Die Strache-Macher

30. November 2010

Wie sich die Bilder gleichen: Ende der 90-er Jahre debattierte man heftig darum, dass die Große Koalition schlicht und einfach eine unfähige Regierung sei, nicht reformwillig, letztlich nicht gestaltungsfähig. Heute gibt es in den heimischen Medien die selbe Debatte. Damals hieß es in den Medien, die „Haider-Macher“, allen voran der vormalige Kanzler Franz Vranitzky hätten den seinerzeitigen FPÖ-Chef nahezu zwangsweise in die Regierung katapultiert. Heute lesen wir bereits, dass die „Strache-Macher“ in erster Linie in den Reihen der roten und schwarzen Regierungsparteien säßen (Chefredakteur Brandstätter im Kurier). Die „SPÖ-Säusler“, die da meinten, man brauche keine radikalen Reformen und die „ÖVP-Klientelpolitiker“ würden die Hauptschuld daran tragen, dass der blaue Oppositionschef demnächst wohl Regierungschef seien würde. Ihr einziges Programm bestehe darin, Strache ins Bundeskanzleramt zu katapultieren.

Wie sich die Bilder gleichen: Damals siegten Haiders Freiheitliche von Wahl zu Wahl, heute tun es die blauen Recken gemeinsam mit Heinz Christian Strache. Damals taumelte eine rot-schwarze Regierung von Desaster zu Desaster. Franz Vranitzky und Viktor Klima waren die glücklos agierenden Regierungschefs. Heute müssen sich Faymann und Pröll als „dick und doof“ karikieren lassen. Ein Duo von mäßiger politscher Strahlkraft. Und allenthalben wird dem blauen Oppositionsführer attestiert, dass er nur in Ruhe zuschauen müsse, wie sich das rot-schwarze Duo selbst demontiere.

Nun heißt es allerdings aus, dass sich Tragödien stets nur als Farce wiederholten. Unbestreitbar ist, dass die alte Tragödie der rot-schwarzen Proporzpolitik nunmehr eher als politische Lachnummer eine Wiederauferstehung feierte. Das Duo Gusenbauer/Molterer – wer erinnert sich überhaupt noch an die beiden? – war bereits skurril genug. Die Paarung Faymann/Pröll bietet bereits ein geradezu bizarres Außenbild. Während sich die Frage stellt, ob die europäische Integration und die Währungsunion zusammenbricht, debattiert die politische Klasse im Windschatten von Pröll und Faymann darüber, ob die Lehrer in Österreich Ländersache sein sollen oder nicht. Und während im fernöstlichen Korea Atomkriegsängste aufkommen, quält man sich in Österreich mit einer lauen Debatte über die allgemeine Wehrpflicht bei gleichzeitiger weiterer Demontage des Bundesheers. Das Tafelsilber der Republik wird verscherbelt oder demoliert: die Austrian Airlines, die einst staatseigene Luftlinie, die Bundesbahnen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und viele weitere Betriebe. Und die Herren Faymann und Pröll erklären den Österreichern, dass die Lage zwar hoffnungslos aber nicht ernst sei. Eine Tragödie also, die sich als Farce darbietet.

Wenn das Ganze also ein Déjà-vu der 90-er Jahre wird und tatsächlich so wie seinerzeit die „Haider-Macher“ nunmehr die „Strache-Macher“ unterwegs sind, dann muss allerdings auch die freiheitliche Opposition peinlichst darauf achten, dass sich die einigermaßen tragische Entwicklung während der seinerzeitigen Regierungsbeteiligung zwischen 2000 und 2006 nicht ab 2013 als Farce wiederholt. In sachpolitischer und programmatischer Hinsicht ebenso wie in Hinblick auf die handelnden Persönlichkeiten wird Strache darauf achten müssen, aus den Fehlern der Haider-Ära zu lernen. Sprich: Es stellt sich die Frage, mit welchen Programmen, mit welchen Akteuren und – das Wichtigste – mit welcher Stärke ist man bereit, in eine Regierung zu gehen. Und da kann es nur heißen: Die Freiheitlichen können nur dann regieren, wenn sie die stärksten Partei im Lande sind und wirklich jenen Teil ihrer vormaligen Oppositions-Programmatik umzusetzen in der Lage wären. Das ist zweifellos die wichtigste Lehre, die aus der Zeit zwischen 2000 und 2006 zu ziehen ist.


