Mit Verlaub, Herr Bundespräsident … ein offener Brief von Andreas Mölzer

26. Januar 2023

„Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein A…loch“, schleuderte der grüne Gesinnungsfreund unseres gegenwärtigen Staatsoberhaupts, Joschka Fischer, seinerzeit dem von der CDU gestellten Präsidenten des Deutschen Bundestags in einer Parlamentssitzung entgegen.

So weit wie der einstige linksextreme „Street Fighter“ und nachmalige deutsche Außenminister wollen wir nicht gehen. Allerdings wollen wir unserem frisch angelobten Staatsoberhaupt doch zurufen: Mit Verlaub, Herr Bundespräsident, Sie wollten doch ein Präsident für alle Österreicher sein! Und nun erklären Sie im ORF-Interview im Vorfeld ihrer Angelobung, dass sie nur Wert legen würden auf eine „gute Nachrede seitens der vernünftigen und intelligenten Österreicher“, zu denen sie die Sympathisanten und Wähler der Freiheitlichen Partei offenbar nicht zählen. Dieser Schluss ergibt sich nämlich denklogisch aus ihrer Aussage, den FPÖ-Chef im Falle seines Wahlsiegs entgegen aller Usancen der Zweiten Republik nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Sie wüssten schon, dass sie sich damit „nicht nur Freunde machen“, aber sie wollen „kein feiger Präsident“ sein.

Nun müssen Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, selbst beurteilen, ob es von großem politischen Mut zeugt, wenn man eine nahezu ein Drittel der Wähler umfassende Gruppe von Bürgern ausgrenzt, weil sie eine andere Weltanschauung hat als die eigene. Für einen in die Jahre gekommenen Grünen mit explizit linker Prägung ist es gewiss verständlich, wenn man nationalliberale Ideologie und die gegenwärtig fundamentaloppositionelle Politik der Freiheitlichen ablehnt. Für das Staatsoberhaupt der demokratischen Republik Österreich aber, für einen Bundespräsidenten, der nach eigener wiederholter Bekundung die Gräben in unserer Bevölkerung überwinden und die Spaltung der Gesellschaft bekämpfen will, ist eine solche Haltung unverzeihlich.

Zwar ist die verfassungsrechtliche Rolle des österreichischen Bundespräsidenten durch die Verfassungsreform von 1929 eine relativ starke. Und er hat ja tatsächlich, so wie seinerzeit der Kaiser in der K.u.K-Monarchie das Recht, die Regierung zu ernennen und auch zu entlassen. Ob er aber tatsächlich aus demokratiepolitischer Sicht legitimiert wäre, eine in demokratischen Wahlen siegreiche Partei von der Regierungsbeteiligung auszuschließen, ist mehr als fraglich. Und das Beispiel aus der jüngeren österreichischen Geschichte, nämlich die Regierungsbildung des Jahres 2000, demonstriert, dass Parteien mit einer entsprechenden parlamentarischen Mehrheit auch gegen den Willen des Staatsoberhauptes in der Lage sind, eine Regierung zu bilden.

Was nun jene Argumente betrifft, die Sie, Herr Bundespräsident, im gegenständlichen ORF-Interview ins Treffen geführt haben, um ihre Vorbehalte gegen die FPÖ und ihren Bundesparteiobmann zu begründen, so sind diese bei näherer Betrachtung auch in keiner Weise haltbar. Sie haben erklärt, dass sie eine „europafeindliche Partei“, die überdies den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verurteile, nicht auch noch fördern wollten.

Nun ergibt jede auch nur einigermaßen objektive Analyse der freiheitlichen Programmatik und der realen freiheitlichen Politik, dass die FPÖ zwar massiv EU-kritisch eingestellt ist, aber dezidiert und deklariert für die europäische Integration als solche eintritt. Und dass sich die freiheitliche Vision von diesem integrierten Europa wesentlich von der gegenwärtigen Brüsseler EU-Realität und auch von den zentralistischen Plänen für „Vereinigte Staaten von Europa“ unterscheidet, kann keineswegs als Beleg für Europafeindlichkeit gewertet werden. Vielmehr handelt es sich dabei um die Vision eines starken und selbstbewussten Europas der Vaterländer, der souveränen Nationen und der in ihrer Kultur und Identität gesicherten Völker und Volksgruppen, in guter Nachbarschaft in den historisch gewachsenen Regionen des Kontinents zusammen lebend.

Und was den Ukraine-Krieg betrifft, so waren es die Freiheitlichen und ihr Parteiobmann, die als einzige die Einhaltung und Betonung der verfassungsmäßigen österreichischen Neutralität gefordert haben. Und auch wenn seitens der FPÖ in Hinblick auf die Entwicklung hin zum Ukraine-Krieg und in Bezug auf dessen Hintergründe ein Gehör beider Seiten eingefordert wurde, gibt es keine einzige Stellungnahme, die den russischen Angriffskrieg als solchen gut geheißen hätte.  

Wenn dies im Zuge der innenpolitischen Auseinandersetzung und der parteipolitischen Polemik von FPÖ-kritischen Medien und politischen Mitbewerbern anders dargestellt wird, kann das den Bundespräsidenten nicht von seiner Pflicht entbinden, überparteilich und möglichst objektiv zu urteilen und zu handeln.

Deshalb, sehr geehrter Herr Bundespräsident, überdenken Sie Ihre gegenständlichen Aussagen und versuchen Sie doch wirklich, ein Präsident für alle Österreicher zu sein — auch für jene, die sich der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft zugehörig fühlen!


Dieses streitbare Dritte Lager

11. August 2022

Wieder einmal scheint es innerhalb des Dritten Lagers, konkret in der Freiheitlichen Partei, interne Konflikte und Differenzen zu geben. Da soll es Anzeigen gegen ganze Landesverbände aus den eigenen Reihen geben, da werden Mitarbeiter in die Wüste geschickt, die angeblich dafür verantwortlich sind. Und die gegnerischen Medien, befeuert wohl aus den Sekretariaten der etablierten Parteien, mutmaßen gar, dass der Parteiobmann selbst in all diese unerfreulichen Vorgänge involviert sein könnte.
Die nach außen hin geäußerte Solidarität erscheint ein wenig brüchig, wenn man weiß, dass doch die eine oder andere Landesgruppe mit dem Gesamtkurs, etwa in der vergangenen Corona-Zeit, nicht einverstanden war.
Zwist und Hader also, der von den politischen Gegnern genüss­lich aufgeblasen und kommentiert wird. Das hat es aber in diesem politischen Lager schon immer gegeben. Schon in der Habsburger Monarchie hieß es: „Der eine saß, der andere stand, der eine stimmte für, der andre wider, das war der Deutsche Nationalverband, stimmt an das Lied der Lieder“!
Die sprichwörtliche deutsche Zwietracht hat also dieses Lager über Generationen bis zum heutigen Tag begleitet. Und so war es: Otto Scrinzi gegen Friedrich Peter, Harald Ofner gegen Norbert Steger, Jörg Haider gegen Norbert Gugerbauer, Herbert Kickl gegen Norbert Hofer, etc. etc.
Das ist allerdings keineswegs nur eine Spezialität des nationalliberalen Lagers, auch in anderen Parteien gibt es derlei Art von Partei-Freundschaft. Man erinnere sich nur an Doskozil gegen Rendi-Wagner oder Kurz gegen Mitterlehner, an all diese Beispiele wahrer Parteifreundschaft.
Bei den Freiheitlichen allerdings nannte man sich gegenseitig in alten Tagen „Kamerad“, so wie es bei den Sozialdemokraten eben „Genosse“ geheißen hatte. Und da scheint doch eine gewisse Gesinnung verloren gegangen zu sein. Wenig kameradschaftlich ist es nämlich, wenn es gegenseitige Denunzierung gibt, Gespräche heimlich aufgezeichnet werden oder eben Parteifreunde bespitzelt werden.
Da scheint es tatsächlich das Gebot der Stunde zu sein, alles rund um den gegenwärtigen der FPÖ zugeschriebenen Skandal aufzuarbeiten und rücksichtslos offen zu legen.
Konkurrenz innerhalb einer politischen Bewegung ist legitim, auch gegen­seitige Intrigen sind menschlich, vielleicht allzu menschlich.
Die diesbezügliche Toleranz endet aber spätestens dort, wo eigene Parteifreunde oder gar ganze Landesorganisationen diffamiert und denunziert werden. Da gibt es offenbar innerhalb des Dritten Lagers derzeit einen gewissen Reinigungsbedarf. Politische Hygiene beginnt nämlich immer im eigenen Haus.


