Mitten im Cyber-Krieg

4. November 2013

WikiLeaks und der Herr Assange und die Preisgabe der NSA-Datenspitzeleien durch den Herrn Snowden haben der Öffentlichkeit in den letzten Monaten gezeigt, dass im Bereich des Internets und der elektronischen Kommunikation längst ein Krieg tobt. Ein Krieg, der sich vorläufig im Sammeln von Daten manifestiert, wobei Recht und Gesetz, Datenschutz und Bürgerrechte keinerlei Rolle mehr spielen. Ein Krieg, der offiziell dem internationalen Terror und der organisierten Kriminalität gilt, in Wahrheit jedoch längst um große machtpolitische und weltwirtschaftliche Interessen tobt. Und ein Krieg, in dem sich die herkömmlichen Grenzen verschoben haben. Hier bespitzeln verbündete Staaten sich gegenseitig, ohne jede Rücksicht auf individuelle Freiheit und zwischenstaatlichen Respekt.

Die treibende Kraft scheinen dabei die Vereinigten Staaten von Amerika zu sein. Ihr nach dem 11. September 2001 ausgerufener Krieg gegen den internationalen Terror bildete den Vorwand, um ein weltweites Netz von Datenspitzelaktionen aufzubauen, das offenbar vor nichts zurückschreckt. Dass sich parallel dazu eine einigermaßen anarchistisch orientierte Hacker-Szene entwickelte – WikiLeaks lässt grüßen – die auch nicht davor zurückschreckt in die geheimsten und gefährlichsten Bereiche vorzustoßen, bis hin zu den Abschusscodes der Nuklear-Arsenale der Großmächte ist auch eine Tatsache. Und wer weiß, vielleicht gibt es längst auch im Bereich des internationalen Terrors nicht nur mehr Mudschahidin, die mit irgendwelchen Steinzeitwaffen durchs afghanische Gebirge ziehen, sondern längst IT-Spezialisten, welche die Elektronik der Militärmaschinerie der Supermacht USA lahmzulegen drohen.

Eine Form von Tugendterrorismus könnte sogar versuchen, uns in die Steinzeit zurück zu bomben, indem sie beispielsweise die kontinentale Stromversorgung lahmlegt. Das aktuelle Buch des österreichischen Journalisten Elsberg mit dem Titel „Blackout“ schildert ein solches Szenario, indem bereits nach einer Woche Stromausfall der Super-GAU einzelner europäischer Kernkraftwerke erfolgt, bürgerkriegsähnliche anarchische Zustände ausbrechen und der gesamtgesellschaftliche Weg in die Vor-Moderne vorgezeichnet wird.

Den Cyber-Krieg gibt es also, auch wenn er vorläufig nur in Form der Datensammelwut des US-amerikanischen Geheimdienstes manifest wird. Und wer sagt denn, dass die Daten nur gesammelt werden. Gibt es nicht womöglich massive Wirtschaftsspionage? Etwa aus dem chinesischen Bereich, um dort im Fernen Osten eine neue Wirtschaftssupermacht zu etablieren, die US-Amerika und Europa ja locker überrunden könnte? Und gibt es nicht den Krieg gegen unangepasste Bürger, die bespitzelt und kontrolliert werden, obwohl sie mit organisierter Kriminalität und Terrorismus nichts zu tun haben? Wie weit aus diesem Cyber-Krieg ein realer heißer Krieg werden kann, wie weit daraus reale Gewalt zu werden vermag, wissen wir nicht. Noch kann man hoffen, dass die Selbstheilungskräfte der westlichen Gesellschaft stark genug sind, um die sukzessive Beeinträchtigung ihrer Bürgerrechte zu bekämpfen. Die Grundrechte, wie sie in den Demokratien des Westens erkämpft wurden, dürfen nicht preisgegeben werden zugunsten einer Diktatur, die den gläsernen Menschen und die absolute Reglementierung des Individuums aber auch der gesamten Gesellschaft im Auge hat.


Verhindert Österreich den Türkei-Beitritt?

7. Dezember 2010

WikiLeaks sei Dank! Durch dessen Internet-Indiskretionen kristallisiert sich auch in Hinblick auf den EU-Beitritt der Türkei ein ziemlich eindeutiges Bild heraus: Auch die Amerikaner scheinen zur Ansicht gekommen zu sein, dass der kleinasiatische Staat sich eher in Richtung Islamisierung und Vormacht im Turkstaaten-Bereich bewegt, als hin zur Europäischen Union. Und auch die Amerikaner – so lassen deren Botschafterberichte schließen – haben erkannt, dass Premier Erdogan und seine Truppe der Islamisierung massiv Vorschub leisten und keineswegs eine Europäisierung ihres Landes betreiben.