Banken und Blutsauger

24. November 2010

Na da können wir ja wieder einmal beruhigt sein. Irland bequemt sich nunmehr doch, unter den EU- und Euro-Schutzschirm zu gehen und die Hilfe werde weniger als 100 Milliarden Euro betragen. Der unbedarfte Laie fragt sich da, wie viel dann nach dem insolventen Griechenland dem insolventen Irland, das mutmaßlich insolvente Portugal und das weit größere insolvente Spanien benötigen werden. Werden da die 700 oder 800 Milliarden, die dieser Euro-Schutzschirm ausmacht noch reichen? Und überhaupt, woher kommt das Geld, wer gibt das Geld und wohin geht es? Die erste Frage ist leicht zu beantworten: Das Geld kommt von den europäischen Steuerzahlern und dabei in erster Linie von jenen aus den Nettozahler-Ländern, insbesondere also aus Deutschland und damit auch aus Österreich. Die Frage, wohin das Geld geht, scheint auch einigermaßen klar zu sein: Es fließt einmal mehr in die Banken. Da mag der eine oder andere einwenden, dass man die Banken doch gerade nach der von den USA ausgehenden Finanzkrise mit hunderten Milliarden gerettet habe. Worum also schon wieder?

Kein Mensch kann einem das schlüssig beantworten. Banken, die auf Luft Riesengeschäfte gemacht haben, die Gewinne in Milliarden-Boni für die Spitzenmanager investiert haben und gewiss den einfachen europäischen Steuerzahlern nicht zukommen ließen, werden nun mit deren Geld ein zweites, ein drittes Mal gerettet. Warum in Dreiteufelsnamen lässt man die hauptbetroffenen Banken nicht endlich Pleite gehen? Und warum wirft man jene Staaten, die die Eurozone so belasten und existentiell gefährden, nicht endlich aus derselben hinaus? Irland und Griechenland und Portugal, sie mögen ihre eigene Währung zurück bekommen und abwerten und Inflation und breitflächigen Vermögensverlust für die Bevölkerung hinnehmen. Sie haben sich ja auch auf unsere Kosten bereichert. Nun mögen sie zu unseren Gunsten auch wieder etwas ärmer werden.

Derlei scheinbar brutale Wahrheiten wagt keiner auszusprechen. Und keiner wagt zu sagen, dass auch sogenannte „systemrelevante Banken“, also jene multinationalen Groß-Finanzkonzerne, die angeblich so wichtig sind für die europäische Wirtschaft und für die Weltwirtschaft, insolvent werden könnten. Lehman Brothers sind Pleite gegangen. Wer weint ihnen heute wirklich eine Träne nach? Insbesondere jene Banken, die im Vorjahr und im laufenden Jahr bereits wieder Milliarden an Bonuszahlungen ausgeschüttet haben, sie mögen doch endlich Pleite gehen!

Gewiss, so werden die neunmalklugen Wirtschaftsexperten jetzt einwenden, dann kracht das gesamte System zusammen. Dann gibt es breitflächige Krise samt Vermögensverlust und Verarmung. Ja, um gotteswillen, wird es diese Verarmung nicht geben, wenn die Banken um jeden Preis gerettet werden und wir, die europäischen Steuerzahler diese unglaublichen Billionen-Summen begleichen werden müssen? Auch auf diese Frage gibt keiner eine Antwort.

