Europäischer Flächenbrand

14. November 2012

Aus der Eurozone kommen weiterhin alarmierende Nachrichten. Spanien, immerhin eine der größten Volkswirtschaft in der Währungsunion, leidet unter einer Rekordarbeitslosigkeit von 25 Prozent, und die EU-Kommission erwartet eine bis 2014 dauernde Rezession. Im kommenden Jahr müssen übrigens auch Frankreich und Italien mit einer schrumpfenden Wirtschaft rechnen, was die Lage naturgemäß nicht besser macht.

Somit ist die Euro-Krise trotz ESM und Milliardenhilfe für Griechenland, Irland und Portugal zu einem europäischen Flächenbrand geworden. So warnte kürzlich der Internationale Währungsfonds, daß Frankreich wirtschaftlich hinter Spanien und Italien zurückzufallen droht. Sollte die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ins Trudeln geraten, dann wäre dies wohl das Ende der Währungsunion, weil die „Grande Nation“ einfach zu groß ist, um von den anderen Euro-Ländern aufgefangen zu werden. Ja, selbst Spanien wäre um ein paar Nummern zu groß, um „gerettet“ werden zu können.

Insgesamt stellt sich die Frage, wann auch die wirtschaftlich noch einigermaßen gesunden Euro-Länder wie die Bundesrepublik Deutschland, Österreich oder die Niederlande in ernsthafte Schwierigkeiten geraten werden. Die Gefahr ist jedenfalls sehr groß, weil die Milliardenzahlungen an Griechenland und dem ESM de facto abzuschreiben sind. Und damit fehlen hierzulande – sowie beim großen Nachbarn im Norden – die für dringende Investitionen ins Gesundheits- und Sozialsystem sowie dem Schuldenabbau notwendigen Mittel, womit eine Negativspirale in Gang gesetzt wird.

Fest steht damit eines: Die Warnungen der Euro-Kritiker und damit auch der Freiheitlichen, wonach die Euro-Zone eine Fehlkonstruktion ist und die Gemeinschaftswährung langfristig mehr Schaden als Nutzen bringt, bestätigen sich nun leider auf eindrucksvolle Weise.


Die Inflation wird kommen!

18. September 2012

Die beiden designierten Chefs der Deutschen Bank sind sich einig: Die Inflation als Preis für die Eurorettung wird kommen. Unvermeidlich und brutal. Diese ungeheuren Summen, die gegenwärtig in die Eurorettung gepumpt werden, für die vor allem die Geberländer Deutschland, Österreich, Holland und Finnland haften, die werden zwangsläufig „weginflationiert“ werden müssen. Wenn das die Notenbanker angefangen von EZB-Draghi quer durch Europa auch leugnen, nach einer kurzen deflationären Phase wird sie kommen diese Inflation, und man kann nur hoffen, dass sie eine kontrollierte bleibt und nicht aus dem Ruder läuft.

Bereits jetzt beträgt unsere offizielle Inflationsrate in Österreich 2,6 Prozent, in Wahrheit dürfte sie bereits wesentlich höher sein. Kreativ manipulierte Warenkörbe und geschönte Annahmen versuchen das zu verniedlichen, was der Konsument ohnedies längst weiß: Die Kaufkraft unseres Geldes wird dramatisch geringer.

Wenn das stimmt, was die Vorstände der Deutschen Bank und mit ihnen zahlreiche andere Experten so sagen, könnte die Kaufkraft des Euro in kaum einem halben Jahrzehnt um die Hälfte schrumpfen. Der Mittelstand also, der sich etwas auf die Seite legt, wird die Zeche bezahlen und zwar mit ihren Sparguthaben. Allein die Bundesdeutschen sollen dem Vernehmen nach etwa sechs Billionen Euro Sparguthaben ihr Eigen nennen. Wenn man ihnen – möglichst ohne eine Revolution auszulösen – die Hälfte davon wegnimmt, sie also weginflationiert, hat man die Probleme der Eurokrise und der Staatsschuldenkrise zumindest einmal vorläufig gelöst. So kalkulieren zumindest die Inflationsstrategen der internationalen Finanz-Kreise.