Strache-Urteil: Zwischen ­Hypermoral und Politikermalus

31. August 2021

Claudia Gigler, Redakteurin der größten österreichischen Bundesländerzeitung, unterlief am vergangenen Samstag in ihrem Kommentar zum Strache-Urteil eine höchst bezeichnende Freudsche Fehlleistung: Sie bezeichnete den nun verurteilten Ex-Vizekanzler als „Karl-Heinz Strache“. Damit unterschob sie dem ehemaligen freiheitlichen Parteichef, der bekanntlich Heinz-Christian mit Vornamen heißt, den Vornamen des ebenfalls in erster Instanz – zu immerhin acht Jahren – verurteilten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Die beiden vormaligen Spitzenpolitiker, die für die Österreicher nunmehr wohl namentlich als Beispiele für politische Korruption stehen werden, kommen aus dem blauen Stall. Zwar wurde Karl-Heinz Grasser in der Endphase seiner politischen Karriere von der Schüssel-ÖVP nominiert, groß geworden ist er aber in der Haider-FPÖ. Und von Strache können sich die Freiheitlichen – zumindest historisch gesehen – schlicht und einfach nicht freimachen.
Beide kommen also just aus jener politischen Bewegung, die von Anbeginn ihrer Existenz gegen den rot–schwarzen Filz des Proporzsystems angetreten ist und speziell unter Jörg Haider, aber auch danach unter Strache selbst, gegen Parteibuchwirtschaft, gegen Freunderlwirtschaft und Korruption agitiert hat. Mit dem – vorläufig – feinen Unterschied, dass Grasser sich mutmaßlich – auch hier gilt bis zur letztinstanzlichen Verurteilung die Unschuldsvermutung – massiv persönlich bereichert hat, was Strache im aktuellen Urteil ausdrücklich nicht nachgesagt wurde.
Und dennoch, wie kann es das geben: Zwei politische Senkrechtstarter, angetreten als juvenile Saubermänner, enden in den Fängen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Sind die beiden nur Opfer ihrer eigenen Hybris geworden, durch die sie glaubten, unverletzlich, unangreifbar zu sein und sich jene Verhaltensweisen zu erlauben, von denen sie glaubten, dass sie im politischen Geschäft der Alpenrepublik schlicht und einfach üblich wären?
Und sind beide wirklich absolut negative Ausnahmen, die einzigen schwarzen Schafe? Oder waren sie nur besonders präpotent und besonders ungeschickt und haben so agiert, wie es allenthalben in der politischen Landschaft Österreichs üblich ist?
Tatsache ist, dass es in der Geschichte der Zweiten Republik eine Vielzahl schwarzer und roter Korruptionsskandale gibt, die den Österreichern als Verdrängungskünstlern nicht mehr so präsent sind. Die Noricum-Affäre, der Lucona-Skandal, der AKH-Skandal, der WBO-Skandal, die mutmaßliche Korruption beim Ankauf der Eurofighter, der Skandal um die Bank Burgenland etc.
Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen – samt und sonders Skandale, die nichts mit den Freiheitlichen zu tun haben. Und natürlich die aktuelle mutmaßliche Korruption, die im Zuge des parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschusses deutlich geworden ist, in der vor allem die türkise ÖVP eine unrühmliche Rolle spielt.
Nun wird das aktuelle Urteil gegen Strache allgemein von Kommentatoren und politischen Beobachtern, insbesondere von den sogenannten Korruptionsexperten als „richtungsweisend“ klassifiziert. Und richtungsweisend mag es im Hinblick auf die weiteren Verfahren, die Strache noch ins Haus stehen, tatsächlich sein. Als judizielle Beurteilung aber eines politischen Vorgangs müsste man da doch einiges relativieren: Zum einen stellt sich die Frage, warum Menschen, Private wie Unternehmer, oder Vertreter irgendwelcher Institutionen überhaupt Parteispenden tätigen. Doch wohl deshalb, weil sie sich von der betreffenden Partei etwas erwarten. Vielleicht kein konkretes Gesetz, aber doch insgesamt eine Politik, die ihren Interessen dient. Ist das also auch immer Korruption, wenn etwa ein Herr Pierer Unsummen spendet oder eine Frau Horten – allerdings nicht an die FPÖ –, dann werden sich diese Persönlichkeiten wohl etwas davon versprechen. Zumindest eine Politik in ihren Sinne, wenn nicht gar konkrete politische Vorhaben, deren Verwirklichung sie erwarten. Entweder ist das alles Korruption und zieht nunmehr einen wahren Rattenschwanz an Verfahren nach sich, oder es handelt sich um Einäugigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und um die Statuierung eines Exempels.
Oder wenn beispielsweise die sozialdemokratisch dominierte Gewerkschaft auf vielerlei Ebenen, ob jetzt durch direkte finanzielle Aufwendungen oder durch Personalsubventionen und dergleichen, die Politik der SPÖ unterstützt, ist das dann Korruption? Oder wenn Herr Haselsteiner Hunderttausende an die Neos spendet und sich zweifellos eine Politik in seinem Sinne damit erwartet, ist das Korruption? Und wenn die Grünen Fundraising betreiben, etwa zur Wahl des hochverehrten Herrn Bundespräsidenten, und sich damit natürlich auch eine entsprechende politische Linie des Gewählten erwarten, ist das dann auch Korruption?
Tatsache ist, dass wir in Zeiten einer ziemlich verlogenen Hypermoral leben, in der es schon als korruptionsähnliche „Anfütterung“ gilt, wenn man jemand zum Essen einlädt. Getragen und vorangetrieben wird diese Hypermoral durch sogenannte Korruptionsexperten und NGOs, deren Finanzierung zumeist auch nicht so ganz transparent ist. Und natürlich durch die zeitgeistigen Medien, deren Inseratenaufkommen, insbesondere aus dem Bereich der Politik und des Regierungsumfelds man wohl auch als Korruption bezeichnen könnte. Und dann gibt es noch so etwas wie einen Politiker-Malus. Während in früheren Zeiten mächtige Persönlichkeiten, insbesondere Exponenten der Politik, geschont wurden, scheint es in unseren Tagen umgekehrt zu sein. Politiker oder Ex-Politiker, insbesondere solche, die aus dem politisch nicht korrekten Bereich stammen, werden von einer links dominierten Justiz und den linksliberalen Medien gnadenlos an den Pranger gestellt, zumeist vorverurteilt, um dann auch ganz real drakonische Urteile auszufassen.
Man kann als Freiheitlicher für Strache und besonders für Grasser keine sonderlichen Sympathien aufbringen. Aber das, was jetzt im Bereich der Korruptionsbekämpfung und der darauf folgenden Justiz geschieht, die Verfolgung und Abstrafung der Hybris der betreffenden Politiker, ist geprägt durch eine neue Hypermoral und den skizzierten Politiker-Malus. Beide Phänomene sind für unseren freiheitlichen Rechtsstaat nicht sonderlich förderlich. So gesehen also ist das Strache-Urteil sehr wohl richtungsweisend – allerdings in eine fragwürdige Richtung.


