Eine Liebesheirat war es mit Sicherheit nicht. Dies betonte die niederösterreichische Landeshauptfrau und ÖVP-Chefin Johanna Mikl-Leitner, als sie vor wenigen Wochen die Koalitionsvereinbarung mit dem niederösterreichischen FPÖ-Chef Landbauer abschloss. Und auch der Salzburger Landeshauptmann Haslauer wird gewiss auch nicht den politischen „Sugar Daddy“ für die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek spielen. Und wie weit das Verhältnis zwischen dem oberösterreichischen Landeshauptmann Stelzer und seinem freiheitlichen Vize Haimbuchner von Freundschaft geprägt ist, wissen wir auch nicht. Tatsache ist nur, dass es in allen drei nördlichen Bundesländern der Republik schwarz–blaue Koalitionen gibt – so es in Salzburg zu einem positiven Abschluss der Verhandlungen kommt. Zwar ist die Mitte-Rechts-Koalition in Oberösterreich längst zur Gewohnheit geworden, jene in Niederösterreich aber und nun wohl auch die in Salzburg sorgten für helle Aufregung – nicht nur bei den politischen Gegnern des bürgerlichen Lagers, sondern auch in den Mainstream-Medien. Da geisterte unausgesprochen das aus der Ersten Republik bekannte Gespenst des Bürgerblocks durch die Debatten und insbesondere in der linken Reichshälfte malte man damit gewissermaßen den Austrofaschismus als Menetekel an die Wand.
Und allenthalben wird diese Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ auch als Vorgeschmack auf die nächste Bundesregierung nach der für den Herbst 2024 geplanten Nationalratswahl interpretiert. Die Hemmschwelle der ÖVP, so hieß es, den freiheitlichen Parteichef Herbert Kickl zum Kanzler zu machen, sinke mit jeder schwarz–blauen Koalition in den Bundesländern um ein weiteres Maß.
Übersehen wird dabei allerdings, dass die Koalitionen zwischen ÖVP und FPÖ in den drei genannten Bundesländern erstens immer nur dem schwarzen Machterhalt dienen und dass die Freiheitlichen somit stets die Steigbügelhalter für die ÖVP spielen müssen. Dass dabei die beiden Parteien einander inhaltlich und ideologisch näher sind, als es eine Koalition mit den anderen Parteien ermöglichen würde, ist auch klar. Allerdings würde die Volkspartei ohne jeden Zweifel lieber mit anderen Parteien koalieren, wenn dies wahlarithmetisch möglich wäre. Allein der mediale Rückenwind wäre bei jeder anders gearteten Koalition ungleich größer. Dennoch gibt es nun so etwas wie eine schwarz–blaue Nordachse in der Republik, die starke Bundesländer in einer bürgerlichen Koalition vereint.
Was aber die kommende Nationalratswahl betrifft und die danach zu bildende Bundesregierung, so sieht die Sache gänzlich anders aus. Nachdem nämlich Herbert Kickls FPÖ in allen Umfragen die weitaus stärkste Partei ist, und, wenn dies so bleibt, Kickl zweifellos nach der Nationalratswahl den Kanzleranspruch erheben wird, geht es dann nicht um schwarzen Machterhalt, sondern um die Frage, ob die ÖVP vice versa die FPÖ in die Position des Regierungschefs wählen würde.
Der dann zu erwartende Gegenwind von den österreichischen und internationalen Medien, wäre zweifellos gewaltig. Wer nun die ÖVP in ihrer gegenwärtigen Verfasstheit kennt, kann zu Recht massive Zweifel haben, ob sie zu einer solchen Koalition die Kraft hätte. Und überdies stellt sich die Frage, was die Freiheitlichen der ÖVP bieten könnten, dass diese so einen gravierenden Schritt setzen würde.