Tatsache ist jedenfalls, dass wir in Österreich ein Sparpaket bzw. ein Sparbudget verpasst bekommen haben, indem die Masse der Steuerzahler, insbesondere die Familien, massiv geschröpft werden, massive Einbußen hinzunehmen haben. Tatsache ist, dass solches natürlich auch den Menschen in Griechenland, den Menschen in Irland aufgenötigt werden wird. Und zwar mit Recht, sie haben noch viel mehr als wir hierzulande über ihre Verhältnisse gelebt und zwar auf unser aller Kosten. Sie haben jetzt den Preis dafür zu zahlen. Warum das Ganze aber von statten gehen soll unter Schonung der internationalen Großbanken und deren Manager, bleibt rätselhaft.


Mit Verlaub – der Mann ist ein Arschloch!

22. November 2010

Über den Witzbold Dirk Stermann

Da macht Herr Dirk Stermann, einer jener bizarren Berufs-Scherzbolde, die im ORF auf Steuerzahlerkosten ihr Unwesen treiben, einen ebenso primitiven wie geschmacklosen „Judenwitz“ und was tut er, wenn er deswegen medial zur Rede gestellt wird? Er erklärt im besten Stil des präpotenten Piefke, dass er das machen dürfe, er habe ja Freunde in Israel. Wenn allerdings ein Herr Mölzer das machen würde, wäre das untragbar.

Ganz abgesehen davon, dass der Herr Mölzer, wenn er Witze macht, intelligente macht, ist diese Verteidigung des Herrn Stermann nicht nur mies, sondern schlicht auch dämlich: der Humorist glaubt, seine Peinlichkeit mit der politisch-korrekten Attacke auf einen ach so bösen Rechtspopulisten entschuldigen zu können.

Spätestens seit Salcia Landmann wissen wir, wie geistreich jüdischer Witz sein kann. Herr Dirk Stermann hingegen hat uns nur einmal mehr klar gemacht, wie geschmacklos im Gegensatz dazu „Judenwitze“ zumeist sind und wie einfach gestrickt jener neudeutsche Humor der Besser-Wessis ist, mit dem man dank ORF seit Jahren auch in Österreich beglückt wird. Um mit Karl Kraus zu sprechen: Werft ihn raus aus der Stadt, den Schuft! Und mit Joschka Fischer fortzusetzen: Denn er ist, mit Verlaub, ein Arschloch.


Slowenischer Präsident Türk übt sich in Widersprüchen

18. November 2010

Der slowenische Staatspräsident Danilo Türk hat sich im Interview in der Tageszeitung „Kurier“ in seltsamen Widersprüchen geübt. Keine Frage, Russland ist in der Tat ein extrem wichtiger strategischer Partner der EU mit eigenständiger historischer, politischer und ökonomischer Identität. Das gleiche trifft aber auch auf die Türkei zu, deren Territorium auch zum größeren Teil in Asien liegt. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum Türk für einen Beitritt dieses islamischen Landes eintritt, während er einen EU-Beitritt Russlands zu Recht ablehnt.

Zustimmen kann man dem slowenischen Präsidenten, wenn er die rasche Aufnahme von Kroatien und Serbien einfordert. Die Integration dieser beiden Balkan-Staaten muss für Brüssel Priorität in der Erweiterungsstrategie haben, obwohl damit die Aufnahmefähigkeit der EU wieder einmal an ihre Grenzen geführt wird.

Im Hinblick auf die Lage der Kärntner Slowenen und die Minderheitenpolitik in Kärnten und Slowenien seien die Gedanken von Türk aber wiederum nicht nachvollziehbar. So spricht Türk in Bezug auf die Rechte der slowenischen Minderheit in Kärnten davon, dass es anachronistisch sei, was in Kärnten passiert. Anachronistisch ist wohl viel mehr, dass wir es bei den Kärntner Slowenen mit einer der am besten geförderten Minderheiten innerhalb der EU zu tun haben, der Staat Slowenien sich aber bis heute weigert, die deutsche Minderheit in Slowenien verfassungsrechtlich zu verankern. Dies ist ein Armutszeugnis für ein EU-Land, das noch dazu mit dem Finger auf andere zeigt.


