Der schleichende Linksrutsch

13. Februar 2020

Unser gesamtgesellschaftliches Koordinatensystem hat sich verschoben

Was die Frankfurter Schule um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gedacht, geplant und in die Wege geleitet hat, ist längst zur politisch und gesellschaftlich dominanten Realität geworden. Die von den Siegermächten von 1945 geplante Reeducation, der Pflichtantifaschismus der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der Folge die neue Linke der 68er-Bewegung und schließlich die weltweite intellektuelle Seuche der Political Correctness haben die Gesellschaft in den westlichen Industriestaaten, insbesondere im westlichen Teil Europas, weit nach links rücken lassen.
Indem es sich dabei aber um einen schleichenden Prozess handelte und handelt, wird dieser den Zeitgenossen nicht immer ganz deutlich. Schlaglichtartig allerdings erhellt sich diese Situation bei Zutagetreten entsprechender Probleme. Jüngst, in der Bundesrepublik Deutschland rund um die Ereignisse der Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten und – weit weniger dramatisch – in der Alpenrepublik anhand der verbalen Auseinandersetzung zwischen dem türkisen Bundeskanzler Sebastian Kurz und der Korruptionsstaatsanwaltschaft. In Thüringen zeigte sich ganz real und ganz drastisch, dass man in der demokratischsten und aufgeklärtesten Gesellschaft der deutschen Geschichte schlichtweg bereit ist, Demokratie als solche zu sistieren, wenn es gegen „rechts“ geht. Und in Österreich wagte es der Bundeskanzler darauf hinzuweisen, dass die heimische Justiz, insbesondere die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, linke Schlagseite hätte. Was naturgemäß quer durch die Medien der Republik wütende Proteste und ein entsprechendes Zurückrudern des Kanzlers nach sich zog.
Was Deutschland betrifft, so wurde die „Sozialdemokratisierung“ der Christdemokraten insbesondere in den letzten Jahren unter Angela Merkel ohnedies schon häufig diagnostiziert. Und in der Tat stellt sich die Frage: Was unterscheidet CDU und CSU unter Merkel und Seehofer, unter Kramp-Karrenbauer und Söder von den diversen Links-Parteien, wenn man sich die wesentlichsten Bereiche der Gesellschaftspolitik näher ansieht? Insbesondere im Bereich der Migrationspolitik wurde dies vollends klar, da Merkel ja bis zum heutigen Tag für jene Art der Willkommenskultur steht, die mittel- bis langfristig das Ende der Deutschen als Kulturvolk einzuläuten droht. Apropos Kultur: In diesen Bereichen unterscheidet sich die Union kaum von den linken Parteien, wertkonservative Kulturpolitik gibt es in Deutschland schlichtweg nicht mehr. Und sogar in vielen Bereichen der Sozial- und Wirtschaftspolitik sind CDU/CSU so weit nach links gerückt, dass das Schmähwort von der „Sozialdemokratisierung“ durchaus berechtigt erscheint.
Für nahezu alle westeuropäischen Gesellschaften insgesamt lässt sich sagen, dass der linke „Marsch durch die Institutionen“, wie er in der Folge der 68er-Revolte gepredigt wurde, seit Jahren vollzogen ist. Wenn beispielsweise gegenwärtig in Österreich debattiert wird, ob die Justiz, insbesondere die Anklagebehörden, also die Staatsanwaltschaften, tatsächlich so etwas wie eine linke Dominanz aufzuweisen haben, steht die Antwort auf diese Frage bereits fest. Rechte oder auch nur bürgerliche Richter und Staatsanwälte gibt es kaum. Und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft scheint in Österreich ihre Erhebungen und Ermittlungen ohnedies fast nur in die rechte Richtung zu lenken. Allein wenn man bedenkt, mit welcher Akribie und Obsession ehemalige freiheitliche Regierungsmitglieder – zumeist noch solche aus der Haider-Ära – von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verfolgt und mit Klagen eingedeckt werden und wie großzügig man im Unterschied dazu in Richtung auf Korruptionsskandale, die von links, von Rot oder Grün kommen, agiert, ist dies augenfällig. Doch zurück zur Bundesrepublik Deutschland, wo die jüngsten Vorgänge in Thüringen einen demokratiepolitischen Skandal der Sonderklasse darstellen. Da wird die demokratische Wahl eines Ministerpräsidenten, nur weil dieser