Die schwarz–blaue Achse
11. Mai 2023Lagerbildung
1. Mai 2023Die Salzburger Landtagswahl hat aufs Neue gezeigt, dass sich in Österreich – aber nicht nur hier – eine zunehmende Polarisierung zwischen links und rechts, zwischen dem national-konservativen Bereich und dem marxistisch-linksliberalen Lager herauskristallisiert. Einerseits war es der Erfolg der Kommunisten, andererseits jener der Freiheitlichen, was diese Entwicklung deutlich macht.
Die etablierten Politik-Analytiker erklären uns nun natürlich, dass es nur die extremen Ränder seien, die hier gestärkt werden. Die Mitte hingegen erodiere langsam. Dieser Befund stimmt allerdings nur zum Teil, da es in Wahrheit nicht die extremen Ränder sind, sondern eben neue politische Bewegungen, die ihren Bereich glaubwürdiger vertreten als die alten Parteien. So könnte in Österreich der rechte, der konservative, der bürgerliche und patriotische Bereich in Hinkunft nicht führend von einer christlichsozialen Partei vertreten werden, sondern eben von den nationalliberalen Freiheitlichen, die ihre Kritiker rechtspopulistisch nennen.
Und vice versa könnte sich im linken Spektrum neben der Sozialdemokratie und den Grünen eine weitere, vielleicht radikalere Linkspartei etablieren.
Außer Zweifel scheint es jedenfalls zu sein, dass es eben zwischen dem linken Bereich und dem rechten Spektrum eine zunehmende Polarisierung gibt. Diese ideologische und auch realpolitische Polarisierung bedeutet aber nicht, dass zwangsläufig Linke und Rechte einander in Bündnissen gegenüberstehen müssen. Es kann vielmehr auch so sein, dass etwa auf der Basis der political correctness ideologieüberschreitende Kooperationen gegen eine, zumeist radikalere Rechtspartei zustande kommen. Ein Beispiel dafür ist die Allparteien-Koalition, wie sie bei der Bundespräsidentschaftswahl gegen Norbert Hofer zustande kam.
Diese sich verschärfende Lagerbildung kommt aber auch aufgrund sich zuspitzender ideologischer Gegensätze zustande. Political Correctness als Zivilreligion der Linken hat zunehmend totalitäre Tendenzen und schließt Kompromissfähigkeit und die Suche nach demokratischem Konsens gerade zwingend aus. Die heftig beklagte Spaltung der Gesellschaft ist natürlich die unmittelbare Folge dieser Entwicklung. Ein Teilaspekt dieser Polarisierung ist die höchst unterschiedliche Entwicklung des urbanen Bereichs und des ländlichen Bereichs. Während in den Städten eher die Linke dominiert, ist es am Lande die konservative Rechte.
Überdies hat die Salzburger Landtagswahl auch einmal mehr gezeigt, dass die Linke – diesmal aufgesplittert in drei Parteien – in Österreich keine Mehrheit hat. Nach dem Ende der sozialdemokratischen Ära unter Bruno Kreisky ist es bekanntlich dem freiheitlichen Parteichef Jörg Haider gelungen, ehemals links wählende, indessen längst konservativ orientierte Bereiche der vormaligen Arbeiterklasse in den rechten Bereich zu holen und auf Dauer zu integrieren.
Insgesamt jedenfalls ist klar, dass diese nicht zu übersehende Polarisierung zwischen links und rechts, dass diese Lagerbildung zur Verschärfung des politischen Klimas führt. Die alte österreichische Konsensdemokratie mit dem rot–schwarzen Proporz und der Sozialpartnerschaft scheint ausgedient zu haben.
Wahljahre sind Qual-Jahre
9. Januar 2013Wer die Wahl hat, hat die Qual, so lautet das gute alte deutsche Sprichwort und es dürfte sich insbesondere im Jahre 2013 auch auf der politischen Ebene unserer historischen Heimat bewahrheiten. Wieder einmal nämlich werden die Bürger zur Urne gerufen und das gleich vier Mal in diversen Landtagswahlen und einmal bei bundesweiten Nationalratswahlen. Dabei soll der Souverän, das Volk nämlich, sein wichtigstes Recht ausüben, nämlich seine Vertretung in den Landesparlamenten bzw. im nationalen Parlament zu wählen.
