Alternative – nicht nur für Deutschland

17. April 2013

Relativ kurzfristig und überraschend hat sich nun also bei unseren bundesdeutschen Nachbarn eine politische Formation gegründet, die unter dem Namen „Alternative für Deutschland“ den Austritt aus der Eurozone propagieren will. Der führende Kopf dieser neuen Bewegung, der Hamburger Ökonom Luce, erklärte beim jüngsten Gründungsparteitag – der im Übrigen von Besuchern überlaufen war – man wolle dies sowohl zum Schutze Europas als auch zum Schutze Deutschlands bewerkstelligen.

Nun ist es ja tatsächlich so, dass die von den Eurokraten immer wieder für beendet und gelöst erklärte Eurokrise mit unverminderter Heftigkeit weiterschwelt. Dies ist nicht nur jüngst am Falle Zypern deutlich geworden. Wir wissen vielmehr, dass die Probleme Italiens, Spaniens und Portugals ebenso wie jene Griechenlands genauso wenig gelöst sind. Die Vermutung liegt nahe, dass dies alles nur bis zur deutschen Bundestags-Wahl vertagt wurde, um dann mit umso größerer Heftigkeit zu explodieren.

Die Meinungsforscher behaupten nun zwar, dass die Wahlchancen der Alternative für Deutschland eher gering seien und das das große öffentliche Interesse für die neue Bewegung nur so etwas wie eine Ventil-Funktion für frustrierte Bürger sei. Aber auch dieses Erklärungsmuster macht mit Sicherheit deutlich, dass ein guter Teil der Bundesdeutschen in der Euro-Sackgasse der fehlentwickelten Gemeinschaftswährung keine Zukunft sieht. Und damit kommen wir zu Österreich: Natürlich gibt es mindestens genauso viele Alpenrepublikaner, die sich den guten alten Schilling anstelle des Teuros zurück ersehen, wie dies Bundesrepublikaner im Hinblick auf die D-Mark tun. Bislang allerdings war es wenig realistisch, eine Rückkehr zum Schilling zu fordern, da Österreich alleine für eine nationale Währung möglicherweise zu klein und zu schwach wäre. Hat es den Schilling in Wahrheit doch auch vor der Euro-Einführung nur als D-Mark dividiert durch sieben gegeben. Die stabile und feste Anbindung des Schillings an die deutsche Mark war ein Teil seiner Qualität.

Wenn nun also ein qualifizierter Teil der Deutschen die Rückkehr zu einer nationalen Währung verlangen, kann man dies in Österreich ebenso mit gutem Gewissen tun. Eine nationale österreichische Währung in Anbindung an eine ebenso nationale deutsche Währung wäre finanzpolitisch und volkswirtschaftlich gesehen durchaus sinnvoll. Wenn also nunmehr die Freiheitlichen mit dem Ruf „Raus aus dem Euro zurück zum Schilling“ in den Wahlkampf zögen, könnte man dies nicht von vornherein mit dem Argument abtun, dies wäre doch unrealistische Polemik. Die deutsche Entwicklung vielmehr zeigt, dass sich damit ein durchaus realitätsnahes Szenario auftut. Ein Szenario – man denke an den Ökonomen Luce – mit dem man sowohl Europa nützen könnte, als auch Österreich. Wer gegen den Euro ist muss deshalb noch lange nicht gegen Europa sein. Und wer die Fehlentwicklungen der EU kritisiert ist deswegen noch lange kein schlechter Europäer. Das sollte endlich in die Köpfe der Mainstream-Meinungsmacher und in die Köpfe der etablierten politischen Kräfte hinein. Möglichst bevor es zu spät ist.


Kaffeesatz und Innenpolitik

21. November 2012

Es sind veritable Kaffeesatz-Deutereien, die gegenwärtig in den Medien zu lesen und zu hören sind. Jene Meinungsumfragen nämlich, die das Stärkeverhältnis der Parlamentsparteien bei den nächstjährigen Wahlen beleuchten. Die Umfrage-Samples sind zumeist höchst gering, die Aussagen der Befragten überaus unscharf und die Ergebnisse entsprechend interpretationsfähig. Einig sind sich aber nahezu alle Meinungsforscher, daß keine der Parlamentsparteien über 30 Prozent haben wird, daß Stronach mit seinem kuriosen Team Einzug ins Parlament halten dürfte und daß das BZÖ unseligen Angedenkens rausfliegen wird. Aber sonst ist alles mehr oder minder offen.

Der größte Unsicherheitsfaktor dabei ist aber wahrscheinlich das Team Stronach, jene kuriose Legionärstruppe, die sich der überwuzelte Austro-Kanadier da engagiert hat. Ohne ihm Schlechtes wünschen zu wollen, muß es doch erlaubt sein zu fragen, ob der „Team-Leader“ am Wahltag überhaupt noch unter den Lebenden weilt bzw. ob ihm nicht jeder TV-Auftritt in Form von schlagenden Senilitäts-Beweisen einen Prozentpunkt in der Wählersympathie kosten könnte. Aber wie auch immer. Er wird von einigen großen Boulevardzeitungen des Landes hochgelobt und insgeheim offenbar auch aus dem politischen Establishment gefördert – wohl um den Freiheitlichen zu schaden – und verfügt überdies über Geld für entsprechende Werbekampagnen.

Im Falle seines tatsächlichen Einzugs ins Parlament ergeben sich also neue Konstellationen in der österreichischen Innenpolitik. Deren vordergründiger Gewinner scheint ÖVP-Chef Michael Spindelegger zu sein. Mit den gerade in den letzten Tagen heftig diskutierten Koalitionsvarianten tun sich für die Volkspartei nämlich neue Alternativen auf: Sie hat nicht nur die Fortsetzung der ausgelutschten Großen Koalition mit der SPÖ allenfalls mit grüner Unterstützung im Talon, sie könnte nunmehr auch mit Strache und Stronach eine Mitte-Rechts-Regierung bilden. Die Verlockung, sich solcherart den Kanzlersessel zurückzuholen, dürfte gewiß groß für Spindelegger sein.

Wie weit eine solche Koalition politisch tragfähig wäre und wie weit sie insbesondere den Freiheitlichen unter Heinz-Christian Strache anzuraten wäre, ist eine andere Frage. Den Hintergrund-Strategen der heimlichen Sozialdemokratie dürfte dennoch die Grausbirn‘ aufsteigen, da sie sich solcherart flugs so wie schon im Jahre 2000 auf die Oppositionsbänke verbannt sehen müßte. Und den allzu regierungsgeilen Grünen der Frau Glawischnig werden vollends die Zornadern schwellen. Flugs werden sie das Schreckgespenst der Neuauflage von Blau-Schwarz, wie wir es unter Haider und Schüssel hatten mit neo-liberaler Stronach-Assistenz an die Wand malen. Für Alt-68er und andere rot-grüne Zeitgeistreiter gewiß ein Horrorszenario. Ob es für Österreich aber mehr als eine spekulative Variante werden wird, muß man abwarten.