Italienische Verhältnisse

29. September 2022

Zwei Wahlgänge waren es, die uns in den vergangenen Tagen beschäftigten: die Wahlen im Heiligen Land Tirol und jene jenseits des Brenners, in Italien. Das Wahlsystem in Italien ermöglicht Parteienbündnisse. Und so konnte ein Rechtsbündnis gegen die zerstrittene Linke reüssieren. Die einzelnen italienischen Parteien erreichen maximal auch nur um die 20 Prozent, wären also für sich alleine oder auch in Zweierkoalitionen kaum stark genug für eine Regierung.
Das italienische Parteiensystem hat sich bereits vor mehreren Jahren grundlegend transformiert. Die alte Democrazia Cristiana und ihr Gegenpart, die Sozialistische Partei, haben an Bedeutung verloren, beziehungsweise sind überhaupt verschwunden. Stattdessen haben sich neue politische Bewegungen begründet, auf der linken Seite die Fünf-Sterne-Bewegung und rechts die Lega, sowie Berlusconis Forza. Und die Fratelli d’Italia der Frau Meloni, die jetzt als Wahlsieger dastehen, sind trotz ihrer neofaschistischen Vergangenheit im Grunde auch eine neue Partei.
Eine solche Transformation des Parteienspektrums könnte der österreichischen Parteienlandschaft erst bevorstehen. Der Niedergang der Volkspartei, der sich auch im Ergebnis der Tiroler Landtagswahlen zeigt, könnte in einem Democrazia-Cristiana-Schicksal enden. Ob die Freiheitlichen in der Lage sein werden das Erbe der ÖVP anzutreten, wird sich weisen, oder ob wie in Italien neue Rechtsparteien entstehen werden. Und die Sozialdemokratie ist trotz ihres gegenwärtig bescheidenen Vorsprungs in den Umfragen ganz offensichtlich nicht jene Kraft, die das Parteiensystem führend neu zu organisieren vermag.
Und die Grünen? Nun, sie spielen in Italien keine wesentliche Rolle und hierzulande scheinen sie ihren Zenit bereits überschritten zu haben. Sie sind im Grunde niemals eine neue politische Kraft gewesen, sondern nur die linkslinke Absplitterung aus dem Spektrum der Linken insgesamt. Für Österreichs Freiheitliche stellt sich die Frage, ob sie von den Menschen als Bestandteil des alten politischen Spektrums wahrgenommen werden oder als Bewegung, die für einen Neubeginn der heimischen Politik steht. Sicher dürfte jedenfalls sein, dass jene gewissermaßen „gottgewollte Dreiteilung“ des politischen Systems in Österreich, wie es der Historiker Adam Wandruszka seinerzeit diagnostizierte, in einen nationalliberalen, einen sozialdemokratisch-austromarxistischen und einen christlich-konservativen Bereich, überholt ist. Aber auch das Experiment von Regierungskoalitionen diametral unterschiedlich ideologisch ausgerichteter Parteien scheint gescheitert zu sein. Das beweist die Abwahl der schwarz–grünen Regierung in Tirol. Die scheinbar so „charmante“ Kombination einer konservativen und wirtschaftsfreundlichen Partei mit einer progressiven, politisch korrekten Gruppierung mündete nämlich nur in gegenseitiger Blockade und letztlich in einer Dominanz des linken Zeitgeists, etwas, was die Wähler offenbar in Österreich nicht wirklich wollen.
Und so könnte das italienische Beispiel in Österreich Schule machen: Ein Rechtsbündnis aus bestehenden und sich neu formierenden, rechts der Mitte stehenden Parteien gegen eine abgenutzte und ideenlose Linke, die sich in immer neuen allzu zeitgeistigen Splittergruppen verzettelt. Ob dann allerdings auch die Instabilität der politischen Verhältnisse, wie wir sie aus Italien kennen, in Österreich Einzug hält, ist eine andere Frage.
Das Zeitalter der alten staatstragenden Volksparteien dürfte jedenfalls zu Ende sein


