Koalitions-Spekulanten

21. Dezember 2011

Nun sind sie also wieder unterwegs – zumindest in den Medien und in den Parteisekretariaten – die Koalitions-Spekulanten. Allein schon, dass der schwarze Vizekanzler die demokratiepolitische Selbstverständlichkeit übt und mit dem Chef der größten Oppositionspartei redet, reicht, um solche Koalitions-Spekulationen auszulösen. Während Bundeskanzler und SPÖ-Chef Faymann bekanntlich jedes Gespräch mit Heinz Christian Strache verweigert, weil dieser angeblich Österreich in den Abgrund und aus der EU heraus führen wolle, meint Vizekanzler Spindelegger, die verfassungsmäßige Verordnung der Schuldenbremse wäre so wichtig, dass man auch mit den Oppositionsparteien sprechen müsse. Und das ist nach Ansicht der politischen Beobachter im Lande Anlass genug, um von einer Neuauflage von Blau-Schwarz am Wiener Ballhausplatz zu fabulieren.

Nun ist die Gesprächsverweigerung des Bundeskanzlers schlichtweg eine Sauerei und ein Bärendienst an Österreich. Als Regierungschef dürfte er dies nicht tun, als Parteiobmann natürlich sehr wohl. Da ist es eher eine Frage der Intelligenz, als eine der staatspolitischen Moral. Und sonderliche Intelligenz hat Werner Faymann bekanntlich kaum noch jemand nachgesagt. Während nämlich die ÖVP durch ihre Offenheit gegenüber den Freiheitlichen für die Zeit nach den nächsten Wahlen drei Optionen hat, reduziert sich die SPÖ auf zwei, wenn nicht gar nur eine. Spindelegger könnte gemeinsam mit Straches FPÖ und wäre laut Umfragen damit sogar Mehrheitsfähig, er könnte zum Zweiten Juniorpartner der Sozialisten bleiben und er könnte zum Dritten in einer rot-schwarz-orangen Ampel agieren.

Faymann hingegen zeigt mehr oder weniger deutlich, dass Rot-Grün seine Traumkoalition wäre, was sich aber laut allen Umfragen schlicht und einfach nicht ausgeht. Also bleibt ihm nur Schwarz-Rot und allenfalls dabei noch die Einbeziehung der Orangen (wenn diese es überhaupt noch einmal ins Parlament schaffen).

Zwar dürfte Spindelegger nicht ganz das taktische Format seines Vor-Vorgängers Wolfgang Schüssel haben, der es immerhin schaffte, als Obmann einer schwer geschlagenen Partei im Jahre 2000 Bundeskanzler zu werden, er zeigt sich aber in der gegenwärtigen Situation durchaus geschickt: Die Volkspartei, die nach allen Umfragen Probleme hat und wohl gegenwärtig nur drittstärkste Partei in der Wählergunst wäre, macht sich durch Spindeleggers Offenheit zum Jolly Joker.

Aber Koalitions-Spekulationen beiseite. Das Land hat wie Europa insgesamt gegenwärtig derartige Schwierigkeiten, dass das staatspolitische Gemeinwohl vor parteitaktischen Spielen im Vordergrund stehen müsste. Nun mag man geteilter Meinung sein, ob just die Schuldenbremse die Lösung aller Probleme wäre, sicher ist aber, dass der Schuldenabbau insgesamt zur Schlüsselfrage geworden ist und da sollten sich alle Parlamentsparteien in staatspolitischer Verantwortung üben – natürlich auch die Oppositionsparteien.