Der Teufel schläft nie

Über Geheimgesellschaften, ­Verschwörungstheorien und den Generalstab des Bösen

Verdammnis, Hölle und Teufel sind ziemlich aus der Mode gekommen – selbst in der Katholischen Kirche. Satan und Ischariot, der Versucher, der Herr der Fliegen, spielt im zeitgenössischen spirituellen Diskurs keine Rolle. Er, der das Böse verkörpert, als Gegenpol zum gütigen Gott, droht in einer Welt, in der die Gutmenschen, (selbst-)gerecht den Ton angeben, in Vergessenheit zu geraten. Dabei versteht es Satan wie kein anderer – ob Erzengel oder gefallener Engel – in vielerlei Gestalt auch in unseren Tagen aufzutreten. Da mag er vielleicht in den Jahren 2007/2008 in der Finanzkrise im Gewande eines Investmentbankers erschienen sein, oder im Jahre 2015 in der Flüchtlingskrise als Boss einer internationalen Schlepperbande oder vielleicht auch als Spin-Doktor im Umfeld des Bundeskanzlerin Merkel. Und in unseren Tagen könnte er vielleicht als Vorstandsvorsitzender eines internationalen Pharmakonzerns oder gar als Virologe erscheinen, was weiß man. Der Teufel schläft jedenfalls nicht, auch wenn wir heutzutage meinen, er sein gewissermaßen in die theologische Pension gegangen.
Das manichäische Erbe, welches auch im Christentum nachwirkt, die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, zwischen Hell und Dunkel, wie wir sie auch aus dem Zarathustra-Kult kennen, existiert auch in unserer Welt, der scheinbar wohlwollenden und sie existiert mit Gewissheit in der uns verborgenen Welt der Geheimgesellschaften. Ob die Templer nun das Grab Christi zu schützen hatten oder doch die alttestamentarische Bundeslade oder gar den heiligen Gral, ob die Freimaurer die Veredelung des Menschen bezweckten oder irgendwelche Logen und Orden anderer Art verborgene Ziele zu verwirklichen trachten, immer ging und geht es doch um Wege, um das Böse zu überwinden und zum Guten zu streben, von der Finsternis ins Licht gewissermaßen.
Nun wird manchen Geheimgesellschaften auch so etwas wie ein Teufelskult, Satanismus eben nachgesagt. Mit diesem Argument etwa vermochte der französische König Philipp IV. im 14. Jahrhundert den Templerorden zu verbieten, die einzelnen Ordensritter zu verfolgen, den Großmeister hinzurichten und deren Vermögen zu beschlagnahmen. Und Verschwörungstheorien unserer Tage – und diese blühen gerade im gewaltigen Maße – gehen zumeist davon aus, dass es so etwas wie einen Generalstab des Bösen gäbe, der dunkle, eben teuflische Ziele verfolge. Ob etwa Bill Gates – mutmaßlich auch so etwas wie eine Inkarnation von Satan – die Menschheit mittels Massen-impfung mit Mikrochips infiltrieren will, ob ein unheiliges Bündnis zwischen Regierungen und Pharmakonzernen mittels Impfzwanges globale Genmanipulationen durchführen will, all das fällt in den Bereich solcher mehr oder minder abstrusen Verschwörungstheorien, die gegenwärtig im Internet massenhaft kursieren.
So wie der Glaube und die Hoffnung die Gottesexistenz konstituieren, so ist es die Angst, die den Teufel gebiert. Angst vor dem Unerklärlichen, Angst vor dem scheinbar Unabwendbaren und die daraus resultierende Flucht in Verschwörungstheorien, die nach Schuldigen und Sündenböcken suchen.