USA – eine Wahl, die uns alle angeht

22. Oktober 2020

In wenigen Tagen wählen die US-Amerikaner ihren neuen Präsidenten. Und obwohl der demokratische Kandidat Joe Biden in den Umfragen vorne liegt, wagen es die Politexperten nicht vorherzusagen, wer gewinnen wird. Wir in Europa haben diesbezüglich eine relativ einseitige Wahrnehmung. Unsere Mainstreammedien hängen zumeist am Tropf von linksliberalen amerikanischen Medienunternehmungen, wie der „Washington Post“ oder der „New York Times“. Und diese neigen dazu, alles, was Trump von sich gibt und was er tut, negativ zu interpretieren und zu kommentieren. Demgemäß ist dann die Berichterstattung der europäischen Medien, beziehungsweise auch der innerhalb Österreichs.
Dabei wird übersehen, dass Trump mit seinem Slogan „America First“ insbesondere im ländlichen Amerika über eine gewaltige Anhängerschaft verfügt. Und Dreiviertel der republikanischen Wähler sind den Evangelikalen zuzuordnen und diese fundamentalistischen Christen, insbesondere im flachen Land und im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten, sind unerschütterliche Anhänger des gegenwärtigen Präsidenten.
Wer Trump ausschließlich nach seinen skurrilen Medienauftritten, nach seinen einigermaßen grotesken Meldungen auf Twitter beurteilt, irrt sich gewaltig. Zwar ist Milliardär – und der Beruf des Milliardärs scheint den Charakter der Menschen generell zu verderben – nach europäischen Maßstäben verhaltensauffällig. Er und seine Leute scheinen aber doch nach einem klaren ideologischen Muster vorzugehen. Allein die jüngste Bestellung der neuen Höchstrichterin Amy Coney Barrett, einer geradezu fanatischen Katholikin und Abtreibungsgegnerin, Mutter von sieben Kindern, beweist dies. Und sein Motto „America First“ hat sich in den Wirtschaftsdaten der USA auch durchaus positiv niedergeschlagen. Zwar sind diese durch die coronabedingten ökonomischen Folgen im Moment auch schwer unter Druck. Insgesamt aber hat Trump den amerikanischen Unternehmen durchaus Aufwind beschert. Und was seine Außenpolitik betrifft, so war von Anfang an klar, dass er mit diesem Motto „America First“ nicht europäische Interessen im Auge haben würde. Gegenüber der Europäischen Union und insbesondere gegen Deutschland hat Trump immer eine Linie eingeschlagen, die keineswegs als freundlich bezeichnet werden kann. Dies, obwohl er gerade wieder jüngst am Tag der Deutsch-Amerikaner sein eignes deutschamerikanisches Erbe betonte und die Verdienste der Einwanderer in die USA lobte.
Entgegen ursprünglich anders gerichteten Vermutungen brach Trump jedenfalls keinen US-amerikanischen Krieg vom Zaun. Ihm, dem man aufgrund seinen skurrilen Verhaltens zugetraut hätte, dass er leichterdings den ominösen roten Knopf drücken könnte, muss man attestieren, dass er globalen Mitbewerbern wie China und Russland eine zwar entschiedene Haltung einnahm, letztlich aber den Frieden wahrte. Und gegenüber Sorgenkindern der internationalen Politik, wie etwa Nordkorea, ließ er durchaus Verhandlungsgeschick und friedensstiftende Initiativen erkennen.
Insbesondere seine Politik im Nahen Osten war doch einigermaßen von Erfolg gekrönt. Dass es nunmehr möglich erscheint, dass Israel mit den Golfstaaten zu einem friedlichen Auskommen gelangt – mittelfristig sogar mit Saudi-Arabien – ist denn doch ein Erfolg der Diplomatie der Trump-Administration. Und das primäre Sorgenkind im Nahen Osten, nämlich Syrien und der dortige Bürgerkrieg, sind eher der verfehlten Politik seines Vorgängers Barack Obama zuzurechnen und nicht politischen Fehlern Trumps.
Dennoch dürften auch konservative Europäer, auch hier in Österreich, ein unbehagliches Gefühl im Falle einer Wiederwahl Trumps haben. Allzu unberechenbar, allzu skurril in seinen Auftritten, allzu polemisch in seinen persönlichen Attacken gegenüber seinen politischen Gegnern, scheint der bisherige US-Präsident zu sein. Ob sein demokratischer Gegner im Falle einer Präsidentschaft allein aufgrund seines hohen Alters ein besserer Präsident wäre, darf allerdings auch bezweifelt werden. Bei Joe Biden könnte indessen seine Vize-Präsidentin als erste farbige Frau zum Zug kommen. Aber all das ist ungewiss. Und ungewiss ist auch, ob weiter eine zukünftige Regierung Trump II oder eine Biden-Regierung, weltpolitisch positiv im Hinblick positiv auf Europa oder die europäische Union wirken wird. Aber es ist eben so, wie Otto von Bismarck vor 150 Jahren feststellt: „Nationen haben keine Freunde, sie haben Interessen.“ Und das US-amerikanische Interesse ist nun mal nicht jedes der Europäer. So gesehen war Donald Trump vielleicht nur ehrlicher, als viele seiner Vorgänger, die auch in Europa, wie John F. Kennedy, Bill Clinten oder Barack Obama als Lichtgestalten galten.


