Kriterium Kickl

26. März 2023

Nachdem vor wenigen Tagen die Führungsorgane der heimischen Sozialdemokratie beschlossen hatten, eine Mitgliederbefragung und danach einen Sonderparteitag abzuhalten, um zu klären, wer denn an die Parteispitze treten und damit auch der Spitzenkandidat bei der kommenden Nationalratswahl sein solle, äußerten sich die beiden Kontrahenten vor den Medien.
Befragt, was denn der Unterschied zwischen ihr und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sei, erklärte Pamela Rendi-Wagner gegenüber dem ORF-Interviewer, dass es in erster Linie ihre klare und unmissverständliche Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit dem FPÖ-Chef Herbert Kickl sei, die sie von ihrem Kontrahenten unterscheide. Und dieser wiederum meinte seinerseits, dass er mit dem blauen Gottseibeiuns der heimischen Innenpolitik nicht kooperieren wolle, eine Zusammenarbeit mit der FPÖ allerdings schloss er im Gegensatz zu Rendi-Wagner nicht dezidiert aus.
Aber nicht nur in der Sozialdemokratie, nein, auch im Kreise der ÖVP-Spitzenpolitiker scheint die Frage, wie weit man mit Kickl kooperieren dürfe, zum eigentlichen Hauptkriterium der politischen Zukunftsentwicklung zu sein. Nach dem Abschluss der türkis–blauen Koalition in Niederösterreich gab es massive Kritik an diesem Bündnis. Und das nicht nur von diversen linken Künstlern, von der Israelitischen Kultusgemeinde und von den linken Parteien, nein, auch aus dem Kreise der ÖVP. Und wieder war es einmal mehr der EU-Abgeordnete Othmar Karas, selbst auch aus Niederösterreich, der hier am lautstärksten protestierte.
Auf die Vorhaltung diverser Medien und politische Analytiker, dass Niederösterreich ein Probelauf für eine Neuauflage der schwarz–blauen Koalition auf Bundesebene sein könne, äußerten sich allerdings auch andere ÖVP-Spitzenpolitiker, dass das mit Kickl wohl sehr schwer denkbar sei. Jene allzu apodiktischen Absagen aber an jede Kooperation mit der FPÖ, die noch vor wenigen Wochen aus dem Munde von ÖVP-Chef und Bundeskanzler Nehammer gekommen waren, gehören nach dem niederösterreichischen Bündnis offenbar der Vergangenheit an. So scheinen die Strategen in den beiden Altparteien der Republik, also innerhalb der Volkspartei und der Sozialdemokratie, ihre politischen Zukunftsplanungen voll und ganz an Hand des Verhältnisses zu den Freiheitlichen und deren Parteichef auszurichten.
Von zentraler Bedeutung dürfte dies vor allem deshalb werden, weil den gegenwärtigen Umfragen zufolge eine Zweier-Koalition ohne Herbert Kickl und FPÖ nach den kommenden Nationalratswahlen keine Mehrheit haben dürfte. Eine Neuauflage der alten großen Koalition zwischen SPÖ und ÖVP käme keineswegs auf mehr als 50 Prozent, ebensowenig wie eine rot‑–grün–pinke Ampel aus SPÖ, Grünen und Neos.
Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger, als dass außer einer höchst instabilen Dreier-Koalition der beiden Altparteien mit einer der beiden kleinen Parteien nur eine wirklich tragfähige Zweier-Koalition unter Führung der FPÖ infrage käme. Und jene Erörterungen, die man gegenwärtig häufig hört, ob denn eine solche FPÖ-geführte Regierung ohne Kickl möglich wäre, ist von vornherein als Illusion, als bloßes Wunschdenken der FPÖ-Gegner zu betrachten. Herbert Kickl wird jenen Fehler, den sein Vorgänger Jörg Haider im Jahre 2000 machte, nämlich eine Regierung ohne seine Beteiligung, gewiss kein zweites Mal begehen.


