Parteitage und das eherne Gesetz der Oligarchie

Ganze drei Parlamentsparteien der Republik begehen dieser Tage Parteitage. Bei den Grünen müssen sich Kogler und Konsorten von einer mehr oder minder fundamentalistischen Parteibasis die Gretchenfrage stellen lassen, wie sie es denn mit den Machinationen ihres schwarz–türkisen Koalitionspartners in der Bundesregierung halten. Ob sie auch für die Islam-Landkarte der Frau Integrationsministerin Raab sind, ob sie die Abschiebepraxis des Innenministers Nehammer goutieren und schließlich und endlich, ob sie gar mitmachen bei den Vertuschungsversuchen der mutmaßlichen türkisen Korruptionsskandale. All diese unangenehmen Fragen kann Kogler wohl nur bewältigen, indem er mehr oder weniger deutlich macht, dass eine Regierungsbeteiligung und die mögliche Realisierung der hehren grünen Ziele, Klimaschutz etc. all dies rechtfertigen könnten.
Ein wenig anders verhält es sich bei den heimischen Roten, bei der alten Tante SPÖ, die ebenfalls ihren Parteitag abhält. Und dabei muss die bislang einigermaßen „patschert“ agierende Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner Führungsstärke demonstrieren. Allerdings stellt sich auch der SPÖ-Vorsitzenden die Gretchenfrage, wie sie es mit der türkisen Truppe hält. Sollte die Koalition mit den Grünen nämlich platzen, wäre eine Neuauflage der großen alten Koalition zwischen ÖVP und SPÖ wohl die einzige denkbare Variante.
Und schließlich haben dann noch die Freiheitlichen einen außerordentlichen Parteitag, bei dem sie sich einen neuen Bundesparteiobmann küren. Herbert Kickl, der bisher schon der starke Mann der blauen Oppositionspartei nach Ibiza war, ist dabei alternativlos und bleibt ohne Gegenkandidaten. Freund und Feind der FPÖ wissen, dass Kickl für den Oppositionskurs, den die Freiheitlichen zumindest mittelfristig einschlagen müssen, der beste Mann ist.
All diese Parteikonvente und Parteitage beweisen einmal mehr, dass das „eherne Gesetz der Oligarchie“ bis zum heutigen Tag Gültigkeit hat. Auch wenn bei allen österreichischen Parlamentsparteien sowie überhaupt bei Parteien in demokratischen Staaten die Parteibasis in Form von Parteitagen die höchste Autorität innehaben, schlichtweg der Souverän der Parteien sind, bestimmen die Spitzenfunktionäre, was Sache ist. Bei den Grünen gilt es, einer potenziell rebellischen und querulatorischen Parteibasis falsche Hoffnungen vorzugaukeln. Bei den Roten heißt es, eine Parteibasis ruhigzustellen, die nun schon etliche Jahre auf die Möglichkeiten und Pfründe des Mitregierens verzichten muss. Und für die blaue Parteibasis schließlich und endlich heißt es, nach den Niederungen infolge von Ibiza wieder Hoffnung schöpfen zu können.
Zwar war bei den Grünen immer viel von Basisdemokratie und Patrtizipation die Rede, in Wahrheit aber sind sie offenbar längst zu einer ultralinken Kaderpartei geworden. Bei der Sozialdemokratie hingegen stand Parteidisziplin traditionell im Mittelpunkt des Parteigeschehens.
Bei den Freiheitlichen war ursprünglich das Prinzip „Kameradschaft“ die Maxime. Klarerweise aber bildeten sich auch in den blauen Reihen immer wieder so etwas wie Parteioligarchien. In der alten freiheitlichen Honoratiorenpartei gab es solche Oligarchien und natürlich auch danach, in der populistischen Phase unter Jörg Haider und Strache. Der Vorwurf der politischen Gegner allerdings, dass sich die FPÖ unter Haider und Strache zu einer „Führerpartei“ entwickelt habe, liegt einigermaßen daneben. Kaum in einem anderen politischen Bereich gibt es nämlich so viele Querköpfe, Eigenwillige und Besserwisser als innerhalb des historisch gewachsenen national-liberalen Lagers. Davon können FPÖ-Obmänner von Norbert Steger bis herauf zu Norbert Hofer ein Lied singen.
Zwei Parteien aber, die in diesen Tagen keinen Parteitag haben, nämlich die NEOS und die türkise ÖVP, sind hingegen anders strukturiert. Bei den NEOS gibt es wahrscheinlich keine Oligarchie, sondern nur einen Oligarchen, der die Partei aus dem Hintergrund lenkt. Und bei der türkisen Volkspartei heißt es nicht Oligarchie, sondern „Familie“, die einander mittels mehr oder weniger sinniger SMS und Chats verbunden ist. Da braucht es dann keine Parteitage, sondern allenfalls virtuelle Familientreffen.

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