Vom Ende der Globalisierung

20. März 2020

Die möglichen Folgen der Corona-Pandemie

Eine weltweite Pandemie hält uns in ihren Klauen. Ein hochinfektiöses Virus breitet sich – ausgehend vom kommunistischen China – rasend schnell um die Welt aus und versetzt insbesondere die liberalen Demokratien in einen seit Jahrzehnten nicht gekannten Ausnahmezustand. Die nicht kontrollierbare Ansteckungsgefahr und die hohe Mortalität der älteren Generation rechtfertigen massive Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger, führen zur Absage demokratischer Wahlen und beenden die überstaatliche Mobilität, wie sie insbesondere in der EU gang und gäbe war.
Die Seuche ist unbestreitbar eine Folge der Globalisierung. Sie selbst ist global, ihre Verbreitung die Folge einer globalisierten Wirtschaft. Ganz gleich welchen Ursprungs das Virus ist, Tatsache bleibt, dass es über die wirtschaftlichen Kontakte zwischen China und den oberitalienischen Industrieregionen auf die Apennin-Halbinsel nach Europa kam.
Eine andere Verbreitungsmöglichkeit war der internationale Tourismus. Und die globalisierte Wirtschaft über multinationale Konzerne bedingt es, dass beispielsweise China, Korea und Taiwan zu verlängerten Werkbänken europäischer Produzenten wurden. Dass andererseits zehntausend chinesische Arbeiter, legal, aber auch illegal, sowie viele Schicksalsgenossen aus anderen Ländern und Staaten der Dritten Welt in Europa und in den westlichen Staaten arbeiteten. Die gegenwärtige herrschende Pandemie führt zudem deutlich die Schattenseiten der Globalisierung, der globalisierten Wirtschaft, aber auch des immer preiswerteren weltumspannenden Tourismus vor Augen. Die Abwehrmaßnahmen gegen diese Pandemie finden nun keineswegs auf der globalisierten Ebene statt, sie werfen uns vielmehr auf die regionale, innerstaatliche Ebene zurück. Grenzen werden geschlossen, der Reiseverkehr wird eingestellt und die meisten europäischen Staaten verfügen ohne Rücksicht auf ihre Nachbarländer, die ja allesamt ja auch EU-Länder sind, jeweils eigene Maßnahmen. Eine der negativen Folgen der Globalisierung ist dabei auch insofern vorstellbar, als beispielsweise die Grundstoffe für vielerlei Medikamente gar nicht mehr in Europa erzeugt werden, sondern auch in China und anderen ostasiatischen Ländern. In Zeiten von Reisebeschränkungen und der Einstellung des internationalen Warenverkehrs werden hier die Lieferketten schlicht und einfach unterbrochen und die Abhängigkeit Europas wird schmerzlich deutlich. Noch ist zwar in den betroffenen europäischen Ländern, insbesondere auch in Österreich, die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet. Bei längerer Dauer des Ausnahmezustandes könnte sich jedoch auch dies ändern. Bei allgemeiner Isolierung der Bevölkerung ist es ja nur eine Frage der Zeit, bis sich Supermarkt-Kassiererinnen, Bankangestellte und Tankwarte überlegen, ob sie sich für ihr geringes Gehalt der mutmaßlichen Todesgefahr des Virus aussetzen. Und die grenzüberschreitende Versorgung mit Gütern aus dem internationalen Warenverkehr dürfte bei zunehmender Sperre der Grenzen ohnedies nach und nach ausfallen. Da erweist sich dann die Anfälligkeit unserer vernetzten und globalisierten Gesellschaft, da so etwas wie eine autarke und regionale Lebensmittelversorgung kaum mehr möglich ist. Was in den 50er, 60er, 70er Jahren des letzten Jahrhunderts selbstverständlich war, die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs mit landwirtschaftlichen Produkten aus dem eigenen Land, ist heute schlicht und einfach kaum mehr möglich, und ein Zurückgehen auf diese Selbstversorgermöglichkeit dürfte äußerst kompliziert sein und lange dauern. Dennoch dürfte der Ausnahmezustand, wie er in Folge der Pandemie gegenwärtig über Europa herrscht, ein Umdenken in diese Richtung nach sich ziehen: Stärkere Unabhängigkeit der europäischen Produktion von außereuropäischen Zulieferern, eine stärkere Regionalisierung der Nahrungsmittelproduktion und ein stärkeres Bewusstsein in Sachen Zivilschutz der einzelnen Haushalte könnte die Folge sein. Was in der Klimakrise bereits propagiert wurde, nämlich eine Abkehr von den langen und häufig auch unnötigen Transportwegen im Nahrungsmittelbereich und die verstärkte Nutzung regionaler Ressourcen zwecks Schonung des Klimas, könnte solcherart verstärkt werden.