auch die Stimmen der rechtsorientierten Alternative für Deutschland erhält, zum großen politischen Skandal hochstilisiert und dieser aufgrund des Drucks der Medien und der Berliner Parteizentralen dann gezwungen, sein Amt sofort zurückzulegen. Die seinerzeitige Wahl des vormaligen Ministerpräsidenten, der aus der SED-Nachfolgepartei der Linken kommt, war keinerlei großes Problem. Zur Erinnerung: Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands stand für die „DDR“-Diktatur sowjetkommunistischer Prägung, die zahlreiche politische Gefangene und auch Todesopfer an ihren Grenzen zu verantworten hatte, die die Demokratie in Mitteldeutschland über Jahrzehnte unterdrückte und ihrer Bevölkerung alle Freiheitsrechte vorenthielt. Und diese postkommunistische Partei wird nun aufgrund des Rücktritts des Kurzzeit-FDP-Ministerpräsidenten wohl wieder zum Zug kommen und den thüringischen Regierungschef stellen. Kein Problem für Angela Merkel, kein Problem für das Berliner Politestablishment.
Sehr wohl ein Problem allerdings stellt die Alternative für Deutschland dar, die insbesondere in den neuen Bundesländern, also in Mitteldeutschland, drauf und dran ist, zur stärksten politischen Kraft zu werden und auch in den westlichen Bundesländern Deutschlands beachtliche Ergebnisse erzielen kann. Diese AfD, die man als rechtsradikale Gruppierung abzustempeln versucht, wird vom politischen Establishment und von den Mainstream-Medien gewissermaßen aus dem demokratischen System ausgeschlossen. Man verwehrt ihr parlamentarische Ehrenrechte und Ehrenämter, man versucht, ihr die Millionenbeträge, die alle politischen Parteien für ihre Stiftungen – das gleiche wie in Österreich die Parteiakademien – zu bekommen pflegen, vorzuenthalten. Man grenzt sie aus dem medialen Diskurs nach Möglichkeit aus, diffamiert sie, kriminalisiert sie und will sie natürlich auch aus dem parlamentarischen politischen Geschehen fernhalten – so wie eben jüngst in Thüringen. Und sogenannte Bürgerliche oder vormals konservative politische Parteien wie CDU und CSU verhalten sich hier in keiner Weise anders als SPD, Grüne und Linke.
Dass sich dieses politische Klima auch an jenen Stätten manifestiert, die ursprünglich die Kathedralen des freien Denkens und freien Redens sein sollten, nämlich an den Universitäten, ist nicht verwunderlich. In Österreich war es in jüngster Zeit die Debatte um den konservativen FPÖ-nahen Historiker Lothar Höbelt an der Universität Wien, die dies zeigte. Die Proteste und Vorlesungs-Störungen ultralinker Studenten und anarchistischer Gruppen wurden von den Wiener Universitätsbehörden in keiner Weise verhindert bzw. gemaßregelt.
An all diesen Beispielen erweist sich, in wie hohem Maße das politische Koordinatensystem gesamtgesellschaftlich nach links gerückt ist. Was früher als konservativ oder gemäßigt rechts galt, wird heute längst als rechtsextrem wahrgenommen. Und vormalige Linksaußen-Positionen gelten heute als Position in der Mitte und beinahe schon als bürgerlich. Die neuen linken Spießer, in die Jahre gekommene Grünpolitiker, Umweltaktivisten, Klimaschützer und längst im bürgerlichen Habitus auftretende Alt- Marxisten prägen den politischen Diskurs, die Medien und eben auch das Bildungswesen und die Justiz. Die ultralinken Projekte der Gesellschaftsveränderung werden nicht mehr so lauthals gepredigt, wie das in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts üblich war. Dies ist auch nicht mehr notwendig, da diese Gesellschaftsveränderung längst eingetreten ist. Das Feindbild dieser gleichgeschalteten linksorientierten Gesellschaft wird einzig und allein rechts verortet, die Schmuddelkinder dieser Art von Gesellschaft sind Rechtsparteien, patriotische Bewegungen und Verweigerer von political correctness, Genderpolitik, Feminismus und linker Dominanz. Der Rechtspopulismus wird als die wahre und einzige Gefahr für Europa betrachtet, die Linksverschiebung der Gesellschaft und der politischen Landschaft hat auch dort stattgefunden, wo einst konservative oder bürgerliche Parteien die Politik beherrschten, wie etwa in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland.