Vom Elend unserer Polit-Stars

29. Juni 2017

Peter Pilz hat nun also gegen irgendeinen grünen Jüngel bei der Stellung der Kandidatenliste verloren. Er, der die ziemlich ausgelutschte Öko-Partei als Einziger in die Medien zu bringen vermochte, sagte also Ciao, Adieu und auf Wiedersehen und überlässt die Partei der Alt-Lesbe Lunachek und einem ultralinken Tiroler Dirndl. Na, das wird ein tolles Wahlergebnis!
Aber auch andere Polit-Stars sind in Kalamitäten: Kanzler Kern, Slim-Fit-Star der Sozialdemokratie, wirkt indessen so müde, dass seine Tränensäcke an Willi Brandt erinnern. Und der türkise Nachwuchs-Wunderwuzzi Sebastian Kurz kann sich dem allzu raschen Verschleiß vorläufi g nur dadurch entziehen, dass er von der Bildfl äche verschwunden ist. Wie er das bis zum Wahltag in dreieinhalb Monaten durchhalten will, ist ein wenig rätselhaft.
Für das Team Stronach hat sich „Krone“-Kolumnist Tassilo Wallentin verweigert, für die am politischen Existenzminimum herumkrebsenden Neos ist der verblühende Charme der Irmgard Griss auch keine Hoffnung mehr. Und so müssen sich die beiden an hyperaktive Kinder erinnernden Nachwuchsparlamentarier Robert Lugar und Matthias Strolz selbst als Volkstribune versuchen.
Wohl mit mäßigem Erfolg. Dieses Polit-Promi-Sterben ist nicht als politischer Generationenwechsel zu bezeichnen. Am ehesten noch in der ÖVP, wo Kurzens Buberl- und Mäderlpartie das Regiment übernehmen wird. Schon weniger in der SPÖ, wo Kanzler Kern die Midlifecrisis auch schon hinter sich hat. Und gar nicht bei den Grünen, wo eher Politikerinnen vom Typus postklimakterialer Religionslehrerinnen die Macht übernehmen.
Allenthalben der Versuch, neue und andere Gesichter zu präsentieren, weil die herkömmlichen Parteirepräsentanten beim Wähler nicht mehr ziehen. Einzig die FPÖ hat mit Heinz-Christian Strache seit zwölf Jahren den am längsten amtierenden Parteiobmann der Republik, der von sich sagt, er komme nunmehr erst „ins beste politische Alter“. Allerdings merkt man auch beim blauen Oppositionsführer Abnützungs- und Gewöhnungseffekte, seine Strategie aber, sich als stabiler Faktor der österreichischen Innenpolitik zu präsentieren, als einer, „auf den Österreich immer zählen“ kann, könnte angesichts der einigermaßen wirren Personalrochaden in der übrigen Parteienlandschaft durchaus erfolgversprechend sein. In schwierigen Zeiten suchen die Menschen Stabilität und Berechenbarkeit, und die Tage, da Strache als Politrabauke und ideologischer Krawallbruder hingestellt werden konnte, sind längst vorbei. Vielmehr scheint er der einzige Spitzenmann in der österreichischen Innenpolitik zu sein, der genug Zeit hatte, politisch auch zu reifen. Die meisten anderen wurden zu großen Stars hochgejubelt, um dann allzu schnell zu verglühen, Wir werden ja sehen, was Sebastian Kurz in zehn Jahren macht. Im Zweifelsfall dürfte er als weißer Elefant im Raiffeisensektor tätig sein. Wetten, dass …?


