Parteienlandschaft im Umbruch

10. März 2014

Da haben die Freunde des Polit-EUphorikers Matthias Strolz nunmehr also auch in Salzburg zugeschlagen. Aus dem Stand sind sie in der Mozartstadt zu einer mittelstarken Partei geworden und die Polit-Beobachter sprechen bereits davon, dass sich hier eine neuere, modernere und jüngere ÖVP entwickle.

Blicken wir ein Jahr zurück: Da hieß es, mit dem Team Stronach würde sich eine neue wirtschaftsliberale Kraft im Lande etablieren. Bei den Landtagswahlen des vorigen Jahres und danach bei den Nationalratswahlen gelang den Jüngern des austro-kanadischen Milliardärs ja tatsächlich der Erwerb einiger Mandate. Der große Durchbruch allerdings blieb aus und allzu rasch erwies sich die Legionärstruppe, die Onkel Frank zusammen getrommelt hatte, als absolut polit-untauglich. Aber verglichen mit den Beppe Grillos Italiens und mit den parteipolitischen Narrenumzügen, die man in anderen vergleichbaren EU-Ländern so sehen kann, mag das was sich in Österreich in Sachen Veränderung der Parteienlandschaft abspielt nach gerade harmlos erscheinen.

Bei den kommenden EU-Wahlen allerdings werden neben den etablierten Parlamentsparteien bereits eine ganze Reihe von Obskuranten und Splittergruppen-Vertretern kandidieren. Sie dürften zwar kaum Chancen auf den Einzug haben, weisen aber doch darauf hin, dass sich die Parteienlandschaft nachhaltig ändert: Einzelne B-Promis werden da von den Medien hochgepuscht. Die Proteststimmung gegen das etablierte Parteiensystem wird von den Boulevard Zeitungen für relativ unsympathische Neidkampagnen genützt und Obskuranten aus den verschiedensten ideologischen Winkeln, glauben die Gunst der Stunde nützen zu können.
Ob sich aus diesen Verschiebungen des Parteienspektrums eine neue stabile politische Landschaft entwickeln kann, bleibt abzuwarten. Sicher ist indessen, dass viele der hoch gejubelten neuen Politstars – man denke an Frank Stronach – in kürzester Zeit wieder verglüht sein dürften. Die gewissermaßen „gottgewollte Dreiteilung“ des österreichischen Parteiensystems, wie es der unvergessene Historiker Adam Wandruszka vor Jahrzehnten diagnostizieren konnte, ist allerdings nur mehr Geschichte. Austro-Marxisten, Christlich-Soziale und Nationalliberale gibt es allerdings noch immer. Wie weit deren ideologische Versatzstücke allerdings zur Bewältigung der gegenwärtigen und künftigen Probleme tauglich sind, ist eine andere Frage. Nur das, was sich stattdessen und rundherum um diese alten Ideologien entwickelt hat, scheint bisweilen noch untauglicher.


Die „Dritte Kraft“!?

29. April 2013

Seit den ersten Wahlen in der jungen Republik im Jahre 1919 wird das national-freiheitliche Lager im Lande gemeinhin als „Dritte Kraft“ oder „Drittes Lager“ bezeichnet. Hinter den Christlich-Sozialen und den Sozialisten bildet dieses Lager seitdem, nahezu über ein Jahrhundert, einen konstanten Teil der politischen Landschaft Österreichs. Der unvergessene Wiener Historiker Adam Wandruszka sprach von gewissermaßen „gottgewollten“ drei politischen Lagern, die Österreichs Geschicke seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bestimmen. Drei politische Lager, die einander – insbesondere während der Tragödien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – häufig äußerst feindselig gegenüber standen, die aber doch die Säulen der heimischen Parteiendemokratie darstellen.

Mit geringen Unterbrechungen sind die Freiheitlichen seit 1949 diese Dritte Kraft im Lande gewesen. Nach den Wahlen 1988 waren sie für wenige Jahre die zweite Kraft, nach dem Zusammenbruch im Jahre 2002 und der Abspaltung des BZÖ im Jahre 2005 waren sie für kurze Zeit die vierte Kraft. Unter Heinz-Christian Strache wurden sie wieder gesichert zur dritten.

Nun allerdings bei den Landtagswahlen in Niederösterreich und in Tirol wurde die FPÖ von diesem, ihrem historischen dritten Platz verdrängt. In Niederösterreich wurde sie vom Obskuranten-Team Stronach auf den vierten Platz verwiesen. In Tirol – sieht man von ÖVP-Abspaltungsgruppen ab – waren es nunmehr die Grünen, die die Freiheitlichen locker überrundeten. Wie es in wenigen Tagen in Salzburg sein wird, ob dort der dritte Platz behauptet werden kann oder ob es auch die Grünen sein werden, die diesen einnehmen, bleibt abzuwarten. Und was die ins Haus stehenden Nationalratswahlen im Herbst betrifft, so deuten die Umfragen darauf hin, dass Strache sich als unbestrittener Inhaber dieser dritten Kraft behaupten kann. Obwohl im Jahr der politischen Stagnation, in dem sich die größte Oppositionspartei des Landes unbestritten heuer befindet, manche dramatische Entwicklung möglich ist. Vor Jahr und Tag war man ja – glaubt man den Umfragen – noch auf dem Sprung zur ersten Kraft, zur stärksten also im Lande und über längere Zeit galten die Freiheitlichen gesichert als Inhaber des zweiten Ranges noch vor der Volkspartei. Nun müssen sie quer durch die Bundesländer darum kämpfen, ihre Position als dritte Kraft zu erhalten.

Dabei geht es nicht nur um die symbolische Position im Hinblick auf diese historisch wohlerworbene Bezeichnung für das freiheitliche Lager, es geht auch um die freiheitliche Rolle als Kontrollpartei, als einzige Alternative zum rot-schwarzen Proporz und bisweilen auch um jene als Zünglein an der Waage zwischen beiden alten Parteien. Dass sich Heinz-Christian Strache mittel- und längerfristig den Aufstieg der dritten Kraft zum stärksten politischen Faktor im Lande auf die Fahnen geschrieben hat, ändert nichts daran, allzumal eine solide abgesicherte dritte Kraft durchaus als Startposition für den Vorstoß an die Spitze der politischen Landschaft dienen kann.

Politische Bewegungen mit langem Atem müssen aber auch in der Lage sein zwischenzeitliche Rückschläge zu verkraften. Die Qualität der Strache-Partei, ihre oppositionelle Kraft und auch ihre Regierungsfähigkeit dürften sich nicht zuletzt in der Art und Weise bestätigen, wie sie das schwierige Jahr 2013 bewältigt. Österreich hat mit dem national-freiheitlichem Lager seit bald 100 Jahre eine solide dritte Kraft, die – sieht man von den schrecklichen Irrwegen des Totalitarismus ab – immer wieder eine staatstragende Rolle gespielt hat. Ob als Opposition oder als Regierungspartei. Diese Perspektive dürfen die Freiheitlichen trotz kleinerer Rückschläge wie Niederösterreich oder Kärnten nicht vergessen.