Die politische Landschaft im Umbruch

9. Juni 2021

Österreichs politische Landschaft befindet sich gegenwärtig ganz offenbar im Umbruch. Dies beweisen nicht so sehr aktuelle Umfrageergebnisse, sondern vielmehr die personalpolitischen Veränderungen, die es bereits gegeben hat oder die sich zumindest noch abzeichnen. Zwar gibt es neben den herkömmlichen Parlamentsparteien, den drei Traditionsparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie den relativ neueren politischen Kräften, den Grünen und den NEOS, keine Ansätze für das Aufkommen zusätzlicher oder wirklich neuer politischer Bewegungen, innerhalb dieser Parlamentsparteien scheinen sich gewisse Umbrüche anzudeuten, die gleichzeitig mit tektonischen Veränderungen innerhalb der politischen Landschaft insgesamt verbunden sein dürften.
Da ist zuerst einmal die türkis eingefärbte Volkspartei, die in den Umfragen nach wie vor die Spitzenposition hält. Aufgrund der mutmaßlichen Korruptionsskandale, die sich zunehmend dem Bundeskanzler und ÖVP-Chef selbst nähern, scheint aber der politische Lack ziemlich ab zu sein. Auch Ablenkungsmanöver vermögen das Publikum und die österreichischen Wähler kaum mehr zu beeindrucken, wissen sie doch, dass die Langzeit-Regierungspartei ÖVP offenbar einer gewissen politischen Hybris erlegen ist, indem sie die Republik quasi als ihr Eigentum betrachtet. Der glücklose Finanzminister Blümel, immerhin Intimus des Bundeskanzlers, und der ebenso unselige ÖBAG-Chef Schmid, auch Mitglied der engeren „ÖVP-Familie“, aber auch die schwarzen Spitzenjuristen Pilnacek und Brandstetter befinden sich im Mittelpunkt medialer Wirbelstürme und drohen mit ihrem Scheitern den Bundeskanzler mitzureißen. Und die einigermaßen obsessiven Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – sie erinnert an den Wohlfahrtsausschuss während der Französischen Revolution – drohen den Bundeskanzler von der Regierungsbank auf die Anklagebank zu katapultieren. Und das wäre dann wohl das Ende der Ära Kurz.
Die noch mitregierenden Grünen, die indessen auf kaum zehn Prozent in den Umfragen gefallen sind, beobachten all das mit geheuchelter Sorge und in Wahrheit klammheimlicher Freude. Der Vizekanzler und Grünen-Chef Kogler scheint aber längst Getriebener der eigenen fundamentalistischen Parteibasis zu sein und droht immer mehr im Schatten des neuen Gesundheitsministers, des linkslinken Herrn Mückstein, zu stehen. Das eigentliche Problem der Grünen ist aber die dramatisch schwindende Glaubwürdigkeit angesichts der Tatsache, dass sie als Koalitionspartner den zum politisch-moralischen Tiefflug ansetzenden Türkisen die Stange halten müssen.
Wobei es die eigentliche Existenzfrage der türkis-grünen Koalition ist, wie lang der erfolgsverwöhnte Bundeskanzler die von den Grünen wohlgefällig geduldete Demontage seiner Person durch eine zunehmend linksorientierte Justiz hinzunehmen bereit ist. Wenn weisungsgebundene Staatsanwälte mit der offenbar wohlwollenden Duldung der grünen Justizministerin an der Kriminalisierung des Bundeskanzlers und seiner engsten politischen Vertrauten arbeiten, könnte es nur logisch sein, dass Letztere an einer Gegenstrategie arbeiten. Der Mittdreißiger Sebastian Kurz wird sich kaum von seinem rein quantitativ marginalen Koalitionspartner aus dem Amt drängen lassen, um seinerseits keinerlei Chancen mehr auf einen bedeutenden Brüsseler EU-Job oder eine lukrative Position in der Privatwirtschaft erlangen zu können. Da dürfte er schon eher die Grünen in die politische Wüste Gobi schicken.
So könnte es also sein, dass die politischen Sterne von Kurz und Kogler vor dem Verglühen stehen, während jener des designierten freiheitlichen Parteiobmanns Herbert Kickl im Aufgehen zu sein scheint. Der Kärntner, der seit gut 25 Jahren, angefangen vom Freiheitlichen Bildungswerk über die Kärntner FPÖ unter Jörg Haider bis hin zum Generalsekretariat der Strache-FPÖ im freiheitlichen Umfeld gewerkt und gewirkt hat, war bereits seit der Bildung der türkis-blauen Koalition im Jahre 2017, zuerst als Innenminister in den Fokus des Geschehens gerückt, um nach Ibiza als Oppositionsführer im Nationalrat zunehmend Profil zu gewinnen. Als parlamentarischer Freiheitskämpfer gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und seit seinem Abschied als Minister nach Ibiza als geschworener Feind von ÖVP-Chef Kurz ist er neben den eher anschmiegsamen Oppositionspolitikern, der SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der NEOS-Chefin Meinl-Reisinger, zum eigentlichen Oppositionsführer gegenüber der türkis-grünen Bundesregierung geworden.
Die ursprünglich sehr wohl funktionierende Doppelspitze der FPÖ in Person von Parteichef Norbert Hofer und Klubobmann Herbert Kickl musste spätestens dann enden, als die Frage des möglichen Spitzenkandidaten für mögliche vorgezogene Neuwahlen virulent wurde. Und dies war in den letzten Wochen angesichts des drohenden Scheiterns der türkis-grünen Bundesregierung der Fall. Dass eine solche Entscheidung, die allein aufgrund der politischen Logik klar für die Person des Klubobmanns ausgehen musste, auch persönliche Verletzungen beim scheidenden Parteiobmann verursachte, liegt in der Natur der Dinge. Und dass mit dem starken oberösterreichischen Parteichef Manfred Haimbuchner auch maßgebliche Kräfte innerhalb der FPÖ existieren, die die Persönlichkeit und den politischen Kurs Herbert Kickls eher kritisch sehen, muss in einer freiheitlichen Partei auch möglich sein.
Dennoch ist der nunmehr mit dem außerordentlichen Bundesparteitag über die Bühne gehende Obmannwechsel innerhalb der FPÖ wesentlich konsensualer und friedlicher vonstatten gegangen als der Führungswechsel in vergangenen Jahrzehnten und auch die häufigen Obmann-Wechsel in den beiden Altparteien SPÖ und ÖVP. Der Sturz von ÖVP-Chef Mitterlehner etwa durch Sebastian Kurz, aber auch das politische Ende der SPÖ-Chefs Werner Faymann und Christian Kern, wurde sicher mit wesentlich größerer politischer Brutalität betrieben, als nunmehr die Ablösung von Norbert Hofer an der FPÖ-Spitze. Aber auch freiheitliche Führungswechsel, wie etwa von Norbert Steger hin zu Haider, oder von der Haider-FPÖ hin zu H.-C. Strache, waren mit wesentlich größeren politischen Verwerfungen verbunden als dies heute der Fall ist. Wenn die FPÖ-kritischen Medien und die politischen Mitbewerber dies heute trotzdem als politischen Putsch zu denunzieren versuchen, ist das eher als politische Polemik zu werten.
Über die politischen Qualitäten der beiden Damen an der Spitze österreichischer Parlamenstparteien ist wenig zu sagen, nur dies, dass beide, Frau Rendi-Wagner und Frau Meinl-Reisinger, ganz offenbar um jeden Preis mitregieren möchten, in welcher politischen Konstellation auch immer. Insbesondere für die SPÖ-Chefin gilt allerdings, dass es nach wie vor höchst unsicher ist, ob sie tatsächlich bei den nächsten Nationalratswahlen, wann auch immer die kommen werden, an der Spitze der Sozialdemokratie stehen wird. Wobei Frau Meinl-Reisinger als Erbe des Bäume-Umarmers Matthias Strolz wohl noch länger an der Spitze der pinkfarbenen Bobo-Truppe stehen dürfte.
Der Aufstieg und das Verglühen politischer Sterne über der politischen Landschaft der Republik ist allerdings immer auch mit weltanschaulich-realpolitischen Veränderungen und bisweilen sogar mit tektonischen Verschiebungen der politischen Gewichte verbunden. Sebastian Kurz vermochte die marode ÖVP seines Vorgängers Mitterlehner fast an die Wahlergebnisse eines Wolfgang Schüssel heranzuführen und mit seinem politischen Scheitern könnte die schwarze Volkspartei wieder bei jenen rund
20 Prozent landen, die sie vor Kurz hatte. Die Grünen werden im Falle eines Scheiterns der gegenwärtigen Koalitionsregierung wohl um den Verbleib im Nationalrat ringen müssen und dürften eher vergebens auf eine Schubwirkung der bundesdeutschen Wahlen durch den zweifellos ins Haus stehenden Erfolg der dortigen Grünen hoffen. Und die Hoffnungen linker Strategen und Politbeobachter, dass es nach der Ära Kurz eine linke Mehrheit im Lande, gebildet aus Sozialdemokraten, Grünen und NEOS geben könnte, dürfte auch Wunschdenken bleiben. Seit dem Auftreten Jörg Haiders Mitte der 80er-Jahre gibt es nämlich in Österreich keine linke Mehrheit mehr, und an diesem Faktum dürfte sich auch kaum etwas geändert haben.
Vielmehr könnte die Freiheitliche Partei unter der Obmannschaft Herbert Kickls wieder verstärkt auch ehemals sozialdemokratische Milieus ansprechen. Das, was unter Jörg Haider in den 90er-Jahren begonnen hatte, nämlich die Entwicklung der FPÖ zu einer „Arbeiterpartei neuen Typs“ (so seinerzeit der Politikwissenschafter Prof. Plasser), könnte durch einen explizit sozial engagierten politischen Kurs Kickls fortgesetzt werden. Dabei dürften die klassischen freiheitlichen Themen, nämlich das Eintreten für die Bürgerfreiheit und jenes für die Erhaltung der historisch gewachsenen nationalen Identität des Landes durchaus ebenso bedient werden. Kickls Eintreten gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung waren und sind im wesentlichen ein Kampf um die Erhaltung der Bürgerfreiheit. Ein klassisch liberales Thema also. Und das Eintreten der FPÖ gegen die Massenmigration der letzten Jahre und die erneut drohende Migrationswelle ist ganz ohne Zweifel ein Teil des Ringens um die Erhaltung der nationalkulturellen Identität des Landes.
Ob mit Herbert Kickl ein Politiker jenes populistischen Zuschnitts vor den Vorhang getreten ist, wie man ihn Jörg Haider und H.-C. Strache zusprach, bleibt abzuwarten. Feststehen dürfte allerdings, dass der zu erwartende neuerliche Aufschwung der Freiheitlichen unter seiner Obmannschaft mittel- und langfristig zweifelsohne auch mit dem Anspruch verbunden sein muss, auch wieder gestaltend Verantwortung für die Republik zu übernehmen.