Ein weiterer überaus problematischer Aspekt der Globalisierung sind die globalen Migrationsbewegungen. Ausgelöst durch kriegerische Situationen oder Bürgerkriegsereignisse, durch Umweltkatastrophen, haben sich in den letzten Jahren Millionen Menschen auf Asien, Afrika, aber auch Lateinamerika in Bewegung gesetzt, allzu häufig aus Angst um Leib und Leben, hoffend auf den Schutz, den ihnen die Genfer Flüchtlingskonvention zu versprechen schien. Überdies ist es aber die weltweite Kommunikation über Internet und Fernsehen, die Millionen Menschen in allen Teilen der Dritten Welt in Europa und der westlichen Welt insgesamt ein Leben vorgaukelt, in dem Milch und Honig fließen. Wohlstandssicherheit, Libertinage, sexuelle Freizügigkeit, schöne Frauen, schnelle Autos, luxuriöse Wohnungen, Partys und Urlaubsfreuden. Dieses Bild vom Leben in der westlichen Welt, insbesondere in Europa, motiviert Millionen von potentiellen Wirtschaftsmigranten sich auf den Weg zu machen. Tausende von Kilometer und dutzende Staatsgrenzen werden dabei überwunden, um in Richtung Europa zu gelangen. Durchmischt mit echten Kriegs-, Bürgerkriegs- oder Katastrophenflüchtlingen, stellen diese Wirtschaftsmigranten, die zu allererst die westlichen Sozialsysteme migrieren, ein überaus explosives gesellschaftliches Potential dar, dessen Bewältigung bislang weder kulturell noch ökonomisch gelungen ist.
Die Abkehr von den Mechanismen der Globalisierung, wie sie tendenziell als Folge der Corona-Pandemie auf uns zukommen könnte, dürfte auch eine veränderte Betrachtungsweise des globalen Migrationstriebs nach sich ziehen. Geschlossene Grenzen bedingen eben nicht nur die Abwehr von infizierten Einreisenden, sondern neben der Reduktion des internationalen Warenverkehrs auch ein Hemmnis für Migrantenströme. Und das Bewusstsein der Bevölkerung, dass mit diesen Migranten keineswegs multikulturelle Bereicherung in Sachen Kulinarik und Lifestyle importiert wird, sondern sehr wohl auch in Europa längst ausgestorbene Krankheiten und Seuchen, dürfte ein Übriges tun. Die Flüchtlingsaufnahme aus türkischen Camps dürfte in Europa in der Zeit des Corona-Ausnahmezustandes in etwa so populär sein wie ein Alkoholverbot am Münchner Oktoberfest.
Und was die ökonomische Situation der Menschen in den europäischen Demokratien, insbesondere in Österreich, betrifft, so dürfte dieser Corona-Ausnahmezustand derartige Kosten verursachen und wirtschaftliche Schwierigkeiten verursachen, dass es unumgänglich sein wird, den Ruin der eigenen Klein- und Mittelbetriebe aufzufangen, die Arbeitslosigkeit im eigenen Bereich zu bekämpfen und sozial Bedürftige zu unterstützen. Die damit auf den Staatshaushalt zukommenden Belastungen werden in der Öffentlichkeit, in den Medien, in den politischen Kreisen, aber insbesondere in der Bevölkerung zweifellos das Bewusstsein wecken, dass das eigene Steuergeld eben auch im Lande verwendet werden muss und weder in die EU-Heranführungshilfe für die Türkei noch in den Merkel-Erdogan-Deal fließen sollte.
Alles in allem, könnte die Corona-Pandemie als Auslöser so etwas wie einen „Rollback“ der Globalisierung bedeuten und eine Hinwendung, insbesondere der europäischen Nationen, zu mehr Regionalität, zu stärkerer nationaler Souveränität und zu tendenzieller Autarkie. Dass diese Tendenz durchaus auch der Bekämpfung der Klimakrise nützlich sein könnte, erhöht nur ihre Sinnhaftigkeit.


