Wir sind Dritte Welt

Ein Kontinent zwischen Hedonismus und Veränderung, zwischen Anarchie und Autoritarismus

Das Projekt eines vereinigten Europas war zweifellos die Folge der Einsichten, zu welchen die europäischen Völker und ihre Eliten nach zwei desaströsen Weltkriegen gelangten. Und das Versprechen der europäischen Integration betraf somit den Frieden, die Freiheit und den Wohlstand. Und tatsächlich vermochte dieses europäische Projekt über längere Zeiträume und in vielen Bereichen des Kontinents tatsächlich Frieden zu schaffen, Freiheit zu gewähren und Wohlstand zu entwickeln. Zuerst im westlichen Teil Europas, und dann, nach dem Zusammenbruch des Sowjetkommunismus, auch in weiten Teilen Osteuropas. Nach den Jahrzehnten des Totalitarismus, der in Form des Nationalsozialismus und Faschismus weite Teile Mittel-, Süd- und Westeuropas unterdrückt hatte und dem real existierenden Sozialismus des Sowjetsystems, der in Osteuropa die Völker geknechtet hatte, brachten die demokratischen Prämissen, die zur EU-Mitgliedschaft notwendig waren und sind, tatsächlich Freiheit.
Nach dem Ende der Supermacht-Konfrontation war es wirklich Frieden, der durch das europäische Vereinigungsprojekt geschaffen wurde. Und was den Wohlstand betraf, so herrschte dieser im westlichen Teil Europas ohnedies seit den Jahren des Wirtschaftswunders, also seit der Nachkriegszeit, und wurde nunmehr auch für den östlichen Teil Europas zur ganz realen Perspektive. Milliardenzahlungen und Transferleistungen, die über Brüssel erbracht wurden, erfüllten dieses Versprechen zumindest teilweise.
Grundlegende Auffassungsunterschiede aber, was die Zielsetzung der Integration betrifft, schufen auch in dieser Phase der europäischen Erfolgsgeschichte für massive Differenzen. Die einen wollten die „Vereinigten Staaten von Europa“, was der Brüsseler Zentralismus beschönigend zum Ziel hatte, die anderen träumten von einem „Europa der Vaterländer“, in dem sie ihre nationale Identität und auch die Souveränität ihrer Staaten frei entwickeln könnten.
Insbesondere die Nationen des östlichen Europas, die über Jahrzehnte unter dem Joch des Kommunismus gelitten hatten, meinten nunmehr, im Rahmen des vereinten Europas ihre Eigenstaatlichkeit und ihre nationale Kultur ohne Beeinflussung von außen leben zu können. Dies war aber mit dem Brüsseler Zentralismus kaum vereinbar, weswegen die sogenannten Visegrád-Staaten in der EU-Zentrale bald in Verruf gerieten. Die EU-Vertragsverfahren gegen Polen und Ungarn machen dies deutlich. Einzig der gegenwärtige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und damit auch die vermeintliche Gefährdung der östlichen EU-Staaten, die einst im Warschauer Pakt waren, verdrängt zur Zeit diesen Antagonismus zwischen östlichen EU-Mitglieder und der Brüsseler Zentrale.
Was das Versprechen der Freiheit innerhalb der Europäischen Union betrifft, so hat man in den Jahren der Corona-Pandemie gesehen, wie schnell die Bürgerrechte grundlegend eingeschränkt werden können. Und die angedachten Maßnahmen für den längst zur Zivilreligion gewordenen Klimaschutz lassen die Gefahr erahnen, dass es noch weit größere Einschränkungen der Bürgerfreiheit geben wird. Dies bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass das große Freiheitsversprechen der Europäischen Union ziemlich hohl geworden ist. Im Grunde ist es mit der demokratischen Mitbestimmung, sowohl in der Brüsseler Zentrale als auch in vielen einzelnen Mitgliedstaaten der Union, nicht besser bestellt als in manchen autokratisch geführten Staaten der Dritten Welt. Und was das Friedensversprechen der europäischen Integration betrifft, so macht uns nicht nur der gegenwärtige Ukrainekrieg klar, wie rasch sich dieses in Luft auflösen kann.
Aber auch der innere Frieden innerhalb der Union und innerhalb der meisten einzelnen Mitgliedstaaten ist längst in hohem Maße gefährdet. In erster Linie ist es die unkontrollierte Massenzuwanderung von Armutsflüchtlingen aus der Dritten Welt, die aus den Gesellschaftssystemen der EU-Staaten längst weitgehend eine Konflikt- und Ghetto-Gesellschaft gemacht hat. Diese einst als multikulturelle Gesellschaft beschönigend definierte Entwicklung könnte im Extremfall in bürgerkriegsähnliche Situationen ausarten. Die jüngsten Ereignisse vom italienischen Gardasee und die Zustände in den Vororten europäischer Großstädte wie Paris und London beweisen dies. Zivilisatorische Werte, wie sie in Europa gang und gäbe waren, zählen hier kaum mehr etwas. Einerseits herrscht die islamische Scharia, andererseits blanke Anarchie. Von Integration ist bei der Masse der Migranten kaum mehr die Rede, vielmehr muss sich die autochthone Bevölkerung den Migranten in den diversen Parallelgesellschaften anpassen.
