Rufer in der Corona-Wüste

Das Land ist solidarisch. Die Regierung setzt alternativlose Maßnahmen gegen die Pandemie, Mainstream-Medien unterstützen dies unisono (Millionenspritzen über Inserate nehmen sie nur widerwillig an). Und selbstverständlich steht die Gesundheit über den Grundrechten, die Freiheit und insbesondere die Meinungsfreiheit. Und jeder, der da anderer Meinung ist, gesellt sich nolens volens zu den Rechtsextremisten, den Aluhutträgern, Querdenkern, Verschwörungstheoretikern und anderen gesellschaftsschädlichen Elementen. Und auf der politschen Bühne sind es nur die „Schmuddelkinder“, wie Österreichs Freiheitliche oder die AfD in Deutschland, die diesen Bereich unterstützen.
Und dann melden sich da plötzlich gut 50 Mimen, bekannt aus Funk und Fernsehen, eine Reihe von Tatort-Kommissaren, den Superstars des öffentlich rechtlichen Rundfunks in Deutschland und Österreich, zu Wort. Professor Boerne alias Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur, Ulrike Folkerts und Heike Makatsch und wie sie alle heißen und von österreichischer Seite Nina Proll, Roland Düringer, Nicholas Ofczarek, samt und sonders Schauspieler, die bisher durch alles andere, nur nicht durch rechte Gesinnung aufgefallen sind. Und unter dem Hashtag „#allesdichtmachen“ stellen sie satirisch-ironische Kurzvideos ins Netz, in denen sie den Maßnahmen der Regierungen in Berlin und Wien in der Pandemiebekämpfung und die damit verbunde gesamtgesellschaftliche Entwicklung geradezu vernichtend kritisieren.
Ein Vorgang, den man primär einmal erfreulich finden müsste, da er beweist, dass auch in Corona-Zeiten trotz aller paternalistischen Tendenzen und autoritären Anflügen, die uns Mainstream-Medien und die etablierte Politik aufgezwingen, eine offene, kritische Diskussion möglich ist. Wenn man dann aber die Reaktionen von Seiten des dominanten politisch korrekten Zeitgeists, insbesondere im Netz, wahrnimmt, muss man doch einigermaßen erschüttert sein. Da werden die bisherigen Publikumslieblinge des verantwortungslosen Zynismus, der Menschenverachtung und der offenen Rechtslastigkeit geziehen. Der Shitstorm, der über die 50 Mimen hereinbrach, sucht seinesgleichen. Und klar wird erkenntlich, dass Konformismus und Untertanengeist, mediale Gleichschaltung und das, was man in früheren Zeiten „Sklavensinn“ nannte, längst zum gesamtgesellschaftlichen Mainstream geworden sind. Zwar sind wir noch nicht so weit wie in der einstigen Sowjetunion unseligen Angedenkens, dass Dissidenten in die Klapsmühle gesteckt werden, tendenziell aber zeichnet sich ein derartiges Meinungsbild im politischen Mainstream, insbesondere der Internetöffentlichkeit auf Twitter etc., bereits ab. Was Wunder, dass der eine oder andere der beteiligten Schauspieler sofort einknickte und seinen Videobeitrag zurückzog.
Auch wenn die mutigen Mimem nunmehr durch vermeintlichen „Beifall von der falschen Seite“ zusätzlich unter Druck gesetzt sein mögen, muss gesagt sein: Liefers, Tukur und ihre Freunde in der Bundesrepublik, aber auch von österreichischer Seite die mutige und unkonventionelle Nina Proll, der intellektuelle Querkopf Roland Düringer und Jedermann-Darsteller von Nicholas Ofczarek (er hat sein Video bereits entfernt), verdienen Respekt. Die Diskussion, ob Satire und Ironie angesichts einer weltweiten Pandemie nicht unbillige Stilmittel für die Kritik von Regierungsmaßnahmen seien, ist absurd. Wie anders könnte man die Empfehlungen des jüngst verabschiedeten österreichischen Gesundheitsministers für das Tagwerk von Sexarbeiterinnen in Zeiten der Corona kommentieren (mit Abstand und nur a tergo hieß es da, kurioserweise). Und welch andere Kommentierung, wenn nicht satirische, würden Marketingmaßnahmen, wie der dämliche „Babyelefant“, wie die absurde „Corona-App“ und dergleichen mehr, verdienen. Tatsache ist, dass man besch… Zeiten wie diese nur mit Satire, Ironie, auf gut Deutsch mit Galgenhumor, überlebt.
In diesem Sinne war die Aktion „#allesdichtmachen“ geradezu so etwas wie ein Befreiungsschlag für uns alle.

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