Politik in der Quarantäne

Corona, Corona auf allen Kanälen, in allen Gazetten

Die 2G-Regel, die 3G-Regel, Lockdown und Quarantäne, Impfpflicht – ob für bestimmte Berufsgruppen oder generell – das sind die Fragen, die dieser Tage das Land beschäftigen. Die meisten Menschen haben ob der Vielfalt und der Kurzlebigkeit der Verordnungen längst den Überblick verloren, was erlaubt ist, und was nicht. Was zählen da die Skandale von gestern, wer interessiert sich angesichts der Erregungen von heute noch dafür. Der ruhmlose Abtritt des vormaligen Bundeskanzlers und nach wie vor als ÖVP-Chef Amtierende ist beinahe schon in Vergessenheit geraten. Das erstinstanzliche Urteil gegen den vormaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, die Verurteilung des einstigen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, wer entsinnt sich noch des jeweiligen Strafmaßes, wenn ein Skandal den nächsten jagt? Die Betroffenen, insbesondere der türkise Ex-Kanzler, dürften dies sogar als gewisse Erleichterung verspüren. Kaum jemand empört sich, auch nicht in den Medien, ob des ihm vorgeworfenen Fehlverhaltens. Alle reden über den neuen Lockdown und die Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte. Allein die Politik schläft nicht, auch nicht in Zeiten der Pandemie und der Seuche. Und insbesondere den jeweiligen Parteistrategen dürfte klar sein, dass unser aristokratisch näselnder Bundeskanzler keine Dauerlösung sein dürfte. Angesichts der Ereignisse rund um den Sturz von Sebastian Kurz halten sich die Sympathie und Kooperationsgemeinschaft zwischen den beiden Koalitionspartnern, zwischen Schwarz–Türkis und Grün, zweifellos in höchst erträglichen Grenzen. Beide Teile dürften vielmehr auf den günstigsten Moment für einen Absprung warten. Und dies ist gegenwärtig für die ÖVP – aufgrund der dramatisch gesunkenen Umfragewerte – sicherlich nicht der Fall. Noch nicht. Sebastian Kurz werkt indessen hinter den Kulissen an seinem Comeback. Das dieser Tage vorgelegte Gutachten eines renommierten Strafrechtlers, das die Vorgehensweise der ultralinken Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zerpflückt, ist sicher ein wesentlicher Schritt dazu. Wieweit er die ÖVP-Granden, insbesondere die Landeshauptleute, überzeugen kann, dass er die einzige Option als künftiger Spitzenkandidat ist, bleibt abzuwarten.
Die Grünen suhlen sich intern zweifellos im Wohlgefühl, in der Causa Kurz obsiegt zu haben. Und wenn der grüne Bundespräsident und der grüne Vizekanzler bei Staatsakten in diesen Tagen die erste Geige spielen, sieht es beinahe so aus, als würde die 10-Prozent-Partei die Republik dominieren. Ein Trugbild, zweifellos.
Die Spindoktoren aber, von SPÖ, Grünen, NEOS und deren journalistische Helfershelfer, arbeiten zweifellos auf eine neue linksorientierte Regierungskoalition hin. So wie in Deutschland, wo SPD, Grüne und Liberale eine Regierungskoalition bilden, soll es auch in Österreich kommen.
Die Sozialdemokraten unter Pamela Rendi-Wagner würden mit grüner Mithilfe und Neos-Assistenz allzu gerne auch hierzulande eine Links-Regierung bilden, wobei dieser Tage verdächtigerweise immer wieder der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig als möglicher Kanzler einer solchen Koalition genannt wird.
Und die Freiheitlichen des Herbert Kickl? Sie sind die einzigen, die den chaotischen Corona-Maßnahmen der gegenwärtigen Regierung Paroli bieten. Ihr Eintreten für Bürgerfreiheiten und gegen Zwangsmaßnahmen ist zweifellos legitim und entspricht der liberalen Tradition des Dritten Lagers. In der gegenwärtigen Situation allerdings laufen sie Gefahr, damit allzu sehr ins Fahrwasser irrationaler Wissenschaftsfeindlichkeit zu geraten, wie sie früher nur von Esoterikern und ähnlichen Menschen gepflogen wurde. Und so ganz am Rande hat sich da in der zweitgrößten Stadt des Landes noch eine Linksregierung der speziellen Art etabliert. Graz hat nunmehr eine von Grünen und Sozialdemokraten unterstützte kommunistische Bürgermeisterin. Und diese hat bei Amtsantritt so ganz nebenbei erklärt, sie wolle die Stadt im Sinne der „besten Traditionen ihrer Bewegung“ führen.
Was meint die Dame mit den „besten Traditionen“ des Kommunismus? Die Säuberungen Josef Stalins in der Sowjetunion in den Dreißigerjahren? Maos Kulturrevolution in China oder Pol Pots Steinzeitkommunismus in Kambodscha? Vielleicht den Panzerkommunismus, der 1968 den Prager Frühling niederwalzte? Oder vielleicht doch nur die Ausstattung der Grazer Substandardwohnungen mit neuen Sanitärgeräten, wie es die KPÖ seit einigen Jahren als Inhaberin eines milliardenschweren Industriekonsortiums locker machen kann?
Fragen, die in Österreich weder die Journalisten noch die Vertreter der Linksparteien aufwerfen. Fragen, die in Tagen des Corona-Chaos auch allgemein wenig Interesse hervorrufen dürften.

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