…und noch einmal Ibiza, oder: Wie man eine Regierung stürzt!

26. August 2020

Jetzt haben wir also ein weiteres Transkript des Oligarchen-Geplauders von Ibiza zur Kenntnis nehmen müssen. Die Mainstream-Medien kommentieren das damit, dass sich der Verdacht der Korruptionsbereitschaft der vormaligen FPÖ Spitzenpolitiker erhärte und überdies stellen sie mit Häme fest, dass sich der einstige Vizekanzler und seine Gesaprächspartner einer relativ ordinären Sprache bedienen.
Heinz Christian Strache selbst und sein Anwalt hingegen erklären, dass das ganze einer Exkulpierung gleichkomme, da der Wahlwerber von 2017 dezidiert, klar und deutlich wiederholt erklärt habe, dass nichts Illegales mit ihm zu machen sei. Und tatsächlich, weder wollte Strache die österreichischen Wasserressourcen verscherbeln, noch erklärte er sich bereit, die möglicherweise in russischen Oligarchen-Kreisen üblichen finanziellen Brachial-Methoden in Österreich Platz greifen zu lassen. Gewiss, den Plänen der angeblichen Oligarchin, sich bei der Kronenzeitung einzukaufen, konnte er einiges abgewinnen.
Das gleiche kann man aber wahrscheinlich vom Bundeskanzler Sebastian Kurz sagen, der es über seinen Freund Benkö auch ganz real umgesetzt hat. Und darüber nachzudenken, ob Autobahn- Bauprojekte nur Haselsteiners Strabag erhalten könne, oder auch andere Konzerne, ist sui generis nicht kriminell.
Die Strache-Kritiker – und das sind quer durch die Mainstream-Medien alle Wortspender – verweisen jedoch darauf, dass die beiden vormaligen blauen Spitzenpolitikern bei den Versuchen des sauberen Privatdetektives und der Oligarchen–„Nichte“, sie zu Korruptionszusagen zu verlocken nicht aufgestanden und gegangen seien, sondern weitergesprochen hätten. Als wäre das schon ein Verbrechen. Und so zeigt sich, mehr oder weniger deutlich, dass das Ibiza-Video, das den Rücktritt des damaligen Vizekanzlers und das Ausscheiden des seinerzeitigen Klubobmanns der FPÖ aus der Politik nach sich gezogen hat, ein gezielt zusammengeschnittenes Potpourri war, um die FPÖ zu vernichten und die damalige Regierung zu stürzen. Und Straches hysterische Reaktion – getrieben vielleicht auch von schlechtem Gewissen – hat diesen Plan auch unmittelbar und brutal aufgehen lassen. Tatsache ist, dass zwei bundesdeutsche Zeitungen unter Mitwisserschaft des Herrn Klenk vom „Falter“ mittels eines manipulativ zusammengeschnittenen Videos eine demokratisch gewählte Regierung gestürzt haben. Immer klarer aber wird, dass an Ibiza nichts Strafrechtliches und auch nichts politisch Verwerfliches dran war.
Sehr wohl verwerflich und wohl auch kriminell ist all das, was in der Folge aufgekommen ist, über Straches Handy und über die Geständnisse einstiger enger untergebener Mitarbeiter und dabei ist der mutmaßlich Geschädigte die FPÖ. Die Freiheitliche Partei wurde also zum Opfer ihres Obmanns und das in politischer Hinsicht und in wirtschaftlicher, so darf bei allem Respekt gegenüber der Unschuldsvermutung gemutmaßt werden.
Straches immer wieder geäußerte Behauptung aber, dass das gesamte Geschehen in Ibiza eine kriminelle Verschwörung und ein krimineller Anschlag gegen seine Person und damit indirekt auch gegen die Freiheitlichen war, stellt sich immer mehr als richtig heraus. Und dieser Anschlag, ganz gleich ob es tatsächlich der primitiv kriminelle Detektiv und seine Oligarchen-Darstellerin alleine waren, oder ob es dabei wichtigere und einflussreiche Hintermänner gegeben hat, wurde jedenfalls von den medialen und politischen Gegnern der Freiheitlichen optimal genutzt. Heute, eineinhalb Jahre nach Ibiza, ist es soweit, dass die Gegner der FPÖ mit kaum verhohlener Schadenfreude die Frage in den Raum stellen können, ob es dieser Partei überhaupt noch bedürfe, oder ob es sie überhaupt noch gibt (so im Leitartikel des Kurier am Samstag 22. August des Jahres).
Und noch vor vier Jahren ritterte diese Partei um den Sessel des Staatsoberhauptes und war in allen Umfragen weitaus stimmenstärkste Gruppe im Lande.
Von einer Rehabilitierung Straches allerdings kann trotz der neuen Erkenntnisse über Ibiza nicht die Rede sein. All das, was danach aufgekommen ist an Unregelmäßigkeiten und an Spesenexzessen spricht eine allzu klare Sprache. Auch die in diesen Tagen immer wieder gehörte Mutmaßung, dass Strache in den Wiener Landtag kommen könnte und dass es dann eine Wiedervereinigung, zumindest mit der Wiener Partei kommen könnte, ist mehr als absurd. Da führt kein Weg zurück.