Der Bundesadler hat einen rechten Flügel

25. März 2016

Ein Adler, der nun über einen Flügel, nämlich nur den linken, verfügt, ist zwangsläufig zum Abstürzen verurteilt. Nun hat der deutsche Bundesadler gezeigt, dass er auch über einen rechten Flügel verfügt und zwar über einen durchaus starken.
Die Ergebnisse der Alternative für Deutschland in Sachsen-Anhalt, in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg haben deutlich gemacht, dass tendenziell bis zu ein Viertel der bundesdeutschen Wähler eine rechtsdemokratische, eine patriotische, wenn man so will eine deutschnationale Partei bereit sind zu unterstützen.
Ansätze für eine solche Partei hat es in der Geschichte der Bundesrepublik ja genug gegeben: Da waren die alten Nationaldemokraten unter Adolf von Thadden, da waren die Republikaner unter Franz Schönhuber und danach unter der Führung von Rolf Schlierer in Baden-Württemberg, dann gab es da die Schill-Partei in Hamburg und den Bund freier Bürger mit Manfred Brunner. Die Republikaner etwa zogen in den späten 80er und frühen 90er Jahren mühelos in die Landtage von Berlin und Baden-Württemberg sowie 1989 ins Europäische Parlament ein.
Daneben gab noch jede Menge kleinerer Splittergruppen, die da oder dort regionale oder kurzeitige Erfolge zu verbuchen hatten. Und natürlich gibt es noch immer die NPD, gegen die man gerade wieder einmal ein Verbotsverfahren eingeleitet hat. Wirklich durchgesetzt hat sich davon keine Gruppierung.
Und nun ist da seit einigen wenigen Jahren die Alternative für Deutschland tätig. Zuerst als professoral geführte Ein-Themen-Partei gegen die europäische Einheitswährung Euro, nunmehr – glaubt man den politischen und medialen Gegnern – als rechtspopulistische mit Frau Petry an der Spitze, die zuallervorderst vom großen deutschen Frust über die Millionen-Zuwanderung von „Schutzsuchenden“ profitiert.
Wenn man wahrnimmt, wie diese AfD mit ihren jüngsten deutschen Regionalwahl-Erfolgen vom politisch-medialen Establishment herunter gemacht und diffamiert wird, kann man schon nachdenklich werden. Da ist vom „braunen Bodensatz“ die Rede, von „Hetzern“ und „Fremdenfeinden“, zur Hälfte Kriminelle, und andere Verirrte und Verrückte seien die Menschen, die diese Partei tragen und auch ihre Wähler werden als „Dumpfbacken“ oder „Pack“ beschimpft.
Wenn es nur so einfach wäre! Tatsache ist, dass der Erfolg der Alternative für Deutschland ein Beweis für den breitflächigen Unwillen der Bundesdeutschen im Hinblick auf ihre etablierte Politik darstellt. Angela Merkels Willkommenskultur und „Wir-schaffen-das-Politik“ und die damit unweigerlich verbundene Flut an Zuwanderern aus nicht-europäischen Gebieten sind natürlich das stärkste Motiv für diesen Unwillen. Insgesamt aber beweist der Erfolg der AfD, dass es eben auch in Deutschland den Bedarf nach patriotischer, wertkonservativer, an den nationalen Interessen orientierter Politik gibt. Eine Politik, die den politisch korrekten Zeitgeist konterkariert, eine Politik, die das eigene Volk, die eigenen Familien und die eigene Kultur ins Zentrum ihres Bemühensstellt. Von den etablierten Parteien, den Christdemokraten, den Sozialdemokraten, den Liberalen und den Grünen glaubt man in breiten Kreisen der Bevölkerung eben längst nicht mehr, dass sie dies tun.
Und das ist die Chance der AfD. Es bleibt abzuwarten, ob es der politischen Bewegung unter der Führung von Frau Petry gelingt, die notwendige Professionalisierung zu erarbeiten, ob sie sich von V-Leuten des Staatsschutzes unterwandern lässt, von Exponenten des rechten Narrensaums radikalisiert wird, oder vom politisch korrekten Bedenkenträgern – im ewigen „Kampf gegen rechts“ – politisch kastrieren lässt. Ein Indiz für eine sinnvolle Entwicklung der AfD wird es wohl sein, ob sie den Mut hat und die Kraft, mit anderen patriotischen Parteien quer durch Europa, zu vorderst wohl mit der österreichischen FPÖ, zu kooperieren. Wir dürfen gespannt warten, was sich da entwickelt.