Sorge und Solidarität

19. März 2020

Der Ausnahmezustand herrscht im Land, das öffentliche Leben ist erloschen, Schulen und Universitäten geschlossen, die Ämter verwaist, die Rollläden der Geschäfte sind unten, Restaurants und Cafés sind dicht, und die Menschen sitzen verängstigt in ihren Häusern und Wohnungen.
Was ist passiert? Haben fundamentalistische Terroristen im Zentrum Wiens eine Atombombe gezündet, um die UNO-City in die Luft zu jagen? Sind uns die Atomkraftwerke in Mochovce oder in Krsko um die Ohren gefl ogen? Oder hat gar der Polsprung stattgefunden und liegt Österreich plötzlich am Äquator? Nein, nichts von alledem. Ein heimtückisches Virus hat das Land, darüber hinaus ganz Europa und die restlichen Staaten des Planeten, in seinen Klauen (Zeit der Abfassung diese Textes). Vier Todesopfer dieses Virus und um die 1.000 Infi zierte – zumeist mit leichten Krankheitsverläufen, also nicht die Beulenpest, keine Choleraepidemie und auch nicht Ebola . Corona, so lautet die Chiffre des Unheils.
Nun sind die Maßnahmen, die die Regierung in diesen Tagen verhängt hat, zweifellos vernünftig und notwendig – vielleicht ein paar Tage zu spät, aber im Nachhinein sind wir alle klüger. Und die Hoffnung besteht, dass man dadurch die Infektionskurve abflachen kann, um die Überlastung des heimischen Gesundheitssytems zu verhindern. Zwangsläufi g wird die Epidemie damit länger dauern, aber sie wird, so hoffen wir, nicht jene dramatischen Konsequenzen haben, wie wir sie etwa gegenwärtig in der Lombardei beobachten müssen. Und um hier in Österreich das Ärgste zu verhindern, ist Solidarität gefragt. Solidarität, Klugheit und Besonnenheit der Bevölkerung: Die Jungen müssen trotz der leichten Verläufe, die ihnen drohen, bereit sein, aus Solidarität mit der älteren Generation auf längere Zeit auf ein normales Leben zu verzichten, und die Alten müssen sich in Klausur, in Quarantäne begeben, um der Gefährdung aus dem Weg zu gehen.
Und all jene, die den Rest des Alltagslebens aufrechterhalten, die Verkäuferinnen im Supermarkt, die Tankwarte, die Bankangestellten, die Apotheker und vor allem das Gesundheitspersonal, sie müssen in hohem Maße Opferbereitschaft, ja sogar die Selbstgefährdung aufbringen und riskieren. Wir stehen also vor der paradoxen Notwendigkeit, dass eine Gesellschaft von sich isolierenden Einzelmenschen und -Familien größtmögliche Solidarität und Gemeinsinn aufbringen muss. Hoffentlich ist das zu schaffen. Andererseits gibt es da die Sorge. Sorge nicht nur um die eigene Gesundheit und um das Leben der Risikogruppe der älteren Mitbürger, sondern auch die Sorge, wann und ob wir jemals wieder zur Normalität, wie sie vor dem Ausbruch der Coronaepidemie geherrscht hat, zurückkehren können. Werden wir wieder unbeschränkt reisen können, werden wir wieder in Italien auf Cappuccino und Pasta gehen können? Am Strand von Jesolo in der Sonne liegen? Werden wir Paris, Rom und Athen wieder für ein Wochenende besuchen können?
Werden wir Geschäftskontakte in Peking, Tokio, New York oder L.A. wieder wahrnehmen können? Und werden bei uns wieder Restaurants und Cafes offen haben? Wird es wieder volle Fußballstadien geben, werden Fußball-EM und die Olympischen Spiele stattfinden? Werden wir uns wieder mit Freunden treffen können? Unsere Großeltern besuchen? Und gesellig auf den Straßen und Plätzen unserer Städte flanieren dürfen?
Und dann gibt es da auch die Sorge um unsere Demokratie und unsere Bürgerrechte: Werden wieder wie gewohnt Wahlen stattfi nden? Werden Gesetze wieder auf die rechtsstaatlich vorgegebene Weise beschlossen, mit Fristen und Begutachtungen und nicht innerhalb eines Tages durchgepeitscht? Werden wir uns wieder frei und unkontrolliert im öffentlichen Raum bewegen können? Werden wir Grundrechte, wie die Versammlungsfreiheit, die in der Europäischen Union verbriefte Reisefreiheit wieder wahrnehmen können?
Und schließlich die Sorge um die Wirtschaft – wird sie nicht wieder gutzumachenden Schaden nehmen? Rutschen wir in eine Rezession, in eine neue Weltwirtschaftskrise mit großfl ächigem Vermögensverlust und Massenarbeitslosigkeit? Wie viele kleine und mittlere Betriebe werden insolvent werden? Und welchen Schaden werden die Staatsfi nanzen und die Staatshaushalte nehmen?
Solidarität und Sorge prägen derzeit – nicht nur auf Österreich beschränkt – das Leben der Menschen.