Der Balkan beginnt am Rennweg

18. Juni 2020

Eine aktuelle Umfrage des Eurobarometers hat es uns deutlich gemacht: Der sprichwörtliche gelernte Österreicher ist Realist und in einer deutlichen Mehrheit der Meinung, dass Korruption zwischen Bodensee und Neusiedlersee durchaus verbreitet ist. Zwar liegt Österreich mit dieser Wahrnehmung unter dem EU-Durchschnitt von 71 Prozent, aber gerade in den Tagen des Ibiza-Untersuchungsausschusses ist es schon bemerkenswert, dass man insbesondere die Politik auch in unserer Insel der Seligen für höchst korruptionsanfällig hält. Und keineswegs nur die blaugetönte, sondern durchaus ganz allgemein die rote, schwarze, grüne, pinke und was es so alles gibt.
Nun hat uns unser Bundespräsident höchstderoselbst beim Aufkommen des Ibiza-Skandals wissen lassen: „So sind wir nicht.“ Dennoch gehört Österreich, glaubt man der Eurobarometer- Umfrage, zu jenen Ländern, in denen eine Form von Korruption noch immer eine gewisse Akzeptanz als Kavaliersdelikt.
Immerhin 28 Prozent der befragten Mitbürger hielten es für einigermaßen akzeptabel, für eine Behördenleistung den betreffenden Beamten einen Gefallen zu tun oder ein Geschenk zu machen. Vorwiegend aber hält man doch vor allem den politischen Bereich, konkret die politischen Parteien, für korruptionsanfällig. Das Zahlen und Annehmen von Bestechungsgeldern sowie der Machtmissbrauch zur persönlichen Bereicherung wird bei uns – wie in der EU – am ehesten den politischen Parteien zugetraut. Erst weiter hinter rangieren Korruption im Bereich von öffentlichen Aufträgen, etwa Baugenehmigungen oder Gewerbegenehmigungen.
Der Balkan beginnt am Rennweg, soll einst Staatskanzler Fürst Metternich geäußert haben. Und der Balkan gilt ja als jene Region, in der Korruption sozusagen zur Alltagskultur gehört.
Freunderlwirtschaft, Parteibuchwirtschaft, strukturelle Korruption eben, die – lässt man einmal die Moral beiseite – das Leben und auch die wirtschaftlichen Abläufe ein wenig leichter gemacht haben. Aber strukturelle Korruption, im Zuge derer man es sich eben richtet, ist in Österreich gewissermaßen sozial adäquat. Und wenn unser hochgeschätztes Staatsoberhaupt aus der Hofburg verkündet: „Wir sind nicht so“, muss er sich schon auch die eine oder andere Frage gefallen lassen. So liest man bei Wikipedia über seinen Lebenslauf: „Eigenen Angaben zufolge leistete Van der Bellen keinen Präsenzdienst beim Bundesheer. Er unterzog sich zweimal freiwillig einer Musterung, bei der ersten wurde eine vorübergehende Untauglichkeit und bei der zweiten die Tauglichkeit festgestellt. Später bekam er während seines Studiums und nach seiner Heirat mehrmals Aufschub, danach wurde er nicht mehr einberufen, was Van der Bellen auf die spätere Professorentätigkeit zurückführt“. Salopp gesagt könnte man also folgern, dass der gegenwärtige Befehlshaber unseres Bundesheers sich von seiner Wehrdienstpflicht gedrückt hat. Oder weiter bei Wikipedia: „Im Februar 2011 wurde Van der Bellen von der am 25. November 2010 ins Amt gewählten rot–grünen Stadtregierung (SPÖ Wien und die Grünen Wien) zum Beauftragten für Universitäten und Forschung (auch Beauftragter der Stadt Wien für Universitäten und Forschung) ernannt, während er selbst diese Tätigkeit – neben seinem Nationalratsmandat – ehrenamtlich ausübte, wurde diese für ihn neu errichtete Stabsstelle mit einem Budget von 210.000 Euro jährlich für die Infrastruktur dotiert.“ Böse Zungen behaupten nun natürlich, dass diese fürstliche Dotierung „für die Infrastruktur“ mehr oder weniger dem Herrn Universitätsbeauftragten – so oder so – zugekommen sein könnte. Und, dass die Schaffung dieser Position eben ein Akt parteipolitischer Freunderlwirtschaft gewesen sei. So dürfen wir unser Staatsoberhaupt submissest fragen, ob wir nicht doch „so sind“?
Der vielzitierte gelernte Österreicher jedenfalls nimmt das, was im Ibiza-Video von Strache und Gudenus geäußert wurde, ganz offenbar längst nicht ganz so tragisch. Es seien „eh alle gleich“, und Korruption im politischen Bereich, Freunderlwirtschaft eben, und Parteibuchwirtschaft sind demnach gang und gäbe und keineswegs eine blaue Spezialität.


