Schwarzer Konkurs, roter Konflikt, blauer Höhenflug

Wenn man den Umfragen Glauben schenkt, kann sich die schwarz–grüne Bundesregierung auf kaum mehr 30 Prozent der heimischen Wähler stützen. Und auch die bis vor kurzem in eben denselben Umfragen so dominante SPÖ ist im permanenten Rückgang begriffen. Die Freiheitlichen profitieren, sie sind bereits seit Wochen in nahezu allen Meinungsumfragen die stärkste Partei im Lande.
Während sich die schwarze Kanzler-Partei darin gefällt, Scheinaktivitäten gegen den Zustrom illegaler Migranten zu setzen, indem sie etwa den Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien verhindert, haben die Freiheitlichen als einzige Partei diesbezüglich eine glasklare Linie. Und das offensichtliche Unvermögen der Bundesregierung, die Energiekrise und die nahezu schon galoppierende Inflation zu bekämpfen, tut das ihrige. Immer, wenn es Österreich und den Österreichern schlecht geht – so könnte man überspitzt sagen –, geht es der freiheitlichen Oppositionspartei gut, da die Mehrheit der Menschen im Lande dann in der FPÖ den letzten Nothelfer zu erkennen glaubt.
Es sind aber nicht zu sehr irgendwelche politischen Großtaten oder besondere Leistungen der freiheitlichen Opposition, die diesen Höhenflug in den Umfragen verursachen, sondern eher die Schwäche der politischen Konkurrenz. Die ÖVP ist ja in erster Linie damit beschäftigt, den eigenen politischen Konkurs zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern. Immer neue Erkenntnisse der Korruptionsermittler und ständig neue politische Fehlleistungen sorgen dafür, dass die nach wie vor stärkste Parlamentspartei des Landes wohl auf Dauer im Tief verbleiben wird.
Und die Sozialdemokratie, die bis vor kurzem noch geglaubt hat, dass Frau Rendi-Wagner schon sehr bald im Kanzleramt residieren wird, sie verliert auch zunehmend an Sympathien. Dies zu allererst wohl wegen ihrer unklaren Haltung in der Migrationsfrage und wegen des Dauerkonflikt zwischen dem burgenländischen Landeshauptmann und der Parteichefin. Diese Auseinandersetzung geht soweit, dass sich die Spitzen der SPÖ gegenseitig sogar vorwerfen, keine echten Sozialdemokraten zu sein. Und der lachende Dritte bei diesem Streit ist natürlich der freiheitliche Parteichef. Aber wie auch immer, Tatsache ist, dass die Freiheitlichen bereits im Jahre 2015, bei der letzten großen Migrationswelle, über Monate hindurch in den Umfragen die stärkste Partei des Landes waren.
Die gegenwärtige Situation erinnert an die damaligen Umstände. Bei den Nationalrats­wahlen zwei Jahre später wurden sie dann doch nur zweite, da ihnen die Volkspartei unter Sebastian Kurz das Thema Zuwanderung wegzunehmen vermochte. Ob das gegenwärtige Umfragehoch für die FPÖ bis zum wahrscheinlichen Wahltermin im Jahre 2024 anhalten wird, ist ungewiss. Die Chancen stehen aber besser als im Jahre 2017, da die Glaubwürdigkeit von ÖVP und SPÖ in der Migrationsproblematik keine große ist.
Um auch noch die gegenwärtige Lage der kleinen Parteien des Landes, also der Neos und der Grünen zu beleuchten, ist zu sagen, dass deren Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Grünen haben es nicht geschafft so etwas wie einen Regierungsbonus zu erwerben, sie scheinen vielmehr als Verhinderungs-, Verbots- und Reglementierungspartei zunehmend an Sympathien zu verlieren. Zynisch könnte man meinen, es bestünde die Hoffnung, dass sie so wie im Jahre 2017 aus dem Parlament fliegen könnten.
Jedenfalls scheint es so, als würde nach den nächsten Wahlen kaum eine Regierungskoalition ohne die FPÖ möglich sein. Sollten die gegenwärtigen Umfragewerte tatsächlich das künftige Wahlergebnis abbilden, so wäre eine Zweierkoalition ohne die FPÖ unmöglich, möglicherweise auch keine Dreierkoa­lition. Und Viererkoalitionen wären wohl politisch kaum zu realisieren. So scheint es also, als wäre der dieser Tage geäußerte Anspruch des FPÖ-Chefs, doch Bundeskanzler werden zu wollen, gar nicht so unrealistisch.

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