Die Neutralisierung von Systemkritikern

12. März 2020

Strategien gegen patriotische Freiheitsparteien

Das politische Establishment in den westlichen Demokratien, auch in Österreich, ist rein formal natürlich den Prinzipien demokratischen Machtwechsels verpflichtet. De facto aber versucht es mit einer gewissen Zwangsläufigkeit, Machterhaltung zu praktizieren und die eigenen politischen Positionen mit allen lauteren und möglicherweise auch weniger lauteren Mitteln zu verteidigen. Solange dies im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Usancen geschieht, ist dies auch nicht illegitim.
Insbesondere gegenüber nonkonformistischen, prinzipiell systemkritischen politischen Bewegungen und Parteien entwickelt das politische Establishment die verschiedensten Abwehrstrategien, die bis hin zur Vernichtung dieser Herausforderer gehen. In den 70er und 80er Jahren in der Folge der neulinken Bewegung von 1968 waren es vor allem linke, auch ultralinke Gruppierungen, die da bekämpft werden mussten. Sie haben allerdings den langen Marsch durch die Institutionen geschafft und sind über diverse etablierte linke Parteien, von der Sozialdemokratie bis hin zu den Grünen, längst an die Futtertröge der Macht und ins Zentrum des politischen Establishments vorgedrungen.
In den letzten zwei Jahrzehnten hingegen sind es vorwiegend rechtsorientierte Gruppierungen, die sich selbst zumeist als patriotische Freiheitsparteien definieren, welche als Herausforderer für das politische Establishment an Gewicht gewonnen haben.
Bahnbrechend waren diesbezüglich zweifellos die österreichische FPÖ, der Front National des Jean-Marie Le Pen in Frankreich und die italienische Lega Nord des Umberto Bossi bzw. parallel dazu die Allianza Nazionale des Gianfranco Fini. In ihrem Gefolge entwickelte sich in nahezu allen europäischen Ländern so etwas wie eine rechtspopulistische Bewegung mit mehr oder minder großem Erfolg.
Wiewohl Österreich als kleinerer EU-Mitgliedstaat kein großes politisches Gewicht hat, war die Entwicklung der rot–weiß–roten Freiheitlichen unter Jörg Haider und dann später unter Heinz-Christian Strache paradigmatisch für andere europäische Rechtsparteien. Demgemäß sind auch jene Strategien, die das politische Establishment zur Bekämpfung dieser FPÖ entwickelte und auch anwandte, der paradigmatische Kampf gegen den sogenannten Rechtspopulismus.
Als sich die österreichische FPÖ mit der Übernahme der Parteiführung durch Jörg Haider Mitte der 80er Jahre von einer nationalliberalen Honoratiorenpartei zu einer solchen rechtspopulistischen Bewegung entwickelte, war die erste Reaktion des politischen Establishments, konkret der Sozialdemokratie unter Franz Vranitzky, die Ausgrenzung dieser blauen Herausforderer. Die politische Gesprächsverweigerung und Stigmatisierung waren die Mittel dieser Ausgrenzung. Eine Stigmatisierung, die bis hin zur Kriminalisierung ging. Im Zuge der Briefbomben-Affäre Mitte der 90er Jahre waren klare Tendenzen erkennbar, die Verantwortung für diese Verbrechen den Freiheitlichen zuzuschieben und sie damit außerhalb des Verfassungsbogens zu stellen, sie schlicht und einfach zu kriminalisieren. Eine Strategie, die damals eher kurzfristig scheiterte, die allerdings zwei Jahrzehnte später in der Folge der Ibiza-Affäre durchaus erfolgreich wiederentdeckt wurde.
