Blaue Punktlandung

27. September 2010

Die Umfragen haben ja nicht so sonderlich gut ausgesehen für die steirischen Freiheitlichen, und von den Wiener Parteikameraden hörte man auch den einen oder anderen Zweifel, ob das gutgehen werde für die Blauen in der grünen Mark. Gekommen ist es nun doch höchst erfreulich: Den steirischen Freiheitlichen gelang so etwas wie eine Punktlandung bei etwa elf Prozent, womit sie sich zum einen verdoppelten, damit zurück in den Landtag katapultierten, um gleich einen Regierungssitz einzunehmen und somit Königsmacher und Zünglein an der Wage zu sein in der Steiermark.

Gerhard Kurzmann, der demnächst im Grazer Landhaus wohl Landesrat oder Landeshauptmannstellvertreter sein wird, wird von allen, die ihn kennen attestiert, ein kluger, vernünftiger und hoch anständiger Politiker zu sein. Die Eigenschaften eines Volkstribuns werden ihm gemeinhin nicht nachgesagt. Mit Sicherheit aber ist er ein gesinnungsfester Freiheitlicher und nur dümmliche FPÖ-Hasser meinen, er sei wegen seiner Loyalität gegenüber der „Kameradschaft IV“ so etwas wie ein „Rechtsaußen-Politiker“. Im Gegenteil: Kurzmann ist ein klassischer National-Liberaler, promovierter Historiker, gutbürgerlicher Archivar der Stadt Graz. Alles andere also als ein extremistischer Radaubruder, vielmehr einer der letzten Repräsentanten des klassischen national-liberalen Lagers.

Und als solcher wird er wohl auch in den nächsten Jahren steirische Landespolitik gestalten. Dabei hat er eine Vielzahl von Möglichkeiten. Als Zünglein an der Waage hat er in der Landesregierung gegenüber vier schwarzen und vier roten Regierungsmitgliedern die Möglichkeit, Druck zu machen, einmal mit Rot zu stimmen, einmal mit Schwarz zu stimmen, um freiheitliche Anliegen durchzusetzen. Mit sechs Landtagsabgeordneten, geführt als Klubobmann wohl vom Listenzweiten, dem freiheitlichen „Newcomer“ Georg Mayer (einem langjährigem Brüsseler Mitarbeiter des Autors dieser Zeilen und vormaligem Generalsekretär der rechtsdemokratischen EU-Fraktion „Identität Tradition Souveränität“), verfügt Kurzmann über eine neue und schlagkräftige Mannschaft für die steirische Landespolitik. Neben Kurzmann und den Landtagsabgeordneten haben die steirischen Freiheitlichen ja vier Nationalratsabgeordnete und noch dazu eine starke Riege in der Grazer Stadtpolitik, um den dynamischen Stadtrat Mario Eustacchio. Auf dieser Basis werden die Blauen in der grünen Mark in den kommenden Jahren wohl forsche Oppositions-, Kontroll- und Erneuerungspolitik betreiben.

Und dabei haben sie alle Chancen. Das Wahlergebnis war nämlich auch in anderer Hinsicht eine Punktlandung: Zu den elf Prozent die sie jetzt haben gibt es bei künftigen Wahlgängen zwei klare Hoffnungspotentiale. Zum einen einmal jene BZÖ-Wähler, die diesmal erkennen mussten, dass ihre Stimme wertlos war und das nächste Mal wohl freiheitlich wählen dürften, zum anderen jene Protest-Wähler aus dem Bereich der sozialen Veränderungsverlierer, die diesmal noch für die Kommunisten gestimmt haben. Sie sind zum Teil wertkonservative Menschen, die dem politischen Establishment misstrauen und durchaus auch für die freiheitliche Oppositionspolitik zu gewinnen wären. Da sind dann möglicherweise wieder jene 16, 17, 18 Prozent drinnen, die die Steiermark in der Zeit Jörg Haiders für die Freiheitlichen übrig hatte.

Eine Punktlandung war das steirische Wahlergebnis aber auch für Heinz-Christian Strache: Nicht nur, dass er für die Wiener Wahl damit Schub, Optimismus und parteinterne Motivation erhält, er verfügt in Zukunft für seine Gesinnungsgemeinschaft wieder über eine funktionierende Landesgruppe, ausgestattet mit den Mitteln der Landesparteiförderung, einer starken Präsenz im Landtag, in der Landesregierung und darüber hinaus auf der kommunalen Ebene. Die steirische Landesgruppe war schon in vergangenen Zeiten eine Stütze der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft, man denke an die Ära Götz, sie wird es wohl in Zukunft wieder im verstärkten Maße sein.