Damit ist aber auch klar, warum die Eurokraten neben der Währungsunion unbedingt auch eine gemeinsame Wirtschaftsregierung und eine weitere Zentralisierung herbeiführen wollen: Sie fürchten nämlich, andernfalls diese zwangsläufig heraufdämmernde Inflation nicht unter Kontrolle halten zu können. Und wenn aus jener Inflation, die dem Abbau der Staatsschulden dienen soll, eine galoppierende Inflation wird, dann „spielt’s Granada“. Das wissen wir aus der Geschichte der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts.

Tatsache ist jedenfalls, dass wir alle ärmer werden quer durch Europa. Die angeblich so gewaltige „Erfolgs-Story“ des Euro und seine Rettung um jeden Preis werden also tatsächlich diesen ultimativen Preis erfordern. Welche sozialen und politischen Folgen dieses Weginflationieren unserer Vermögen haben wird, mag man sich gar nicht ausdenken. Die Mächtigen scheinen allerdings darauf zu spekulieren, dass eine dekadente, überalterte und degenerierte Bevölkerung in Europa keine Revolutionen mehr beginnt.


Aus Krise nicht gelernt, Fehler der Gleichschaltung werden fortgesetzt

4. Juli 2012

Anscheinend nutzte das EU-Establishment die sich verschärfende Krise, um weitere Schritte zu einer Zentralisierung zu unternehmen. Es wurde aus der Krise nichts gelernt, stattdessen werden die Fehler der Gleichschaltung fortgesetzt.

Man kann beobachten, dass drei Gruppen die Zentralisierung vorantrieben. Die sogenannte Viererbande, bestehend aus EU-Kommissionspräsident Barroso, EU-Ratspräsident Van Rompuy, EZB-Präsident Draghi und Eurogruppenchef Juncker, wollen eine Banken- und Fiskalunion. Zwar sind nicht alle Vorschläge, wie etwa eine stärkere Kontrolle der Banken, unvernünftig, aber die Ausführungen zu einer Stärkung der Demokratie sind äußerst dürr.

Auch die sogenannte EU-Zukunftsgruppe, der auch Außenminister Michael Spindelegger angehöre, will mehr Zentralismus bis hin zu den Vereinigten Staaten von Europa. Und die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich planen, mit einem Wachstumspaket die Konjunktur anzukurbeln. Aber dieses Wachstumspaket ist ein Feigenblatt, weil unklar ist, woher das Geld kommen soll.

Auch weiterhin werde ich mich in meiner Tätigkeit im Europäischen Parlament gegen die geplante Zentralisierung der Europäischen Union einsetzen. In diesem Vorhaben können wir auf die Solidarität von rund 100 Abgeordneten setzen.


Fußball als Ablenkungs-Manöver

25. Juni 2012

Als einer, der sich für Fußball allenfalls bei Europa- und Weltmeisterschaften interessiert, kann man schwerlich einen diesbezüglichen Experten-Statuts für sich behaupten. Eine Meinung dazu und entsprechende Vorlieben aber darf hierzulande, gottlob jeder äußern. Dies, obwohl es in Österreich noch immer ein bisschen riskant ist, sich als Fan der deutschen Nationalmannschaft zu outen. Der Autor dieser Zeilen tut dies gemeinsam mit seinen Söhnen alle zwei Jahre wieder, indem er vor seinem Haus am Kärntner Ossiachersee die schwarz-rot-goldene Fahne aufzieht.