Ibiza-Video: Der Voyeur in uns

12. Juni 2020

Gute zwölf Stunden Filmmaterial sind es also, die die SOKO-„Ibiza“ sicherstellen konnte. Einige Minuten davon sind uns allen ja bekannt: Tausendfach haben wir sie seit dem 17. Mai des Vorjahres auf allen Kanälen sehen können. H.-C. Strache im Prolo-Leiberl und Joschi Gudenus in der James-Bond-Stellung, in den Händen eine angedeutete Glock-Pistole. Diese wenigen Minuten waren gezielt zusammengeschnitten, denunziatorisch und vernichtend für die beiden Ibiza-Helden, ausreichend für deren sofortigen Rücktritt.
Nun gibt es also das ganze Video. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss lechzt danach, es vorgeführt zu bekommen. Der einstige FPÖ-Chef hat immer lauthals verkündet, das ganze Video werde im Gegensatz zu dem aus dem Zusammenhang gerissenen Passagen beweisen, dass er auf Rechtmäßigkeit bestanden und sich nichts zu Schulden kommen lassen habe. Doch nun, da das Video vorhanden ist, bremst er. Er habe dort inakzeptable Aussagen über das Privatleben anderer getätigt.
Und da beginnt der Speichelfluss des Voyeurs in uns. Was wurde da alles gesagt in den zwölf Stunden in der wenig glamourösen Finca auf Ibiza? Was trieben die Herrschaften da? Und die „schoafe Russin“, deren Gesicht wir nunmehr kennen, wie weit ist sie als Lockvogel gegangen?
Nun wissen wir alle als gelernte Österreicher, dass ein gewisses Maß an Niedertracht auch zum heimischen Nationalcharakter gehört und dass Blödreden und andere Heruntermachen ein gern geübter Brauch zwischen Bodensee und Neusiedlersee ist. Und da hat der durch Wodka-Red Bull und andere bewusstseinserweiternde Substanzen – so immer wieder die Mutmaßungen – redselige Oppositionschef des Jahres 2017, der gerade in einem Nationalratswahlkampf stand, aus seinem Herzen offenbar keine Mördergrube gemacht. Gerüchte gibt es ja genug, die damals über Straches seinerzeitige Konkurrenten im Umlauf waren.
Etwa über den adretten SPÖ-Chef Kern und die Startup-Unternehmungen seiner Gattin im Nahen Osten. Oder über den unbeweibten und ehelosen, ach so juvenilen ÖVP-Chef. Was man halt so alles illuminiert in stundenlangen Plaudereien von sich gibt: Wer mit wem und wer gegen wen und wer für welchen Unterschleif verantwortlich ist. Dass dabei auch der Kauf der größten Tageszeitung des Landes zum Thema wurde und die Vergabe staatlicher Großaufträge im Bauwesen – wen wundert’s?
Besagte Zeitung wurde dann ja tatsächlich zur Hälfte verkauft und Großaufträge an russische  Oligarchen hat es im Lauf der letzten Jahre doch tatsächlich einige gegeben. Und wie man etwaige Parteispenden am Rechnungshof vorbei schleusen kann, davon wissen Wörthersee-Milliardäre und ÖVP-Säckelwarte ja ein Lied zu singen.
All das dürfte den gelernten Österreicher wenig wundern oder gar entsetzen. Möglicherweise wurde dies aber in der Ibiza-Finca vom damaligen Oppositionsführer in einer Art und Weise geäußert, wie sie seinem verschwitzten Prolo-Leiberl entspräche: nicht sehr nobel, eher in Mundl-Manier. Apropos Mundl und Wienerisch: Erheiternd könnte auch sein, wie das Ibiza-Palaver rein sprachlich über die Bühne gegangen ist: Hat die „schoafe Russin“, deren Konterfei man ja jetzt kennt und der man das älteste Gewerbe der Welt auf dreihundert Meter Entfernung ansieht, tatsächlich Tolstoi- und Dostojewski-Russisch gesprochen, um dem Grafen Gudenus die Übersetzung ins Wienerische zu ermöglichen? Und hat Strache Selbiges im Pressekonferenz-Sprech seiner Pressereferenten formuliert, unterfüttert mit englischen Brocken zum Besten gegeben? Und der dabei anwesende Privatdetektiv, einer der Macher des Videos, hat er dazu gegrunzt, in Russisch oder Wienerisch, oder wie auch immer?
All diese Fragen machen deutlich, dass der Voyeurismus in uns geweckt ist, und das gilt natürlich auch für die Damen und Herren Abgeordneten im parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Gewiss ist ihr primäres Ziel die Wahrheitsfindung, vielleicht schon etwas weniger eine Entlastung H.-C. Straches durch die Herstellung des Gesamtzusammenhangs seiner Aussagen.
Und natürlich nur zu guter Letzt die lüsterne Neugierde im Hinblick auf Menschliches und Allzumenschliches, was da vielleicht seinerzeit in der Ibiza-Finca vonstatten gegangen ist.


