Bundeskanzler Kurz war dieser Tage in Israel. Vertreter seines Koalitionspartners, der FPÖ, waren ausdrücklich nicht erwünscht. Nachdem diese Bundesregierung ein Kollegialorgan ist, ist der Ausschluss des einen Partners schon ein solider Affront. Ein Affront, den die Regierung hinnimmt, der freiheitliche Teil wohl eher zähneknirschend.
Die Gespräche des jungen Bundeskanzlers in Jerusalem, insbesondere jene mit jüdischen Altösterreichern, fanden in freundlicher Atmosphäre statt. Weise alte Menschen neigen eben dazu, versöhnlich zu sein. Und auch auf der offiziellen hochpolitischen Ebene im Gespräch mit Israels Regierungschef Netanjahu waren die Differenzen geringfügig. Einzig der Ausstieg aus dem Iranabkommen sorgte für Differenzen. Das österreichische Versprechen, eine Million Euro für die Errichtung eines weiteren Archivs zur Erforschung des Holocaust zu spenden, stieß sicher auch auf Wohlgefallen.
Misstöne gab es allerdings auch: Wie etwa jene, für die die junge Wiener Jüdin Deborah Hartmann sorgte, die als Führerin durch Yad Vashem fungierte. Sie missbrauchte ihre Funktion dazu, den Bundeskanzler damit zu konfrontieren, dass es ein Unding sei, dass es in der mitregierenden FPÖ noch immer „Politiker wie Andreas Mölzer gebe, denen man erklären müsse, welche Katastrophe die Shoa“ gewesen sei. Und es blieb dem offenbar mitreisenden „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak vorbehalten, diese Attacke in seinem Blatt solcherart zu erklären, dass es Mölzer bei einer jüngsten TV-Debatte („Im Zentrum“) gewagt habe, dem jüdischen Literaten Doron Rabinovici „zynisch zu kontern“, als dieser erklärte, dass es Nachkommen von Holocaust-Opfern gestattet sein müsse, das Gedenken an ihre ermordeten Vorfahren ausschließlich mit jenen zu begehen, die sie sich wünschen.
In Wahrheit bezog sich die besagte TV-Debatte auf die Nichteinladung der freiheitlichen Regierungspartei zu Gedenkfeiern in Mauthausen, wobei Rabinovici gemeint habe, er würde sich schon gerne aussuchen, mit wem er etwa im Baltikum, wo Mitglieder seiner Familie zu Tode gekommen seien, trauern würde. Und dazu würden FPÖ-Politiker mit Sicherheit nicht gehören. Worauf Mölzer gemeint habe, er habe dafür Verständnis: Er selbst würde auch keinen Wert legen, am Grab seiner verstorbenen Eltern gemeinsam mit Leuten wie Herrn Rabinovici zu trauern. Dieser Hinweis Mölzers, dass Trauer um Verstorbene – ganz gleich aus welchem Volke – von gleicher Würde sein müsse und dass man auch die Trauer um die Opfer der ganz gewöhnlichen autochthonen österreichischen Bevölkerung respektieren müsse, genauso wie sie demonstrativ und vielfältigst für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus von allen Seiten aus Anlass des Gedenkjahres bekundet wird, dieser Hinweis war für den „Presse“-Chefredakteur ein „zynischer Konter“. Soweit, so seltsam …
Dieser eigentlich nebensächliche Vorfall beim Israel-Besuch zeigt allerdings wie die immer wieder demonstrierte Wohlmeinung des freiheitlichen Regierungspartners im Hinblick auf die jüdische Gemeinde in Österreich und auf den Staat Israel missachtet wird. Bundeskanzler Kurz hat im Vorfeld des Besuches noch gemeint, dass es nunmehr in Österreich die wohl Israelfreundlichste Regierung der Geschichte gäbe.
Die neuerliche Millionenspende für das Archiv in Israel selbst, die Errichtung einer zusätzliche Gedenkmauer für die 66.000 jüdischen Opfer des Holocaust beweisen dies wohl deutlich. Ebenso wie die zahlreichen publizistischen Bekundungen des attackierten Andreas Mölzer im Hinblick auf die österreichische und insgesamt deutsche Verantwortung für den Holocaust als singuläres Menschheitsverbrechen. Da dürfte sich auf der freiheitlichen Seite so etwas wie eine gewisse Ratlosigkeit breit machen. Traurig eigentlich…
Immer wieder Öl ins Feuer gießen
14. Juni 2018Die Türkei ist kein Teil Europas und will es auch nicht werden
11. November 2011Bei meinem zu Ende gehenden Türkei-Besuch im Rahmen einer Delegation des außenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlaments hat sich gezeigt, dass die Türkei kein Teil Europas sei und es auch nicht werden will. Ankara verspricht der Europäischen Union bereits seit Jahren umfassende Reformen, aber geschehen ist bislang herzlich wenig, wie ich mich persönlich überzeugen konnte. Gerade im Bereich der Meinungsfreiheit und der Rechte der ethnischen und religiösen Minderheiten wie der Kurden und der Christen liegt weiterhin vieles im Argen.
