Italienische Verhältnisse

Zwei Wahlgänge waren es, die uns in den vergangenen Tagen beschäftigten: die Wahlen im Heiligen Land Tirol und jene jenseits des Brenners, in Italien. Das Wahlsystem in Italien ermöglicht Parteienbündnisse. Und so konnte ein Rechtsbündnis gegen die zerstrittene Linke reüssieren. Die einzelnen italienischen Parteien erreichen maximal auch nur um die 20 Prozent, wären also für sich alleine oder auch in Zweierkoalitionen kaum stark genug für eine Regierung.
Das italienische Parteiensystem hat sich bereits vor mehreren Jahren grundlegend transformiert. Die alte Democrazia Cristiana und ihr Gegenpart, die Sozialistische Partei, haben an Bedeutung verloren, beziehungsweise sind überhaupt verschwunden. Stattdessen haben sich neue politische Bewegungen begründet, auf der linken Seite die Fünf-Sterne-Bewegung und rechts die Lega, sowie Berlusconis Forza. Und die Fratelli d’Italia der Frau Meloni, die jetzt als Wahlsieger dastehen, sind trotz ihrer neofaschistischen Vergangenheit im Grunde auch eine neue Partei.
Eine solche Transformation des Parteienspektrums könnte der österreichischen Parteienlandschaft erst bevorstehen. Der Niedergang der Volkspartei, der sich auch im Ergebnis der Tiroler Landtagswahlen zeigt, könnte in einem Democrazia-Cristiana-Schicksal enden. Ob die Freiheitlichen in der Lage sein werden das Erbe der ÖVP anzutreten, wird sich weisen, oder ob wie in Italien neue Rechtsparteien entstehen werden. Und die Sozialdemokratie ist trotz ihres gegenwärtig bescheidenen Vorsprungs in den Umfragen ganz offensichtlich nicht jene Kraft, die das Parteiensystem führend neu zu organisieren vermag.
Und die Grünen? Nun, sie spielen in Italien keine wesentliche Rolle und hierzulande scheinen sie ihren Zenit bereits überschritten zu haben. Sie sind im Grunde niemals eine neue politische Kraft gewesen, sondern nur die linkslinke Absplitterung aus dem Spektrum der Linken insgesamt. Für Österreichs Freiheitliche stellt sich die Frage, ob sie von den Menschen als Bestandteil des alten politischen Spektrums wahrgenommen werden oder als Bewegung, die für einen Neubeginn der heimischen Politik steht. Sicher dürfte jedenfalls sein, dass jene gewissermaßen „gottgewollte Dreiteilung“ des politischen Systems in Österreich, wie es der Historiker Adam Wandruszka seinerzeit diagnostizierte, in einen nationalliberalen, einen sozialdemokratisch-austromarxistischen und einen christlich-konservativen Bereich, überholt ist. Aber auch das Experiment von Regierungskoalitionen diametral unterschiedlich ideologisch ausgerichteter Parteien scheint gescheitert zu sein. Das beweist die Abwahl der schwarz–grünen Regierung in Tirol. Die scheinbar so „charmante“ Kombination einer konservativen und wirtschaftsfreundlichen Partei mit einer progressiven, politisch korrekten Gruppierung mündete nämlich nur in gegenseitiger Blockade und letztlich in einer Dominanz des linken Zeitgeists, etwas, was die Wähler offenbar in Österreich nicht wirklich wollen.
Und so könnte das italienische Beispiel in Österreich Schule machen: Ein Rechtsbündnis aus bestehenden und sich neu formierenden, rechts der Mitte stehenden Parteien gegen eine abgenutzte und ideenlose Linke, die sich in immer neuen allzu zeitgeistigen Splittergruppen verzettelt. Ob dann allerdings auch die Instabilität der politischen Verhältnisse, wie wir sie aus Italien kennen, in Österreich Einzug hält, ist eine andere Frage.
Das Zeitalter der alten staatstragenden Volksparteien dürfte jedenfalls zu Ende sein

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