Eine Kriminalisierung erfolgte allerdings auch nach dem Ende der zweiten freiheitlichen Regierungsbeteiligung unter Wolfgang Schüssel und Susanne Riess-Passer bzw. deren Nachfolgern, weil damals diese Freiheitlichen glaubten, es ihren roten und schwarzen Konkurrenten gleichtun zu können und sich an den Futtertrögen der Macht entsprechend zu bedienen versuchten. Dies in der Folge zweifellos weniger professionell und mit einer gewissen kriminellen Energie, da man im Gegensatz den altkoalitionären Parteien nicht mit einer Versorgung im staatsnahen Bereich nach dem Ende der eigenen politischen Karriere hoffen konnte. Grasser, Meischberger, Rumpold und wie sie alle hießen, wurden solcherart zu willigen Opfern der Korruptionsjäger und der Staatsanwälte. Und eineinhalb Jahrzehnte später trat H.-C. Strache in deren Fußstapfen. Nach der Ausgrenzung war es der Versuch, diese politischen Herausforderer durch Streit, Hader und Spaltung zu neutralisieren. Die Gründung des Liberalen Forums durch Heide Schmidt stellte einen solchen Versuch dar. Die ein Jahrzehnt später erfolgte Gründung des Bündnis Zukunft Österreich durch den innerparteilich gescheiterten Jörg Haider war – anders geartet – ein ebensolcher Versuch.
Eine weitere Strategie zur Eindämmung des Wachstums und zur Neutralisierung einer nonkonformistischen systemkritischen Anti-Establishment-Partei war es, diese durch Einbeziehung in das Machtgefüge gewissermaßen zu domestizieren. Was war ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel doch stolz, als ihm politische Analytiker attestierten, er hätte die Haider-FPÖ durch die Hineinnahme in eine Mitterechts-Koalition nun gezähmt. Die Korrumpierung einer solchen Bewegung durch Schulterklopfen, durch scheinbare Akzeptanz, schien für eine gewisse Zeit ja tatsächlich zu funktionieren. Und als sich im Jahr 2002 rund um die Ereignisse von Knittelfeld die FPÖ dieser Strategie verweigerte, kam es eben zur Spaltung, wobei das neue BZÖ weiter an den Futtertrögen der Macht verbleiben durfte und solcherart als gezähmt galt.
Gleichzeitig allerdings manifestierte sich damals auch das Scheitern der „Domestizierungs-Strategie“, da sich die gespaltene und aus der Regierung geworfene FPÖ als überlebensfähiger erwies, als ihre Gegner gehofft hatten. Nach der Ausgrenzung und Kriminalisierung, nach dem Spaltungsversuch und nach der Domestizierungsstrategie war es die Gründung von Parallelparteien mit scheinbar ähnlichen Programmen und Inhalten, was den Vormarsch der FPÖ stoppen sollte. Konkret war es das Team Stronach, mit dem dieser Versuch unternommen wurde.
Unterstützt wird der Versuch, durch eine parallele Partei eine entsprechende Eindämmung der authentischen Gruppierung vorzunehmen, dadurch, dass verständlicherweise eine Reihe von einzelnen Personen aus dem eher opportunistischen Umfeld nach ihrem Scheitern in der Stammpartei der Versuchung unterliegen, in der Parallelpartei Mandate und Pfründe zu erlangen. Gerade aus den Reihen jener Quereinsteiger, die Jörg Haider jahrelang für die FPÖ angeworben hatte, gab es eine Reihe von Persönlichkeiten, die beim Team Stronach mitmachten. Aber auch der Erfolg solcher Parallelgründungen ist – zumindest in Österreich – überschaubar.