Findige Mitglieder der anti-freiheitlichen Jagdgesellschaft meinen dies als Zeichen eines unverbesserlichen anti-österreichischen Deutsch-Nationalismus deuten zu müssen (so geschehen im Jahre 2006 bei der Fußball-WM in der bunten Illustrierten News). Und sie haben nicht völlig Unrecht. Natürlich sind die Farben schwarz-rot-gold für den deutschbewussten Österreicher in Erinnerung an die Revolution von 1848 und die Ausrufung der Republik im Herbst 1918, bei der auch die deutsche Trikolore gezeigt wurde, ein emotionales Anliegen. Es ist aber auch schlicht und einfach die Tatsache, dass wenn schon keine österreichische Nationalmannschaft in der Lage ist, mitzuspielen, die bundesdeutschen eben ehesten „unsere Leute“ sind. Österreich hat ja aus einem ziemlich Anti-Piefke-Ressentiment prinzipiell für die Spanier, die Italiener oder die Portugiesen die Daumen gedrückt. Oder sind das nur die trivialen und späten Produkte eines anti-deutschen Selbsthasses, den man den Angehörigen der „österreichischen Nation“ nach 1945 anerzog.

Und es ist natürlich auch das effiziente und hervorragende deutsche Spiel, das den Autor dieser Zeilen zum Fan des schwarz-rot-goldenen Fußballs macht. Und die Tatsache, dass die Mannschaft noch weitgehend eine „deutsche“ ist und nicht nur eine Gladiatoren-Auswahl mit Migrationshintergrund.

Insgesamt aber ist diese Fußball-EM natürlich ein groß inszeniertes Ablenkungsmanöver in Hinblick auf die wahren Sorgen Europas. Der Zusammenbruch des Euros geht ungebremst weiter und das EU-Establishment setzt weiter auf Zentralisierung und Gleichmacherei statt zu erkennen, dass die vorschnelle Einführung einer Gemeinschaftswährung eben ein Fehler gewesen ist. In Brüssel ist man mit Blindheit geschlagen und hofft dies durch medial zelebrierte Spiele für die Massen zumindest für eine gewisse Zeit vergessen machen zu lassen. Und auch in Österreich selbst sind die politischen Debatten angesichts des Fußball-Interesses in den Hintergrund getreten. Wer interessiert sich noch für die „Affäre Graf“, wer für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wer für den Beschluss der Regierungsmehrheit im Parlament über den europäischen Stabilitätsmechanismus? Mit Brot und Spielen lässt sich eben trefflich von den wirklichen Problemen ablenken. Und da sind Fußballmeisterschaften allemal gut dafür.


Der Euro ist gescheitert

8. Juni 2012

Nun ist in Griechenland das Chaos perfekt: Nachdem die Regierungsbildung gescheitert ist, amtiert bis zu den erneuten vorgezogenen Neuwahen im Juni eine Übergangsregierung, mit der der Internationale Währungsfond nicht verhandeln will, und die Griechen selbst plündern ihre Konten. Es herrschen also Zustände, die wir eher aus Lateinamerika oder einem Dritte-Welt-Land kennen. Allerdings hätte die dramatische Lage in Griechenland verhindert werden können: Wäre Athen schon vor zwei Jahren, als die Krise begonnen hat, aus der Eurozone ausgeschieden und zur Drachme zurückgekehrt, hätten die Griechen mit der damit verbundenen Möglichkeit von Abwertungen die Chance gehabt, ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen.

Die Krise in Griechenland ist aber auch ein Beweis dafür, daß der Euro in seiner derzeitigen Form gescheitert ist. Es hat sich als unmöglich erwiesen – worauf Eurokritiker wie die Freiheitlichen von Anfang an verwiesen haben – Länder ohne Berücksichtgung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in einer Währungsunion zusammenzufassen. Und der Preis, den wir alle für das Versagen einer selbstherrlichen und realitätsfremden politischen Pseudo-Elite zu zahlen haben werden, wird sehr hoch sein. Österreich wird das Griechenland-Abenteuer wahrscheinlich rund zehn Milliarden Euro kosten, und der bekannte Wirtschaftsforscher Hans-Werner Sinn hält für die Bundesrepublik Deutschland wegen der übernommenen Haftungen, die nun schlagend werden könnten, sogar einen Betrag von einer Billion Euro für möglich.