Angstgesteuert in die Diktatur

26. März 2023

Vom Umweltschutz zum Öko-Faschismus

Die neue Linke, wie sie in der Folge der 68er-Revolte entstand, geriet über die Anti-Atom-Bewegung der 70er-Jahre in das ökologische Fahrwasser. Sie kaperte die alte, ursprünglich wertkonservative Umweltschutz-Bewegung, um gemeinsam mit dem als Friedensbewegung getarnten Antiamerikanismus eine neue, nur verdeckt marxistische politische Kraft zu begründen: Die Grünen eben. Diese wurden zur Sammelbewegung aller linkssektiererischen Gruppen wie Maoisten, Trotzkisten, etc., und vereinten diese zu einer neuen linken Bewegung, die es allerdings nie verstand, so wie die alte Sozialdemokratie im Bereich der Arbeiterschaft und der einkommensschwachen Schichten Wurzeln zu schlagen. Diese Grünen blieben vielmehr eine kleine elitäre linke Gruppe.
Erst der Import der political correctness mit all ihren Nebenerscheinungen, wie Feminismus, Wokeness und Cancel culture machten diese Grünen zu so etwas wie der Speerspitze des neuen Zeitgeists. Und dieser findet seine ultimative Ausprägung nunmehr in der Klimaschutzbewegung, die offenbar ein System des allumfassenden Öko-Sozialismus begründen soll.
Dieser neue Öko-Sozialismus, den man mit Fug und Recht auch Öko-Faschismus nennen könnte, hat totalitäre Tendenzen. Obwohl er im demokratischen System der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs von kaum zehn Prozent der Wähler getragen wird, erhebt er im gesamtpolitischen und gesamtgesellschaftlichen Bereich den Anspruch auf Zwangsmaßnahmen und massive Einschränkungen der Bürgerfreiheit und der Grundrechte. Und das mit dem Hinweis darauf, dass der Planet, das Weltklima, und damit die Menschheit nur dadurch zu retten wären.
Die indessen offenbar beendete Corona-Pandemie und die im Zuge derselben verhängten Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen waren für die Proponenten dieser Klimaschutzbewegung willkommener Anlass und das willkommene Vorbild für ebensolche Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen, die man nunmehr offenbar zum Zwecke des Klimaschutzes einführen will. Dazu gehören nicht nur Vorschriften und Einschränkungen im Bereich von Technologien, wie etwa der Autoindustrie und der Energiegewinnung, sondern auch Einschränkungen der Eigentumsrechte der Menschen. Da soll etwa der Bau von Einfamilienhäusern eingeschränkt oder gar verboten werden, da soll es Enteignungen zum Zwecke des Klimaschutzes geben und Maßnahmen zur Zwangsbewirtschaftung, etwa leerstehenden Wohnraumes.
Überhaupt hat sich diese Grünbewegung, die in erster Linie in paternalistischen Maßnahmen, also in Vorschriften, Geboten und Verboten ihr Heil sucht, zu einem politischen Faktor entwickelt. Wenn es nach ihr geht, werden die Errungenschaften der liberalen Marktwirtschaft und die einer offenen Gesellschaft Zug um Zug eingeschränkt oder gar abgeschafft. Der gläserne Bürger und der absolute kontrollierte und abhängige, also lenkbare Bürger scheint das Ziel zu sein.
Zur Durchsetzung einer solchen Politik des Öko-Sozialismus mit faschistischen Zügen erscheint es notwendig zu sein, eine absolut angstgesteuerte Gesellschaft herzustellen. Diese Angststeuerung vermochte man bereits während der Corona-Epidemie zu bewirken. Nunmehr will man nach demselben Muster offenbar die Ängste in der breiten Bevölkerung vor dem Weltuntergang durch den Klimawandel generieren. Bezeichnungen für Klimaaktivisten wie „Last Generation“ deuten klar darauf hin, dass hier apokalyptische Untergangsängste erzeugt werden sollen. Und nur im Zeichen solcher apokalyptischen Vorstellungen wäre ein Verzicht auf Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte durchsetzbar – soweit das grüne Kalkül.
Der wichtigste Verbündete der grünen Bewegung im Zuge der Durchsetzung dieses neuen Öko-Sozialismus sind zweifellos die zeitgeistigen, politisch korrekten linksliberalen Medien. Und nachdem die Journalisten auch in den theoretisch bürgerlichen oder konservativen Medien zu 90 Prozent dieser neuen links-grünen Ideologie anhängen, kann man davon ausgehen, dass es nahezu alle Medien sind, die diesen Weg hin zur Öko-Diktatur unterstützen. Und die anderen Bereiche der Gesellschaft, angefangen von der Politik, über die Justiz, bis hin zu den Universitäten und Bildungseinrichtungen, folgen weitgehend der von den Medien vorgegebenen Linie.
Die einzige Möglichkeit, diesen Weg hin zum Öko-Faschismus abzuwenden, besteht in der Anwendung des gesunden Menschenverstandes im Kreise der schweigenden Mehrheit der Bevölkerung und damit durch die Demokratie. Nur wenn die regierenden Parteien erkennen, dass all dies keineswegs dem Willen der Mehrheit entspricht, sondern bloß die obsessive Ideologie einer linken Minderheit darstellt, nur dann wird sich die drohende Öko-Diktatur verhindern lassen.
Dass Umweltschutz, Naturschutz und natürlich auch klimaschonendes Verhalten ein globaler Auftrag für die gesamte Menschheit sind, steht außer Zweifel. Dass man aber eine faschistoide Diktatur unter dem Vorwand des Klimaschutzes errichtet, ist keineswegs legitim. Vielmehr gilt es, auf die menschliche Vernunft zu setzen und auf die technologischen Entwicklungen der Gegenwart und Zukunft, um die ökologischen Probleme des Planeten zu lösen. Genau diese beiden Faktoren aber, die Vernunft des menschlichen Individuums und der Spezies Mensch und das Vertrauen in technologische Innovation, sind es, die den linken postmarxistischen Ideologen in den Reihen der Grünen völlig fremd sind.
Und überdies sollte klar sein, dass die spätlinken ideologischen Dogmen der political correctness, der Wokeness und der Cancel culture dem Natur- und Klimaschutz überhaupt nicht dienen. Da geht es einzig um Gesellschaftsveränderung und um die Durchsetzung der alten linken Forderung nach Schaffung des neuen Menschen. Eine Forderung, die bereits unter Stalin, Mao Tsetung und Pol Pot auf massenmörderische Art und Weise gescheitert ist.
Der Meinungsdruck, der diesbezüglich über die Medien, aber auch über die etablierte Politik und über die Wissenschaft auf die Bevölkerung aufgebaut wird, ist jedenfalls gewaltig. Bereits heute ist es soweit, dass es ganz durchschnittliche Bürger nicht mehr wagen, sich öffentlich zu äußern, wenn sie abweichende Meinungen zu Fragen des Klimaschutzes haben. Bereits heute gilt man als Ketzer, wenn man nicht die grünen Dogmen nachbetet, und/oder als Schwurbler und Rechtsextremist. Dieser Meinungsdruck aber könnte nur ein schwacher Vorgeschmack sein auf jene Öko-Diktatur, die sich durch die Politik der Grünen ankündigt.


