Schein-Schutzschild

Klingt ja wunderbar: Österreich soll also unter den Schutzschild modernster Luftabwehrsysteme kommen und fürderhin gegen alle Gefahren durch Raketenbeschuss, Drohnen oder dergleichen Attacken aus der Luft gefeit sein. „Sky Shield“, also „Himmelsschild“, nennt sich dieses System, das die heimische Verteidigungsministerin nunmehr im Verein mit einer Reihe anderer europäischer Staaten für unser Land anschaffen will.
Blöd nur, dass eben diese anderen Staaten samt und sonders NATO-Mitglieder sind und dass somit das Kommando über dieses Luft-Abwehrsystem zwangsläufig beim atlantischen Militärbündnis liegen wird und wohl kaum beim heimischen Verteidigungsministerium.
Nachdem die freiheitliche Opposition nun dagegen Sturm läuft, weil sie darin eine Gefährdung unserer Neutralität sieht, sind die Verharmloser des Vorgangs in den Medien aktiv geworden. Da tritt unser aristokratischer Außenminister im ORF auf und erklärt treuherzig, dass das Ganze bloß eine Schutzmaßnahme sei und mit der Neutralität nicht das Geringste zu tun hätte. Und irgendein Militärexperte erklärt im Staatsfunk, dass „Sky Shield“ eigentlich nur eine Einkaufsplattform sei, damit Österreich modernstes Gerät möglichst billig erhalte. So etwas wie ein militärtechnischer Sparverein also. Warum wir die amerikanischen Patriot-Raketen nicht selbst als neutraler Staat alleine kaufen können, erklärte er uns nicht. Gemäß dieser Logik müssten wir ja alle Anschaffungen von militärischem Gerät im Verein mit NATO-Staaten tätigen. Und weiter erklären die Befürworter des Projekts, dass wir ohnedies seit langem gemeinsam mit der NATO in der „Partnerschaft für den Frieden“ seien und dass die österreichische Neutralität durch die EU-Mitgliedschaft und die damit verbundene Beistandspflicht längst relativ zu sehen sei.
Einzig die freiheitliche Opposition sieht darin einen weiteren Schritt zur Aushöhlung der österreichischen Neutralität und zur Annäherung an das nordatlantische Militärbündnis. Einen Vorgang also, der nur scheinbar dem Schutz unseres Landes dient, sondern vielmehr massive Gefährdungen mit sich bringt. Damit könnte man nämlich sehr wohl in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden, den die NATO ganz offensichtlich anstrebe.
Und bei näherer Überlegung muss man das Ganze tatsächlich kritisch sehen. Nicht nur aus völkerrechtlichen und neutralitätspolitischen Überlegungen, sondern aus ganz realen militärischen Gründen. Gegen welchen potentiellen militärischen Angriff aus der Luft sollte und könnte „Sky Shield“ nämlich schützen? Wohl nur gegen einen aus Russland kommenden, wie wir ihn gegenwärtig im Ukraine-Krieg nahezu täglich erleben. Und wenn Österreich eine gemeinsame Luftabwehr mit NATO-Staaten in Anspruch nimmt, wird ein solcher Angriff Österreich mit Sicherheit nicht aussparen. Wohl aber würde man ein neutrales Land, wie die Schweiz und wie es Österreich sein sollte, solchen Luftangriffen nicht so ohne weiteres aussetzen.
„Sky Shield“ wäre also nur ein scheinbarer Schutzschild, da er uns kaum von Luftangriffen bewahren würde, sondern diese vielmehr erst anziehen könnte. Und dass eine konkrete militärische und waffentechnische Zusammenarbeit mit der NATO mit unserer Neutralität kaum vereinbar sein dürfte, steht wohl außer Zweifel.
Mit Spannung dürfen wir die diesbezügliche Entscheidung der Schweiz erwarten. Wetten wir, dass sie nicht mitmachen wird, sondern sich mit eigenem Geld ein eigenes System zur Luftabwehr anschaffen wird, das auch dem eigenen Kommando untersteht. Und das sollte auch Österreich tun!

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