Aufgrund des offenkundigen Scheiterns der Währungsunion werden die Versuche der Eurokraten , den dahingeschiedenen Patienten wiederzubeleben, nichts fruchten. Wenn Griechenland ein einmaliger Sonderfall bleiben soll, dann müssen endlich die rechtlichen Voraussetzungen für das Ausscheiden von Mitgliedern aus der Währungsunion geschaffen, oder noch besser, die Eurozone neu strukturiert werden.


Frontstaat Türkei

27. April 2012

Berichten zufolge erwägt die Türkei, mit militärischen Mitteln eine Pufferzone auf syrischem Gebiet zu schaffen. Dadurch sollen, so die Begründung, Grenzverletzungen durch die syrische Armee verhindert und Flüchtlinge besser geschützt werden. Eine andere Frage ist jedoch, ob die Türkei nicht auch plant, das Problem syrischer Flüchtlinge auf Europa abzuschieben. Die Massen an illegalen Zuwanderern, die über die türkisch-griechische Grenze in die Europäische Union kommen und die den mangelnden Willen der Türken zur Zusammenarbeit in dieser wichtigen Frage belegen, lassen jedenfalls nichts Gutes erahnen.
Ob nun aber rein verteidigungspolitische und humanitäre Motive für derlei Planungen ausschlaggebend sind, ist jedoch zu bezweifeln. Denn seit Jahren arbeitet Ankara daran, im Nahen Osten eine Einflußsphäre zu schaffen, die sich an den Grenzen des früheren Osmanischen Reichs orientiert sowie, sich als unverzichtbare Ordnungsmacht zu positionieren. Die drohende Verwicklung Ankaras in den syrischen Bürgerkrieg beweist aber auch, wie sehr die Türkei ein Frontstaat im Nahen Osten ist. Mit Grenzen zu Syrien, zum Irak sowie zum Iran läuft sie Gefahr, in den Strudel der unzähligen Konflikte in dieser Krisenregion hineingezogen zu werden. Denn egal, wie die Syrien-Krise endet: Ruhe wird im Nahen Osten nicht einkehren.
Das allein wäre für uns Europäer noch nicht so schlimm, allerdings ist die Türkei ein Beitrittskandidat und soll nach dem Willen maßgeblicher Kräfte so rasch wie möglich in die Europäische Union aufgenommen werden. Und sollte Ankara eines Tages Mitglied sein, würde damit die Europäische Union selbst zu so etwas wie einem Frontstaat werden. Weil dies nicht im europäischen Interesse liegen kann, sollten daher die Beitrittsverhandlungen mit Ankara abgebrochen werden.


Die Hysterie der Hilflosen

29. November 2011

Das, was in diesen Tagen an Vorschlägen zur Rettung des Euros öffentlich und medial geäußert wird, ist an Widersprüchlichkeit kaum zu überbieten: Die einen wollen „Eurobonds“, die anderen „Elitebonds“. Die einen wollen, dass die EZB die Gelddruck-Maschine anwirft, die anderen wollen einen eisernen Sparkurs. Die einen wollen Griechenland aus der Eurozone werfen, die Dritten wollen diese Eurozone in ihrer heutigen Form um jeden Preis erhalten. Deutschlands Finanzminister Schäuble brachte es auf den Punkt, als er sagte: „Wenn sie einen Idee haben, auf den Tisch!“

Die Rat- und Hilflosigkeit bei den Wirtschaft- und Finanzgewaltigen in der Eurozone ist nämlich unübersehbar. Von den eigentlichen Spitzen der EU, vom Ratspräsident van Rompuy, von Kommissionspräsidenten Barroso und dem aktuellen Regierungschef des vorsitzenden Landes Polen, hört man dabei wenig oder nur Unerhebliches. Wie etwa Barrosos ständige Leier, den Ruf nach Eurobonds nämlich. Die Einzigen, die in der Staatsschuldenkrise der Eurozone offenbar gestaltend und auch bestimmend agieren, sind Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel. Obwohl beide mehr oder minder akut – so wie im übrigen nahezu auch alle anderen EU-Regierungschefs – von der Abwahl bedroht sind, erwecken sie als einzige Spitzenpolitiker in Europa den Eindruck, als würden sie an der Erarbeitung einer Zukunftskonzeption werken.

