellig auch des Antisemitismus bezichtigte?

Der Kurztrip von FPÖ-Chef HC Straches nach Israel sorgte jedenfalls für Irritation. Zuerst einmal in der heimischen Israelitischen Kultusgemeinde, wo deren Präsident Stock und Stein schwor – und das via Austria Presseagentur – dass in Israel kein Abgeordneter und kein offizieller Repräsentant des Staates mit dem österreichischen Oppositionsführer reden werde. Und der Generalsekretär der Kultusgemeinde legte noch nach, indem er den Besuch insgesamt als „zynisch“ abtat. Die politisch-korrekten Kommentatoren der linksgepolten Mainstream-Medien versuchten das Ganze eher lächerlich zu machen. Der ORF ignorierte die Reise.

Zuerst einmal muss man dem Präsidenten der Kultusgemeinde Wilhelm Buschs bekannten Spruch ins Stammbuch schreiben: „Dieses schloss er messerscharf / was nicht sein kann auch nicht sein darf“, da indessen bekannt ist, dass Strache sehr wohl vom Präsidenten der Knesset samt seiner Delegation offiziell begrüßt wurde und dass der FPÖ-Chef mit prominenten Vertretern der Regierungsparteien wie Likud und Schas zum Meinungsaustausch zusammentraf. Der Besuch einer israelischen Militärbasis am Gaza-Streifen, eine Debatte mit führenden rechten Intellektuellen Israels in der Akademie von Ashkelon und eine gemeinsame Rundreise mit den Spitzen der jüdischen Siedlerbewegung im Westjordanland rundeten ein Programm ab, durch das sich der FPÖ-Chef ein Bild über die aktuelle Situation in Palästina zu machen versuchte. Und natürlich wurde Strache von seinen Gastgebern auch in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geführt, wo er sich mit deutlich erkennbarer Erschütterung die Dokumentation über die Tragödie des europäischen Judentums zeigen ließ.

Das Ganze war natürlich begleitet von höflichen, ja überaus freundlichen Kommentaren der Besucher gegenüber ihren Gastgebern: Man verstehe die Ängste der Israelis in Ashkelon und Sderot, jenen Städten unmittelbar an der Grenze zum Gaza-Streifen, über den Beschuss mit immerhin nahezu 20.000 Raketen in den letzten acht Jahren durch die radikal-islamische Hamas. Und man sei beeindruckt von der Begeisterung, mit der die jüdischen Siedler in Samaria und Judäa das Land ihrer Vorväter urbar machten. Und natürlich teile man die Ablehnung des fundamentalistischen islamistischen Terrors, dem sich Israel ausgesetzt fühlt, da es solchen durch den Zuwanderungs-Islam bzw. dessen radikalste Exponenten ja nun auch in Europa gäbe.

Alles das, obwohl Österreichs Freiheitliche bekanntlich eine Partei ist, die sich in der Vergangenheit immer wieder und durchaus konsequent auch für die Rechte der Palästinenser eingesetzt hat und traditionell positive Beziehungen zur islamischen Welt pflegte. Und daran soll auch dieser Besuch des FPÖ-Chefs in Israel nichts ändern. Immer wieder betonte er auch dort vor Ort die traditionelle österreichische Neutralität und die Traditionen Bruno Kreiskys, denen er sich diesbezüglich verpflichtet fühle. Und auch in der in Israel verabschiedeten „Jerusalemer Erklärung“, die neben den FPÖ-Exponenten auch der Vlaams Belang und die Schwedendemokraten unterschrieben haben, wird neben dem unbestrittenen Existenzrecht des Staates Israel die Wahrung der Menschenrechte und der politischen Rechte der arabischen Bevölkerung in Palästina betont.

Was schließlich die Behauptung betrifft, Straches Besuch in Israel sei nichts weiter als eine Demutsgeste angesichts des jüdisch-israelischen Einflusses in der Welt, in Washington ebenso wie im europäischen Bereich, gewesen, so darf man schon fragen, ob es wirklich verboten sein muss, dass eine national-freiheitliche Bewegung wie die FPÖ eine Normalisierung ihres Verhältnisses gegenüber Israel und dem Judentum anstrebt.

Die österreichischen Freiheitlichen lassen sich eben nicht mehr in die Rolle des Ex-Offo-Verteidigers des Nationalsozialismus und des Antisemitismus treiben. Auch wenn dies ihre politischen Gegner und auch ihre Kritiker in der Kultusgemeinde offenbar nur allzu gerne hätten. Strache und seine Mitreisenden haben nicht erst in Israel einmal mehr betont, dass sie das Entsetzen über die seinerzeitige Vernichtung des europäischen Judentums mit allen anderen vernünftigen politischen Kräften teilen. Die mehrmalige und demonstrative Absage an jede Form von Totalitarismus, wie wir sie in der „Jerusalemer Erklärung“ vorfinden, musste also auch seitens der schärfsten FPÖ-Kritiker und Strache-Gegner akzeptiert werden.