Zudem muss auf ein zweifelhaftes Verständnis türkischer Spitzenpolitiker für Demokratie und Menschenrechte aufmerksam gemacht werden, welches in diametralem Gegensatz zu europäischen Grundhaltungen steht. Missliebige Kritiker der türkischen Regierung, vor allem dann, wenn sie sich für die Recht der Kurden einsetzen, werden mit Gummiparagraphen im Strafgesetzbuch zum Schweigen gebracht. Außerdem fallen auch immer wieder Regierungskritiker, aber auch christliche Geistliche, Mordanschlägen zum Opfer.
In dieses Bild passten auch die ständigen Drohungen Ankaras, wenn nicht alles nach den türkischen Wünschen verlaufe. So hat Präsident Gül die Frage gestellt, ob die österreichischen Firmen den Profit, den sie zur Zeit erzielen, auch in Zukunft weiter haben können, wenn sie nicht mit der Türkei zusammenarbeiten. Diese Äußerung ist ein unverhüllter Erpressungsversucht und stellt einen Vorgeschmack auf das dar, was Europa droht, wenn Ankara dereinst Mitglied der Europäischen Union sein sollte.
Zudem habe ich bei Gesprächen mit Vertretern der türkischen Parlamentsparteien und der Zivilgesellschaft den Eindruck gewonnen, dass die Verfassungsreform nicht der Modernisierung der Türkei, sondern der Einzementierung der Diskriminierung der kurdischen Minderheit dient. Die willkürliche Verhaftung von Politikern der Kurdenpartei BDP, auch wenn sie vom Volk auf demokratische Weise in öffentliche Ämter gewählt wurden, steht an der Tagesordnung, und daran soll sich nach dem Willen der AKP-Regierung auch nichts ändern.
Es ist also in der türkischen Verfassung weiterhin der Begriff der „türkischen Nation“ maßgebend. Damit werden die Kurden, die mit bis zu zwanzig Millionen Menschen die größte Minderheit des Landes stellen, zu Bürgern zweiter Klasse gestempelt. Ein zeitgemäßer Minderheitenschutz, der europäischen Maßstäben entspricht, sieht anders aus. Aber das scheint der EU, die sich den Schutz von Minderheiten auf ihre Fahnen geheftet hat, völlig egal zu sein.
Auch wäre im Falle einer türkischen EU-Mitgliedschaft wegen der damit verbundenen Niederlassungsfreiheit mit einer Zunahme der Massenzuwanderung aus Kleinasien zu rechnen. Und das, obwohl bereits heute Millionen Türken in Europa leben, oftmals unwillig sind, sich in die Leitkultur ihres jeweiligen Gastlandes zu integrieren, und sich in vielen Städten in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich türkische Parallelgesellschaften gebildet haben.
Umso befremdlicher ist es daher, dass die türkische Staatsspitze, angefangen von Präsident Gül und Premier Erdogan, die Auslandstürken in ihrer Integrationsunwilligkeit auch noch bestärkten. So verlangte Gül im Frühjahr, dass türkische Zuwanderer auch der zweiten und dritten Generation die einstige Muttersprache ihrer Vorfahren lernen, und Premier Erdogan bezeichnet einmal Assimilierung und ein anderes Mal Deutschkurse als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Offenbar will die Türkei mit der Förderung der Integrationsunwilligkeit der Auslandstürken das erreichen, was seinerzeit der Hohen Pforte nicht gelungen ist, nämlich das europäische Abendland zu dominieren.
Wenn Premier Erdogan schon so gerne von Völkermord spricht, dann soll er lieber vor der eigenen Türe kehren. Bis heute weigert sich die Türkei, den Völkermord an rund eineinhalb Millionen christlichen Armeniern gegen Ende des Ersten Weltkriegs anzuerkennen, geschweige denn, sich dafür zu entschuldigen oder den Nachfahren der Genozid-Opfer Wiedergutmachung zu leisten. Wie diese sture und unmenschliche Haltung mit den vielgepriesenen europäischen Werten vereinbar sein soll, bleibt völlig unklar.
