Richtungsweisende Opposition

Die Meinungsumfragen besagen zurzeit, dass es im Lande drei ähnlich starke Mittelparteien gibt. Interessant ist dabei, dass die Sozialdemokratie die regierende Volkspartei offenbar überholt hat, mit rund 25 Prozent steht sie an erster Stelle. Die Volkspartei und die mitregierenden Grünen haben längst keine relative Mehrheit mehr im Lande. Die Menschen wollen offenbar eine andere Regierung. Die Freiheitlichen liegen bei rund 18 Prozent, Optimisten meinen sogar bei 20 Prozent und mehr. Parteichef Herbert Kickl sprach jüngst in der ORF-„Pressestunde“ davon, dass man – frei nach Jörg Haider – die anderen die Umfragen gewinnen lassen solle, um selbst dann bei den Wahlen zu reüssieren.
Tatsächlich vermag sich die FPÖ wiederum als staatstragende Opposition zu positionieren. Gerade in der Frage des Ukrainekrieges ist sie die einzige Kraft im Lande, die energisch und überzeugend auf die österreichische Neutralität hinweist. Zwar wird sie deshalb als Putin-Versteher geschmäht, die Mehrheit der Österreicher ist allerdings laut Umfragen prinzipiell für die Erhaltung der Neutralität und dürfte deshalb der freiheitlichen Linie sympathisierend gegenüberstehen.
Ähnlich verhält es sich gewiss, wenn es um die Erhaltung der Bürgerfreiheit geht, die bekanntlich in den letzten zwei Jahren im Zuge der Corona-Politik der Regierung immer wieder massiv eingeschränkt wurde.
Auch da haben die Freiheitlichen immer wieder durchaus zurecht und dabei unter Beifall eines großen Teils der österreichischen Bevölkerung gegen die Aushebelung der Grundrechte protestiert. Die Schattenseite dieser Haltung mag es gewesen sein, dass die FPÖ in diesen Jahren allzu sehr einzig mit dem Thema Corona identifiziert wurde.
Nun allerdings haben die Freiheitlichen mit dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur ÖVP-Korruption ein neues Betätigungsfeld gefunden, das große innenpolitische Möglichkeiten erschließt. Die Volkspartei, die seit mehr als 30 Jahren ununterbrochen in der Regierung ist, bedarf offenbar eines Aufenthalts im politischen Trockendock, also in der Opposition, um sich moralisch zu regenerieren. Allzu häufig gab es in den letzten Jahren Korruptionsverdacht im Umfeld der ÖVP.
Dies ist auch der Grund, warum sich diese Ausgabe der ZurZeit mit diesem Untersuchungsausschuss beschäftigt und dabei insbesondere dem freiheitlichen Fraktionsführer Hafenecker ein breites Interview widmet. Zusätzlich bringen wir Auszüge einer Rede von Partei Chef Herbert Kickl, die er am jüngsten ober­österreichischen Parteitag gehalten hat und die uns in weiten Bereichen als überaus richtungsweisend erscheint. Dies demonstriert nicht zuletzt, in welch hohem Maße unsere ZurZeit bereit ist, die politische Linie der FPÖ unter Herbert Kickl zu unterstützen, wenn sie der Ansicht ist, dass diese dem Lande dienlich ist.

Nichtsdestotrotz sei dem Autor dieser Zeilen eine Frage an den FPÖ Chef gestattet: Als einer, der im kommenden Jahr auf 50 Jahre Partei-Mitgliedschaft zurückblicken kann und die FPÖ publizistisch unter Friedrich Peter, Alexander Götz, Norbert Steger, Jörg Haider, Susanne Riess, Herbert Haupt, Hilmar Kabas und H.-C. Strache bis zum heutigen Tag begleitet hat und überdies 13 Jahre als Abgeordneter für sie im österreichischen Parlament und im Europäischen Parlament gearbeitet hat, wurde ihm vom Parteiobmann Herbert Kickl bei besagter ORF-„Pressestunde“ ausgerichtet: „Andreas Mölzer hat mit seinen Aussagen sein politisches Erbe selbst demontiert.“
Dies sagte er als Reaktion auf die Fragen der ORF-Journalisten, was er zu innerparteilicher Kritik meine. Daher also die Frage: Welche Aussagen sollen das genau sein? Von welchem Erbe spricht der Herr Parteiobmann? Und was heißt schließlich „demontiert“?
Ohne Kickls Antwort, die er einem ehemaligen Abgeordneten und langjährigen Parteimitglied wohl schuldet, vorgreifen zu wollen, hier dazu einige persönliche Bemerkungen:
Mit der Vielzahl jener Aussagen, die der Autor dieser Zeilen in 40 Jahren publizistischer Tätigkeit in Funk, Fernsehen und Printmedien getätigt hat, wollte er der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft, dort, wo sie seines Erachtens legitime und vernünftige Anliegen vertreten hat, stets nützen. Ob das allerdings immer gelungen ist, ist natürlich eine andere Frage.
Ob es weiters so etwas wie ein „politisches Erbe“ seiner Person gibt, ist auch zu hinterfragen. Nachdem die Nachricht seines Ablebens verfrüht ist, gibt es noch kein Erbe zu vergeben. Sollte der Bundesparteiobmann damit allerdings insgesamt seine politische und ideologische Position meinen, so sei an dieser Stelle angemerkt, dass er sich stets als Glied einer national-liberalen Gesinnungsgemeinschaft gesehen hat. National im Sinne der Erhaltung der historisch gewachsenen kulturellen deutschen Identität seiner Heimat. Und liberal im Sinne der individuellen und kollektiven Freiheit, insbesondere der Meinungsfreiheit.
So ersucht er also den Obmann seiner Partei um Beantwortung seiner Fragen – genauso öffentlich wie dieser ihn in der ORF-„Pressestunde“ attackierte! Und er verweist in diesem Zusammenhang auf sein persönliches Lebensmotto, das er Friedrich Schillers Lied „an die Freude“ entlehnt hat:

Festen Mut in schwerem Leiden,
Hilfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königsthronen  …

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