In Belgien etwa war eine solche Parallelgründung, die den Vlaams Belang schädigen sollte, absolut erfolgreich. Desgleichen war etwa in Italien die Domestizierungsstrategie von Erfolg gekrönt. Die Allianza Nazionale des Gianfranco Fini passte sich dem politischen Establishment zu 100 Prozent an, was zwar für Fini politische Ämter zeitigte, allerdings das politische Aus für seine Bewegung mit sich brachte.
All die skizzierten Strategien zur Eindämmung bzw. zur Vernichtung der rechtspopulistischen Nonkonformisten werden natürlich nicht separiert und für sich lupenrein praktiziert, sondern je nach Bedarf auch miteinander vermischt. Gegenwärtig zeigt sich am Beispiel der österreichischen FPÖ, dass man Ausgrenzung und Kriminalisierung – in diesem Fall gegenüber ihrem ehemaligen Obmann – ebenso praktiziert wie die Abspaltungsstrategie und die Gründung von Parallelparteien. Und gegenwärtig erweist sich in Österreich auch, dass diese Strategien – zumindest zeitweilig – auch von Erfolg gekrönt sein können. Die FPÖ, die bei den Wahlen des Jahres 2017 noch knapp 27 Prozent erreichte, stagniert derzeit in den Umfragen zwischen zwölf und 16 Prozent. Sie scheint also nahezu halbiert zu sein. Und überdies kommt in Österreich eine weitere Strategie zum Tragen, die ebenso gegenwärtig großen Erfolg hat: Die der Übernahme von Inhalten einer solchen nonkonformistischen rechtspopulistischen Bewegung durch Teile des etablierten politischen Spektrums. Wenn die türkise ÖVP des Sebastian Kurz mit freiheitlichen Inhalten wie etwa einer rigiden Migrationspolitik Wahlen gewinnt, ist dies der Beweis für den Erfolg dieser Strategie. Auch in diesem Falle allerdings wird sich erweisen, ob es längerfristig und auf Dauer erfolgreich ist, da man den Verdacht hegen kann, dass diese freiheitlichen Inhalte nur vordergründig übernommen wurden, und dann, wenn es zur politischen Nagelprobe kommt, nicht wirklich in die Realität umgesetzt werden. Ob beispielweise Kurz, das, wofür er von den vormaligen freiheitlichen Wählern gewählt wurde, dann tatsächlich realisiert, könnte sich sehr bald durch die sich verschärfende Migrationskrise erweisen.
Überlebensgarantie für eine systemkritische nonkonformistische patriotische Freiheitspartei wie es die FPÖ ist, stellen einzig und allein die Existenz eines politischen Lagers, einer Gesinnungsgemeinschaft dar und eine tiefgreifende ideologische Verwurzelung. Beides muss eine Bewegung wie die FPÖ pfl egen und Zeiterfordernissen anpassen. Die großen Themen des nationalliberalen Lagers einerseits, die Erhaltung der nationalen kulturellen Identität und andererseits der immer neue Kampf um die bürgerliche und kollektive Freiheit sind zeitlos. Die Gefährdungen dieser nationalen kulturellen Identität und der Freiheit bedingen die Notwendigkeit einer entsprechenden politischen Gegenbewegung.