Dank WikiLeaks wissen wir aber auch, dass die Türken besonders erbost sind über Österreich und dessen Vorbehalte gegenüber dem EU-Beitritt des Landes. Im Grunde genommen lassen die Informationen den Schluss zu, dass Österreich sogar über eine Zeitlang die Sperrspitze des anti-türkischen Widerstands war und nach dem Einschwenken der Bundesdeutschen und auch der Franzosen auf die Linie, dass bestenfalls eine privilegierte Partnerschaft zwischen der EU und der Türkei möglich sei, den Anfang vom Ende der EU-Ambitionen der Osmanen eingeleitet hat. Und dann kann man weiter darauf schließen, dass wir, die Türkei kritischen Österreich, insbesondere jene, die im Rahmen der freiheitlichen Oppositionsbewegung tätig sind, den Ausschlag gegeben haben, dass Österreich selbst auf dieser Linie geblieben ist. Die Opportunisten in den etablierten Parteien wären wohl längst auf die Beitrittslinie umgeschwenkt, hätte es den Druck der freiheitlichen Opposition gegen den Türkei-Beitritt nicht gegeben. Man denke daran, wie rasch ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel und in der Folge die Außenpolitiker seiner Partei bis hin zum amtierenden Außenminister Spindelegger bereit waren, die Türkei-Verhandlungen zu eröffnen bzw. weiter zu führen. Die freiheitlichen Forderungen nach einem sofortigen Abbruch der Verhandlungen, für die es immer wieder gute und aktuelle Gründe gab und gibt, wurden von den ÖVP-Außenpolitikern bekanntlich ignoriert. Langsam aber kristallisiert sich heraus, dass die Österreichische Linie quer durch Europa mehrheitsfähig ist, eine Linie die in Österreich von den Freiheitlichen vorgegeben wurde.

Ein echter Erfolg, ein Erfolg der zeigt, dass auch eine ursprüngliche kleine Oppositionspartei mit konsequenter Haltung und guten Argumenten in der Lage ist, große Politik zu beeinflussen und schicksalshafte Entscheidungen sogar über das eigene Land hinaus mitzubestimmen. Und dabei geht es wirklich nicht um antitürkische Ressentiments, um Xenophobie oder militantem Anti-Islamismus. Es geht schlicht und einfach darum, dass die Freiheitlichen als eine der ersten politischen Kräfte erkannt haben, dass die Türkei nie und nimmer ein europäisches Land sein kann und dass ihre aktuelle Politik alles andere ist, als pro-europäisch.

Wenn man jedenfalls – WikiLeaks sei dank – von den großosmanischen Träumereien des gegenwärtigen türkischen Außenminister hört, wonach der Balkan und der Kaukasus unter türkischer Herrschaft weit friedvoller geordnet war als heute, wenn man von den Debatten führender AKP-Funktionäre ließt, wonach man Rache für Wien 1683 fordert und die Rückeroberung Andalusiens, wenn eben dieselben türkischen Spitzenpolitiker davon sprechen, dass es die Aufgabe der Türkei sei, den Islam in Europa durchzusetzen, dann weiß man, dass es nur zu berechtigt ist, hier Widerstand zu leisten. Sagen wir es einmal auf gut Deutsch: Der Beitritt der Türkei wäre das Ende Europas. Wer Europa liebt, muss gegen den Türkei-Beitritt zur EU Widerstand leisten. Wir tun dies, daher sind wir wahrscheinlich die besseren Europäer.

Angemerkt sei noch, dass dieser Tage das Europäische Parlament die Durchführungsbestimmungen zum sogenannten Europäischen Bürgerbegehren, wie es im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist, festgelegt hat. Damit wäre es nunmehr möglich, das zu realisieren, was europäische, patriotische und rechtsdemokratische Parteien vor wenigen Wochen bei einem Treffen in Wien gemeinsam mit den Freiheitlichen ankündigten: Die Durchführung eines solchen europäischen Bürgerbegehrens gegen den EU-Beitritt der Türkei. Die österreichischen Freiheitlichen könnten sich dabei zur treibenden Kraft machen und damit für eine Klarstellung sorgen. Wenn ein solches Bürgerbegehren die notwendige Million Unterschriften erhält könnte dies Anlass für Ankara sein, endlich von sich aus zu sagen: Nein Danke, wir legen unser Beitrittsbegehren zurück. Das wäre dann ein Feiertag für ganz Europa.