Wir, dieSklaven, imtotalen Überwachungsstaat

16. März 2023

Was George Orwell in seiner Dystopie „1984“ kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Horrorvision an die Wand malte, wird in unserer Gegenwart bei weitem übertroffen. Die totale Überwachung des einzelnen Menschen durch einen übermächtigen Staat erfolgt heute mit technologischen Möglichkeiten, die sich Orwell nicht einmal in seinen kühnsten Träumen auszudenken vermochte.
Und was Friedrich August von Hayek in seinem Hauptwerk diagnostizierte, nämlich den „Weg zur Knechtschaft“ durch den Sozialismus, ist längst ebenfalls auf ganz andere Art und Weise als er dachte, dafür aber umso wirkungsvoller Realität geworden. Zwar heißt es nicht „Diktatur des Proletariats“, nicht „klassenlose Gesellschaft“ und nicht „Planwirtschaft“, die realen Lebensverhältnisse der Menschen aber in unserer angeblich so freien westlichen Gesellschaft entsprechen weitgehend diesen seinerzeitigen marxistischen Zielvorstellungen.
Daten sind es, also elektronisch gesammelte Informationen in ungeheurer Zahl über jeden einzelnen Bürger, über jede seiner Aussagen, jeden seiner Kontakte, über sein Konsumverhalten, seine politischen Ansichten und die geheimsten Obsessionen, die der Umsetzung dieses totalen Überwachungsstaates und des verdeckten Realsozialismus unserer Gesellschaft dienen.
Solche Daten zu sammeln, sie zu speichern und schließlich zur Basis für sogenannte Algorithmen zu machen, mittels derer die Verhaltensweise der Bürger, aber auch der Gesellschaft insgesamt gesteuert werden, ist das Bestreben
des Staates, aber auch der multi­nationalen Konzerne.
Die Absichten, mit denen das Sammeln der Daten begründet wird, sind natürlich nur die allerlautersten: Da geht es immer nur um das Gemeinwohl, und den Schutz der Bürger und natürlich auch um die Verhinderung illegalen Verhaltens. Man benötigt die Daten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Steuerbetrugs und der Geldwäsche. Und natürlich hat man auch Gesetze gegen den Datenmissbrauch und zum Datenschutz beschlossen, Gesetze die sich zwar als sehr restriktiv gegen Aktivitäten in der Gesellschaft wenden, die letztlich aber zahnlos sind, wenn es um den Schutz der Privatsphäre der Bürger geht.
Was in den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts, im Sowjetkommunismus, aber auch in Nazideutschland und anderen faschistischen Staaten angestrebt worden war, nämlich die totale Überwachung des Bürgers und seine organisatorische und ideologische Gleichschaltung wird auf diese Art und Weise in unserer Gesellschaft heute auf verdeckte Art und Weise und schleichend realisiert. Die zeitgenössische Zivilreligion der political correctness sorgt für die ideologische Gleichschaltung der Menschen, und datengestützte Algorithmen sorgen für die Gleichschaltung unserer Verhaltensweisen und deren Kontrolle für eine konformistische Einhaltung der dazu vorgegebenen Regeln.
Im ökonomischen Bereich ist bis unsere Tage das Bargeld-System noch immer ein Bereich, in dem individuelle Freiräume genutzt werden können. Da können weder die Steuerbehörde noch die Werbeabteilungen irgendwelcher multinationalen Konzerne unbeschränkt Einsicht nehmen und Einfluss ausüben. Mittels Bargeldes, sei’s nun gemünzt oder in Form von Scheinen, können sich die Menschen noch immer stille Reserven anlegen, Reserven, die der staatlichen Kontrolle und womöglich auch der Besteuerung nicht unterworfen sind.
Und die Bezahlung mit Bargeld verhindert auch die datenmäßige Erfassung des Konsumverhaltens der einzelnen Menschen und ist damit natürlich den multinationalen Konzernen ebenso ein Dorn im Auge wie den staatlichen Finanzbehörden.
Was Wunder also, dass im Zuge der Umsetzung des totalen Überwachungsstaates und des realen gesamtgesellschaftlichen Sozialismus auch das Bargeld abgeschafft werden muss. Die Bestrebungen in diese Richtung sind unübersehbar und in einzelnen EU-Staaten wie etwa in Schweden ist das Ende des Bargelds längst Realität. Zunehmend wird auch in unseren Breiten mit Plastikgeld, also mit Karte bezahlt. Und da sind es nicht nur die Supermarktketten, die mit vermeintlichen Verbilligungs-Aktionen, mit Sammelklebern und Rabatten, die sie ihren regelmäßigen Käufern gewähren, den völligen Überblick über ihre Kundschaft und deren Kaufverhalten erringen wollen.
Das Sammeln der Daten und deren Austausch, beziehungsweise sogar Verkauf – ob dies nun legal oder illegal ist – ermöglicht letztlich sowohl dem totalen Überwachungsstaat als auch Konzernen mit ihren ökonomischen Interessen den unbeschränkten Zugriff auf den Bürger und macht aus ihm letztlich den gläsernen Menschen.
Dieser gläserne Mensch neuer Prägung, also der total überwachte und wohl ebenso total gelenkte Bürger ist also so etwas wie der elektronisch gesteuerte Sklave des neuen Überwachungsstaates. Was also die Staatssklaverei des Sowjetkommunismus wa, oder das absolut gleichgeschaltete Mitglied der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft, ist nunmehr der datenmäßig zu hundert Prozent erfasste, politisch korrekte Staatsbürger.
Zunehmend wird dieser neue, absolut gesellschaftskonforme Staatsbürger jenem Typus des „neuen Menschen“ entsprechen, wie ihn die Linke seit der Französischen Revolution bislang vergeblich zu erschaffen versuchte. Nonkonformismus, eigenes Denken und Haltungen, die dem politisch korrekten Zeitgeist widersprechen, werden natürlich als Ketzerei gebrandmarkt. Bürger dieser Haltung werden – wir haben dies während der Corona- Pandemie bereits gesehen – als Schwurbler, Rechtsextreme oder gleich als Nazis an den Pranger gestellt.
Wie weit diese Ausgrenzung von „Gesellschafts-Schädlingen“ gehen wird, ist abzuwarten. Werden sie, wie in der Coronakrise bereits gehandhabt, kriminalisiert und polizeilich verfolgt? Oder werden sie gar wie in den totalitären Systemen des vergangenen Jahrhunderts in Umerziehungslager gezwungen oder kommen sie überhaupt schon in den Gulag?
Vorläufig scheint der totale Überwachungsstaat, auf den wir uns zubewegen, noch mit gewaltlosen Maßnahmen darauf zu reagieren. Ob dies so bleibt, wissen wir nicht. Seit George Orwells Buch „1984“ wissen wir jedenfalls, dass Verweigerer des neuen Systems und der neuen „Freiheit“ nichts Gutes zu erwarten haben.
Und das betrifft natürlich auch jene, die für die Erhaltung des Bargelds eintreten.