Es hat beinahe den Anschein, als sei Gewalt ein legitimes Mittel der türkischen Politik. Fast wöchentlich greift die türkische Luftwaffe kurdische Stellungen im Nordirak, also ein einem souveränen Nachbarstaat, an. Alleine schon diese Kriegslüsternheit müsste für Brüssel Grund genug für einen Abbruch der Beitrittsgespräche sein. Und sollte die Türkei eines Tages EU-Mitglied sein, dann läuft Europa Gefahr, in die kriegerischen Auseinandersetzungen des Nahen Ostens hineingezogen zu werden.
Ankara ist weder fähig noch willens, die Vorgaben Brüssels auch nur ansatzweise zu erfüllen. Darüber hinaus hätte ein EU-Beitritt der Türkei fatale Folgen für Europa, insbesondere in demographischer und finanzieller Hinsicht. Denn wäre dieses kleinasiatische Land bereits heute Teil der EU, dann hätte es Anspruch auf über 15 Milliarden Euro an Strukturförderungen, was mehr als ein Drittel der gesamten EU-Strukturförderungen wäre.
Allerdings ist die Türkei für Europa in vielerlei Hinsicht auch ein Partner und habe eine Brückenfunktion zur islamischen Welt. Deshalb sollten Brüssel und Ankara Verhandlungen über die Bildung einer Privilegierten Partnerschaft zu beginnen, die den Interessen beider Teile viel mehr entspräche als eine Mitgliedschaft Ankaras in der Europäischen Union.
…die im Dunkeln sieht man nicht
14. Februar 2011Revolutionen und wer – mutmaßlich – dahinter steht
Die Französische Revolution, die Urmutter aller europäischen Revolutionen, ist ein Ereignis über das es bis heute kein einheitliches Geschichtsbild gibt. Den einen ist sie der Quell von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, den anderen der große Startschuss einer masonischen Weltverschwörung, die Gleichmacherei und das Ende des Göttlichen eingeleitet hat. Wer dahinter steht, ob es wirklich eine großangelegte Konspiration der Freimaurerlogen war, welche diese Revolution auslöste und steuerte, oder ob es eben bloß die in den Massenmord abgleitende Revolte des Dritten Stands gegen das alte französische Feudalsystem war? Was weiß man. Man kennt die Akteure, Danton, Maret etwa oder Robespierre. Wir wissen vom Treiben der Jakobiner und vom Terror des Wohlfahrtsausschusses. Wir kennen die Berichte über die Mordlust des Mobs und dessen Begeisterung über die Effizienz der Tötungsmaschine des Doktor Guillotine. In welchen Zirkeln aber diese Revolution im Geheimen konzipiert wurde, das können wir uns nur aus der Lektüre der Romane von Alexandre Dumas ausmalen. Aber nehmen wir einmal getrost an, es wären die Freimaurerlogen gewesen. Dann haben wir zumindest eine greifbare Kraft als Motor der revolutionären Veränderung, als Triebfeder für die Abschaffung des Christentums, des Feudalsystems, des Adels und der Monarchie und für die Ausrottung der gesamten aristokratischen Oberschicht und aller kritischen Geister.
Schreiten wir voran in der europäischen Geschichte: Sechs Jahrzehnte später bringt das Sturmjahr 1848 Revolutionen quer durch Europa. Ausgehend von Frankreich, übergreifend auf Italien, auch auf Deutschland zwischen Berlin und Wien. Eine Revolution zwar, der die mörderische Energie der Pariser Ereignisse ein Menschenalter zuvor fehlt, die aber dafür klar an einem Stand, am Bürgertum eben, festzumachen ist. Eine Revolution, die geradezu bieder Verfassungsstaat, Republik und Rechtsstaat zum Ziel erkoren hat. Wir können in Hinblick auf 1848 den einmaligen Vorzug genießen, den politischen Umsturz am Beispiel des eigenen Landes analysieren zu können: Also fragen wir uns: Wer stand hinter den Wiener Ereignissen des Frühjahrs 1848? Gewiss, auch in unserem Fall kennen wir die Akteure, wir kennen die Köpfe der akademischen Legion, wir wissen um das Wirken Erzherzog Johanns als Reichsverweser in der Frankfurter Paulskirche und das der verschiedenen Paulskirchen-Abgeordneten. Wir wissen, was Adolf Fischhof bewirkte und Wenzel Messerhauser. Wir kennen die Geschichte um die Füsilierung Robert Blums und viele andere Details.