Kurzlebige Erregungen

16. November 2010

Wir leben in einer Epoche und in einem Lande, in den die Kurzatmigkeit gewissermaßen zum Prinzip erhoben wird. Es gibt nämlich so etwas wie eine jäh aufflammende, hektische und dafür aber auch rasch wieder abschwellende Art der Erregung, die bei uns das öffentliche, das politische, das gesellschaftliche Leben bestimmt. Nehmen wir etwa die letzten Tage und Wochen: Da war es die Abwahl eines ORF-Granden, das Interview eines außereuropäischen Botschafters und – aus ganz anderem Bereich – der Sieg bei Autorennveranstaltungen, was Österreich erregte.

Die Erregungs-Anlässe der Wochen davor, etwa der Wiener Wahlsieg der Freiheitlichen, die rigide Abschiebung irgendwelcher Zwillingskinder, der Bergtod auf dem Großglockner – alles längst wieder vergessen. Und genauso wird man die Erregtheit dieser Tage in wenigen Tagen vergessen haben. Wir wollen sie uns dennoch ein wenig näher ansehen: etwa die Abwahl des ORF-Informationsdirektors Oberhauser. Dabei wurde der altgediente Vorarlberger Medien-Bär, lange Zeit von allen hoch gelobt, zuerst zum Problem-Bären abgestimmt und dann vom juvenilen Polit-Duo Rudas und Pellinker zum Abschuss freigegeben. ORF-Generaldirektor Wrabetz erwies sich als Marionette der roten Parteisekretäre und dieser gerade der Pubertät entschlüpften Nachwuchs-Politiker, die aus sozialistischem Hochadel stammend nunmehr im ORF wüten dürfen, haben zur gnadenlosen Treibjagd geblasen. Da wurde Oberhausers Gehalt, seine Abfertigungen und seine Pensionsansprüche thematisiert, um sein Eintreten gegen Parteien-Interventionen in den Hintergrund zu drängen. Und letztlich hatte er keine Chance. Sein Rücktritt zeigt allerdings, dass der ohnedies an Höher- und Seherschwund leidende ORF nach wie vor eine reine Spielwiese für parteipolitische Interessen ist. Und auch wenn die Sozialisten nicht einmal mehr ein Drittel der Wähler unter ihren Fahnen versammeln können, den ORF dominieren sie zu 100 Prozent.

Oder nehmen wir das Interview des türkischen Botschafters, der – für einen Diplomaten unüblich – seinen Aversionen gegen Österreich freien Lauf gelassen hat. Die Österreicher seien Schuld an der mangelnden Integration der hier lebenden Zuwanderungs-Türken. Sie hätten diesen ein adäquates Schulwesen verweigert, sie würden diese in Ghettos drängen, sich nicht für ihre Kultur interessieren und überhaupt bloße Ablehnung spüren lassen. Dankbar muss man seiner Exzellenz, dem Botschafter sein, weil er einmal Klartext sprach und weil er uns zeigte, wie groß die Abneigung sowohl des türkischen Establishments als auch der breiten Masse der Zuwanderungstürken gegenüber unserem Land ist. Folgen wird aber auch diese Erregung keine haben. Man wird den Botschafter abberufen, allenfalls hat er sich eine gute Ausgangsposition für den Einstieg in die türkische Politik geschaffen.

Eine dritte Erregung der innenpolitischen Art bildet die Bildung der ersten rot-grünen Stadtregierung in der Bundeshauptstadt Wien. Unisono bejubeln die zeitgeistigen Medien dieses ach so interessante Experiment, bei dem der rote Alt-Grantler Häupl eine Zuwanderungs-Griechin in den Sessel der Vizebürgermeisterin erhebt. Dass es sich dabei tatsächlich um eine Koalition der Verlierer handelt, die dem Wählerwillen diametral gegenüber steht, wird ignoriert. Und was die Grünen in den nächsten Jahren Verkehrsplanung, in Sachen Integrationspolitik, in Sachen Infrastruktur in der Bundeshauptstadt anstellen werden, wird ebenso ausgeblendet. Nur wenige hellsichtige Beobachter gehen davon aus, dass damit ein weiteres Anwachsen der Strache-FPÖ in Wien gewährleistet sein dürfte.

