Ein kluger Kopf hat in der Zwischenkriegszeit einmal gemeint, dass es für die Erben der Türkenbezwinger nicht würdig sei, bloß „ihr Vorgärtlein gegen Eintrittsgeld feilzubieten“. Und er meinte damit, dass das sich damals als deutsch fühlende Österreich nicht nur ein Tourismusland sein könne, dass die Bestimmung der Alpenrepublik nicht bloß darin bestehen dürfe, seine Landschaft, seine Menschen und seine Kultur für fremde Besucher feilzubieten. Heute, ein Menschenalter später, haben wir die Frage, wozu dieses Österreich gut sei, längst ad acta gelegt. Dass es auch so etwas wie ein Alpen-Disneyland ist, dessen wirtschaftliches Gedeihen sehr wohl im hohen Maße von der Tourismus-Wirtschaft abhängt, steht indessen außer Zweifel. So richtig deutlich wird uns dies natürlich in der sommerlichen Hochsaison, wenn die Politik – gottlob: endlich – Pause macht und die Fragen des Badewetters bzw. über das Gebaren der High Society bei den diversen Festspieleröffnungen im Mittelpunkt des Interesses steht.
Zuerst zum Wetter: Bekanntlich reden alle darüber und keiner tut etwas dagegen. Wie könnte man auch. Obwohl wir wissen, dass Temperaturen bis zu 40 Grad für unsere Breiten alles andere als normal sind. Die Klimaerwärmung findet statt, wir stöhnen unter der Hitze und möglicherweise werden wir demnächst unsere Lebensgewohnheiten an sie anpassen – wie in Sizilien, wo um die Mittagszeit niemand auf der Straße ist, niemand arbeitet.
Anders ist es bei den sommerlichen Kultur-Events des Landes. Da könnte die Republik der Bürger durch die ihn repräsentierenden Politiker sehr wohl Einfluss nehmen. Gut wär dies auch im Bereich der Intendanten-Bestellung, der Finanzierung und dergleichen mehr. Heraus kommt dabei – was vielleicht bei der Qualität der österreichischen Kulturpolitik ein Wunder ist – nach wie vor beeindruckendes. Die Salzburger Festspiele, die Bregenzer Festspiele, die vielen kleinen Festivals im Lande bieten nach wie vor Theater, Operette, Musical auf einem Niveau, das sich weltweit sehen lässt. Diverse Ausstellungen quer durch die Republik, die Sonderschauen in den Museen weisen Österreich nach wie vor als Land der Hochkultur aber auch des zeitgenössischen Kunstschaffens aus. Hier kann der Einheimische ebenso wie der ausländische Tourist Kunst genießen, bewundern, konsumieren wie kaum anderswo.
Österreich also doch in erster Linie ein Land, in dem Museumswärter und Skilift-Billeteure, Bademeister und Segellehrer ihr Unwesen treiben? Ein Land der Soubretten und der Heurigensänger? Gewiss ein falsches Bild, eine Charakterisierung, die den vielen Millionen fleißig arbeitenden, sich an die Gesetze haltenden, brav ihre Steuern zahlenden Bürgern des Landes nicht gerecht wird. Im politischen Sommerloch bei 37 Grad im Schatten, wenn alle nur daran denken, wo sie das nächste kühlende Gewässer finden und das nächste kühle Bier, mag es aber erlaubt sein, dieses Bild von Österreich zu zeichnen.