Dabei gehen die Vorstellungen der beiden Spitzenpolitiker offenbar diametral auseinander. Der Franzose will die Geldschöpfung der EZB entsprechend erhöhen, um den Bedarf der Schuldenländer decken zu können. Die Deutsche will einen eisernen Sparkurs durchdrücken. Französischer Monetarismus also, gegen deutsches Stabilitätsdenken. Und beides birgt Gefahren in sich. Das Anwerfen der Euronoten-Druckmaschine dürfte zweifellos die Inflation anheizen und wer weiß, ob diese dann nicht aus dem Ruder läuft. Und die deutsche Sparpolitik könnte jedes Wirtschaftswachstum abwürgen und das schon im Ansatz.

So wird es in der Praxis also wohl ein Kompromiss zwischen den beiden Konzeptionen werden: Merkel und Sarkozy dürften entsprechende Vertragsänderungen vorschlagen, wonach die Staatshaushalte von einer mit mehr Befugnissen ausgestatteten Kommission überprüft werden müssen. Der Stabilitätspakt der Zukunft soll damit auch tatsächlich durchsetzbar werden. Und gleichzeitig wird die Europäische Zentralbank größere Möglichkeiten erhalten, Staatsanleihen und ähnliches aufzukaufen, wenn nicht gar doch noch irgendwann die Eurobonds kommen, vielleicht in abgespeckter Form.

Vorläufig aber herrscht noch die Hysterie der Hilflosen. Und keiner weiß, ob die Rettung gelingen wird, oder der Euro doch noch zusammenbricht.


Gute Europäer ohne Euro

17. Oktober 2011

Es galt vor einem Jahrzehnt gewissermaßen als hohe Ehre, in die Eurozone eintreten zu dürfen. Nur wer die harten Maastricht Kriterien erfüllte, wer seine Staatsschulden im Griff hatte, sein Budget in Ordnung zu bringen vermochte, durfte in den privilegierten Kreis der Euro-Inhaber. Die Europäische Zentralbank sollte in der Nachfolge der Deutschen Bank zum Gralshüter der Hartwährungspolitik werden und Maastricht-Sündern drohten harte Strafen. Selbst Eurokritiker wie etwa die österreichischen Freiheitlichen vernahmen dann mit kaum verhohlenem Stolz, dass der Euro drauf und dran gewesen sei, den US-Dollar als Welt-Leitwährung abzulösen.

Jetzt stehen die Dinge anders. Ständig wird man mit der Frage konfrontiert, ob der Euro noch zu retten ist, wann die Euro-Zone zusammenbricht und ob es irgendwelche Wege gibt, aus der Krise wieder heil heraus zu kommen. Jene Länder, die bei der Euro-Einführung abgewinkt hatten, etwa die Briten mit ihrem Pfund oder die Skandinavier, sie dürften sich insgeheim ins Fäustchen lachen, haben sie doch nach wie vor die Hoheit über ihre eigene Währung und gelten dennoch als hervorragende Europäer. Und jene EU-Mitgliedsstaaten im Osten des Kontinents die zu Beginn ihrer Mitgliedschaft sehnsüchtig nach dem Euro geschielt haben, sie winken gegenwärtig dankend ab wenn es darum geht, recht bald Mitglied der Eurozone zu werden. Ja sogar die Kroaten, die wohl in einem Jahr EU-Mitglied werden dürften und deren Währung bereits seit längerem so wie einst an die D-Mark nunmehr an den Euro gekoppelt ist, werden sich hüten, für sich selbst die europäische Gemeinschaftswährung zu wünschen.

