EU-Beitritts-Perspektive, eine gefährliche Drohung

Da haben die Granden der EU in diesen Tagen der Ukraine also eine Beitrittsperspektive zum vereinten Europa eröffnet. Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron haben da große Worte verloren und in Kiew Versprechungen abgegeben, die wohl kaum oder zumindest nicht allzu rasch erfüllt werden können. Aber immerhin scheint dies besser zu sein als die Lieferung schwerer Angriffswaffen, die im militärischen Konflikt zu einer weiteren Eskalation führen müssten.
Die Beitrittsperspektive zur EU ist, wenn überhaupt, dann nur so etwas wie eine moralische Unterstützung. Derlei Beitrittsperspektiven haben bekanntlich auch eine Reihe andere Länder. So etwa die Türkei, die zunehmend ein autokratisch regierter islamischer Staat geworden ist. Oder seit neuestem auch Moldawien, das ärmste Land Europas. Und das nur, um Wladimir Putin eines auszuwischen.
Und natürlich die Staaten des Westbalkans, die so etwas wie das Pulverfass Europas waren und sind. Soll durch den Beitritt zur EU auf Dauer befriedet werden. Wenn das nur so leicht ginge. Der Kosovo und Bosnien-Herzegowina sind nach wie vor hoch explosive Konfliktregionen. Zwar nicht so gefährlich wie derzeit die Ukraine, in der ja der reale Krieg tobt, aber doch hochbrisant. Aber was bedeutet eine Beitrittsperspektive zur EU realpolitisch? In der Vergangenheit war dies die Möglichkeit, einem sicheren, von Frieden und Wohlstand geprägten Staatenverband beizutreten. Heute ist dies längst nicht mehr. Wohlstand gibt es nur mehr in sehr geringem Maße! Die Möglichkeiten Brüssels, Milliarden-Förderungen für neue Mitglieder zu verteilen, werden in Zukunft immer geringer. Und was die Sicherheit betrifft, so sehen wir gegenwärtig im Fall des Ukrainekriegs, dass es damit auch nicht weit her ist.
Und das dritte Versprechen der EU schließlich, die Freiheit und die Demokratie, sind in unseren Tagen auch zunehmend infrage gestellt. Man bedenke nur die Einschränkungen der Bürgerrechte in der Corona-Pandemie. Und überhaupt stellt sich die Frage, ob die Europäische Union, die all diesen negativen Entwicklungen und die Belastungen ausgesetzt ist, in Zukunft überleben wird. Wenn die Ukraine und die Staaten des Westbalkans möglicherweise in fünf oder zehn Jahren wirklich der Union beitreten könnten, dürfte diese womöglich bereits einen ganz anderen Charakter angenommen haben. Und dieser wird wohl nicht durch größere Stärke und Stabilität geprägt sein, sondern eher durch Schwäche und Zerfallserscheinungen.
Wer weiß, ob das Wirtschaftsgefüge der EU und die Einheitswährung Euro die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise überdauern werden. Wer weiß, ob die Inflation nicht zu einer galoppierenden wird und damit den Wohlstand innerhalb der EU völlig zerstört.
Und wer weiß, ob nicht militärische Gefährdungen auf uns zu kommen, die einen ganz anderen Charakter haben, als wir sie bisher kennen. Etwa eine massenhafte Invasion aus Schwarzafrika oder anderen Teilen der Dritten Welt, die keineswegs mit Waffen erfolgen muss, sondern nur durch die Migration von Abermillionen Armutsflüchtlingen.
All diese dystopischen Möglichkeiten zeichnen ein Bild der Europäischen Union, welches für Beitrittskandidaten, sei’s nun die Ukraine oder die Staaten des Westbalkans, nicht mehr sehr reizvoll wären.
Und sollten alle diese pessimistischen Annahmen nicht eintreffen, so stellt sich doch die Frage, ob die Europäische Union selbst durch den Beitritt solcher Länder wie der Ukraine nicht in einem so hohen Maße gefährdet wäre, dass damit erst recht eine negative Entwicklung in Gang kommen müsste.
Wie man es dreht und wendet, die EU-Beitrittsperspektiven sind keine sehr erfreu­lichen.

3 Responses to EU-Beitritts-Perspektive, eine gefährliche Drohung

  1. […] EU-Beitritt – eine gefährliche Drohung […]

  2. […] Edito­rial: EU-Beitritt – eine gefähr­liche Drohung Seite 6–7 […]

  3. […] Editorial: EU-Beitritt – eine gefährliche Drohung Seite 6–7 […]

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