Wer aber stand hinter den Ereignissen, wer war die treibende Kraft. Waren es wirklich jene aus Deutschland nach und nach eingesickerten Krypto-Burschenschaftler die sich dann – idealistische Jünglinge – in der Wiener Akademischen Legion sammelten? War es insgesamt jene politische Bewegung, die aus der Ur-Burschenschaft hervor wuchs, kenntlich gemacht beim Hambacher Fest und dem Frankfurter Wachensturm, die hinter der deutschen bürgerlichen Revolution standen? Waren es die sogenannten Demagogen, jene romantischen und idealistischen Professoren, die an den deutschen Hochschulen über Freiheit und Einheit philosophierten, inspiriert von Herder, Fichte und Arndt, die die Väter der 48-er Revolution waren? Wir können es nur vermuten, bzw. im geistesgeschichtlichen Bereich Kausalitäten herausarbeiten. Eine Verschwörung im eigentlichen organisatorischen Sinne wird man dabei wohl kaum nachweisen können.
Doch schreiten wir weiter in der europäischen Geschichte voran: In die Jahre 1917 bis 1919, also rund um das Ende des Ersten Weltkrieges, als nach dem Zusammenbruch der europäischen Kaiserreiche die roten Revolutionen ausbrachen. Nach den Theorien von Marx und Engels hätte die kommunistische Revolution bekanntlich in Deutschland stattfinden müssen oder in einem anderen hochindustrialisierten europäischen Land, in dem der Kapitalismus sich durch das zwangsläufige Anwachsen des Proletariats selbst auszuhebeln gehabt hätte. Stattgefunden hat die kommunistische Revolution im eigentlichen Sinne allerdings dann im zaristischen Russland, das ein unterentwickelter, feudaler Agrarstaat war. Die relativ gemäßigten Menschewiki wurden nach der ersten Phase der Revolution von den radikalen Bolschewiki des Wladimir Uljanow / Lenin hinweggefegt. Und es war zweifelsfrei die deutsche Heeresleitung unter Ludendorff und Hindenburg, welche Lenin mittels Reichsbahn im plombierten Wagon von der Schweiz quer durch Deutschland nach St. Petersburg schaffte.
Deswegen ist allerdings noch niemand auf die Idee gekommen, die russische Oktoberrevolution auf eine Verschwörung des preußisch-deutschen Generalstabs zurückzuführen. Dafür aber wurde und wird im einschlägigen Kreise der Verschwörungstheoretiker viel von den Weisen von Zion gemunkelt und vom zweifellos vorhandenen starken jüdischen Anteil an der Oktoberrevolution. Man denke nur an Trotzky, der zuvor unter seinem bürgerlichen Namen Bronstein sein Exil in den Wiener Kaffeehäusern verbrachte. Es mag nun NS-Argumentation sein, wonach die bolschewistische Revolution eine jüdische gewesen sei und daher die sogenannte nationale Revolution in Deutschland sich zentral auch gegen das Judentum zu richten habe, bis hin zum industriell organisierten Genozid am europäischen Judentum. Realität ist jedenfalls, dass rote Revolutionsherde, die dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution nacheiferten, sei es nun jener in Budapest des Béla Kun oder jener in München der Räte-Republikaner um Kurt Eisler, auch in einem gewissen Maße jüdische Mitstreiter zu verzeichnen hatten. Was wiederum die Obsessionen der nationalen Revolutionäre, genährt durch den quer durch Europa zur psychischen Massenseuche gewordenen Antisemitismus, stärkte. Obskure Machwerke wie die legendären „Protokolle der Weisen von Zion“ schufen jedenfalls vermeintliche Realitäten, welche in den Köpfen der Veränderungsverlierer nach dem Ende des Ersten Weltkriegs das manichäische Weltbild der durch eine jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung bedrohten europäische Völker schuf.
Doch auch die nationale Revolution, im Wesentlichen der Aufstand der geschlagenen Offiziere und der absteigenden Eliten des alten Regimes, verkörpert in den Freicorps und anderen Heimkehrer-Verbänden, hat angeblich Hintergründe, über die man nur mutmaßen kann. Wer oder was war denn jene Thule-Gesellschaft, die angeblich hinter der Gründung der Hitler-Partei stand? Waren die altösterreichischen Kirchenväter des Hitler‘schen Antisemitismus, etwa ein Lanz von Liebenfels wirklich nur Narren und Obskuranten, oder gab es ein konspiratives Netzwerk, welches später den Aufstieg des Nationalsozialismus und den sektoiden Hintergrund von Himmlers Schutzstaffel bestimmte? Auch in diesem Falle gibt es ebenso viele Verschwörungstheorien wie mehr oder minder stichhaltige Mutmaßungen.
