Bitter beklagt sich US-Präsident Barack Obama, sein russischer Amtskollege Wladimir Putin verletze mit der angeblichen Besetzung der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim das Völkerrecht. Allerdings ist fraglich, ob der Kreml-Herr tatsächlich einen entsprechenden Befehl gegeben hat. Vielmehr mehren sich die Hinweise, daß es sich bei den russischen „Invasionstruppen“ um Einheiten handelt, die gemäß eines Vertrags zwischen Moskau und Kiew auf der Krim – Sewastopol ist bekanntlich der Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte – stationiert sind. Und daß der gestürzte Präsident Viktor Janukowitsch den Pachtvertrag mit Rußland um 25 Jahre bis 2042 verlängert hat, dürfte wohl auch ein Grund sein, warum der Westen die ukrainische Opposition massiv unterstützte.
Was nun die US-amerikanische Sorge um das Völkerrecht betrifft, ist Washington an das Sprichwort „Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen“ erinnert. Schließlich waren es die Vereinigten Staaten, die im März 2003 den Irak ohne vorherige Zustimmung des UNO-Sicherheitsrates, somit unter Bruch des Völkerrechts, angriffen. Auch sind es die USA, die im irakischen Abu Ghraib ein Foltergefängnis unterhielten oder die mutmaßliche Terroristen im Lager Guantanamo auf Kuba jahrelang ohne Gerichtsverfahren festhalten. Und schließlich ist ausgerechnet während der Präsidentschaft des Friedensnobelpreisträgers Obama die sogenannte „gezielte Tötung“ tatsächlicher oder vermeintlicher islamistischer Terroristen durch Drohnen sprunghaft angestiegen.
Wenn in Washington in diesen Tagen soviel vom Völkerrecht die Rede ist, darf nicht vergessen werden, daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu dessen Grundpfeilern gehört. Mittel- bis langfristig darf das Selbstbestimmungsrecht den in der Ukraine lebenden Russen – sofern sie das wünschen – nicht verweigert werden. Die Abschaffung des Russischen als zweiter Amtssprache durch die neue Regierung in Kiew, war also nicht nur ein Anfall politischer Dummheit, sondern wird auch das Mißtrauen der russischen Bevölkerung gegen die neuen Machthaber weiter verstärken.
Insgesamt stellt sich die Frage, ob es in der Ukraine zu einem jugoslawischen oder zu einem tschechoslowakischen Szenario, also zu einem blutigen Zerfall oder zu einer gütlichen Trennung kommt. Damit letzteres Eintritt, ist die Ukraine in einem ersten Schritt weitestgehend zu föderalisieren. Dann sind Vorbereitungen vor Referenden für eine mögliche Abspaltung russischer Gebieten zu treffen. Der erste Inanspruchnahme des Selbstbestimmungsrechts könnte übrigens früher als den USA lieb ist, nämlich schon am 30. März auf der Krim stattfinden.
Die aktuelle Situation auf der Krim ist keine einfache und ich denke, dass man hier mit Diplomatie und Offenheit agieren soll und nicht dem politischen Gegenüber die Schuld geben soll. In erster Linie muss man an die Bewohner der Krim als auch der restlichen Ukraine denken, denn deren körperliche Gesundheit und Sicherheit steht über allen politischen Interessen!
Putin versucht eben „sein“ Volk mit militärischer Bereitschaft zu schützen und Obama versucht seine „Überlegenheit“ auf andere Art und Weise auszuspielen.