Und auch den wirklichen Zweiflern aus den Reihen des nationalen Lagers in Österreich selbst sei gesagt: Strache ist nicht Gianfranco Fini! Auch wenn er den Ausgleich mit Israel und dem Judentum sucht wird er deshalb nicht, wie der Italiener, die eigene Gesinnung und die eigene Gesinnungsgemeinschaft verraten.

Und natürlich werden die freiheitlichen Außenpolitiker, an der Spitze der Parteichef selbst, sich über die aktuellen Konflikte im Nahen Osten auch von der Gegenseite informieren lassen und sich möglichst vor Ort ein unmittelbares Bild machen. Reisen in die arabische Welt, möglichst auch in den südlichen Libanon und in den Gaza-Streifen, werden sicher zum künftigen Programm gehören. Ein vernünftiger und ständiger Meinungsaustausch mit Israel allerdings dürfte künftighin institutionalisiert werden. Wie sagte Bismarck einst: „Nationen haben keine Freunde, sie haben Interessen.“ Und außer Zweifel steht, dass sowohl Israel als auch die Europäer ein gemeinsames Interesse haben, nämlich den Kampf gegen Islamisierung und islamistischen Terror. Jene, die bislang glaubten, das Monopol auf die Freundschaft mit Israel und den geistigen Austausch mit dem Judentum zu haben, sind nun womöglich beleidigt, dass auch die ach so bösen Rechtspopulisten ein Faktor in diesen Beziehungen geworden sind. Und jene politisch korrekten Kreise, die sich einen allzu offensichtlichen Philosemitismus und allzu kritiklose Israel-Unterstützung bislang wie einen Orden ans politische Revers gesteckt haben, werden natürlich ebenso eingeschnappt sein. Sie dürfen sich in ihrer Gewissheit, Israel gehöre ihnen und zwar ganz allein, empfindlich gestört fühlen.


Verhindert Österreich den Türkei-Beitritt?

7. Dezember 2010

WikiLeaks sei Dank! Durch dessen Internet-Indiskretionen kristallisiert sich auch in Hinblick auf den EU-Beitritt der Türkei ein ziemlich eindeutiges Bild heraus: Auch die Amerikaner scheinen zur Ansicht gekommen zu sein, dass der kleinasiatische Staat sich eher in Richtung Islamisierung und Vormacht im Turkstaaten-Bereich bewegt, als hin zur Europäischen Union. Und auch die Amerikaner – so lassen deren Botschafterberichte schließen – haben erkannt, dass Premier Erdogan und seine Truppe der Islamisierung massiv Vorschub leisten und keineswegs eine Europäisierung ihres Landes betreiben.

Dank WikiLeaks wissen wir aber auch, dass die Türken besonders erbost sind über Österreich und dessen Vorbehalte gegenüber dem EU-Beitritt des Landes. Im Grunde genommen lassen die Informationen den Schluss zu, dass Österreich sogar über eine Zeitlang die Sperrspitze des anti-türkischen Widerstands war und nach dem Einschwenken der Bundesdeutschen und auch der Franzosen auf die Linie, dass bestenfalls eine privilegierte Partnerschaft zwischen der EU und der Türkei möglich sei, den Anfang vom Ende der EU-Ambitionen der Osmanen eingeleitet hat. Und dann kann man weiter darauf schließen, dass wir, die Türkei kritischen Österreich, insbesondere jene, die im Rahmen der freiheitlichen Oppositionsbewegung tätig sind, den Ausschlag gegeben haben, dass Österreich selbst auf dieser Linie geblieben ist. Die Opportunisten in den etablierten Parteien wären wohl längst auf die Beitrittslinie umgeschwenkt, hätte es den Druck der freiheitlichen Opposition gegen den Türkei-Beitritt nicht gegeben. Man denke daran, wie rasch ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel und in der Folge die Außenpolitiker seiner Partei bis hin zum amtierenden Außenminister Spindelegger bereit waren, die Türkei-Verhandlungen zu eröffnen bzw. weiter zu führen. Die freiheitlichen Forderungen nach einem sofortigen Abbruch der Verhandlungen, für die es immer wieder gute und aktuelle Gründe gab und gibt, wurden von den ÖVP-Außenpolitikern bekanntlich ignoriert. Langsam aber kristallisiert sich heraus, dass die Österreichische Linie quer durch Europa mehrheitsfähig ist, eine Linie die in Österreich von den Freiheitlichen vorgegeben wurde.