Dazu kommt nunmehr die Zeit der breitflächigen Verarmung innerhalb der europäischen Gesellschaft, die sich seit Jahren andeutet. In den unteren Einkommensklassen, die von den staatlichen Transferleistungen abhängig sind, führt die nunmehr in allen EU-Staaten hereinbrechende Inflation tatsächlich zur Verelendung. Staatliche Maßnahmen wie Preisdeckelungen und Finanzhilfen dürften sich als mehr oder minder untaugliche Mittel zur Armutsbekämpfung erweisen. Arbeitslosigkeit und auch Arbeitsunwilligkeit in Wirklichkeit, die sich durch die Verhaltensweisen in der Corona-Zeit verstärkt haben, tragen das Ihre zu dieser Verarmung breiter Bevölkerungsschichten bei. Aber neben den unteren Einkommensklassen ist es auch der Mittelstand, der von dieser Verarmung bedroht ist. Sparvermögen werden durch die Inflation breitflächig zerstört, Freiberufler und Kleinunternehmer kommen unter die Räder. Und die Perspektiven für die jüngere Generation für einen eigenen Vermögensaufbau den tendieren gegen Null.
Europa droht also vom Wohlstandskontinent zum Wohlstandsverlierer des 21. Jahrhunderts zu werden. Die Versprechungen des „European way of life“ sind also nicht mehr viel wert. Sie reichen gerade noch dazu aus, dass Europa weiterhin das Ziel der weltweiten Massen Migration bleibt. Zwar wären andere Bereiche des Planeten längst attraktiver, natürlich die Vereinigten Staaten von Amerika oder auch einzelne Staaten Ostasiens, diese aber haben wesentlich härtere Migrationsgesetze als die Europäische Union und sind daher von dieser Massenmigration weitgehend ausgeschlossen. Schleichend, aber unübersehbar, nehmen viele der EU-Mitgliedstaaten, aber auch deren Wirtschaftssysteme und die einzelnen Gesellschaftssysteme den Charakter von Dritte-Welt-Staaten an. Die Sozialsysteme werden bei anhaltender weiterer Zuwanderung nicht mehr finanzierbar sein, die Gesundheitssysteme werden kollabieren oder zumindest in Richtung Mehr-Klassen-Medizin verändert werden. Die Bildungseinrichtungen dürften durch zunehmende qualitative Nivellierung Schaden nehmen, die technologischen Innovationsfähigkeiten werden schwinden.
Die Verelendung wird schließlich nicht nur die materielle und wirtschaftliche Situation der Bevölkerung betreffen, sondern auch das Geistesleben und die Kultur. Die Hochkultur der einzelnen europäischen Völker hat ohnedies schon in der Vergangenheit durch Globalisierung und europäischen Zentralismus gelitten. Sie wird nunmehr durch die triviale Alltagskultur der Gesellschaft des elektronischen Biedermeiers und unserer Wegwerfgesellschaft vollends zerstört. Letztlich droht Europa damit das Schicksal eines „failed State“, eines versagenden Staatswesens, das außenpolitisch absolut bedeutungslos ist und in den globalen Machtfragen keinerlei Rolle spielt, und andererseits im Inneren durch sozioökonomischen Niedergang, kulturelle Bedeutungslosigkeit und Anarchie geprägt ist. Ein solches Europa wäre integraler Bestandteil der Dritten Welt und würde dem ursprünglichen Versprechen der europäischen Integration auf Freiheit und Wohlstand in keiner Weise mehr gerecht werden. Die Apologeten der legendären „Willkommens-Kultur“ und der political correctness könnten dann mit Fug und Recht behaupten: Wir sind Afrika.

2 Responses to Wir sind Dritte Welt

  1. Waltraut Kupf sagt:

    Fazit: man wähle eine Bundespräsidenten, der diese Mißstände vorerst einmal durch Betreiben eines EU-Austritts zumindest für uns reduzieren möchte, bzw. durch Entlassung der derzeitigen Regierung. Wenn die FPÖ einen solchen Kandidaten nicht aufstellt, muß ich wohl Gerald Grosz wählen, den ich für ernsthafter halte, als das bei oberflächlicher Betrachtung scheinen mag.

  2. […] Andreas Mölzer: Wir sind Dritte Welt Seite 38–39 […]

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