Dabei ist uns allen klar, dass der Parteienstaat österreichischer Prägung und jene Form von repräsentativer Demokratie, die wir im Laufe der Jahrzehnte entwickelt haben, wirkliche Volksherrschaft, Demokratie im wirklichen Sinne des Wortes eigentlich verhindert bzw. im hohen Maße relativiert. Wir wählen nur Parteienkandidaten und haben nur die Möglichkeit zwischen jenen Listen die Auswahl zu treffen, die uns von Seiten der etablierten politischen Parteien vorgegeben werden. Das „eherne Gesetz der Oligarchie“ wonach letztlich die Delegierten die Delegierenden, also die gewählten Parteipolitiker ihre Wähler, das Volk, den Souverän nämlich beherrschen, gilt auch für Österreich am Beginn des 21. Jahrhunderts.
Dennoch lässt sich mit Fug und Recht feststellen: Die Österreicher werden auch nach den Wahlgängen des Jahres 2013 genau jene Politiker haben die sie verdienen, weil sie sie nämlich gewählt haben. Und da dürfte sich doch einiges in der Parteienlandschaft der Republik ändern. Die Skandal-gebeutelten Landtags-Parteien in Niederösterreich, in Salzburg, in Kärnten und letztlich auch in Tirol, müssen um ihren Machterhalt zittern. Ob Niederösterreichs Erwin Pröll noch mit absoluter Macht regieren kann, ob Salzburgs Gabi Burgstaller nicht schlicht die politische Bühne verlassen wird müssen, ob Kärntens Gerhard Dörfler nicht eine wesentliche Schwächung wird hinnehmen müssen und ob Tirols Günther Platter weiter in Amt und Würden bleibt, alles das wird der Wähler entscheiden. Und dann schließlich noch die Frage, ob die bisherige Große Koalition, die längst nur mehr eine alte, müde Koalition ist und alles andere als groß weiter regieren kann unter Mithilfe eines willfährigen Helfershelfer – von Seiten der Grünen etwa – auch diese Frage wird in diesem Wahljahr beantwortet werden.
Und schließlich wird es noch darum gehen, ob die angebotenen politischen Alternativen seitens der Opposition tragfähig sein werden und faszinierend für das Wahlvolk: In erster Linie stellt sich dabei die Frage, ob Heinz Christian Straches Freiheitliche sich als Systemalternative zum rot-schwarzen Filz erweisen kann. Und ob es möglich sein wird, die Schein-Alternative, welche das „Team Stronach“ bietet, als solche vor den Wähler zu entlarven. Außerdem wird der Wähler uns die Frage beantworten müssen, ob die in die Jahre gekommenen Grün-Alternativen als allzu triviale Zeitgeist-Surfer wirklich vor ihrem politischen Ableben noch einmal in Regierungswürden gelangen müssen oder ob sie einfach historisch-politisch zu archivieren sind, als saturierte ausklingende Protestbewegung der 70er und 80er Jahre. Einzig in Bezug auf das orange Bündnis der Haider’schen Nachlassverwalter braucht es keine Antworten mehr, die sind bereits gegeben: So wie seinerzeit das Liberale Forum der Heide Schmidt wird auch das BZÖ der Bucher, Petzner, Stadler und Konsorten als zu vernachlässigende Fußnote der Geschichte der Zweiten Österreichischen Republik entsorgt werden.
Es geht aber nicht um das Schicksal der Parteien, es geht darum, ob der Souverän, der Wahlbürger nämlich in der Lage sein wird, politische Kräfte in die Verantwortung zu wählen, die das rot-weiß-rote Gemeinwesen zukunftsfähig machen. Wir stehen also wieder einmal an einer Wegscheide – wie im Übrigen bei jedem Wahljahr. Und das ist erfreulich so, denn es ist das Wesen der Demokratie.