Polit-Plagiat in Türkis – die zweite

16. März 2023

Bundeskanzler Nehammers jüngste „Rede an die Nation“ war für seine Parteifreunde dem Vernehmen nach „richtungsweisend“, für die sozialdemokratische und freiheitliche Opposition hingegen „visionslos“ oder gar „wirr“. Je nach Standpunkt eben. Was sie aber mit Sicherheit war, ist ein Rückgriff auf eine Strategie, die wir von Sebastian Kurz kennen. Dieser vermochte bekanntlich damals der Strache-FPÖ, die nach dem Migrantenansturm von 2015 in den Umfragen als stärkste Partei gehandelt wurde, die Themen abzunehmen und damit den Sieg bei der Nationalratswahl von 2017 zu erlangen.
Nun wissen wir ja schon seit dem vergangenen Herbst, dass die ÖVP mit Nehammer und Innenminister Karner die Migrationsproblematik wieder in den Mittelpunkt ihrer parteipolitischen Agitation stellen will. Offenbar in der Hoffnung, das Erfolgsrezept von Sebastian Kurz wiederholen zu können. Und auch die übrigen Ansagen in der Kanzler Rede – Absage an die Klima–Apokalyptiker, an das Gendern und das Verbot von Verbrennungsmotoren – deuten darauf hin, dass Karl Nehammer dem freiheitlichen Oppositionsführer Herbert Kickl, der die Freiheitlichen neuerlich in ein Umfragehoch führen konnte, aufs Neue die Themen abnehmen will. Sozusagen eine politische Plagiatsaffäre und das zum zweiten Mal.
Allerdings muss man sich schon fragen, ob die Österreicher zweimal auf die gleiche türkise Taktik hereinfallen werden. Schon als Sebastian Kurz die ÖVP führte und danach auch noch Bundeskanzler wurde, mussten die Österreicher feststellen, dass da große Worte geäußert wurden und kaum Taten folgten. Wir erinnern uns an die Schließung der Balkanroute durch Kurz und sehen mit Staunen, dass diese in unseren Tagen nach wie vor das Einfallstor für illegale Migranten darstellt.
Und nach der deutlichen Absage des Bundeskanzlers an die Grünen stellt sich überdies die Frage, ob es nach den nächsten Nationalratswahlen zur Neuauflage einer ÖVP/FPÖ-Koalition, diesmal wohl unter blauem Vorzeichen, kommen kann. Dass die grünen Öko-Kommunisten mit ihrem totalitären Anspruch auf eine neue Verbots- und Vorschriften-Kultur vor dem Regierungs-Aus stehen, wird die Mehrheit der Österreicher jedenfalls erfreuen.
Ob Karl Nehammers Strategie aufgehen wird, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Die ÖVP scheint sich zwar langsam aus ihrem Umfragetief zu erholen, sie ist aber verglichen mit den Freiheitlichen nahezu um zehn Prozent abgeschlagen. Und nachdem die Sozialdemokratie ihre Führungsfragen offenbar nicht wirklich zu lösen vermag, könnte Herbert Kickl tatsächlich realistisch die Kanzlerschaft anpeilen. In den Umfragen ist er in der Kanzlerfrage jedenfalls bereits gleichauf mit dem amtierenden Bundeskanzler. Eine beachtliche Entwicklung, wenn man bedenkt, dass es über lange Jahre geheißen hatte, Kickl sei der unbeliebteste Politiker Österreichs. – offenbar eine fundamentale Fehleinschätzung.


Kärnten: Alles ist möglich

10. März 2023

Vor exakt 34 Jahren, am 12. März 1989, wurde Kärnten durch ein politisches Erdbeben erschüttert. Die bis dahin mit absoluter Mehrheit regierende SPÖ unter dem Nachfolger Leopold Wagners als Landeshauptmann, dem damals jungen Sozialdemokraten Peter Ambrozy, war auf kaum 46 Prozent zurückgefallen. Und Jörg Haiders Freiheitliche erreichten knapp 29 Prozent. Gemeinsam mit der ÖVP, die auf etwa 19 Prozent gekommen war, beanspruchte Haider nun erfolgreich den Sessel des Landeshauptmanns, gemäß dem zuvor postulierten Wahlkampf-Motto „tausche Jörg gegen Ambrozy“.
In unseren Tagen nun, bei der jüngsten Kärntner Landtagswahl, ist Peter Kaisers SPÖ von einer nahezu absoluten Mehrheit auf 39 Prozent zurückgestutzt worden. Und die Freiheitlichen, die ÖVP und am stärksten das Team Kärnten konnten zulegen und hätten nunmehr im Landtag eine satte Mehrheit.
Daher muss man natürlich anerkennen, dass die Sozialdemokratie in Österreichs südlichstem Bundesland trotzdem noch immer mit Abstand die stärkste Partei ist. Daher wird sie wohl legitimerweise neuerlich die Position des Landeshauptmanns beanspruchen.
Allerdings riecht es nach der „politischen Watsch’n“ für die SPÖ in Kärnten doch nach Wandel. Peter Kaiser hat diesmal mit minus 9 Prozent mehr verloren als seine Vorgänger 1988, und seine Sozialdemokratie ist mit 39 Prozent wesentlich schwächer als damals mit 46 Prozent. Aber FPÖ-Bundesparteichef Kickl könnte meinen, dass nun, ein gutes Jahr vor der entscheidenden Nationalratswahl eine regierende FPÖ in einem Bundesland hinderlich wäre für seine so erfolgreiche Fundamentalopposition. Vergessen sollte er allerdings nicht, dass Jörg Haider damals mit seinem Griff nach dem Landeshauptmann in Kärnten eine nahezu 25 Jahre währende blaue Vorherrschaft zu begründen vermochte.
Allerdings wären die Verhältnisse für einen völligen politischen Wandel in Kärnten schon schwieriger als seinerzeit zu Haiders Zeiten. Da wäre einmal die Tatsache, dass ein solcher Wandel eben nur mit einem Drei-Parteien-Bündnis möglich wäre. Und ein solches Bündnis wäre natürlich relativ fragil. Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob der pragmatische Populist Köfer sich mit der Rolle als Juniorpartner in einer solchen Koalition zufriedengeben würde. Und das gleiche Problem könnte man mit der auf 17 Prozent angewachsenen ÖVP des Herrn Gruber haben. Natürlich müssten in einem solchen Bündnis die Freiheitlichen unter Erwin Angerer den Landeshauptmann stellen. Sie wären mit 25 Prozent doch wesentlich stärker als die beiden Partner-Parteien.
Denkbar wäre in Kärnten aber auch eine Koalition zwischen den geschwächten Sozialdemokraten und den Freiheitlichen. Klarerweise würden in einer solchen Koalition die Roten den Führungsanspruch erheben, es wäre dies aber vielleicht ein Signal für eine künftige Kooperation auf Bundesebene nach den kommenden Nationalratswahlen. Und damit könnte das Herbert Kickl durchaus ins Konzept passen.
Und noch eine weitere strategische Variante wäre in Kärnten denkbar: Man könnte andenken, irgendeinen politischen Deal in Hinblick auf die in sechs Wochen ins Haus stehenden Landtagswahlen in Salzburg zu machen. Dort könnte man nämlich ebenso mit den Sozialdemokraten gegen den bislang amtierenden schwarzen Landeshauptmann paktieren.
Man sieht also deutlich, dass in Kärnten und in der Folge in Salzburg allerhand politische Veränderungen denkbar wären.


