Wie sich die Bilder gleichen: Ende der 90-er Jahre debattierte man heftig darum, dass die Große Koalition schlicht und einfach eine unfähige Regierung sei, nicht reformwillig, letztlich nicht gestaltungsfähig. Heute gibt es in den heimischen Medien die selbe Debatte. Damals hieß es in den Medien, die „Haider-Macher“, allen voran der vormalige Kanzler Franz Vranitzky hätten den seinerzeitigen FPÖ-Chef nahezu zwangsweise in die Regierung katapultiert. Heute lesen wir bereits, dass die „Strache-Macher“ in erster Linie in den Reihen der roten und schwarzen Regierungsparteien säßen (Chefredakteur Brandstätter im Kurier). Die „SPÖ-Säusler“, die da meinten, man brauche keine radikalen Reformen und die „ÖVP-Klientelpolitiker“ würden die Hauptschuld daran tragen, dass der blaue Oppositionschef demnächst wohl Regierungschef seien würde. Ihr einziges Programm bestehe darin, Strache ins Bundeskanzleramt zu katapultieren.
Wie sich die Bilder gleichen: Damals siegten Haiders Freiheitliche von Wahl zu Wahl, heute tun es die blauen Recken gemeinsam mit Heinz Christian Strache. Damals taumelte eine rot-schwarze Regierung von Desaster zu Desaster. Franz Vranitzky und Viktor Klima waren die glücklos agierenden Regierungschefs. Heute müssen sich Faymann und Pröll als „dick und doof“ karikieren lassen. Ein Duo von mäßiger politscher Strahlkraft. Und allenthalben wird dem blauen Oppositionsführer attestiert, dass er nur in Ruhe zuschauen müsse, wie sich das rot-schwarze Duo selbst demontiere.
Nun heißt es allerdings aus, dass sich Tragödien stets nur als Farce wiederholten. Unbestreitbar ist, dass die alte Tragödie der rot-schwarzen Proporzpolitik nunmehr eher als politische Lachnummer eine Wiederauferstehung feierte. Das Duo Gusenbauer/Molterer – wer erinnert sich überhaupt noch an die beiden? – war bereits skurril genug. Die Paarung Faymann/Pröll bietet bereits ein geradezu bizarres Außenbild. Während sich die Frage stellt, ob die europäische Integration und die Währungsunion zusammenbricht, debattiert die politische Klasse im Windschatten von Pröll und Faymann darüber, ob die Lehrer in Österreich Ländersache sein sollen oder nicht. Und während im fernöstlichen Korea Atomkriegsängste aufkommen, quält man sich in Österreich mit einer lauen Debatte über die allgemeine Wehrpflicht bei gleichzeitiger weiterer Demontage des Bundesheers. Das Tafelsilber der Republik wird verscherbelt oder demoliert: die Austrian Airlines, die einst staatseigene Luftlinie, die Bundesbahnen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und viele weitere Betriebe. Und die Herren Faymann und Pröll erklären den Österreichern, dass die Lage zwar hoffnungslos aber nicht ernst sei. Eine Tragödie also, die sich als Farce darbietet.
Wenn das Ganze also ein Déjà-vu der 90-er Jahre wird und tatsächlich so wie seinerzeit die „Haider-Macher“ nunmehr die „Strache-Macher“ unterwegs sind, dann muss allerdings auch die freiheitliche Opposition peinlichst darauf achten, dass sich die einigermaßen tragische Entwicklung während der seinerzeitigen Regierungsbeteiligung zwischen 2000 und 2006 nicht ab 2013 als Farce wiederholt. In sachpolitischer und programmatischer Hinsicht ebenso wie in Hinblick auf die handelnden Persönlichkeiten wird Strache darauf achten müssen, aus den Fehlern der Haider-Ära zu lernen. Sprich: Es stellt sich die Frage, mit welchen Programmen, mit welchen Akteuren und – das Wichtigste – mit welcher Stärke ist man bereit, in eine Regierung zu gehen. Und da kann es nur heißen: Die Freiheitlichen können nur dann regieren, wenn sie die stärksten Partei im Lande sind und wirklich jenen Teil ihrer vormaligen Oppositions-Programmatik umzusetzen in der Lage wären. Das ist zweifellos die wichtigste Lehre, die aus der Zeit zwischen 2000 und 2006 zu ziehen ist.