Wo Gott wohnt

10. Dezember 2013

Es war von Anfang an klar: Die rot-schwarze Schrumpfkoalition kommt geradezu zwingend wieder zustande. Die Verhandlungen konnten nichts anderes sein als Schein-Gefechte, das immer wieder angedrohte Scheitern nichts anderes als Komödie. Gefährlich war einzig und allein die Möglichkeit, dass bei den inszenierten Verhandlungskrisen irgendetwas aus dem Ruder hätte laufen können, dass da die gegenseitigen Antipathien eine Eigendynamik hätten entwickeln können.

Nun aber steht die Koalition (selbiges musste man zumindest bei Redaktionsschluss am vergangenen Montag annehmen) und zwei rot-weiß-rote Polit-Titanen haben dafür gesorgt. Nein, nicht Herr Lopatka und Herr Darabos, die beiden Kanalarbeiter der Koalition, nein, auch nicht Herr Faymann und Herr Spindelegger, die turbo-charismatischen Frontmänner. Es waren – dreimal durfte der werte Leser raten – Michael Häupl und Erwin Pröll, die beiden großen alten Strippenzieher im Hintergrund ihrer jeweiligen Partei.

Nun mag der eine oder andere Leser meinen, die Bezeichnung „Polit-Titanen“ mag für die beiden Herren ein wenig übertrieben sein. Man bedenke aber, dass in Zeiten, in denen die Sonne tief steht, auch Zwerge lange Schatten werfen. Und so dürfen angesichts der Mediokrität unseres politischen Personals Erwin und Michael durchaus das titanenhafte für sich in Anspruch nehmen. Sicher ist, dass sie die Gründerväter und Taufpaten der neuaufgelegten rot-schwarzen Schrumpfkoalition sind. Und sie haben damit ihren persönlichen Einfluss auf die Geschicke der Republik für weitere fünf Jahre prolongiert. Dass sie ihre beiden Parteien damit an die Wand fahren dürften und die Republik selbst in den Graben, spielt da eine untergeordnete Rolle. Und was weiß man schon – so dürften sie nach zwei, drei Achterln Veltliner resümiert haben – was in fünf Jahren sein wird. Haben wir vielleicht längst wieder europaweite Hochkonjunktur, die Türkei hat die EU-Ratspräsidentschaft inne und der Strache ist längst Geschichte. So wahrscheinlich die Wunschträume der beiden hohen Herren. Allein, wünsche ans Christkind sind nur in der Adventzeit legitim.

Aber es kam eben wie es kommen musste. Die beiden Großmogule von Rot und Schwarz haben ihren Parteifreunden gezeigt, wo Gott wohnt. Österreich hat wieder die Regierungskoalition, die es offenbar verdient. Und wenn es hart auf hart geht wird in St. Pölten und im Wiener Rathaus entschieden. Nirgendwo anders, schon gar nicht im Parlament oder am Ballhausplatz.


Rot-schwarze Schrumpfkoalition

30. Oktober 2013

Hoch und heilig haben SPÖ und ÖVP nach ihren Verlusten bei der Nationalratswahl am 29. September versprochen, eine Koalition „neuen Stils“ bilden bzw. einen „Neuanfang“ machen zu wollen. Nun, nachdem seit dem Urnengang fast ein Monat ins Land gezogen ist, ist davon wenig zu bemerken. Kein Wunder, sind doch die Koalitionsverhandler, die nach dem Wunsch von Bundespräsident Fischer bis Dezember eine Neuauflage von Rot-Schwarz bilden sollen alte Gesichter. Und wenn der rote Sozialminister Hundstorfer und der schwarze Wirtschaftsminister Mitterlehner über „länger gesund leben und arbeiten“ sprechen werden, dann sitzt sich am Verhandlungstisch quasi die personifizierte Sozialpartnerschaft gegenüber. Hat doch der eine eine lupenreine Gewerkschafterkarriere hinter sich, während der andere seine ersten Sporen in der Wirtschaftskammer verdiente.

Fast zum Lachen – wenn die Realität nicht um ein Vielfaches ernster wäre – ist dann schon der Umstand, daß für die ÖVP ein 27jähriger Studienanfänger das Kapitel „Zukunft“ verhandeln wird. Man darf gespannt sein, wie tief dieser aus seiner Lebenserfahrung schöpfen wird, die sich im wesentlichen auf Funktionen in der Jugendorganisation seiner Partei und „Geilomobil“-Aktionen beschränken. Aber immerhin: Die Republik hatte auch schon einen Wehrdienstverweigerer als (roten) Verteidigungsminister. Vielleicht können Kanzler Faymann und sein Vize Spindelegger auch gleich, um den Verdacht von Packelei und Postenschacher aus der Welt zu schieben und um Transparenz zu signalisieren, den künftigen Finanzminister per Inserat suchen. Das Anforderungsprofil könnte etwa lauten: Mehrmaliger Konkurs oder rechtskräftige Verurteilung wegen eines Vermögensdeliktes.

Aber Spaß beiseite: Bereits heute ist deutlich, daß Österreich vor fünf verlorenen Jahren steht. Probleme wie die Ankurbelung der Wirtschaft, die dringend notwendige Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Sicherung des Pensions- und des Gesundheitssystems werden nicht angegangen. Die Bekämpfung der Massenzuwanderung und der islamischen Parallelgesellschaften wird auch in Zukunft kein Thema sein, aber dafür wird man sich Rot und Schwarz auch weiterhin in Brüssel an Unterwürfigkeit zu überbieten versuchen.

Die rot–schwarze Koalition, die schon längst keine große mehr, sondern eine Schrumpfkoalition ist, wird also weitermachen wie bisher. Viel schlimmer noch: Angesichts des 2018 wegen des Aufstiegs der FPÖ drohenden Mehrheitsverlustes werden SPÖ und ÖVP versuchen, rechtzeitig ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen, Günstlinge im staatsnahen Bereich unterzubringen und die Republik – sofern das noch nicht geschehen ist – unter sich aufzuteilen. Und damit werden sie nicht nur den hierzulande herrschenden Politikverdruß weitere Nahrung geben, sondern vor allem zu ihrer weiteren Schrumpfung beitragen.