Wertvoll an der deutschen ­Geschichte …

10. März 2023

Ein Plädoyer wider den ­Nationalmasochismus

Bei den Briten heißt es „right or wrong my country“. Und das betrifft die englische Geschichte und jene des britischen Empires in all ihren Facetten und über die Jahrhunderte hinweg. Bei uns Deutschen hingegen wird die eigene Geschichte gewissermaßen als Abfolge von Katastrophen und Verbrechen verstanden, und die Persönlichkeiten dieser deutschen Geschichte werden quasi als Horrorkabinett gesehen. Der Grund dafür liegt natürlich in der Verengung des Blickwinkels auf die zwölf Jahre des Nationalsozialismus und die Tragödien und Verbrechen während der Epoche des Dritten Reichs. Und auch diesbezüglich ist die Propaganda der ehemaligen Kriegsgegner und der Siegermächte von 1918 und 1945 gewissermaßen zur Basis des deutschen Geschichtsbildes geworden. Und da heißt es dann, dass die gesamte deutsche Geschichte von Hermann dem Cherusker, über Karl den Großen, die Staufer, Martin Luther und den alten Fritz nur eine Entwicklung hin zum NS-Totalitarismus gewesen wäre.
Diese Sichtweise der „Besiegten von 1945“ auf die eigene Geschichte und dazu die aktuelle Geschichtslosigkeit der jüngeren Generationen, deren historische Ignoranz und Unwissenheit, bedingen es, dass die ganze Größe und der ganze Reichtum dieser unserer deutschen Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen nahezu in Vergessenheit zu geraten droht. Wenn die eigene historische Entwicklung und die Größen und Persönlichkeiten dieser eigenen Geschichte im 19. Jahrhundert zur Heroisierung der eigenen Nation dienten, wenn diese Geschichte im Zeitalter des Totalitarismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts häufig zur Legitimierung der eigenen – streckenweise auch verbrecherischen – Politik diente, glaubt man heute häufig, durch völliges Ignorieren dieser Geschichte auch deren Hypotheken und Lehren ignorieren zu können. Mit Ausnahme natürlich der immerwährenden Last und Verantwortung, die man für die Verbrechen des Nationalsozialismus zu tragen hat. Wobei die Pflicht-Antifaschisten unserer Tage die Vorgeschichte, die Ursachen, die Zusammenhänge und wohl auch die Abläufe und Auswirkungen dieser Verbrechen längst nicht mehr kennen oder gar verstehen.
Dabei ist die 1000-jährige deutsche Geschichte, mit ihrer tausendjährigen germanischen Vorgeschichte und mit ihrer facettenreichen jüngeren Geschichte – und das betrifft vor allem auch unsere österreichische Geschichte – so reich an Triumphen, aber auch am Tragödien, an geistig-kulturellen Leistungen, aber auch an Schreckensereignissen, dass sich die Beschäftigung damit in hohem Maße lohnen würde.
Wenn man die deutsche Geschichte nach speziellen Eigenheiten betrachten möchte, könnte man sagen, dass alles mit dem Kampf um die Freiheit begann. Um die Freiheit nämlich von der römischen Besatzung, im Freiheitskampf des Cheruskers Arminius gegen den Römer Varus und seine Legionen. Und dieses Streben nach Freiheit setzt sich bis hin in die Neuzeit zu den Bauernkriegen, bis zu den Befreiungskriegen gegen Napoleon und die Gründung der Urburschenschaft, über die bürgerliche Revolution von 1848 und letztlich bis zum Aufstand des Jahres 1953 in der „DDR“ und zum Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 fort.
Man kann die deutsche Geschichte natürlich auch unter dem Aspekt der Wehrhaftigkeit betrachten. Auch hier beginnend mit dem germanischen Abwehrkampf gegen das römische Imperium, über die militärischen Eroberungszüge der Völkerwanderung, die Rom-Züge der deutschen Könige bis hin zum Alten Fritz und seinem preußischen Militärstaat und zu Bismarcks Reichsgründung mit „Blut und Eisen“.