Aber auch in diesem Fall können wir davon ausgehen, dass die Erregung und das Interesse bald abflauen wird. Neue Katastrophen, neue Sensationen, neue Aufregungen werden folgen. Die rot-grüne Stadtregierung in Wien wird zur tristen Alltagsrealität werden, der türkische Botschafter wohl bald aus dem diplomatischen Corps verschwinden und irgendein neuer Parteigünstling wird Informationsdirektor des ORF werden. Der gelernte Österreicher weiß also genau, was auf ihn zukommt. Er darf raunzen und meckern, ändern darf er nichts. Wir werden sehen, wie lange sich der angeblich ach so mündige Bürger hierzulande all dies gefallen lassen wird.


Erst Faschist, nun Moralist

11. November 2010

Die seltsamen Wandlungen des Gianfranco Fini

Gegenwärtig kann er sich nicht genug entrüsten über die erotischen Eskapaden seines Regierungschefs: Der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer wird weltweit als der Wortführer der regierungsinternen Gegner von Italiens Premierminister Silvio Berlusconi wahrgenommen. Die moralinsaure Empörung über den Lebenswandel und die Aussagen des Regierungschefs füllt gegenwärtig die Spalten der internationalen Gazetten. Und sie findet allenthalben Zustimmung bei den politisch korrekten Kommentatoren.

Nun ist Berlusconi zwar „Single“ weil geschieden und der Umgang mit dem weiblichen Geschlecht kann ihm also nur schwer vorgeworfen werden, seine Aussagen, er halte es lieber mit jungen Frauen als schwul zu sein, stoß naturgemäß aber bei den zeitgeistigen Kommentatoren auf Empörung und natürlich auch bei Fini. Dieser hat sich gegenwärtig zum Joker im Kampf um die Erhaltung der Mitte-Rechts-Regierung in Italien entwickelt, seine Kritik Berlusconis könnte die Regierung platzen lassen. Inhaltlich wendet sich Finis Kritik aber insbesondere gegen die Lega Nord, die er als verantwortungslos, rassistisch und extremistisch zu punzieren versucht.

In Wahrheit dürfte Fini die zunehmenden Erfolge der Lega fürchten, die nicht nur in Oberitalien zu einer wirklichen rechten Volkspartei geworden ist und die dabei konsequent für die Erhaltung der nationalen, oberitalienischen Identität kämpft, gegen Massenzuwanderung und Islamisierung. Fini selbst ist ideologisch bekanntlich längst nicht so konsequent geblieben. Der einstige Jung-Faschist und Mussolini-Bewunderer hat sich zum politisch korrekten Zeitgeist-Apostel gewandelt, der pflichtschuldigst nach Yad Vashem gepilgert ist und zunehmend geradezu linksliberale gesellschaftspolitische Thesen vertritt: für entsprechende Zuwanderung, gegen Diskriminierung von Schwulen und Schein-Asylanten und vieles dergleichen mehr.

Fini ist ein Beispiel, wie rechte Politiker als erstes ihre Wurzeln verleugnen, sich dann zunehmend in die Mitte bewegen, dort den Anschluss an das politische Establishment suchen, in hohe Regierungsämter gelangen und schließlich nach ihrer Ideologie auch ihre politische Bewegung verraten. Bekanntlich hat er erst vor Jahr und Tag seine Partei, die postfaschistische Allianza Nazionale aufgelöst und in Berlusconis „Populo de la Libertà“ eingebracht. Erst in jüngster Zeit, als sein Traum, Berlusconis Nachfolger zu werden verblasste und der Cavaliere deutlich machte, dass er keineswegs beabsichtige, in absehbarer Zeit abzutreten, begann Fini über so etwas wie eine Parteistruktur aufzubauen. Er sammelte Abgeordnete, um eine Gruppe namens „Futuro e Libertà per l’Italia“ zu bilden, die nunmehr austreten könnte.

