Das große Köpferollen

15. November 2011

Wie hatte er beim Tod Muammar Gadaffis so trefflich gesagt: Sic transit gloria mundi. Nun hat es Silvio Berlusconi selbst getroffen. Italiens Langzeit-Prämie hat unter dem Triumphgeheul der Mainstream-Medien unserer politischen Gegner den Hut genommen. Er, der dem Land, das ansonsten durch ständigen Regierungswechsel durchgebeutelt worden war, Stabilität gegeben hat, er, der von den Medien – solange sie nicht ihm gehörten – systematisch heruntergeschrieben wurde, musste nun, als gewissermaßen als Schuldiger für die italienische Krise, abtreten. Ob für immer, oder doch nur bis zum nächsten Wahlgang, das weiß man noch nicht.

Insgesamt gibt es so etwas wie ein Köpferollen quer durch Europa, bedingt durch die Staatsschuldenkrise. In Irland gab es bereits vor Jahr und Tag einen Regierungswechsel. Griechenlands Papandreou hatte vor wenigen Tagen den Hut genommen, Spaniens Linksregierung droht die Abwahl so wie sie in Portugal bereits erfolgte, in Dänemark stürzte die Rechtsregierung, in der Slowakei gab es einen Regierungswechsel und bei den kommenden Wahlgängen der Jahre 2012 und 2013 dürfte auch kein Stein auf dem anderen bleiben. Allen Umfragen zufolge haben Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel auch mit der Ablöse zu rechnen. Ebenso möglicherweise Österreichs rot-schwarze Koalition.

Doch was dann? Werden die Nachfolger die diversen Übergangsregierungen, die Fachleute, wie sie wahrscheinlich in Italien bestellt werden, oder die neugewählte vormals Opposition, die nun in die Ministerämter kommt, die Probleme lösen? Wird sich die Staatsschuldenkrise damit in Luft auflösen? Werden die europäischen Staaten vor den Augen der amerikanischen Ratingagenturen plötzlich Gnade finden und wieder hinaufgestuft werden? Wohl kaum. Möglich ist allerdings, dass neugewählte Regierungen, die nicht sofort wieder Neuwahlen zu befürchten haben, dass Kabinette, bestehend aus Fachleuten, die sich überhaupt keiner Wiederwahl zu stellen haben, die schmerzhaften und unpopulären Maßnahmen, die zur Behebung der Schuldenmisere notwendig sind, leichter durchsetzen könnten. Sie werden sich vielleicht auch eher gegenüber den Finanzmärkten und den internationalen Großbanken behaupten können. Die Regierungsmaxime dürfte überall – ganz gleich ob es sich um Fachleute-Regierungen, linke oder rechte Parteien handelt, die Gleiche sein: Blut, Schweiß und Tränen für die Bevölkerung und Fesseln, also neue und scharfe Regeln für Finanzmärkte und Banken. Ob das dann durchzuhalten ist über die Zahl jener Jahre, die notwendig wäre um die Einsparungen durchzuführen und die notwendige Stabilität zu erreichen, ist ungewiss. Man darf gespannt sein wer früher revoltiert dagegen. Die Banken- und Börsespekulanten oder die Völker Europas. In einem vorrevolutionären Zustand befinden wir uns allemal.


Teufel und Beelzebub

22. August 2011

Die Spitzen-Eurokraten versuchen gegenwärtig, Teufel mit Beelzebub auszutreiben. Sie, die durch vorschnelle Vereinheitlichung und Zentralisierung der europäischen Währungen zentral an der gegenwärtigen Finanz- und Staatsschuldenkrise schuld sind, versuchen nunmehr mit eben weiterer und verschärfter Zentralisierung, die Krise zu lösen. Frankreichs Staatspräsident Sarkozy und Deutschlands Kanzlerin Merkel haben uns vor wenigen Tagen verkündet, dass eine europäische Wirtschaftsregierung die Lösung der Krise herbeiführen würde. Statt vernünftigem Rückbau der Eurozone also weitere Zentralisierung und weitere zentrale politische Lenkung. Den Teufel der Krise eben mit dem Beelzebub des Zentralismus zu vertreiben versuchen.

Das Perfide an der Angelegenheit ist nun, dass die politischen Spitzen der EU den Bürgern quer durch Europa die alles andere als zentralistische Planwirtschaft wollen, nunmehr eben diese zentralistische Planwirtschaft als alternativlose Lösung für die Krise anpreisen: Um eine europäische Wirtschaftsregierung – geleitet noch von dem unglaublich dynamischen Herren Van Rompuy – kämen wir schlicht und einfach nicht herum, heißt es. Und wir dürfen darauf wetten, dass es in wenigen Wochen heißen wird: Um Eurobonds kommen wir auch nicht herum. Täglich grüßt das Murmeltier: Die Deutschen und die übrigen Nettozahler sollen wiederrum brennen.