Angesichts dieser Fakten muss man die Fragen stellen, was denn so schlimm wäre, wenn das eine oder andere Land nicht mehr Mitglied der Eurozone sein könnte. Der nunmehr von allen Seiten als mehr oder weniger unvermeidlich angesehene massive Schuldenschnitt für Griechenland allein wird nämlich das Problem nicht lösen. Nur ein gleichzeitiger Austritt aus der Eurozone und die Rückkehr zu Drachmen könnte den Hellenen helfen. Aber nein, so heißt es aus Brüssel, dann wäre die Gefahr eines Dominoeffekts zu groß und die EU bräche womöglich wirklich auseinander. Wenn die Dänen und die Schweden gute Europäer sein können ohne Euro, warum nicht auch die Griechen, warum nicht auch die Portugiesen? Und wenn man konsequent weiterdenkt, warum nicht auch Italiener, Spanier und – ja sogar – die Franzosen?

Wer glaubt mit der Erweiterung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und mit einem Haircut für Griechenland würde die Krise enden, der irrt nämlich gewaltig. Man muss nur die Nachrichten aus der Finanzwelt verfolgen. In den letzten Tagen wurde Italien weiter herab gestuft, Spanien, Portugal sowieso und nunmehr sogar französische Banken. Ihre Kreditwürdigkeit wird eben laufend geringer und man darf dafür nicht die ach so bösen Ratingagenturen aus den Vereinigten Staaten verantwortlich machen. Es war schon die mehr als leichtfertige Schuldenpolitik der besagten Länder, die dazu führte. Und nun werden sie eben auch einen Preis dafür zahlen müssen, dass sie allzu lange Jahre auf Pump gelebt haben.

Andererseits könnte man darüber nachdenken, ob es nicht einen umgekehrten Weg gäbe: Wenn die Schuldenländer nicht aus der Eurozone austreten wollen oder dürfen, warum treten dann nicht die wirtschaftlich einigermaßen gesunden Länder die in der Lage sind, eine harte Währung volkswirtschaftlich mitzutragen aus der Eurozone aus? Sollen Griechen, Portugiesen, Spanier, Italiener, Franzosen und Iren den Euro behalten, wenn Deutschland, die Niederlande, Finnland und Österreich sich daraus zurückziehen könnten, um einen gemeinsamen kerneuropäischen Hartwährungsverbund zu bilden. Damit könnten sie ihre Bonität erhalten und wären ihrerseits auch währungs- und finanzpolitisch in der Lage europäische Solidarität zu üben, um den südeuropäischen Euroländern Hilfe zu gewähren.

Wenn sie hingegen selbst in der Eurozone bleiben und über einen aufgeblähten Stabilitätsmechanismus vervielfacht durch die sogenannte Hebelwirkung ständig Milliardenzahlungen zu leisten haben, könnte ihre Bonität selbst über kurz oder lang schwinden. Und damit ihre Fähigkeit zu helfen. Das Problem dabei ist natürlich das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland. Die Verbindung zwischen diesen beiden großen EU-Ländern ist ja der Kern der europäischen Integration, wenn diese Verbindung zerbricht ist diese Integration tatsächlich in ihrem Zentrum gefährdet. Nur wenn man sich mit dem Gedanken vertraut macht, dass die gemeinsame Währung nicht unbedingt das zentrale Wesenselement der europäischen Einigung sein muss, wird man diese Gefahr überwinden können. Das Beispiel jener Staaten, die nicht in der Eurozone sind und die dennoch als gute Europäer gelten, sollte uns da diesbezüglich Hoffnung geben.


Die Krise des Vertrauens

10. Oktober 2011

Die Krise ist da, weil alle an sie glauben. Griechenland wird Pleite gehen, weil alle daran glauben. Der Euro wird zerbrechen, weil alle daran glauben. Die Inflation wird kommen, weil alle daran glauben. Niemand glaubt den halbherzigen, widersprüchlichen Rezepten der agierenden Politiker, der Spitzenbankiers und der diversen Wirtschafts-Weisen. Sie alles wissen offenbar selbst nicht, wohin die Reise geht. Sie sind genauso ratlos wie der einfache Bürger. Und nirgends gibt es Institutionen, die Halt, die Sicherheit und Orientierung geben können: Nicht die Vereinten Nationen, nicht die Europäische Union, nicht das Weiße Haus in Washington, geschweige denn der Kreml, nicht die Kirche und nicht die politischen Parteien und schon gar nicht die Gewerkschaften.