Aber auch bei den jüngsten Entwicklungen kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass Fini in erster Linie die eigene Karriere und die eigene Position im Auge hat. Präsident des Abgeordnetenhauses reicht dem einstigen Faschisten, der sich nun als Moralist geriert, gewiss nicht. Er will Italiens Ministerpräsident werden. Das steht fest – und wenn er dabei zum Links-Politiker werden muss.


Österreichs EU-Abgeordnete gespalten

9. November 2010

Von den Rahmenbedingungen zur Umsetzung einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) hängt es ab, wie viele EU-Bürger das neue Instrument für ihre Anliegen nutzen werden. Während sich Grüne und SPÖ für eine möglichst einfache Zulassung aussprechen, wünschen sich ÖVP und Freiheitliche dafür strengere Kriterien. Auch die Übernahme der Kosten für E-Voting-Systeme ist noch umstritten.

Die EBI ist wohl einer der wenigen positiven Punkte im Lissabon-Vertrag. Allerdings fordere ich, dass eine erfolgreiche Initiative „zwingend eine Ausarbeitung eines Rechtsaktes der Kommission zur Folge haben muss. Die Initiierung einer EBI darf juristischen Personen nicht vorenthalten werden. Hier denke ich aber in erster Linie nicht an Parteien, sondern vielmehr an NGOs und Vereine, die davon betroffen wären. Zudem befürworte ich das Bürgerkomiteemodell für eine Registrierung.

Eine genaue Verifizierung der Unterschriften ist angebracht. Die Authentizität muss in jedem Fall gewährleistet sein, um Missbrauch zu verhindern. Ohne diese Maßnahme wäre es möglich, dass eine Initiative durch bewusste Falschunterzeichner sabotiert wird, wenn die Hürde zu niedrig ist.
Für die Onlinesammlung solle die Kommission eine „europaweit einheitliche Software zur Verfügung stellen“. Damit würden Ungleichheiten und Probleme bei der Anerkennung in verschiedenen Mitgliedsstaaten ausgeschlossen.

Für den ÖVP-Europaabgeordneten Paul Rübig soll die EBI ein „seriöses Instrument sein“. Die Authentifizierung der Unterschriften bei Anmeldung und Abstimmung solle deshalb durch die jeweiligen nationalen Behörden erfolgen. Rübig mahnt zu Gewissenhaftigkeit, immerhin könne die EBI einen Gesetzgebungsprozess anstoßen.
Anders sehen das die Abgeordneten von SPÖ und den Grünen. Jörg Leichtfried, Delegationsleiter der SPÖ im EU-Parlament, kritisiert, dass in den vorliegenden Entwürfen vorgesehen ist, dass nur natürliche Personen eine Bürgerinitiative einbringen dürfen, Organisationen hingegen nicht: „Die EBI ist auch ein Instrument für NGOs und Gewerkschaften.“ Leichtfried spricht sich daher für eine Erweiterung der Definition um „gemeinnützige Organisationen“ aus.

Die Position der Grünen entspricht sehr stark jener des Parlaments, meinte Wolfgang Machreich, Sprecher der grünen Europaabgeordneten Ulrike Lunacek. Die Partei würde sich auch für einen möglichst „niederschwelligen Zugang“ einsetzen.


Belastungen, Umfragen und Koalitionen

3. November 2010

Nun ist die Katze also aus dem Sack: Nachdem die beiden großen Wahlgänge dieses Jahres, die Wiener Landtagswahl und die Steirische geschlagen waren, hat die Regierung all jene steuerlichen Grauslichkeiten bekannt gegeben, mit denen die gelernten Österreicher ohnedies bereits gerechnet haben. Kurios ist nur, dass das neue Sparpaket der Regierung keineswegs die von der roten Seite geradezu so hysterisch geforderte „Reichensteuer“ gebracht hat, sondern vielmehr eine breite Belastungswelle für den kleinen Mann, für die Masse der Bevölkerung, für die Familien, für die Bankkunden, für die Autofahrer und für die Studenten.