Kärnten neu gedacht

7. Februar 2020

Vom Grenzland zur mitteleuropäischen Friedensregion

„Kärnten neu denken“ nannte sich das Buch, mit dem vor etlichen Jahren der Obmann des Kärntner Heimatdiensts Josef Feldner und der Vorsitzende des Zentralrats der Kärntner Slowenen, Marjan Sturm, das Ende des Kärntner Volksgruppenkonflikts einläuteten. Bei Beibehaltung ihrer grundsätzlichen Positionen führten sie darin einen Dialog, der so etwas wie einen großen Kärntner Konsens initiierte und damit einen politischen Prozess auslöste, der alte regionale ethnische Konflikte historisierte und gleichzeitig den Weg hin zu einem zukunftsorientierten gemeinsamen Heimatbewusstsein ermöglichte. Bis heute stehen Feldner und Sturm mit der damals begründeten und von ihnen bis heute geführten Konsensgruppe für einen solchen Weg.
Diesem primär zivilgesellschaftlichen Projekt „Gespräch unter Gegnern“, wie es der österreichische Kulturphilosoph Friedrich Heer gefordert hatte, vermochte die offizielle Politik des Landes zu Beginn nur sehr mühsam zu folgen. Kärnten, das war nach Wiedergründung der Zweiten Republik unter den Landeshauptmännern Wedenig, Sima und Wagner jene Domäne der Roten, die nach dem Punschkrapferl-Motto funktionierte: außen rot, innen braun und immer angesoffen. Da reüssierten „hochkarätige Hitlerjungen“ und sozialistische Bürgermeister in den Unterkärntner Gemeinden, verstanden sich als Bollwerk gegen die „Slowenisierung“, deren realer Hintergrund in den ersten Nachkriegsjahrzehnten ja tatsächlich titokommunistische Gebietsansprüche waren. Und als dann ein Oberösterreicher in die Gewandung des Paradekärntners schlüpfte, um landauf, landab das traditionsreiche nationalliberale Lager, welches in Kärnten ohnedies immer einigermaßen paritätisch gleich stark wie das christlich-soziale und das sozialdemokratische war, in die führende Position hochzupeitschen, spielte dieser natürlich auch zumindest zu Beginn seiner politischen Karriere auf der Klaviatur der „Kärntner Urangst“.
Die Kärntner Heimatverbände, Traditionsträger des Abwehrkampfs und der Propagandaschlacht um die Volksabstimmung von 1920, verstanden sich als Lordsiegelbewahrer des erfolgreichen Kampfes um die Landeseinheit. Der Kärntner Ortstafelsturm der frühen Siebzigerjahre und die damit verbundene Polarisierung in der Kärntner Volksgruppenfrage verschafften der intellektuellen Leitfigur dieser Heimatverbände, eben dem bereits zitierten Obmann des Kärntner Heimatdiensts, Josef Feldner, österreichweite Popularität und eine Ausstrahlung in den gesamten deutschen Sprachraum, darüber hinaus bis nach Italien und nach England. Kurioserweise war es erst der Durchbruch des zum Rechtspopulisten mutierten blauen Oberösterreichers in die führende Position der Kärntner Landespolitik, die so etwas wie eine Entkrampfung in der Volksgruppenfrage ermöglichte. Der von der Konsensgruppe unter Feldner und Sturm vorgedachte Ausgleich konnte letztlich unter Haiders Nachfolger Gerhard Dörfler in die politische Realität umgesetzt werden. Die Ortstafellösung markiert eigentlich das Ende des Kärntner Volksgruppenkonflikts, leider aber längst nicht das Ende des schleichenden Assimilierungsprozesses, der – fernab von jeder geplanten Germanisierung – die Existenz der seit Generationen dramatisch schrumpfenden Volksgruppe letztlich in Frage stellt.
Dies ist vielleicht auch die innere subkutane Ursache dafür, dass es nach wie vor Hardliner auf beiden Seiten gibt, auf jener der Kärntner Slowenen und jener der Deutsch-Kärntner, denen das „liebgewordene Feindbild“ (© Josef Feldner) abhanden zu kommen droht. Insbesondere der christlich orientierte Rat der Kärntner Slowenen, aber auch der Kärntner Abwehrkämpferbund, verharren in ihrer antagonistischen Haltung, indem sie ethnische Konflikte des 19. und 20. Jahrhunderts wie gefrorene Posthorntöne in der Gegenwart nachvollziehen. Und das in einer Zeit, in der in Kärnten mutmaßlich mehr Türken, Tschetschenen oder Syrer leben, als die autochthone slowenische Volksgruppe an Häuptern zählt.