So ist die gegenwärtige Krise nicht nur eine der Staatsschulden, der Banken, der Wirtschaft und der Finanzmärkte, nein, es ist eine Krise der Institutionen und diesbezüglich primär eine Vertrauenskrise.

Bleiben wir im eigenen Lande, bei uns im kleinen Österreich. Gibt es da überhaupt noch Institutionen, denen die Bürger trauen? Die katholische Kirche als moralische Instanz hat nicht erst seit den Missbrauchsskandalen der vergangenen Jahre abgewirtschaftet. Die allzu offensichtliche Feigheit der Kirchenfürsten vor dem angeblich ach so progressiven Zeitgeist hat das Vertrauen der Schäflein in ihre Hirten nachhaltig zerstört. Wenn – wie es in der Bibel heißt – die Lauen ausgespien werden, hat Österreichs katholische Geistlichkeit vom Kardinal bis zum letzten Dorfpfarrer gute Chancen, dazu zu gehören. Das steht außer Frage.

Und die etablierten politischen Parteien, sie die seit Jahrzehnten das Schicksal der Republik lenken, die früher ideologische Ersatzkirchen waren, einerseits mit der christlichen Soziallehre andererseits mit dem Austromarxismus gewissermaßen über Welterklärungsmodelle zu verfügen glaubten, diese politischen Parteien sind im noch viel höheren Maße moralisch bankrott. Nicht erst die Korruptionsskandale, die in der jüngsten Zeit aufgebrochen sind haben dies bewirkt, nein, es handelt sich um eine bereits langandauernde Entwicklung. Heute ist nur mehr das untere Mittelmaß an Persönlichkeiten in diesen Parteien vertreten. Inkompetenz, Entscheidungsschwäche und das völlige Fehlen von Visionen kennzeichnet die heutige Führung der politischen Parteien. Zwar muss man sagen, dass die Bevölkerung genau jene politischen Repräsentanten hat, die sie verdient, weil wählt, dennoch ist es eine Binsenweisheit, dass diesen politischen Vertretern niemand mehr das geringste Vertrauen entgegen bringt.

Und die Sozialpartner? Haben sie noch Gewicht und Vertrauen in der Bevölkerung? Kaum. Die Gewerkschaft hat nicht erst seit der Konsumpleite und dem BAWAG-Fiasko abgewirtschaftet, ihr Verlust an Mitgliedern ist dabei noch geringer als der Verlust an Vertrauen. Hemdsärmeliges Bonzen-Getue vermag da niemandem mehr soziale Kompetenz zu vermitteln. Und das Gegenüber der Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Wirtschaftskammer und Industrie, gibt es hier Unternehmer mit Visionen, mit sozialer Kompetenz, Wirtschaftsführer, die das Land und seine Menschen mit Arbeitsplätzen versorgen und die ökonomischen Lebensgrundlagen für die Bevölkerung schaffen? Sicher ist, dass es auch in diesem Bereich keine Institution mehr gibt und auch keine wirklich hervorstechenden Persönlichkeiten, denen das Vertrauen der Bevölkerung gilt. Denen man zutraut, Wege aus der Krise in eine fruchtbringende Zukunft zu entwickeln.

Supranationale Organisationen, die einzelnen Staaten, die Kirchen, politische Parteien und Interessensverbände, sie alle haben in einem derart dramatischen Ausmaß an Vertrauen und Kompetenz verloren, dass ihnen zukunftsweisende Weichenstellungen nicht mehr zugetraut werden. Diese Krise des Vertrauens vor der wir stehen ist insgesamt eine Krise der sozialen und politischen Orientierung. Der Zusammenbruch eines Währungssystems oder der von einzelnen Banken ist angesichts dieser Krise gerade harmlos. Wohin diese krisenhafte Entwicklung führen wird, in ein Zeitalter des Chaos etwa, wir wissen es nicht. Vielleicht auch zu neuen Aufbrüchen und neuen Möglichkeiten. Was weiß man.