Nun haben wir also einen wesentlichen Bereich des heurigen Gedenkjahres hinter uns gebracht. Dabei war es im Hinblick auf den Sturz des Hitlerregimes und das Kriegsende gar kein rundes Jubiläum – 73 Jahre ist es her – aber es war doch von besonderer Bedeutung, weil der 8. Mai erstmals im Zeichen der türkis–blauen Bundesregierung begangen wurde.
Während das bisherige Parteienestablishments der Zweiten Republik sich bekanntlich zunehmend als „Mitsieger von 1945“ fühlt, hat man dem Dritten Lager im Lande seit Jahrzehnten so etwas wie die Rolle der Ex-Offo-Verteidiger der „Besiegten von 1945“ zugeordnet. Als solche hatten und haben sie sich gewissermaßen als Erbfolger des NS-Regimes an den Pranger stellen zu lassen und allein schon, dass freiheitliche Parteienvertreter – und sei es auch in Regierungsfunktion – bei den Befreiungsfeiern auch als Gäste auftreten könnten, wird angeblich von den Überlebenden bereits als Demütigung empfunden.
Nun konnte diese Haltung im Hinblick auf die von der Bundesregierung selbst organisierten Feierlichkeiten nicht völlig durchgezogen werden, da durfte sich auch der freiheitliche Vizekanzler äußern und klarlegen, dass man sehr wohl auch von freiheitlicher Seite mit den Opfern des Nationalsozialismus trauere, die Trauer aber um die eigenen Opfer der Jahre zwischen 1938 und 1945, die Trauer um die Gefallenen, die Kriegsgefangen, die Ausgebombten, die Vertriebenen, die vergewaltigten Frauen wurde von offizieller Seite kaum angesprochen.
Es blieb dem alten weisen Maler und Liedermacher Arik Brauer, einem jüdischen Überlebenden, vorbehalten, auch diese Opfer anzusprechen. Er war es, der als Einziger klar erklärte, dass die ganz gewöhnlichen Österreicher, eben jene, deren Väter und Söhne gefallen waren oder schwer verletzt waren, die ausgebombt waren, die in Gefangenschaft saßen oder vertrieben worden waren, keine große Euphorie empfinden konnten angesichts der Befreiung in den Frühlingstagen 1945, sondern weitgehend dachten: „Jetzt haben wir den Krieg verloren, jetzt haben wir den Scherben auf“ (O-Ton Arik Brauer).
Natürlich ist Arik Brauer alles andere als ein FPÖ-Sympathisant, er ist aber ein Mensch (im Gegensatz zu den vielen Gutmenschen). Ein Mensch, der in der Lage ist, auch dem Vizekanzler die Hand zu reichen, ein Mensch, der selbst natürlich den
8. Mai 1945 als Befreiung empfunden hatte, der aber Verständnis für andere aufbringen kann und der heute für Versöhnung und gegen die Spaltung des Landes argumentiert.
Ganz anders die gerade in diesen Tagen so lautstarken Gutmenschen etwa – der Staatskünstler Köhlmeier, der im heuchlerisch sanften Ton eines Großinquisitors den Freiheitlichen vor versammelter Staatsspitze jeglichen guten Willen und das pauschal absprach. Er ist von einer kompromisslosen Unversöhnlichkeit, die ihresgleichen sucht. In den freiheitlichen Reihen aber durfte sich so etwas wie eine gewisse Ratlosigkeit breit machen. Nach dem Motto: Was soll man denn noch alles tun, wie oft soll man sein Bedauern und die Distanzierung noch ausdrücken, wie oft soll Strache noch nach Israel pilgern, wie oft muss er in Yad Vashem Kränze niederlegen und wie viele Förderungsmillionen soll man noch mit bewilligen, um den Willen der Versöhnung nicht nur von der eigenen Seite zu demonstrieren, sondern ihn auch auf der Seite der Gutmenschen-Fraktion zu wecken?