Die freiheitlich dominierte Periode der Kärntner Landespolitik ist wenige Jahre nach dem Unfalltod Haiders mit der Abwahl seines Nachfolgers Gerhard Dörfler zu Ende gegangen. Nach der sozialistisch geprägten Periode, die mit Leopold Wagners Nachfolger Ambrozy endete, währte diese freiheitliche Dominanz – mit dem Zwischenspiel des ÖVP-Chefs Christof Zernatto – gute 20 Jahre. Diese freiheitliche Periode brachte dem Land in vielerlei Hinsicht Aufbruchsstimmung und bemerkenswerte Projekte. Projekte allerdings, die in der nachfolgenden, erneuerten roten Periode, die bis heute anhält, in weiten Bereichen rückgebaut wurden. Die von Haider initiierte Wörthersee-Bühne, das Projekt einer eigenen Kärntner Fluglinie und vieles andere mehr wurden liquidiert. Geblieben ist allenfalls das überdimensionierte Wörthersee-Stadion, das zur Bühne für skurrile Vorhaben, wie etwa den „Wald im Stadion“, werden sollte. Und geblieben ist für Kärnten vor allem das Hypo-Alpe-Adria-Desaster, das Erbe der unter Haider zur Großbank aufgeblasenen Landesbank. Wobei bis heute nicht völlig klar ist, ob es nicht der unter einem schwarzen Finanzminister getätigte hysterische Notverkauf war, der die Milliarden Schulden für das Land verursachte, welcher – wie die Realisierungspolitik der Heta zeigt – längst nicht den ursprünglich angenommenen Umfang hatte. Nichtsdestotrotz bleibt der Eindruck bestehen, dass viele der unter Haider begonnen Großprojekte von Maßlosigkeit und Unseriosität getragen wurden, wenn sie auch über Jahre den Eindruck vermitteln konnten, dass sich hier ein Land im Aufbruch befinde.
Nach Haiders Unfalltod und dem politischen Scheitern seiner Nachfolger ist in Kärnten wieder so etwas wie sozialistisch dominierte Normalität eingekehrt. Damit aber auch verbunden Tatenlosigkeit und das Fehlen zukunftsweisender Initiativen. Der Volksgruppenfrieden aber, der in erster Linie der Kärntner Konsensgruppe zu verdanken ist, kann offenbar nicht mehr wirklich gefährdet werden.
Die seit Jahrzehnten existierende gute Nachbarschaft zum italienischen Friaul, die durch die Brükke des einstigen kärntnerischen Kanaltals verstärkt wird, wird in den letzten Jahren zunehmend durch ein freundlicheres Verhältnis zur benachbarten Republik Slowenien ergänzt. Das Phänomen des Alpen-Adria-Raums mit Kärnten, der Steiermark, Slowenien, Friaul und Istrien ist tatsächlich zu einer wirkmächtigen zentraleuropäischen Friedensregion geworden. Dort, wo vor mehr als 100 Jahren die Isonzoschlachten tobten, wo vor und während des Zweiten Weltkriegs die NS-Diktatur, der Mussolini-Faschismus und in der Folge die Gräuel der Tito-Partisanen Tragödien historischen Ausmaßes verursachten, hat sich so etwas wie eine europäische Friedensregion entwickelt, die ihresgleichen quer über den Kontinent sucht. Kärnten als ursprünglich wegen seiner Grenzlandsituation stark deutschnational geprägtes Land ist somit zur Drehscheibe dieser Friedensregion geworden. Ein gemeinsames transnationales Lebensgefühl ist offenbar im Entstehen begriffen, das Friaulaner, Triestiner, kroatische Istrier, die Slowenen im vormaligen Herzogtum Krain und in der Stajerska mit den Steirern und Kärntnern verbindet. Kultureller Austausch, innige Wirtschaftsbeziehungen, gegenseitig besuchte Festveranstaltungen, vom Villacher Kirchtag bis zum Schinkenfest in San Daniele, vom Wochenmarkt in Laibach bis zum Fischmarkt in Pula, von der Barcolana in Triest bis zum Grazer Aufsteirern reichen die vielfältigen Kontakte, die dieses entstehende gemeinsame Lebensgefühl prägen.
Wenn Kärnten heuer das 100-jährige Jubiläum der Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 begeht, so ist dies zweifellos primär ein Jubelfest zur Erhaltung der Landeseinheit. Einer Landeseinheit, die das mehr als 1.000-jährige Bestehen Kärntens als Herzogtum und danach als österreichisches Bundesland im Mittelpunkt hat. Es ist dies aber auch ein Jubiläum, welches uns zeigt, dass historische Nationalitäten und Volksgruppenkonfl ikte, wie sie im Zuge des Nationalismus aus dem 19. Jahrhundert bis in unsere Tage herübergewachsen sind, historisiert, gelöst und in einem gemeinsamen Konsens aufgelöst werden können.
Und es ist ein Jubiläum, welches uns demonstriert, dass ein von Konfl ikten und Gefahren bedrohtes Land, das nach dem Ersten Weltkrieg Teil der jungen, gefährdeten Republik DeutschÖsterreich wurde, heute gesichert, mit Wohlstand, Frieden und Freiheit gesegnet, Zentrum einer mitteleuropäischen Friedensregion werden kann. Alles in allem sind dies wunderbare Anlässe, für ein Land und für seine Menschen zu feiern.