Einkehr und Selbstbesinnung oder gar Umkehr und politische Richtungsänderung zeichnen sich nirgendwo in den europäischen Staatskanzleien und in den Amtsräumen der Brüsseler Kommissare ab. Im Gegenteil: Wenn die Götter strafen wollen, schlagen sie mit Blindheit. Und Blindheit greift zunehmend um sich. Aus der Ratlosigkeit geboren gehen die politischen Verantwortlichen der Europäischen Union und der Eurozone nur stets mit größerer Hast und zunehmender Hysterie auf ihrem Irrweg in die Sackgasse weiter. Von einer Diversifizierung der Eurozone oder deren Teilung in einen Nord- und einen Süd-Euro oder gar dem Ausscheiden einzelner bankrotter EU-Mitgliedsstaaten wagt kein verantwortlicher Politiker zu sprechen. Stattdessen wiegt man sich illusionär in Sicherheit: Die US-Amerikaner würden ihr Tripple A Rating ohnedies behalten, von Irland und Portugal hört man in den Medien kaum etwas und über Griechenland schreibt gegenwärtig auch niemand. Also ist das Problem offenbar gelöst. Italien hat ohnedies ein rigides Sparpaket verabschiedet. Berlusconis finanzpolitisches Bunga Bunga wird das Land schon retten und Spanien scheint aus dem Schneider zu sein. Alles eitle Wonne also und wenn es dann kritisch wird machen wir eben gemeinsam Eurobonds und haben das Problem gelöst.

Oder etwa doch nicht? Taumeln wir nicht mehr weiter auf den Abgrund zu oder auf den totalen Crash des Weltwirtschaftssystems und des globalen Finanzsystems? „Geht die Welt Bankrott?“ hat der Spiegel vor zwei Wochen getitelt. Und was würde das bedeuten, müssen wir uns fragen. Hyperinflation? Breitflächige Verarmung und neues Massenelend wie man es aus den Zeiten der Weltwirtschaftskrise in den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts kannte?

Die verantwortlichen Politiker wagen es jedenfalls nicht, darauf eine Antwort zu geben. Ja sie wagen es nicht einmal, diese Fragen zu stellen. Sie denken allenfalls an die kommenden Wahlgänge. Herr Sarkozy an seine Präsidentschaftswahlen, Frau Merkel an irgendwelche Urnengänge in einem deutschen Bundesland, Berlusconi an seinen nächsten Prozess und Barack Obama natürlich auch an seine Wiederwahl. Große Perspektiven, große Lösungs-Entwürfe hat niemand von ihnen aufzuweisen. Stattdessen fromme Sprüche, aalglatte Reden und zunehmend lahmer werdende Beschwichtigung der Bürger und Wähler.

Das Bittere ist, dass sich auch nirgendwo so etwas wie eine Stunde Null mit der Chance auf einen völligen Neubeginn abzeichnet. Es gibt keine Katharsis, keine Läuterung im Feuer einer gewaltigen Katastrophe. Undenkbar sind – gottlob – in den westlichen Industriestaaten wirkliche Revolutionen oder gar vernichtende Kriege, nach denen es eine solche Stunde Null und deren entsprechenden solidarischen Neubeginn geben kann. Stattdessen überall das gerade uns Österreichern höchst vertraute Prinzip des Weiterwurschtelns und des Hinausschiebens der Probleme. Mit diesen – auch im Bereich der Staatsfinanzen und der Währungspolitik – ist es aber wie mit der Kernschmelze im japanischen Kernkraftwerk Fukushima. Sie geht mit physikalischer Gnadenlosigkeit weiter von statten, auch wenn die Medien nichts darüber berichten und die Menschen das Problem verdrängen. Wohin soll das führen?


Wirtschaftsflüchtlinge als Europa-Touristen?