Ein weiterer zentraler Aspekt der deutschen Geschichte ist es sicher, dass durch die Translatio imperii der Reichsgedanke seit Karl dem Großen, zuerst auf die Franken und dann eben auf die Deutschen übergegangen ist. Die Sachsen-Kaiser, danach die Salier-Kaiser und schließlich die Staufer haben im Hochmittelalter das abendländisch-römische Kaisertum mit dem deutschen Königtum verschmolzen und die Deutschen zum Reichsvolk schlechthin gemacht mit dem Anspruch auf gesamteuropäische Dominanz. Die Übernahme des Kaisertums durch die Habsburger und deren Ausgreifen über das burgundische Erbe und Spanien auf ein Welt-Kaisertum bildete den Höhepunkt dieses imperialen Anspruchs. Allerdings hat diese imperiale Funktion der deutschen Geschichte auch dazu geführt, dass das deutsche Volk eigentlich der Leidtragende derselben war. Der Kampf des Kaisertums gegen das Papsttum, die Rivalität zwischen Territorialfürsten und dem deutschen Königtum, in der Folge die Zerrissenheit durch Reformation und Gegenreformation in den Glaubenskriegen und die deutsche Kleinstaaterei und schließlich im Dreißigjährigen Krieg die Funktion als Schlachtfeld der europäischen Mächte machen dies deutlich.
Abgesehen aber von den militärischen und machtpolitischen Kämpfen, den Siegen und Niederlagen, die die deutsche Geschichte ausmachen, gibt es die geistesgeschichtlichen, die kulturellen Leistungen der Deutschen, die sich durch deren Historie ziehen. Von der karolingischen Renaissance, über die hohe Religiosität, die sich in den Kaiserdomen von Speyer, Worms und Mainz zeigt, bis zur theologischen Leistung eines Martin Luther und schließlich den kulturell-literarischen Leistungen der deutschen Klassiker und der Philosophie des Deutschen Idealismus führt der Weg der deutschen Geistesgeschichte, die einen nicht wegzudenkenden Bestandteil der menschlichen Kultur darstellt. Dazu kommen die Schöpfungen der Komponisten deutscher Herkunft, von Bach über Mozart, Beethoven, bis hin zu Wagner, Brahms und Richard Strauss.
Dies sind nur einige Aspekte der deutschen Geschichte jenseits der Barbarei in den Jahren des NS-Totalitarismus, auf die man durchaus stolz sein könnte. Das Dogma der Geschichtswissenschaft, wonach es einen deutschen Sonderweg gebe, der das große Kulturvolk inmitten Europas geradezu zwangsläufig über den Militarismus hin zum Totalitarismus und weiter zu singulären Menschheitsverbrechen wie den Holocaust geführt hätte, erweist sich bei näherer Betrachtung als nicht haltbar. Zwar mag es sein, dass Deutschland in Hinblick auf die Bildung von Nationalstaaten in Europa so etwas wie eine „verspätete Nation“ war, aber Ähnliches könnte man auch im Hinblick auf andere Nationen, etwa im östlichen Europa – man denke an die Ukraine – sagen. Auch mag es richtig sein, dass diese „verspätete Nation“, also das wilhelminische Deutschland nach der kleindeutschen Lösung, die Bismarck realisierte, zu groß für seine europäischen Nachbarn war, dass dies gewissermaßen zwangsläufig zum Ersten Weltkrieg führen musste. Allerdings wissen wir spätestens seit dem epochemachenden Werk Christopher Clarks „Die Schlafwandler“, dass das Verschulden an diesem Ersten Weltkrieg keineswegs bei den Deutschen – und k.u.k.-Österreichern – alleine lag.
Deutschland mag damals als Quasi-Hegemonialmacht in Europa selbst schuld gewesen sein an der Einkreisung durch die Ententemächte, da es wahrscheinlich zu dominant war. Allerdings sehen wir in unseren Tagen, dass dieses Deutschland – zusammengestutzt nach zwei Weltkriegen – geradezu zwangsläufig, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht, die erste Rolle in Europa spielen muss. Und diese Rolle wächst Deutschland in zunehmendem Maße heute auch in politischer Hinsicht zu — ob es will oder nicht.
Mit jenem Nationalmasochismus allerdings, der das deutsche Geschichtsverständnis seit 1945 dominiert, lässt sich eine solche Führungsrolle innerhalb der Europäischen Union nicht übernehmen. Die Deutschen, und mit ihnen wir kleinen und neutralen Österreicher, die wir allerdings in der deutschen Geschichte eine so bedeutende Rolle gespielt haben, werden uns diesbezüglich zu einem neuen Verständnis unserer Geschichte durchringen müssen. Einem Verständnis, das unbefangen die Höhen und Tiefen, die Triumphe, aber auch die Tragödien der eigenen Geschichte akzeptiert und erkennt, dass wir nicht besser, aber auch nicht schlechter als die anderen großen europäischen Kulturvölker sind.