Ein echter Erfolg, ein Erfolg der zeigt, dass auch eine ursprüngliche kleine Oppositionspartei mit konsequenter Haltung und guten Argumenten in der Lage ist, große Politik zu beeinflussen und schicksalshafte Entscheidungen sogar über das eigene Land hinaus mitzubestimmen. Und dabei geht es wirklich nicht um antitürkische Ressentiments, um Xenophobie oder militantem Anti-Islamismus. Es geht schlicht und einfach darum, dass die Freiheitlichen als eine der ersten politischen Kräfte erkannt haben, dass die Türkei nie und nimmer ein europäisches Land sein kann und dass ihre aktuelle Politik alles andere ist, als pro-europäisch.

Wenn man jedenfalls – WikiLeaks sei dank – von den großosmanischen Träumereien des gegenwärtigen türkischen Außenminister hört, wonach der Balkan und der Kaukasus unter türkischer Herrschaft weit friedvoller geordnet war als heute, wenn man von den Debatten führender AKP-Funktionäre ließt, wonach man Rache für Wien 1683 fordert und die Rückeroberung Andalusiens, wenn eben dieselben türkischen Spitzenpolitiker davon sprechen, dass es die Aufgabe der Türkei sei, den Islam in Europa durchzusetzen, dann weiß man, dass es nur zu berechtigt ist, hier Widerstand zu leisten. Sagen wir es einmal auf gut Deutsch: Der Beitritt der Türkei wäre das Ende Europas. Wer Europa liebt, muss gegen den Türkei-Beitritt zur EU Widerstand leisten. Wir tun dies, daher sind wir wahrscheinlich die besseren Europäer.

Angemerkt sei noch, dass dieser Tage das Europäische Parlament die Durchführungsbestimmungen zum sogenannten Europäischen Bürgerbegehren, wie es im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist, festgelegt hat. Damit wäre es nunmehr möglich, das zu realisieren, was europäische, patriotische und rechtsdemokratische Parteien vor wenigen Wochen bei einem Treffen in Wien gemeinsam mit den Freiheitlichen ankündigten: Die Durchführung eines solchen europäischen Bürgerbegehrens gegen den EU-Beitritt der Türkei. Die österreichischen Freiheitlichen könnten sich dabei zur treibenden Kraft machen und damit für eine Klarstellung sorgen. Wenn ein solches Bürgerbegehren die notwendige Million Unterschriften erhält könnte dies Anlass für Ankara sein, endlich von sich aus zu sagen: Nein Danke, wir legen unser Beitrittsbegehren zurück. Das wäre dann ein Feiertag für ganz Europa.


Schweizer-Kracher

2. Dezember 2010

Statt der Film legendären „Schweizer-Macher“ sind es nun die helvetischen Ausländer-Ausschaffer, die das Bild der Eidgenossenschaft prägen. Christoph Blocher stößt ins Alphorn und es klingt wie ein Donnerhall zur Errettung der – nur vermeintlich oder möglicherweise doch real? –bedrohten Eidgenossenschaft. Nicht nur die Stimmbürger von Schwyz, Uri und Unterwalden folgen diesem Ruf, nein die große Mehrheit der Schweizer insgesamt. Im Vorjahr schon gegen die allzu augenfälligen Symbole der Islamisierung, für ein Minarettverbot also, und nunmehr zur „Ausschaffung“ – welch nüchtern-bürokratisches, möglicherweise typisch schweizerisches und doch seltsam brutales Wort – aller straffälligen Ausländer insgesamt.

Da mag die zeitgeistige Weltpresse sich empören. Da können die politisch korrekten Schweizer selbst – immerhin gerade noch ein Drittel – und ihre ausländischen Freunde sich erregen soviel sie wollen, dürfen die Menschenrechts-Charta der Vereinten Nationen, das Völkerrecht und eine angeblich höhere Moral ganz allgemein zitieren, es nützt alles nichts: Der Stimmbürger hat gesprochen, Regierung und Parlament der Schweiz haben es umzusetzen. Und nicht nur Mörder, Räuber und Vergewaltiger, nein auch Betrüger am Sozialsystem werden künftig hin automatisch abgeschoben. Nicht nur Gewaltverbrecher und Großbetrüger, nein, auch jene, die mittels kleiner Gewalttaten bei Schlägerein und ähnlichem gegen das Gesetz verstoßen, jene, die das soziale Netz widerrechtlich und in betrügerischer Absicht strapazieren, sie alle werden künftig hin die Eidgenossenschaft verlassen müssen.