11. April 2011

Angesichts des Massenzustroms von illegalen Zuwanderern aus Nordafrika wird es nicht ausreichen, wenn die Europäische Union den Herkunftsländern der Wirtschaftsflüchtlinge Hilfszahlungen verspricht. Finanzhilfen sind kein Allheilmittel, sondern können nur Teil einer umfassenden Strategie sein. Die Meinung Silvio Berlusconis, dass sich die Länder der Europäischen Union gemeinsam um die Unterbringung der Menschen kümmern sollen, stieß bei den Mitgliedsstaaten Deutschland und Frankreich auf heftige Gegenstimmen. Die Reaktion Berlusconis war es, den Flüchtlingen ein vorläufiges Visum auszustellen, mit dem sie sich 90 Tage im Schengenraum frei bewegen können.
Bei allem Verständnis, das kann man Italien so nicht durchgehen lassen! Keine Frage und nicht minder verständlich, dass der italienische Ministerpräsident die Bevölkerung der Insel Lampedusa vor dem illegalen Flüchtlingsstrom schützen möchte, doch es grenzt gelinde gesagt an Wahnsinn, wenn er der illegalen Flucht der Nordafrikaner durch ein Visum noch Vorschub leistet. Damit öffnet er der Flüchtlingschwemme Tür und Tor, denn davon auszugehen, dass Asylanträge gestellt werden, ist denkbar blauäugig. Vielmehr ist es höchst an der Zeit, sich den Inhalt der Genfer Flüchtlingskonvention in Erinnerung zu rufen, die da besagt, ein Flüchtling ist eine Person, die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und deshalb ihr Heimatland verlässt. Nach dem Sturz des Präsidenten Ben Ali sind diese Voraussetzungen allerdings längst nicht mehr gegeben und die Menschen laufen lediglich vor den schlechten wirtschaftlichen Gegebenheiten in ihrer Heimat davon.
Dem muss die EU ohne wenn und aber einen Riegel vorschieben und Italien muss anderwertig unterstützt werden, damit nicht die Flüchtlingswelle sich nicht über ganz Europa verbreiten kann.
Die österreichische Innenministerin Maria Fekter hat sofort auf diese Tatsache reagiert und einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Sie ließ verlautbaren, dass die österreichische Staatsgrenze in Tirol und Kärnten verstärkt kontrolliert wird, was von Seiten aller Fraktionen unbedingt unterstützt werden muss. Außerdem, so die Ministerin, sei es vorrangig zu klären, ob Österreich überhaupt verpflichtet ist, diese Visa anzuerkennen.
Auch wenn bestimmte Kräfte im EU-Parlament immer wieder versuchen die wirksame Arbeit der EU-Grenzschutzagentur Frontex zu verhindern, so ist dies aus gegebenem Anlass zu unterlassen. Es ist an der Zeit sich vor den illegalen Einwanderern zu schützen und dafür sollte man alle verfügbaren Mittel einsetzen.


Erst Faschist, nun Moralist

11. November 2010

Die seltsamen Wandlungen des Gianfranco Fini

Gegenwärtig kann er sich nicht genug entrüsten über die erotischen Eskapaden seines Regierungschefs: Der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer wird weltweit als der Wortführer der regierungsinternen Gegner von Italiens Premierminister Silvio Berlusconi wahrgenommen. Die moralinsaure Empörung über den Lebenswandel und die Aussagen des Regierungschefs füllt gegenwärtig die Spalten der internationalen Gazetten. Und sie findet allenthalben Zustimmung bei den politisch korrekten Kommentatoren.

Nun ist Berlusconi zwar „Single“ weil geschieden und der Umgang mit dem weiblichen Geschlecht kann ihm also nur schwer vorgeworfen werden, seine Aussagen, er halte es lieber mit jungen Frauen als schwul zu sein, stoß naturgemäß aber bei den zeitgeistigen Kommentatoren auf Empörung und natürlich auch bei Fini. Dieser hat sich gegenwärtig zum Joker im Kampf um die Erhaltung der Mitte-Rechts-Regierung in Italien entwickelt, seine Kritik Berlusconis könnte die Regierung platzen lassen. Inhaltlich wendet sich Finis Kritik aber insbesondere gegen die Lega Nord, die er als verantwortungslos, rassistisch und extremistisch zu punzieren versucht.

In Wahrheit dürfte Fini die zunehmenden Erfolge der Lega fürchten, die nicht nur in Oberitalien zu einer wirklichen rechten Volkspartei geworden ist und die dabei konsequent für die Erhaltung der nationalen, oberitalienischen Identität kämpft, gegen Massenzuwanderung und Islamisierung. Fini selbst ist ideologisch bekanntlich längst nicht so konsequent geblieben. Der einstige Jung-Faschist und Mussolini-Bewunderer hat sich zum politisch korrekten Zeitgeist-Apostel gewandelt, der pflichtschuldigst nach Yad Vashem gepilgert ist und zunehmend geradezu linksliberale gesellschaftspolitische Thesen vertritt: für entsprechende Zuwanderung, gegen Diskriminierung von Schwulen und Schein-Asylanten und vieles dergleichen mehr.

Fini ist ein Beispiel, wie rechte Politiker als erstes ihre Wurzeln verleugnen, sich dann zunehmend in die Mitte bewegen, dort den Anschluss an das politische Establishment suchen, in hohe Regierungsämter gelangen und schließlich nach ihrer Ideologie auch ihre politische Bewegung verraten. Bekanntlich hat er erst vor Jahr und Tag seine Partei, die postfaschistische Allianza Nazionale aufgelöst und in Berlusconis „Populo de la Libertà“ eingebracht. Erst in jüngster Zeit, als sein Traum, Berlusconis Nachfolger zu werden verblasste und der Cavaliere deutlich machte, dass er keineswegs beabsichtige, in absehbarer Zeit abzutreten, begann Fini über so etwas wie eine Parteistruktur aufzubauen. Er sammelte Abgeordnete, um eine Gruppe namens „Futuro e Libertà per l’Italia“ zu bilden, die nunmehr austreten könnte.

Aber auch bei den jüngsten Entwicklungen kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass Fini in erster Linie die eigene Karriere und die eigene Position im Auge hat. Präsident des Abgeordnetenhauses reicht dem einstigen Faschisten, der sich nun als Moralist geriert, gewiss nicht. Er will Italiens Ministerpräsident werden. Das steht fest – und wenn er dabei zum Links-Politiker werden muss.