Da wird ein einstiger Jungstar der Kärntner Volkspartei zum Chef des Verfassungsschutzes des südlichsten Bundeslandes bestellt, und schon riechen die Gralshüter der Political Correctness Lunte: Der Mann habe doch vor gut eineinhalb Jahrzehnten beim jährlichen Ulrichsbergtreffen Grußworte von sich gegeben. Damit habe er sich zweifellos mit einem Treffen von alten und neuen Nazis solidarisiert, wo er nunmehr doch gerade diese Szene professionell zu überwachen habe. Wahrlich ein Unding.
Verschwiegen wird von den politischen Tugendwächtern unserer Tage, die da, wie im aktuellen Falle, zumeist im grünen Mäntelchen auftreten, dass Tauschitz‘ Grußworte damals in einer Reihe von Auftritten aller möglichen Parteienvertreter standen. Nicht nur der seinerzeitige Landeshauptmann Jörg Haider frequentierte das Ulrichsbergtreffen, nein, natürlich auch führende Köpfe der Kärntner SPÖ und der Kärntner ÖVP.
Rudolf Gallob etwa, langjähriger Weggefährte des SPÖ-Landeshauptmanns Leopold Wagner, war Präsident dieser Ulrichsberggemeinschaft, und ebenso Klagenfurts ÖVP-Bürgermeister Leopold Guggenberger.
Und verschwiegen wird natürlich auch, dass eben diese Ulrichsberggemeinschaft als Teil der sogenannten Kärntner Heimatverbände über Jahrzehnte ein akzeptiertes Heimkehrertreffen auf dem Mons Carantanus organisierte. Ein Treffen, bei dem nicht nur der Überlebenden des Weltkriegs auf deutscher Seite gedacht wurde, sondern vielmehr ein Treffen, bei dem auch Abordnungen von Veteranen anderer Nationen beteiligt waren. Und ob da auch unbelehrbare Nostalgiker und finstere Reaktionäre teilnahmen, spielte seinerzeit eine untergeordnete Rolle. Das Land Kärnten, vertreten durch seine Spitzenrepräsentanten, das Bundesheer und Traditionsträger der verschiedensten Art trugen das Ulrichsbergtreffen. Und verständlicherweise galt es für Politiker jeglicher Couleur als durchaus angebracht, dort auch aufzutreten.
So eben auch der heutige Chef des Verfassungsschutzes von Kärnten. Ändern sollte sich dies erst in den Jahren nach 2009.
So erscheinen die Angriffe auf den neu bestellten Kärntner Verfassungsschutz-Chef also als Ausfluss einer heuchlerischen Moral, die politische Verhaltensweisen der Vergangenheit nach heutigen Maßstäben beurteilt. Im Gegensatz dazu ist allerdings im Lichte jüngster Erkenntnisse der Bestellungsmodus des Herrn Tauschitz näherer Betrachtung wert. Dass der zweifellos kompetente und qualifizierte Exekutivbeamte der einzige Bewerber für den Posten war – ein zweiter Wiener Bewerber hatte angeblich zurückgezogen –, gibt doch zu denken. War die Besetzung dieses Spitzenpostens etwa Frucht eines jener „sideletter“, die gegenwärtig heftig diskutiert werden? Welche Rolle spielte dabei das Innenministerium, das bis vor kurzen von Karl Nehammer geleitet wurde? Und gab es da Absprachen in Kreisen der Kärntner Regierungskoalition? Diese Fragen wären im Hinblick auf den neuen Verfassungsschutzchef Kärntens wesentlich interessanter als seine einstigen Grußworte auf dem Ulrichsberg.
„….. Ausfluss einer heuchlerischen Moral, die politische Verhaltensweisen der Vergangenheit nach heutigen Maßstäben beurteilt.“ Das ist auch ein wesentliches Anliegen in meinem zeitgeschichtlichen Familienroman „Die Welt ist voller Morden“. Ich habe meine Eindrücke als Kind im Zweiten Weltkrieg und in den Nachkriegsjahren in Beziehung zu der heutigen Beurteilung gesetzt. Es ist erschreckend, auf wie dumme Art selbst angesehene Moderatoren mitunter ihre Fragen stellen.