Was Wunder, dass die Alarmisten quer durch Europa aufschreien, die Bedenkenträger in Depression verfallen und die politisch korrekten Wortspender von Betroffenheit nur so triefen. Und Beifall kommt natürlich – no na – nur von den xenophoben Ressentiment-Politikern der äußersten Rechten. Christoph Blochers europäischen Spießgesellen gewissermaßen. Dass sich die Mehrheit der Menschen, auch jene der gelernten Österreicher, unter Nutzung des ganz trivialen Hausverstandes, der bekanntlich allzu oft als „gesundes Volksempfinden“ diffamiert wird, fragen, ob es denn nicht selbstverständlich sei, dass Ausländer, die in einem fremden Land straffällig werden, des Landes verwiesen werden, geht dabei natürlich völlig unter. Bedacht wird von den Vertretern des sich nun empörenden Mainstreams allenfalls, dass das Schweizer Beispiel auch in anderen Ländern Schule machen könnte. Etwa wenn man sich in Österreich klar macht, dass bei Nachahmung des Schweizer Vorbilds die Gefängnisse des Landes wohl zu zwei Dritteln geleert würden. Und dass sich die Zahl der im Land lebenden Ausländer möglicherweise halbieren würde. Dass die chronisch leeren Kassen der Sozialversicherungen möglicherweise schlagartig entlastet wären und dergleichen mehr.

Gewiss, kleinkrimineller Sozialbetrug, etwa die angeblich weitverbreitete Usance, wonach ganze Sippschaften von im Lande lebenden Nicht-Österreichern mit ein und derselben E-Card den Arzt frequentieren, würden wohl nicht gleich zu strafrechtlicher Verurteilung und automatischer Abschiebung führen. Allein die Abschiebe-Drohung und eine strengere Kontrolle solcher Verhaltensweisen könnten diese Form des für den Steuerzahler sehr kostenintensiven Sozialbetrugs dramatisch vermindern. Und derlei Beispiele gäbe es noch zahllose.

Abgesehen davon bleibt es Tatsache, dass strafrechtliche Verurteilung in Österreich etwa zu einem Drittel Ausländer betrifft und dass die Haftanstalten etwa zur Hälfte von Ausländern besetzt sind. Allein diese Fakten beweisen, welch dramatische Folgen eine automatische Abschiebung straffällig gewordener Ausländer hätte.

Gewiss, die Menschenrechte und internationale Verträge allein würden schon derlei dramatisches Vorgehen verhindern. Und auch die Schweiz wird sich ja Gedanken machen müssen, wie sie mit ihren internationalen Verpflichtungen diesbezüglich klar kommt. Fragen muss man sich aber schon, wie viele der straffällig gewordenen Ausländer, sei es in der Schweiz oder auch in Österreich, wirklich mit der Abschiebung in ein Land bedroht sind, in dem sie die Todesstrafe zu befürchten haben. Nigerianische Drogendealer, rumänische Bankomat-Knacker, Anatolier, die der schweren Körperverletzung beschuldigt werden, ihnen darf die Härte ihres heimatlichen Strafrechts wohl zugemutet werden ohne dass man gleich die Menschenrechte insgesamt gefährdet sieht.

Den Österreichern jedenfalls wird dieser Tage vollmundig erklärt, dass hierzulande ohnedies radikal abgeschoben wird und dass die Schweiz mit ihrer neuen Initiative das österreichische Maß an Härte der Strafverfolgung kaum erreichen werde. Abgesehen von der Frage, warum man die Schweiz dann überhaupt attackiert, darf dies wohl als Placebo für den HC-Strache-gefährdeten Stammtisch gewertet werden. Die Versuchung, die eidgenössische Vorgehensweise, das heißt also eine der traditionsreichsten europäischen Demokratien, nachzuahmen, liegt ja auf der Hand. Ebenso die Taktik von politisch korrekter Seite, dem den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem man behauptet, es sei ohnedies bereits alles rot-weiß-rote Realität.

Abgesehen aber von solch politischem Kleingeld sollte man sich ernsthaft und grundsätzlich die Frage stellen, ob es generalpräventiven bzw. auch spezialpräventiven Nutzen durch die Schweizer Initiative geben wird. Werden sich Asylsuchende, Zuwanderer und Gastarbeiter aufgrund der Abschiebe-Automatik eher an die Gesetze ihres Gastlandes halten? Wird der für den Steuerzahler so teure Sozialbetrug eingeschränkt werden können? Wird die Explosion von Gewaltverbrechen gestoppt werden können, die nächtliche Unsicherheit auf den Straßen unserer Großstädte wieder reduziert werden und die Einbruchsserien geringer werden? Wenn man dies nur einigermaßen positiv beantworten kann, müsste man die Legitimität der Schweizer Initiative bejahen. Andernfalls aber wäre das Ganze nur ein Schweizer-Kracher gewesen – Getöse ohne wirkliche Sprengkraft.