Vom ewigen Un-Frieden

2. März 2023

Gewalt und Krieg als ­anthropologische Konstante

Aus christlich-religiöser Sicht sind die Dinge relativ einfach: Gott hat den Menschen nach seinem Abbild erschaffen, als schön und gut. Und dann kam der Sündenfall, Adam konnte der Versuchung nicht widerstehen, aß vom Apfel der Erkenntnis und wurde aus dem Paradies vertrieben. Nun war er sterblich und musste um sein Überleben kämpfen. Und damit kamen eben der Kampf, die Gewalt, der Bruderzwist und letztlich der Krieg in die Welt.
Auch aus der Sicht der Evolutionstheorie ist die Angelegenheit nicht minder einfach: Der Mensch ist ein Raubtier, ernährt sich von pflanzlicher, aber auch tierischer Kost. Und diese Nahrung muss er sich erjagen. Und dabei geht es schlicht und einfach nicht ohne Gewalt. Und dabei kommt es natürlich auch mit seinesgleichen zu Konkurrenzkämpfen. Er jagt also nicht nur seine tierische Beute, er verjagt auch menschliche Mitbewerber. Er kämpft von Anbeginn seiner Existenz gegen Konkurrenten im Bereich der Fortpflanzung und im Bereich der Nahrungssuche. Dabei waren Knüppel, Steinbeil, schließlich Lanze und Pfeil sein primäres Handwerkszeug, in der Folge Maschinengewehr und Interkontinentalrakete.
Schwieriger wird die Angelegenheit allerdings, wenn man davon ausgeht, dass es so etwas wie „kulturelle Evolution“ gibt. Dabei stellt sich die Frage, ob der Mensch in der Lage ist, aus der Geschichte zu lernen und ob er schließlich das Prinzip, wonach der Mensch des Menschen Wolf sei – homo hominem lupus –, überwinden kann.
Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts musste man ja leider davon ausgehen, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Kriege der Menschheitsgeschichte steigerten sich nämlich bis hin zu zwei apokalyptischen Weltkriege. Doch bereits im Zeitalter des Kalten Kriegs glaubte man, gelernt zu haben, dass – vielleicht motiviert durch die nukleare Drohung der ultimativen Vernichtung der Menschheit – so etwas wie dauerhafter Frieden möglich sein müsse. Insbesondere nach dem Ende der Supermachtkonfrontation durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Pakts glaubte man, dass sich so etwas wie ewiger Frieden abzeichne, gestört nur durch lokale Konflikte, allenfalls Bürgerkriege und territorial begrenzte Grenzkämpfe.
Der Ukraine-Krieg zeigt uns indessen allerdings, dass dies nicht mehr als eine Illusion war. Der Rückfall in die Politik der militärischen Gewalt, der kriegerischen Grenzverschiebungen und des imperialistischen Anspruchsdenkens durch Russland macht uns deutlich, dass sich im menschlichen Verhalten, beziehungsweise in der interkontinentalen Politik nichts geändert hat. Abgesehen von den Kämpfen in der Ukraine und vom möglichen Ausgang derselben – ob nun Russland gewinnt oder das Regime in Kiew – wird sich danach zwangsläufig so etwas wie ein neuer Kalter Krieg, eine neue globale Frontstellung ergeben. Auf der einen Seite die Vereinigten Staaten von Amerika, die NATO und die Europäische Union, auf der anderen Seite Russland mit China im Hintergrund. Diese Frontstellung der Zukunft bedeutet alles andere als Frieden. Sie stellt allenfalls so etwas wie einen „eingefrorenen Krieg“ dar, und sicher keine Friedensordnung.
Ebenso wie kriegerische Auseinandersetzungen offenbar in der Menschheitsgeschichte zur unausrottbaren Tatsache gehören, ist Gewalt gegen den Mitmenschen im individuellen Bereich scheinbar so etwas wie eine anthropologische Konstante. Zwar hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in unseren Breiten so etwas wie eine Kultur der Gewaltlosigkeit durchgesetzt. Man schlägt seine Kinder nicht, physische Gewalt zwischen Ehepartnern wird nicht nur bestraft, sie ist auch zu einem gesellschaftlichen Tabu geworden. Und Wirtshausraufereien, wie die in früheren Tagen etwa im Alpenraum gang und gäbe waren, sind nicht einmal mehr als Folklore vorhanden.
Diese zunehmende Gewaltlosigkeit in den mitteleuropäischen Friedensgesellschaften wird allerdings durch die Zuwanderung testosterongesteuerter junger Männer aus Kriegs- und Krisengebieten und aus Gewaltkulturen konterkariert. Dies schlägt sich auch klar in der heimischen Kriminalstatistik nieder, wo die Gewaltverbrechen zu einem hohen Prozentsatz von jungen Männern mit Migrationshintergrund begangen werden und autochthone Österreicher kaum noch vorkommen. Dabei gibt es Schießereien allenfalls noch im Bereich der Bandenkriminalität, die häufigste spontane Tatwaffe ist auf ganz archaische Art und Weise das Messer.
Dies wird von der politisch korrekten Sozialwissenschaft und den Sozialarbeitern des heimischen Wohlfahrtsstaates natürlich entschuldigend mit der Traumatisierung dieser Menschen aufgrund der Krisen in ihren Herkunftsländern begründet. Dass etwa der Islam Gewaltanwendung gegenüber Andersdenkenden längst nicht in der Weise stigmatisiert, wie dies in unserer Kultur üblich ist, wird verdrängt. Und dass eben derselbe Islam Frauen als Menschen zweiter Kategorie betrachtet, gegen die Gewalt durchaus auch zulässig ist, ebenso.
Diesbezüglich scheint also im mitteleuropäischen Bereich so etwas wie „kulturelle Evolution“ in Richtung auf Gewaltlosigkeit stattzufinden. Die sogenannte „toxische Männlichkeit“ allerdings, jene Art von Aggression, die Männern gewissermaßen genetisch zu eigen ist, wird dadurch allerdings allenfalls unterdrückt und keineswegs ausgerottet. Da kann man Knaben im Vorschulalter vielleicht das spielerische Raufen austreiben und die Aggressionen junge Männer durch Leistungssport kanalisieren, das männliche Gewaltpotenzial bleibt dennoch vorhanden.
So wie man zwischenstaatliche Gewalt und kriegerische Willkürakte im Bereich der hohen Politik durch das Völkerrecht kanalisieren und möglichst unterbinden will, so gibt es natürlich den gesamtgesellschaftlichen Versuch zwischenmenschliche Gewalt im zivilen Leben zu stigmatisieren oder völlig zu verhindern. Dies gelingt im politischen Bereich auch immer wieder, die „Pax Romana“ des Augusteischen Zeitalters ist ebenso ein Beweis dafür, wie in der jüngeren Geschichte die Friedensordnung nach dem Wiener Kongress oder die „Pax Americana“ in den vergangenen Jahrzehnten.
Und natürlich entwickeln sich menschliche Gesellschaften auch immer wieder hin zu weitgehender Gewaltlosigkeit. Ein funktionierender Rechtsstaat und eine Zivilgesellschaft mit sozialer Gerechtigkeit, Konsens- und Dialogbereitschaft wird naturgemäß gewaltloser sein als eine Kasten-, Konflikt- und Ghettogesellschaft, wie sie sich in unseren Tagen durch die Massenzuwanderung abzeichnet. Gerade diese Massenzuwanderung ist es aber, die die kulturelle Evolution hin zu mehr Gewaltlosigkeit in unserer Gesellschaft beenden dürfte. Auch im Bereich der autochthonen Bewohner des Landes wird sich – schon aus Gründen der Notwehr – wieder ein höheres Maß an Gewaltbereitschaft breit machen.
Damit aber erweist sich, dass im Bereich der Machtpolitik die Geschichte längst nicht zu Ende ist. Der ewige Frieden bleibt eine Illusion, zwischenstaatliche Gewalt, vom diplomatischen Konflikt bis hin zum Angriffskrieg, bleiben Faktoren der internationalen Politik. Und was den Einzelmenschen und sein Verhalten in der Gesellschaft betrifft, dürfte Gewaltlosigkeit auch ein schöner Wunschtraum bleiben. Nicht nur dass Gewaltanwendung im Bereich der Kriminalität weiterhin bestehen wird, nein, auch im täglichen Verhalten des Durchschnittsmenschen wird sie weiter existieren. Ob stigmatisiert oder akzeptiert, Gewalt und tätliche Aggression bleiben so etwas wie eine anthropologische Konstante. Und die linken Träume von der Schaffung des „neuen Menschen“, gewaltfrei, aggressionslos und politisch korrekt haben sich längst als Sackgasse entpuppt, die nur in Entmenschlichung, Manipulation und Totalitarismus mündete.