Asyl? Ja, aber auf Zeit!

11. März 2020

Jene Menschen, die sich da zurzeit zu Tausenden an der türkischgriechischen Grenze versammeln, um in Richtung Europäische Union zu drängen, sind dem Vernehmen nach kaum syrische Kriegsfl üchtlinge, sondern vor allem Wirtschaftsmigranten aus Afghanistan, aus Pakistan, Schwarzafrika und anderen Ländern der Dritten Welt. Sie dürften in der großen Mehrheit keinen Anspruch auf Asyl in Europa haben. Sie in ihre Heimtaländer zurückzuschicken, ist allein eine Angelegenheit der Türken, was wohl in erster Linie deshalb nicht geschieht, weil sie Helfershelfer für die Erpressungsversuche des Recep Tayyip Erdogan gegenüber der EU darstellen.
Eine andere Sache sind die tatsächlichen Kriegsfl üchtlinge aus Syrien bzw. auch jene gegenwärtig noch aus der umkämpften Region Idlib in Richtung Türkei strömen. Sie haben zweifellos Anspruch auf Asyl. Allerdings auch nicht dort, wo es sie aussuchen, sondern im nächstgelegenen friedlichen Staat, und das ist nun einmal die Türkei oder auch der Libanon oder auch Jordanien.
Diese Länder bei der Betreuung der Flüchtlinge zu unterstützen, die sie zweifellos überfordert, ist eine Angelegenheit der Staatengemeinschaft. Sehr wohl der Europäer, aber natürlich auch der US-Amerikaner und vor allem der arabischen Welt, die für ihre arabischen Brüder gefälligst einmal Anstrengungen erbringen sollte. Und was besonders wichtig ist: Dieses Recht auf Asyl ist ein zeitlich begrenztes. Spätestens dann, wenn Frieden in Syrien herrscht – und das dürfte nach dem zu erwartenden Sieg des Assad- Regimes nicht mehr lange dauern – haben diese Asylanten in ihre Heimat zurückzukehren, um diese wieder aufzubauen. Und auch dafür mag es fi nanzielle Unterstützung im großen Rahmen durch die internationale Gemeinschaft geben. Aber keinesfalls nur durch die EU alleine.
Und dann ist da zum Dritten noch das humanitäre Problem. Natürlich müssen Menschen, die unter unhaltbaren Zuständen, beispielsweise auf der griechischen Insel Lesbos vegetieren, unterstützt werden. Und natürlich sollte man Kinder und Jugendliche – gewaltbereite und kriminelle ausgenommen – entsprechend versorgen, gleich, ob es sich nunmehr um Asylberechtigte oder um Wirtschaftsmigranten handelt. Dies muss allerdings keineswegs in der EU stattfi nden, sondern kann wiederum vielmehr mit fi nanzieller Hilfe der internationalen Gemeinschaft vor Ort geschehen.
Dazu sollte die Europäische Union, müsste auch Österreich, einen entsprechenden Beitrag leisten. Das wäre ein Gebot der politischen Vernunft und auch der Menschlichkeit. Keineswegs allerdings muss die EU und muss Österreich weitere Wirtschaftsmigranten aufnehmen. Die Zuwanderung in unser Sozialsystem, die Immigration gewaltbereiter junger Männer und islamischer Fundamentalisten brauchen wir wirklich nicht.


