Der Krieg der Worte

Vorläufig sind es nur verbale Drohungen, Worte also, die der Herr des Kremls gegenüber dem Westen, den USA und der NATO und somit auch den meisten Ländern der Europäischen Union von sich gibt. Dabei geht er allerdings so weit, dass er mehr oder weniger deutlich die russischen Nuklearwaffen, Atomraketen also, ins Spiel bringt. Und überaus deutliche Worte verliert er auch gegenüber den neutralen Staaten Europas, gegenüber den Finnen und Schweden, aber auch gegenüber uns Österreichern. Er warnt uns davor einseitig Stellung zu nehmen, die Neutralität zu vergessen oder gar in Richtung NATO zu marschieren.
Was verbale Radikalität betrifft, ist aber Putin keineswegs alleine. Auch die ukrainische Seite greift zu überaus scharfen Formulierungen. Da brüstet sich etwa der Kiewer Bürgermeister Klitschko damit, er habe „six persons killed last night“, also sechs Leute umgebracht. Muss man da stolz sein, auch wenn Krieg herrscht? Und auch der ukrainische Staatspräsident spricht unter Beifall aller westlicher Medien davon, dass die Zivilisten in seinem Land sich doch bewaffnen müssten und Molotowcocktails basteln sollten. Dass er sie damit als Nichtkombattanten einer tödlichen Gefahr aussetzt, ist offenbar gleichgültig und mit seiner vielfach wiederholten Flugverbotszone über der Ukraine, die ja nur von der NATO verhängt werden könnte, forderte er ziemlich unverblümt eine Ausweitung des Krieges, der dann sehr schnell die Dimensionen eines Weltkrieges haben würde.Da ist es dann vergleichsweise schon harmlos, wenn ein US-Senator fordert, man möge Putin doch umbringen, wenn der amerikanische Präsident Putin als „Killer“ bezeichnet und die meisten westlichen Medien von einem Irren, von einem Verrückten sprechen.
Nun wissen wir, dass dem Krieg der Worte nur allzu leicht der ganz normale, der Krieg mit Waffen folgen kann, und wir wissen auch, dass durch Worte, allzumal durch abfällige verletzende, bösartige Worte, bei den Betroffenen bleibende Verwundungen entstehen, die nicht mehr verziehen, nicht mehr überwunden werden können. Nun könnte man sagen, ob diese Worte einen Diktator verletzen, der selbst tausende, ja zehntausende Menschenleben riskiert, sei gleichgültig. Vielleicht aber doch nicht ganz, denn irgendwann einmal wird es ja Frieden geben müssen und irgendwann einmal wird auch der Westen, werden die NATO, die USA und auch die EU-Europäer mit dem Herrn im Kreml reden müssen. Und dann könnte sich schon die Frage stellen, ob da unüberwindbarer Hass zwischen den Gesprächspartnern herrscht oder nicht. Die Wortwahl ist also so etwas, was im Frieden wie auch im Kriegsfalle von großer Bedeutung sein kann.
Auf eines darf in diesem Zusammenhang auch hingewiesen werden: Mit scharfen Formulierungen, mit verletzenden Worten beeinflusst man den Verlauf des Krieges in keiner Weise, während Deeskalation auch im verbalen Bereich dazu führen kann, dass doch vernünftige, allenfalls auch friedliche Lösungen auf beiden Seiten gesucht werden. Zuspitzung der gegenseitigen Beschuldigungen und Beschimpfungen schafften hingegen nur Hass. Solcher Hass ist die Basis aller gewalttätigen Konflikte, auch jenes in der Ukraine.

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