Fluchtpunkt Europa

2. März 2023

Und wieder einmal sind Menschen gestorben als Folge des Versuchs, illegal nach Europa zu gelangen. In einem dramatisch überfrachteten uralten Fischerboot sind sie vom türkischen Izmir aus tagelang in Richtung Italien geschippert, um dort an den Klippen der Küste zu zerschellen.
Mehr als eine Million Menschen waren es, die im Vorjahr – weitestgehend illegal über die EU-Außengrenze kommend – in Europa einen Asylantrag stellten.
Und damit ist das europäische Asylsystem natürlich absolut überlastet. 108.000 von ihnen stellten den Antrag in Österreich. Und nun, im Jänner des neuen Jahres, soll die Zahl der Antragsteller angeblich um 50 Prozent zurück gegangen sein. Immerhin sind es nach wie vor 4.000 Asylanträge, die uns beglücken.
Eine Frage, die in diesem Zusammenhang kaum gestellt wird, ist jene, warum die Flüchtlinge und Asylsuchenden stets nach Europa wollen. Jene beispielsweise, die da jüngst aus dem türkischen Izmir aufgebrochen sind – weitgehend gewiss Syrer und Afghanen, also Muslime – hätten es doch viel einfacher, wenn sie in islamischen Bruderstaaten, etwa in Saudi-Arabien oder in den Golfstaaten, um Asyl bitten würden. Viele der Asylsuchenden, zumindest jene aus dem arabischen Bereich, also etwa aus Syrien, hätten dort kaum Integrationsprobleme. Sie wären der Sprache kundig, sie fänden die gleiche Kultur und die gleiche Religion vor.
Warum also immer nach Europa? Also nach Österreich, Deutschland, Frankreich, England oder Skandinavien, wo sie sich in eine völlig fremde Kultur integrieren müssen, die Sprache nicht können und überdies mit dem Christentum konfrontiert sind.
Von einer Aufnahme asylsuchender Menschen aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan in den Golfstaaten oder in Saudi-Arabien hört man überhaupt nichts. Dort scheint zwar Geld keine Rolle zu spielen, da die Saudis und die Eliten der Golfstaaten aberwitzige Billionen-Summen in fantastische Projekte investieren. Da werden Zukunftsprojekte geplant wie etwa „the line“, eine mehrere hundert Kilometer lange Stadt in Saudi-Arabien, oder ein 400 Meter hoher Wohnwürfel in der Wüste, wie aus einem schlechten Science-Fiction-Film.
Aber von großer Solidarität mit den muslimischen Brüdern, die da in Richtung Europa Asyl suchen, hört man nichts.
Warum also immer Europa? Offenbar herrscht in den Krisenstaaten des Mittleren und Fernen Ostens, in Schwarzafrika und anderswo in der Dritten Welt noch immer der Glauben, dass in Europa Milch und Honig fließen.
Noch immer scheint der „European way of life“, also unsere europäische Zivilisation und Kultur und unsere Demokratie und unsere konsequente Einhaltung der Menschenrechte große Anziehung auf die Menschen auszuüben. Oder ist es nur unser Sozialstaat, sind es nur die sozialen Benefizien bis hin zum bedingungslosen Grundeinkommen, was die Menschen anzieht?
Fest steht jedenfalls, dass Europa nicht alle Elenden und nach einem besseren Leben strebenden Menschen des Planeten aufnehmen kann.
Wenn es so weitergeht wie in den letzten Jahren, wird dieses europäische Lebensmodell ohnedies in sich zusammenbrechen und Europa wird damit seine Anziehungskraft verlieren. Zu spät allerdings!
Nunmehr jedenfalls gilt es, Solidarität von anderen Weltteilen, anderen Kulturen und anderen Staaten einzufordern. Und das betrifft zu allererst wohl die muslimische Welt, aber auch Bereiche Ostasiens und die Industriestaaten in Nordamerika. Europa alleine wird die Last der weltweiten Migrationsbewegungen nicht stemmen können.