Bewahranstalt für Analphabeten?

Das dritte Schuljahr im Zeichen der Corona-Pandemie hat begonnen, und das – vorläufig noch – ganz real in der Schule ohne Homeschooling und Online-Unterricht. Um jeden Preis müsse man die Schulen offenhalten, sind sich Regierung und Oppositionsparteien einig, wenngleich unterschiedliche Vorsichtsmaßnahmen gefordert werden: Vom bloßen Lüften der Klassenzimmer über die Forderung nach permanenten Tragen von Schutzmasken und ständigen Tests bis hin zum Ruf nach einer 1G-Regelung, also einem mehr oder weniger direkten Impfzwang, reichen hier die Forderungen. Dabei gibt es allenthalben Übereinstimmung, dass Österreichs Schüler in den letzten beiden Jahren katastrophale Versäumnisse erleiden mussten.
Versäumnisse im Bereich der Vermittlung des Unterrichtsstoffs, Versäumnisse auch, was die sozialen Kontakte betrifft und damit die allgemeine Entwicklung der jungen Menschen. Abgesehen davon aber erreichen uns in puncto Schule wenig erfreuliche Nachrichten: Bundesweit sind es mehr als ein Drittel der Schüler, in Wien gar mehr als 50 Prozent, deren Umgangssprache nicht Deutsch ist.
Und das sind in den allermeisten Fällen wohl solche Kinder, die keineswegs den Segen eines zweisprachigen Aufwachsens bekommen, sondern vielmehr, da sie zumeist auch aus bildungsfernen Schichten stammen, die Defizite des „Bilinguismus“ zu erleiden haben. Das heißt also, dass sie weder die Sprache ihres Herkunftslandes bzw. die ihrer Eltern noch die Staatssprache Österreichs in Wort, Schrift, Grammatik, Syntax und Wortschatz perfekt erlernen.
Überdies haben die vergangenen Corona-Schulzeiten dazu beigetragen, dass lernschwache Schüler durch das verordnete Homeschooling überhaupt weitgehend auf der Strecke geblieben sind. Zu glauben, dass die Sprösslingeaus den genannten bildungsfernen Schichten und jene aus den Zuwanderungs- Communities alle über den besten Laptop verfügen, mit diesem perfekt umzugehen wissen und sich den Lehrstoff mehr oder weniger in Eigenverantwortung aneignen, ist mehr als illusionär. Vielmehr dürfte ein tendenzieller Anstieg des Analphabetismus quer durchs Land zu verzeichnen sein. Was früher die Grundschule zu vermitteln hatte, unsere deutsche Muttersprache in Wort und Schrift, Schreiben und Lesen also, sowie die Grundrechnungsarten und über „Heimatkunde“ ein Basiswissen über unser Land, wird längst nicht mehr vermittelt.
Wer kann heute noch Kopfrechnen, wo er doch mit ein paar Berührungen des Zeigefingers am Handy alles ausrechnen kann? Welches Kind erlernt wirklich noch so etwas wie eine schöne Handschrift, wo doch nur mehr mit WhatsApp und SMS kommuniziert wird? Und all das in rudimentären Kurzmeldungen ohne Satzbau und Grammatik. Dieser tendenzielle Analphabetismus dürfte also weit über die Kinder aus diesen sogenannten bildungsfernen Schichten hinausgehen und längst auch die Sprösslinge besser situierter Österreicher erreicht haben.
Apropos besser situiert: Diese – das betrifft natürlich grün- und linksorientierte Eltern genauso – können ihre Kinder ohnedies nicht mehr in die öffentlichen Schulen geben, zumindest nicht in den Ballungsräumen und in der Bundeshauptstadt Wien. Dort müssen teure Privatschulen oder konfessionelle Schulen frequentiert werden, um noch irgendwo die vorgeschriebenen Bildungsziele des österreichischen Schulwesens für die Kinder erreichbar zu machen. Die öffentlichen Schulen mit ihren hohen Ausländeranteilen und den gesamten sozialen und kulturellen Problemen, die damit verbunden sind, sind längst so etwas wie Rest-Schulen geworden. Übertrieben und gespitzt gesagt könnte man also meinen, dass Österreichs traditionelles Schulwesen, über das wir seit Maria Theresias Tagen verfügen, Gefahr läuft, zu Bewahranstalten für tendenzielle Analphabeten zu werden.
Die Bildungsschichten und die begüterten Menschen des Landes bilden ihre Kinder in teuren Privatschulen aus, und der kleine Prozentsatz an intellektuellen Ambitionierten hat elitäre Bildungsmöglichkeiten, die er in Anspruch nehmen kann. Und die Masse der Bevölkerung darf, bewaffnet mit Handy und Tablet, im multikulturellen Paradies der Zuwanderungsgesellschaft verblöden und eine gewisse Zeit seines Lebens, eben vom sechsten bis zu 15. Lebensjahr, verbringt man zeitweise in öffentlichen Gebäuden, die man früher Schulen nannte. Eine traurige Vision.

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