Straches Büchse der Pandora

11. Juni 2020

Früher waren es Aktennotizen, Abschriften aus irgendwelchen Protokollen oder sogenannte „side letters“ zur offiziellen Papieren, die die Aufdeckung von politischen Skandalen ermöglichen. Insider der österreichischen Politik wussten es schon immer: „Jedes Schriftel ist ein Giftel“. Und heute sind es E-Mails, SMS- oder WhatsApp-Meldungen, die immer öfter Vorgänge dokumentieren, welche – wenn es nach ihren Urhebern ginge – im Dunkeln bleiben sollten.
Weltmeister im Versenden von SMS- und WhatsApp-Nachrichten war der vormalige FPÖ-Chef und nunmehrige Wahlwerber im Wiener Landtagswahlkampf Heinz-Christian Strache: Kein Vorgang, den er nicht zumeist am Rande von irgendwelchen Gesprächen oder Verhandlungen per SMS- oder WhatsApp-Meldung vorantrieb. Kein Auftrag an irgendwelche Mitstreiter, den er nicht mit hastiger Fingerakrobatik ins Handy tippte. Keine politische Intervention, die er nicht in sein Display klopfte.
Die Tragödie für ihn und am Rande wohl auch für seine einstige Partei, die Freiheitlichen, ist es nun, dass dieses, sein wichtigstes Handwerksgerät, das Handy eben, in der Folge der Ibiza-Affäre von den Ermittlungsbehörden beschlagnahmt wurde. Und diese haben somit eine schier bodenlose Fundgrube, um die Staatsanwaltschaft und auch die höchst interessierten Medien zu füttern. In den letzten Tagen ging es da um eine Wiener Privatklinik, die offenbar mit einer Erweiterung des sogenannten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds in den Genuss öffentlicher Leistungen in Millionenhöhe kommen sollte. Und der entsprechende Schriftverkehr, E-Mail, SMS, etc. erweckt den Eindruck, als hätte er, der vormalige Oppositionsführer und nachmalige Vizekanzler, intensiv für seinen „langjährigen Freund“ interveniert, wobei dieser sich gleichzeitig als großzügiger Parteispender erwies und – so behaupten böse Zungen – Strache den einen oder anderen Flug im Privatjet ermöglichte. Durch die diversen giftigen „Schriftel“ scheint nun der Obmann des Fachverbandes dieses Privatkrankenanstalten- Finanzierungsfonds, ein ÖVP-naher Betreiber von Privatkrankenhäusern, involviert zu sein. Aber auch die vormalige Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein und der gegenwärtige Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse Matthias Krenn, welcher Strache ebenfalls schriftlich versichert habe, er werde sich „persönlich um sein Anliegen kümmern“.
Nun gilt in der ganzen Angelegenheit natürlich für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung, allzumal sie energisch bestreiten, dass zwischen Parteispenden und irgendwelchen Privatjet-Flügen ein Zusammenhang mit der Gesetzesänderung besteht. Und wissen muss man auch, dass beispielsweise genannter Obmann des Fachverbands, der ÖVP-nahe Betreiber von Privatkliniken, welche dem Vernehmen nach der Uniqa-Versicherung gehören, die wiederum bekanntlich Arbeitgeberin des vormaligen türkisen Finanzministers Hartwig Löger war, immer wieder an die ÖVP beachtliche Spenden abgeliefert hat.
Und überhaupt müsste man die Frage stellen, ob es nicht ein durchaus legitimer und legaler Vorgang ist, wenn politische Parteien auf demokratischem Wege für Gesetzesänderungen eintreten, die ihrer Klientel nützen. Von roter und von grüner Seite dürfte dies keineswegs anders gehandhabt werden. Allein der über Straches Handy nachvollziehbare E-Mail- und SMS-Verkehr ermöglicht eben die Mutmaßungen von Ermittlern und kritischen Medien, dass es hier Korruption und persönliche Bereicherung gegeben habe. Und ähnlich war es ja auch bereits bei der sogenannten Casino-Affäre, die ebenfalls in der Folge des Ibiza-Skandals aufgebrochen ist. Auch hier waren es Nachrichten des Ex-Vizekanzlers, die den freiheitlichen Casino-Chef Peter Sidlo ebenso zu Fall brachten wie den Ex-Finanzminister Löger.
Dieses Handy Straches scheint so etwas wie eine Büchse der Pandora zu sein, die – einmal geöffnet – nur mehr Unheil von sich gibt, zumindest für Strache selbst und für die vormalige türkisblaue Regierung. Der gelernte Österreicher weiß natürlich, dass derlei Vorgänge im Umfeld der hiesigen Parteipolitik und der dort getätigten Postenbestellungen, speziell im Zuge des alten rot-schwarzen Proporzes gang und gäbe waren.
Wie wären denn in früheren Jahrzehnten all die Vorstände und Generaldirektoren, etwa der Verstaatlichten Industrie bestellt worden, wenn nicht so? Kaum jemand aber war so dumm, schriftliche Zeugnisse dafür zu hinterlassen. In Bezug auf HC Strache dürfen wir diesbezüglich allerdings noch einiges erwarten. Dieses sein Handy, über das die Ermittler verfügen, hat er schließlich lange Jahre benutzt.


Ein seltsamer Untersuchungsausschuss

29. Mai 2020

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind so eine Sache. Es gibt kaum einen Skandal in der jüngeren Geschichte unserer Republik, der nicht zum Thema eines solchen geworden ist. Und zumeist ist es die parlamentarische Opposition, die einen solchen Ausschuss erzwingt, wobei dann Abgeordnete aller Parteien Wochen, Monate, wenn nicht sogar Jahre zusammensitzen, Zeugen befragen und in der politischen Sauregurkenzeit die Medien füttern. Für den einen oder anderen Abgeordneten bot solch ein Untersuchungsausschuss Profilierungsmöglichkeiten, dem einen oder anderen Journalisten eine saftige Story. Wirklich herausgekommen ist aber kaum etwas bei diesen Untersuchungsausschüssen. Meist hört man das, was man ohnedies weiß oder zumindest vermutet, und wenn es wirklich gefährlich wird für die Verantwortlichen des jeweilige Skandals, also gar für die Regierenden, dann werden diese Ausschüsse zumeist abgedreht, nötigenfalls durch Neuwahlen.
Nun wird in diesen Tagen der parlamentarische „Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käufl ichkeit der türkis–blauen Bundesregierung“ zu tagen beginnen. Hinter dem ebenso geschwollenen, wie die Regierungspartei provozierenden Titel, steckt schlicht und einfach der Ibiza- Untersuchungsausschuss. Die Einsetzung dieses Ausschuss wurde von der SPÖ und von den NEOS verlangt und ursprünglich vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats, der von der ÖVP dominiert wird, für unzulässig erklärt. Der Verfassungsgerichtshof allerdings gab den beiden Oppositionsparteien recht. Und nun darf dieser Ausschuss mit seiner Arbeit beginnen, wenn auch unter dem Vorsitz von Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, der bekanntlich wiederum der ÖVP angehört.
Nun wäre es dem Nationalratspräsidenten und seinen türkisen Freunden in der Bundesregierung rund um Sebastian Kurz sicherlich völlig gleichgültig, wenn bei diesem Ausschuss nur blaue Schmutzwäsche, wie sie H.-C. Strache auf der Mittelmeerinsel hinterlassen hat, gewaschen würde. Dass aber über die Käufl ichkeit der gesamten seinerzeitigen Regierung, also auch der ÖVP, gesprochen werden wird, stört sie dann doch enorm. Und das hat seine konkreten Gründe. Es geht nämlich nicht nur um Ibiza, es geht auch um die sogenannte Casino-Affäre, wo man nach schönster alter Proporzmanier neben den herkömmlichen roten und schwarzen Managern auch einen blauen installierte. Und da hat die ÖVP eben wacker mitgemischt, wenn nicht gar die Strippen gezogen. Und der Herr Ausschussvorsitzende, der Herr Nationalratspräsident, hat dem Vernehmen nach selbst beste Beziehungen zum Glücksspielkonzern Novomatic, der auch in dieser Casino-Affäre mit drinnen hängt.
Doch zum zentralen Gegenstand dieses Ausschusses, zu den Vorkommnissen Ibiza und deren Hintergründen: Es wäre ja überaus wünschenswert, wenn dieser Ausschuss aufdecken könnte, wer hinter der Produktion des Ibiza-Videos steht und welche Hintermänner diese finanziert haben. Wenndas Ibizavideo einmal inhaltlich bekannt würde und damit der Gesamtzusammenhang der Aussagen des damaligen FPÖ-Chefs H.-C. Strache. Und es wäre weiters wünschenswert aufzudecken, wer vorweg von dem Video wusste bzw. informiert wurde. Welche Rolle spielte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, seinerseits bekanntlich schwarz dominiert? Was wusste man in der ÖVP und wem wurde das Video angeboten?
Welchen FPÖ-kritischen Kräften, möglicherweise irgendwelchen Austro-Oligarchen? Und welche Hintergründe wurden bislang von den österreichischen Ermittlungsbehörden wirklich aufgedeckt? Wie ist der Erkenntnisstand über Produzenten und Inhalt des Ibiza-Videos? Wäre damit H.-C. Strache wirklich entlastet, so wie er selber mutmaßt?
All das würde die Österreicher brennend interessieren, all das wird aber wahrscheinlich nicht wirklich aufgedeckt werden. Indessen werden Herr Kai Jan Krainer von der SPÖ und Frau Krisper von den NEOS genüsslich in der freiheitlichen Schmutzwäsche wühlen und tunlichst danach trachten, auch die türkise Truppe anzupatzen. Dabei wird man zweifellos die Freiheitlichen zu Korruptions-Schmuddelkindern der Nation abstempeln und es möglichst vergessen machen, welche Reihe von Korruptionsskandalen rund um die SPÖ durch die lange Geschichte der Zweiten Republik aufzuzählen wäre: Von der Olah-Million über den AKHSkandal und Udo Proksch, bis zu den aktuellen Vorkommnissen um das Wiener Krankenhaus Nord. Und die NEOS-Tante Krisper wird sich empört über die Vereinskonstrukte am Rande der FPÖ auslassen, die durch das Ibiza-video bekannt wurden und gleichzeitig brav verschweigen, welche Summen ihre eigenen Partei von einem sattsam bekannten Austro-Oligarchen erhält. Aber so ist das nun einmal. Derlei parlamentarische Untersuchungsausschüsse bringen kaum Beiträge zur Wahrheitsfindung, sie sind stattdessen Wechselstuben für parteipolitisches Kleingeld. Und ausgehen tun sie nahezu immer wie das sprichwörtliche bekannte Hornberger Schießen.