Natürlich nährt die Heimlichtuerei von Geheimgesellschaften, die mangelnde Transparenz, was deren Ziele, deren Mitglieder und deren Riten betrifft, sie betreffen die Verschwörungstheorien. Und manches an den Gerüchten über klandestine Verbindungen und Verhaltensweisen von Geheimgesellschaften mag auch der Realität entsprechen. Da mögen verborgene Netzwerke wirksam werden, wenn es um Karriereförderung, Postenbesetzung oder auch Geschäftsanbahnungen geht. Dies liegt sowohl in der Natur des Menschen als auch im Wesen solcher Gesellschaften, dass man einander unterstützt, fördert und möglicherweise auch vor Angriffen beschützt.
Und die eine oder andere Verschwörungstheorie, die von Mainstreammedien und etablierter Politik abgetan oder gar heftig bekämpft wird, mag auch ganz reale Hintergründe haben. Natürlich gibt es Absprachen zwischen politischen Kräften oder auch in Wirtschaftskreisen, etwa um Wettbewerbsvorteile zu lukrieren oder etwa Bieter-Absprachen, wenn es um öffentliche Ausschreibungen geht. Und natürlich sind beispielsweise, wie gerade die jetzt im Fokus des Interesses stehenden Pharmakonzerne hoch kapitalistische, auf absolute Gewinnmaximierung ausgerichtete Institutionen. Ihnen mag das Wohl der Menschheit, die Gesundheit der Menschen selbst im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen, dessen ungeachtet aber stehen sie im weltweiten Wettbewerb, sind dem kapitalistischen Grundsätzen der freien Marktwirtschaft verpflichtet, sie wollen also in erster Linie Gewinn machen. Und dass dazu vielerlei Mittel und Wege recht und billig sind, möglicherweise jene, die ethischen Grundsätzen und auch gesetzlichen Vorgaben widersprechen, das steht außer Frage.
Und es mag auch internationale diskrete Gesprächsrunden geben, wie etwa das Weltwirtschaftsforum des ominösen Herrn Klaus Schwab, die so etwas wie den „Great Reset“ oder den neuen lenkbaren und manipulierbaren Menschen vielleicht nicht anstreben, so zumindest diskutieren. Gleich ob dies nun maßlos aufgeblasen Gerüchte sind oder ob es nun der Realität entspricht, es wird jedenfalls in den Bereich der Verschwörungstheorien verbannt und damit stigmatisiert.
In Zeiten allgemeiner Bedrängnis und unserer Tage der Pandemie und des damit verbundenen staatlichen Zwangsregimes bis hin zum Lockdowns blühen derlei Verschwörungstheorien in besonderem Maße. Und die Unterscheidung zwischen Lüge und Wahrheit und damit das Erkennen von Gut und Böse wird in solchen Tagen der Irrnis besonders schwer. Wem soll man glauben in Zeiten, da das Vertrauen in die Institutionen des Staates und in die etablierten Medienwelt dramatisch und das berechtigt geschrumpft ist? Nicht zufällig wird das Böse, wird der Teufel als der große Versucher betrachtet, und dieses Böse bedarf keines Generalstabs. Es ist gewissermaßen selbstorganisierend und hat über eigendynamische Interessen, die der menschlichen Planung nicht bedürfen. Das sind beispielsweise verschiedenste ökonomische Interessen, eben solche der Gewinnmaximierung, die sich hier bündeln und den Effekt einer generalstabsmäßigen Planung haben.
Wenn etwa derlei ökonomische Interessen mit parteipolitischem Kalkül zusammenfallen, Streben von Machterhalt von einzelnen Parteien und einzelnen Politikern, kann dies eine unheimliche Allianz zeitigen, die ebensowenig der generalstabsmäßigen Planung bedarf, sondern eben durch Eigendynamik funktioniert. Der Verschwörungstheoretiker nunmehr bedarf der Sündenböcke, um derlei Vorgänge erklären zu können. Dabei ist es schlichtweg das Böse, das hier aktiv ist und eigenständige Kraft entfaltet. Der Teufel schläft eben nicht, oder wie es Goethes Mephisto im „Faust“ ausdrückt: „Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Das kann uns Hoffnung geben.

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