Die hysterische Gesellschaft

7. Februar 2020

Tragen Sie schon Mundschutz, wenn Sie mit den Öffis zur Arbeit fahren oder Ihre Kleinen im Kindergarten abgeben bzw. behalten Sie diesen schon sicherheitshalber zu Hause? Und haben Sie bereits Trinkwasserreserven für zwei Wochen im Keller sowie Konservendosen mit spätem Ablaufdatum, Kerzen und Zündhölzer für den Fall des großen Blackouts des landesweiten Stromausfalls und sind Sie für die Klimakatastrophen-Apokalypse wirklich gerüstet? Fragen über Fragen, die man sich in unserer hysterischen Gesellschaft in Zeiten des Coronavirus immer öfter anhören muss. In Zeiten, da im kommunistischen China zig Millionen Menschen militärisch zerniert werden und abgeschottet, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Immerhin hat es bereits mehrere hundert Tote in China gegeben und das Virus ist längst in Europa angekommen, zwar nicht in Österreich, aber im benachbarten Bayern und in Frankreich.
Apokalyptiker haben also Konjunktur in dieser hysterischen Gesellschaft und in ihrer Variante als Klima-Apokalyptiker haben sie sogar flächendeckend politischen Erfolg und sind hierzulande in die Regierung gekommen. Wenn nunmehr der aus ihrer Mitte stammende Gesundheitsminister mit ruhiger Stimme unter schütterem Haupthaar verkündet, dass das Coronavirus kein Anlass für Panik sei, aber doch für Sorge, so trifft er den Zeitgeist unserer hysterischen Gesellschaft. Heute Coronavirus, früher SARS, die Schweinepest, die Vogelgrippe und der Rinderwahn – und dann natürlich nicht zu vergessen – der Klimakatastrophe. Was gab und gibt es nicht alles, was die Menschen quer über den Planeten nicht nur in Angst, sondern sogar in Panik stürzt. Kaum ein chinesischer Tourist, der nicht Mundschutz trägt und kaum ein Österreicher,
der in diesen Tagen sein Leib- und Magen-Chinarestaurant besuchen wird. Den Panikattacken der hysterischen Gesellschaft kann sich kaum jemand entziehen.
Und doch gibt es Kräfte, die damit ihr Geschäft machen werden: Auch wenn mit dem Herankommen des Frühlings das Coronavirus sich wahrscheinlich zurückziehen dürfte und hoffentlich nicht Millionen Tote weltweit verursachen wird wie im Jahre 1917 die Spanische Grippe, ist es doch ein Geschäftsmodell von einigem Ertragsreichtum. Da sind zum einen die Medien, die damit Schlagzeilen und Aufl age machen, dann natürlich – wir erinnern uns an das Medikament Tamifl u, dass wir alle wahrscheinlich mit längst abgelaufenem Datum im Medizinschrank haben – die Pharmaindustrie, die hier Umsatz macht und auch eben die Apokalyptiker in engem Sinne, die auch damit politisches Kleingeld machen können. In erster Linie ist es wohl ein Medienphänomen. Die global berichtenden Medien machen eine Epidemie sehr rasch zu einer Pandemie und ein Virus, das eine Lungenkrankheit verursacht, zum Killervirus. Die sozialen Medien tun das Ihre dazu, indem sie Verschwörungstheorien transportieren, wonach es sich um einen wildgewordenen biologischen Kampfstoff handeln könnte, der hier zufällig oder auch mutwillig freigesetzt wurde. Und natürlich gibt es so etwas wie eine Urangst in unserer Gesellschaft, die vielleicht aus der Zeit der Pest, des großen schwarzen Todes, stand, als halb Europa ausgerottet wurde. Fest steht jedenfalls, wir fürchten uns – in einer immer hysterischer werdenden globalen Mediengesellschaft.