„Team Strache“ …

21. Mai 2020

… hat sich mein alter Freund Heinz das wirklich verdient?

„Team Strache“, „Team Stronach“, „Bündnis Zukunft Österreich”, „Die Allianz für Österreich“ „Liberales Forum“ und was es da so alles gab und alles gibt, Spaltprodukte und Neugründung, die sich samt und sonders als politische Luftblasen, als Eintagsfliegen, als leichtgewichtige Parteienkonstrukte erwiesen, und wenn nunmehr der freiheitliche Langzeitobmann und Ibiza-geschädigte Heinz-Christian Strache als Namensgeber und Spitzenmann für eine neue dieser Splittergruppen ins Rennen geht, ist dies nicht wesentlich aussichtsreicher, als es für alle anderen genannten Gruppierungen der Fall war. Alles sind sie mehr oder weniger rasch von der politischen Bühne abgetreten.

Was unterscheidet das „Team Strache“ vom „Team Stronach“? Von der politischen Erfolgsaussicht kaum etwas – bis auf den feinen Unterschied, dass sich Sronach in seinen internationalen Konzern zurückziehen konnte, wohingegen Strache das allenfalls in Richtung eines Leasing-BMWs tun kann.

Und was unterscheidet das „Team Strache“ vom „Bündnis Zukunft Österreich“ von Jörg Haider? Dass Haider immerhin zur Zeit seiner Abspaltung Kärntner Landeshauptmann war, während sich Strache nur als einigermaßen belächelter Herausforderer des Wiener Bürgermeisters gerieren kann. Und was unterscheidet das „Team Strache“ dann vom nahezu in Vergessenheit geraten „Liberalen Forum“? Na, dass der liebe Heinz-Christian Strache nicht einmal annähernd so gute Beziehungen zu irgendwelchen SPÖ-Granden aufzuweisen vermag, wie die seinerzeitige LIF-Chefin Heide Schmidt gegenüber Heinz Fischer hatte. Aber eines ist vielleicht schon der Fall: Die Wiener SPÖ, die mit ziemlich großen Erfolgsaussichten bei den kommenden Winter Gemeinderatswahlen um die Bewahrung des überaus wichtigen Wiener Bürgermeistersessels kämpft, hat vielleicht auch diesmal ein Interesse am Antreten einer freiheitlichen Abspaltungs-Partei. Die Blauen haben nämlich bei den letzten Landtagswahlen immerhin fast 31 % der Wiener Bürger für sich gewinnen können. Wenn man diese allzu lästige Oppositionsgruppe noch mehr minimieren kann – sagen wir auf die Hälfte des letzten Ergebnisses – und wenn man dieses Wählerpotenzial dann noch durch eine Spaltung weiter schwächen kann, dann hat das für die roten Spindoktoren schon einiges für sich.
Und damit sind wir beim wirklichen Trauerspiel, das der vormalige Vizekanzler der Republik und Langzeit-Oppositionsführer der einstige FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache bindet: Seine Parteigründung, mit der er jetzt zur Wiener Landtagswahl antritt und bei der er möglicherweise auch bundesweit aktiv wird, ergibt nur wenig Sinn. Und das in dreierlei Hinsicht: Erstens mag sie ein politisches Projekt sein, mit dem Strache Rache nimmt an seiner vormaligen Partei, die ihn – aus seiner Sicht – im Stich gelassen hat, zweitens mag sie seinem persönlichen Bedürfnis nach Öffentlichkeit, nach Wichtigkeit und wohl auch nach einem Politikereinkommen nützlich sein – zumindest für einige Jahre. Und drittens dient sie den Interessen der politischen Gegner der Freiheitlichen. Ganz konkret einmal bei den Wiener Landtagswahlen, wo die herrschenden Sozialdemokraten den dadurch zersplitterten gefürchtetern Gegner deklassieren können, und in der Folge womöglich auch im bundespolitischen Bereich, das es die einzige Partei, die das politische Establishments von schwarz Rot und Grün gefährden kann, die Freiheitlichen nämlich, schwächt.

Und da muss man sich schon die Frage stellen – und diese stellt sich auch der Autor dieses Textes – wie weit dann sein alter Freund Heinz das verdient hat, dass der Name HC Strache nun mehr bloß für ein billiges Racheprojekt, für ein billiges Selbstbereicherungsprojekt und für ein billiges strategisches Konstrukt gegen die Freiheitlichen politisch instrumentalisiert wird. Sein alter Freund Heinz, der mit seinen Mitstreitern im Jahre 2005 die FPÖ nach der Abspaltung Haiders gerettet hat, der in opferreichem Einsatz diese FPÖ bis zum Jahre 2017 zu einer Mittelpartei wiederaufgebaut hat. Der sie in eine Mitte-Rechts-Regierung geführt hat und der sich vom radikalen Oppositionsführer zum gemäßigten patriotischen Staatsmann gemausert hat. Ob er das wirklich verdient hat, dass er nun mit einer Splittergruppe zum politischen Kleingeldwechsler degradiert wird, sich selbst dazu degradiert? Das „Liberale Forum“ der Heide Schmidt ist nicht einmal mehr eine Fußnote in der Geschichte der Zweiten Republik, das „Bündnis Zukunft Österreich“ eher eine peinliche Erinnerung an die strategischen Fehlleistungen des Bärentalers und das geradezu skurrile „DAÖ“, das sich nunmehr „Team Strache“ nennt, wird nur ein weiteres Meilensteinchen in der höchst uninteressanten Geschichte dieser freiheitlichen Abspaltungen sein. Das kann man schon heute sagen.

Hat Heinz-Christian Strache, mein alter Freund Heinz, – wie sich der Autor dieser Zeilen sagt, dies wirklich verdient? Hätte, der zweifellos durch kriminelle Machinationen und einigermaßen dämliche Selbstbeschädigungen in der Finca von Ibiza abtreten musste, nicht besser daran getan, sein Versprechen, sich aus der politischen Bühne zurückzuziehen, einzuhalten?

Aber es ist wie bei Jörg Haider – auch diese zerstörte, was er selbst aufgebaut hatte, beschädigte sein eigenes politisches Denkmal. Heinz-Christian Strache, „Heinrich der Glückliche“, wie er sich scherzhaft in Anlehnung an Nostradamus in jungen Jahren zu nennen pflegte, ist drauf und dran, das, was von seinem Denkmal, das trotz Ibiza übriggeblieben ist, zu devastieren. Lieber Heinz, hast du das wirklich verdient?