Der ominöse Herr Gerald Knaus

4. März 2020

Recep Tayyip Erdogan, wildgewordener osmanischer Autokrat, Kriegsherr an der syrischen Grenze und – man vergesse es nicht – nach wie vor Beitrittswerber zur Europäischen Union, will diese nunmehr mit syrischen Flüchtlingen in Millionenhöhe fl uten. Zu diesem Zweck hat er nun Zehntausende an Syrern an die EU-Außengrenze entsandt, wohl mit dem unausgesprochenen Auftrag, diese zu stürmen. An der Festlandgrenze ist dies aufgrund des Einsatzes der griechischen Polizei kaum möglich, an den ägäischen Inseln hingegen ist dies ein Leichtes. Von der Türkei kommende Flüchtlingsschlauchboote dürfen nämlich – ist das wirklich geltendes Völkerrecht? – nicht zurückgesandt werden. Und so zeitigt die von Erdogan verursachte Schlacht um Idlib weitere Hunderttausende syrische Flüchtlinge und damit indirekt den neuerlichen Ansturm auf Europa.
Soweit, so unerfreulich! Und dann kommt der aus Österreich stammende Soziologe Gerald Knaus ins Spiel. Als Vorsitzender einer Denkfabrik namens „Europäische Stabilitätsinitiative“ gilt er als der eigentliche Schöpfer des seinerzeitigen Merkel- Erdogan-Abkommens, wonach die Türkei gegen EU-Milliarden die syrischen Flüchtlinge zurückzuhalten hätte. Nunmehr erklärt er kraft der solcherart gewonnen sachpolitischen Autorität, dass die aktuelle Situation nur und ausschließlich aufgrund des Versagens der europäischen Politik zustande gekommen sei. Zwar habe man Milliarden an Erdogans Türkei gezahlt, um den Flüchtlingspakt aufrechtzuerhalten, aber das sei nicht genug. Man müsse weiter zahlen, sprich: Man müsse sich weiter vom Erpresser Erdogan unter Druck setzen zu lassen, um dann vielleicht einige Zehntausende Migranten weniger in die EU zu bekommen. Wenn man sich diesen seltsamen „Think tank“, diese „europäische Stabilitätsinitiative“ näher ansieht, wird rasch deutlich, dass auch dahinter einmal mehr der Milliarden-Spekulant George Soros als Finanzier steckt.
Natürlich nicht nur, aber doch maßgeblich. Und dann weiß man, wie viel es geschlagen hat: Das Ziel der Arbeit dieser „Stabilitätsinitiative“, deren Sprachrohr besagter Gerald Knaus ist, scheint die Flutung Europas mit Zuwanderern, mit Wirtschaftsmigranten und Pseudoasylanten zu sein. Und die vor Krieg und Terror flüchtenden Syrer sind da wohl Opfer eines solchen Planes und der Großtürke Erdogan der willige Helfershelfer.
Das Argument des Herrn Gerald Knaus, man könne den Millionenansturm schlicht und einfach wegen des Völkerrechts nicht stoppen, man müsse gewissermaßen illegale Grenzüberquerung einfach tolerieren, ist natürlich schlicht und einfach Nonsens. Natürlich kann der Staat, kann die EU, kann jedes Land in der EU die illegale Überquerung einer Grenze auch mit entsprechender staatlicher Gewalt verhindern. Und außerdem ist Völkerrecht bekanntlich immer eine Machtfrage und kann mit entsprechender Zustimmung der beteiligten Nationen auch geändert werden.
Aber der Rat des hochgerühmten Migrationsexperten läuft natürlich darauf hinaus, sich vom politischen Erpresser Erdogan weiter erpressen zu lassen. Dass man den durch Krieg und Elend bedrängten Menschen aus Syrien helfen sollte, steht außer Frage. Warum da aber von niemandem die Frage aufgeworfen wird, warum dies nur von Seiten der europäischen Steuerzahler erfolgen soll, warum nicht auch durch die US-Amerikaner oder durch die arabische Staatengemeinschaft, die auf Milliarden Petro-Dollars sitzt, ist kaum erklärlich.
Angesichts all dieser Entwicklungen darf man gespannt sein, wie die aktuelle österreichische Bundesregierung reagieren wird, wenn Griechenland dem Druck erliegt und sich die Flüchtlingsströme wieder so wie 2015 quer über den Balkan in Richtung auf Österreich und Deutschland ergießen. Wird Bundeskanzler Sebastian Kurz, wird sein Innenminister Karl Nehammer dann die von ihnen verbal immer wieder betonte harte Migrationspolitik durchziehen oder werden sie den Ratschlägen des Herrn Gerald Knaus und der Merkel-Strategie nachkommen? Das erklärte Ziel der weitaus großen Mehrheit der syrischen Flüchtlinge sind nämlich Deutschland und Österreich. Nicht nur, weil hier für Migranten angeblich ja Milch und Honig fließen, sondern schlicht und einfach deshalb, weil die Syrer hier schon weitgehend Verwandte haben, die schon seit Jahren, seit spätestens 2015, im Land sind.
Statt eine gemeinsame internationale Initiative unter Einbeziehung Russlands und der Türkei zu starten, wonach man in Syrien endlich Frieden macht, die fundamentalistischen Moslem-Aufständischen gegen das Assad-System isoliert und ausschaltet und in der Folge ein groß angelegtes „Resettlement“ der geflohenen Syrer in ihrer alten Heimat startet, hört man in Europa, insbesondere in Deutschland und wohl auch in Österreich, auf die Vorschläge des großen Migrationsexperten Gerald Knaus und des von ihm geleiteten obskuren „Think tanks“. George Soros lässt grüßen!