Die Regierung als Wehrdienstverweigerer

Es scheint unausgesprochene Regierungslinie – abgemacht zwischen Türkis und Grün – zu sein, unser Bundesheer auf ein technisches Hilfswerk, allenfalls auf eine Katastrophenschutz-Truppe und eine Hilfspolizei zu reduzieren. Die militärische Landesverteidigung, wie sie uns von der Verfassung und aufgrund der immerwährenden Neutralität vorgeschrieben ist, und damit eine klassische Armee, ist für unsere gegenwärtig Regierenden offenbar verzichtbar. Die einigermaßen skurril auftretende Verteidigungsministerin, Frau Tanner, scheint für diese Pläne nur das ziemlich untaugliche Sprachrohr darzustellen. Bereits in den Tagen von Corona haben wir gesehen, wohin das Ganze führen soll: Da werden Grundwehrdiener als Hilfspolizisten an den Grenzen eingesetzt und Milizsoldaten spielen „Packelschupfer“ in Postverteilungs-Zentren. Brauchbare moderne Panzer gibt es ohnedies längst nicht mehr, und unsere letzten Düsenflugzeuge sollen nach Indonesien (!) verhökert werden. Kasernen werden geschlossen und der ohnedies überaltete Fuhrpark rostet vor sich hin, weil das Geld für den Sprit nicht mehr vorhanden ist. Junge Männer, die noch im geradezu naiv anmutenden Glauben sind, eine patriotische Pflicht erfüllen zu müssen, indem sie ihren Wehrdienst ableisten, verlieren dadurch nur sechs Monate ihrer Lebenszeit – und das offenbar schon völlig sinnlos –, wenn es nach unserer Bundesregierung geht. Bezeichnend und sogar erfreulich ist da, dass sich gegen diese Pläne unkonventionelle politische Allianzen bilden. Da tun sich die beiden vormaligen Verteidigungsminister Doskozil und Kunasek, der eine ein in der Wolle gefärbter Roter, der andere ein Spitzen-Blauer, zusammen, um gemeinsam mit dem ehemaligen Generalstabschef Entacher, der als SPÖ-nahe gilt, gegen die Demontage des Bundesheeres zu demonstrieren. Und sie stehen damit natürlich absolut auf dem Boden der Verfassung und des Neutralitätsgesetzes, während die Bundesregierung offenbar glaubt, diese missachten zu können.
Entacher sprach es in diversen Zeitungsinterviews pointiert aus: „Bubis und Bobos sind gegen das Bundesheer.“ Mit Bubis meint er offenbar die Buberlpartie des türkisen Bundeskanzlers Kurz und dessen Beratertruppe. Diese scheint ja tatsächlich den traditionell bundesheerfeindlichen grünen „Bobos“ entgegenzukommen.
Letztere haben ja bereits als junge Linke, als sie noch „revolutionäre Marxisten“, „Maoisten“ oder „Trotzkisten“ waren, skandiert: „Bundesheer ist ungeheuer, erstens Scheiße, zweitens teuer.“ Und diese Haltung scheint sich nunmehr in der Bundesregierung durchgesetzt zu haben.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist es, dass der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Heeres bei der vorschnellen Bekanntgabe dieser Pläne durch die Verteidigungsministerin ablehnend reagierte.
Dies vielleicht zwar nur deshalb, da diese Pläne nicht mit ihm abgesprochen waren. Nachdem das Staatsoberhaupt ja auch aus diesen grünen Reihen kommt, könnte man annehmen, dass er mit der grünen Ablehnung der Wehrpflicht und der militärischen Landesverteidigung insgeheim sympathisiert. Andererseits hat gerade der vormalige Verteidigungsminister Starlinger, bekanntlich der militärische Adjutant des Bundespräsidenten, in seiner kurzen Amtszeit während der Beamten-Regierung am klarsten die Mängel des gegenwärtigen Bundesheers und dessen Unterfinanzierung aufgezeigt und auch deutlich signalisiert, was es für eine vernünftige Landesverteidigung bräuchte.
In früheren Zeiten wurde immer wieder die wehrhafte Neutralität der benachbarten Schweiz als Vorbild für Österreich zitiert. Und obwohl die Schweiz, so wie Österreich auch, von friedliebenden und befreundeten EU-Nachbarstaaten umgeben ist, leistet man sich bis zum heutigen Tag eine effiziente und gut ausgerüstete Armee und nimmt die allgemeine Wehrpflicht ernst. In Österreich hingegen hat man die Armee seit ihrer Aufstellung in den späten 50er-Jahren niemals wirklich ausreichend finanziert. Man hat sie vielmehr mit zahllosen Scheinreformen zu Tode umstrukturiert.
Und man hat damit jene jungen Österreicher, die ihre patriotische Pflicht, nämlich den Wehrdienst, geleistet haben, missbraucht. Und in einem – gegenwärtig zwar nicht sehr wahrscheinlichen – militärischen Ernstfall würde man sie auch kaltlächelnd verheizen, da sie kaum ausgebildet und nicht zeitgemäß bewaffnet wären.
Neu ist nun aber doch, dass sich eine Bundesregierung nunmehr ganz offiziell zum Wehrdienstverweigerer macht.

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