Tut mir leid, lieber Leser, aber der Autor dieser Zeilen ist schlicht und einfach zu blöd: Er kapiert bis zum heutigen Tag nicht, wie man aus der Befragung von tausend Menschen auf Zehntelprozentpunkte präzis auf das Wahlverhalten von etwa sieben Millionen Österreichern schließen kann. Angeblich ist es ja Mathematik und präzise wie nur etwas, dem Autor dieser Zeilen erscheint es doch eher so etwa wie Kaffesatzdeuterei zu sein. Vielleicht um einiges präziser als der Versuch, aus dem Vogelflug oder dem Inhalt von Schafsdärmen die Zukunft zu lesen, im Grunde aber kaum besser.
Und dennoch erfreuen uns die Meinungsforscher in periodischen Abständen mit den Ergebnissen ihrer Umfragen. Zuletzt ergab die sogenannte Sonntagsfrage eines renommierten Instituts, dass der seit einiger Zeit andauernde Dreikampf von Sozialdemokratie, Volkspartei und Freiheitlichen sich zunehmend zugunsten der Strache-FPÖ entwickelt. Sie sei mit 29 Prozent und einem Punkt vor den Sozialdemokraten und ganze sechs oder sieben vor der Volkspartei. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik gab es so ein Ergebnis – wenn auch nur bei einer Umfrage.
Während in den 90er Jahren während des Aufstiegs der Haider-FPÖ die Österreicher samt und sonders weniger Bekennerfreude zu zeigen pflegten, wenn es darum ging, sich zu den bösen blauen Buben zu gesellen, scheint sich dies nun geändert zu haben. Damals schnitt die FPÖ in den Umfragen stets schlecht ab, um dann bei Wahlgängen als großer Überraschungssieger dazustehen. Bereits damals mutmaßte mancher, dass die Umfragen von ihren Auftraggebern, nämlich den politischen Parteien auch als strategisches Wahlkampfmittel eingesetzt wurden. Man versuchte seinerzeit eben, die Haider-Partei kleinzureden.
Heute könnte es umgekehrt sein. Vielleicht hat man sich heute dazu entschlossen, die Strache-Partei in den Umfrageergebnissen aufzublasen zu einem scheinbar ach so gefährlichen Zombie, den man dann im Falle von Wahlergebnissen, die nicht ganz so triumphal ausfallen, als Enttäuschung entzaubern könnte.
Wie auch immer. Tatsache ist, dass die Österreicher scheinbar die Angst, sich offen für die FPÖ zu deklarieren, verloren haben. Und Tatsache ist auch – das bestätigen alle Meinungsforscher – dass die Rohdaten für die Strache-FPÖ im Kern konstant gut sind. Das heißt also, dass diese Aufwärtsbewegung der FPÖ nicht nur ein momentanes Ereignis ist, sondern eine kontinuierlich verlaufende Entwicklung.
Von den politischen Themen her, von den Problemen, die sich uns stellen, ist es ja durchaus schlüssig, dass Strache und seine blauen Recken zulegen: Das permanente Versagen der Europäischen Union, die weiteren zu erwartenden Milliardenzahlungen an Griechenland, Portugal und andere Pleitestaaten, die in periodischen Wellen im Süden Europas anlandenden illegalen Migranten, dazu das offensichtliche Versagen der Regierenden treiben die Wähler Strache geradezu in die Arme. Das steht außer Frage. Was sehr wohl in Frage zu stellen ist, ist die Aussicht auf eine Lösung dieser Probleme durch die Freiheitlichen sollten diese wirklich in die Verantwortung kommen. Werden sie dann in der Lage sein, Antworten zu geben, neue Konzepte zu entwickeln und wirkliche Reformen für das Land zu bringen?