Wenn man jetzt zynisch sein will könnte man sagen: Recht haben sie. Wozu ein paar Milliardäre und deren Privatstiftungen besteuern, wenn man stattdessen Millionen von Klein- und Durchschnittsverdienern schröpfen kann, was wesentlich mehr für die Staatskassen bringt. Bedenklich ist nur die Phantasielosigkeit der regierenden Steuer-Politiker, denen schlicht und einfach nichts Neues einfällt, die zu schwach sind, um eine wirkliche Verwaltungsreform durchzusetzen, die bekanntlich Milliarden einsparen könnte und die letztlich die Familien finanziell unter Druck setzen. Neben der Sanierung der Staatshaushalte wird damit allerdings der wohl noch wichtigere Problemkreis, nämlich die Förderung der heimischen Familien konterkariert. Finanziell ausgehungerte Familien werden nicht das leisten können, was der Staat von ihnen zu erwarten hätte, nämlich mehr Kinder, um sich stattdessen die Massenzuwanderung zu ersparen.

Neben diesem negativen Thema der neuen Belastungslawine wurde von den heimischen Medien ein anderer Bereich geradezu euphorisch bejubelt: Die Bildung einer rot-grünen Koalition in Wien. Dass sich da zwei Wahlverlierer zusammen tun, um gegen den Wählerwillen eine Regierungs-Notgemeinschaft in der Bundeshauptstadt zu bilden, ist real untergegangen. Stattdessen Jubel über die neue aus Griechenland stammende Vizebürgermeisterin, die im Schatten des grantelnden, immer fülliger werdenden Langzeit-Bürgermeisters nunmehr werkeln darf. Und Jubel über die Vorzugsstimmen des Herrn Van der Bellen, der nun ebenso in Wien wirken wird. Und breite mediale Zustimmung dafür, dass es endlich das rot-grüne Experiment gibt, wo sich doch schwarz-grün in Oberösterreich und Graz bereits so schön bewährt hat. All dieser Jubel ist nichts weiter als der Beweis dafür, dass die heimische Journaille eben mehrheitlich rot-grün orientiert ist und dies in ihrer Berichterstattung sehr wohl deutlich einfließen lässt.

Und dann gibt es da neben dem Belastungspaket und der rot-grünen Wiener Koalition noch ein weiteres mediales Thema in diesen Tagen: die neuesten Meinungsumfragen. Diese nunmehr bescheren den bei den letzten Wahlgängen siegreichen Freiheitlichen unter Heinz Christian Strache beachtliche Zuwächse. Um die 25 Prozent soll die FPÖ liegen, nahezu gleich mit der FPÖ und zum Teil bereits stärker als die Volkspartei. Ein „Zwischenhoch“ sei dies, beruhigen die Meinungsforscher, welches sich bis zu den nächsten Wahlen längst wieder abgeschwächt haben kann. Oder doch nicht? Die phantasielose steuerliche Belastungspolitik der Regierung, die Schröpfung des Mittelstandes und der Familien und das rot-grüne Multikulti-Experiment in Wien könnten die gegenteilige Entwicklung zeitigen. Da ist nicht ausgeschlossen, dass die Freiheitlichen sich in den 2-3 Jahren ohne Wahlgänge noch weiter entwickeln, noch stärker werden.

Es ist ein wahres Glück für Straches FPÖ – so könnte man ironisch anmerken – dass das politische Establishment ängstlich darauf achtet, diese so lästige blaue Opposition auszugrenzen, von jeder Mitwirkung und Mitverantwortung fern zu halten. Solcherart bleiben die Freiheitlichen als einzige Systemalternative für Österreich übrig. Sie prangern die Belastung des Mittelstands und der Familie an, sie prangern die ungebremste Zuwanderungspolitik an, sie prangern die mangelnde Integration und die Bildung islamischer Parallelgesellschaften an, sie prangern das Sicherheitsdefizit im Lande an, sie prangern die Demontage des Bundesheers an, sie thematisieren die übermäßige Belastung des Nettozahlers Österreich in der Europäischen Union. Die Perspektiven, die sich daraus für kommende politische Weichenstellungen in Österreich ergeben, sind unabsehbar.