Fluchtpunkt Europa

Und wieder einmal sind Menschen gestorben als Folge des Versuchs, illegal nach Europa zu gelangen. In einem dramatisch überfrachteten uralten Fischerboot sind sie vom türkischen Izmir aus tagelang in Richtung Italien geschippert, um dort an den Klippen der Küste zu zerschellen.
Mehr als eine Million Menschen waren es, die im Vorjahr – weitestgehend illegal über die EU-Außengrenze kommend – in Europa einen Asylantrag stellten.
Und damit ist das europäische Asylsystem natürlich absolut überlastet. 108.000 von ihnen stellten den Antrag in Österreich. Und nun, im Jänner des neuen Jahres, soll die Zahl der Antragsteller angeblich um 50 Prozent zurück gegangen sein. Immerhin sind es nach wie vor 4.000 Asylanträge, die uns beglücken.
Eine Frage, die in diesem Zusammenhang kaum gestellt wird, ist jene, warum die Flüchtlinge und Asylsuchenden stets nach Europa wollen. Jene beispielsweise, die da jüngst aus dem türkischen Izmir aufgebrochen sind – weitgehend gewiss Syrer und Afghanen, also Muslime – hätten es doch viel einfacher, wenn sie in islamischen Bruderstaaten, etwa in Saudi-Arabien oder in den Golfstaaten, um Asyl bitten würden. Viele der Asylsuchenden, zumindest jene aus dem arabischen Bereich, also etwa aus Syrien, hätten dort kaum Integrationsprobleme. Sie wären der Sprache kundig, sie fänden die gleiche Kultur und die gleiche Religion vor.
Warum also immer nach Europa? Also nach Österreich, Deutschland, Frankreich, England oder Skandinavien, wo sie sich in eine völlig fremde Kultur integrieren müssen, die Sprache nicht können und überdies mit dem Christentum konfrontiert sind.
Von einer Aufnahme asylsuchender Menschen aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan in den Golfstaaten oder in Saudi-Arabien hört man überhaupt nichts. Dort scheint zwar Geld keine Rolle zu spielen, da die Saudis und die Eliten der Golfstaaten aberwitzige Billionen-Summen in fantastische Projekte investieren. Da werden Zukunftsprojekte geplant wie etwa „the line“, eine mehrere hundert Kilometer lange Stadt in Saudi-Arabien, oder ein 400 Meter hoher Wohnwürfel in der Wüste, wie aus einem schlechten Science-Fiction-Film.
Aber von großer Solidarität mit den muslimischen Brüdern, die da in Richtung Europa Asyl suchen, hört man nichts.
Warum also immer Europa? Offenbar herrscht in den Krisenstaaten des Mittleren und Fernen Ostens, in Schwarzafrika und anderswo in der Dritten Welt noch immer der Glauben, dass in Europa Milch und Honig fließen.
Noch immer scheint der „European way of life“, also unsere europäische Zivilisation und Kultur und unsere Demokratie und unsere konsequente Einhaltung der Menschenrechte große Anziehung auf die Menschen auszuüben. Oder ist es nur unser Sozialstaat, sind es nur die sozialen Benefizien bis hin zum bedingungslosen Grundeinkommen, was die Menschen anzieht?
Fest steht jedenfalls, dass Europa nicht alle Elenden und nach einem besseren Leben strebenden Menschen des Planeten aufnehmen kann.
Wenn es so weitergeht wie in den letzten Jahren, wird dieses europäische Lebensmodell ohnedies in sich zusammenbrechen und Europa wird damit seine Anziehungskraft verlieren. Zu spät allerdings!
Nunmehr jedenfalls gilt es, Solidarität von anderen Weltteilen, anderen Kulturen und anderen Staaten einzufordern. Und das betrifft zu allererst wohl die muslimische Welt, aber auch Bereiche Ostasiens und die Industriestaaten in Nordamerika. Europa alleine wird die Last der weltweiten Migrationsbewegungen nicht stemmen können.

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