Doch weiter im Verlauf der europäischen Geschichte. Ein Menschenalter nach den Ereignissen von 1917 fegt eine Revolution den Kommunismus quer durch Osteuropa hinweg. Der osteuropäische Völkerfrühling des Jahres 1989 lässt den real existierenden Sozialismus des Sowjetregimes zusammenbrechen. „Wir sind das Volk“ skandieren die demonstrierenden DDR-Bürger zuerst, um schließlich in den Ruf „wir sind ein Volk“ überzugehen. Und die Völker sind es zwischen Baltikum und Balkan, die innerhalb weniger Monate den Warschauer Pakt zerbrechen lassen, aber auch die Sowjetunion. Polen, Esten, Letten und Litauer, Ukrainer, Tschechen und Slowaken, Ungarn, Rumänen, Bulgaren, sie alle demonstrieren für ihre nationale Identität und für ihre nationalstaatliche Souveränität. Doch wer stand dahinter?
Es heißt Ronald Reagans Strategie des Totrüstens der Sowjetunion durch einen gnadenlosen Rüstungswettlauf und Carol Woytilas moralische Unterstützung für die katholischen Polen seien der Ausgangspunkt für den Zusammenbruch des Sowjet-Kommunismus gewesen. Dennoch wäre es natürlich ein Unsinn davon zu sprechen, dass die osteuropäische Revolution von 1989 aufgrund einer US-kapitalistischen-katholischen Verschwörung zustande gekommen wäre. Es mag zwar sein, dass die polnische Solidarnosc-Bewegung von Papst Johannes Paul II inspiriert war. Und zweifelsohne dürften westliche Geheimdienste, allen voran der CIA, hinter den Kulissen der aufständischen osteuropäischen Metropolen manchen Faden gezogen haben. Insgesamt aber waren es zweifellos die Völker Osteuropas, deren spontane Erhebung durch den gleichzeitigen sozioökonomischen Zusammenbruch des Sowjetkommunismus Erfolg haben konnte. Wieweit Glasnost und Perestroika durch die konspirative Tätigkeit westlicher Geheimdienste, oder gar des sowjetischen KGB selbst möglich wurden, kann man nur vermuten. Einer, der heute nahezu ein Viertel-Jahrhundert danach vielleicht darüber Auskunft geben könnte, ist der gegenwärtige starke Mann Russlands Wladimir Putin als ehemaliger hochrangiger KGB-Offizier.
Doch nun zur aktuellen Revolution in der arabischen Welt – wenn es denn überhaupt zu einer solchen wird. Längst ist nämlich nicht gesagt, dass der tunesische Umsturz und die Dauer-Demonstrationen in Ägypten gegen Mubarak wirklich zu einem Flächenbrand in der arabischen Welt führen. Möglicherweise bleibt es bei einem revolutionären Aufflackern zwischen Riad und Damaskus, zwischen Algerien und dem Jemen. Ob die korrupten, zweifellos unfähigen, dafür aber klar westlich orientierten Monarchien auf der arabischen Halbinsel, in Jordanien oder in Marokko überleben, ist ungewiss. Vorläufig deutet nichts wirklich darauf hin, dass ihr Sturz unmittelbar bevorstünde. Und die sich selbst als revolutionär definierenden Regime in Syrien, in Libyen oder gar im Iran scheinen durchaus in der Lage zu sein, oppositionelle Bestrebungen bereits im Keim zu ersticken.
Doch widmen wir uns den Hintergründen dieser arabischen Revolten: Wer hat sie konzipiert, wer zieht die Fäden? Diesmal kann man weder irgendwelche Freimaurer, noch die Weisen von Zion, geschweige denn die Jesuiten oder westliche Geheimdienste verdächtigen. Den israelischen Mossad schon gar nicht, da speziell die ägyptischen Ereignisse diametral gegen die Interessen Israels laufen. Wenn es so etwas wie Drahtzieher hinter den arabischen Revolten gibt, dann ist es das Internet, Twitter und Facebook. Ironisch könnte man anmerken, dass es die Revolution des jüdischen US-Amerikaners Zuckerberg ist, der bekanntlich Facebook gegründet hat.
Bereits die oppositionellen Regungen der vergangenen Jahre im Iran konnten sich nur durch die neuen elektronischen Kommunikationswege entwickeln. Vollends scheint dies nunmehr in der arabischen Welt der Fall zu sein, wo trotz autoritärer Regime, trotz mangelnder Demokratie und des Fehlens einer freien Medienlandschaft die neuen Kommunikationstechniken über das Internet schlicht und einfach nicht verbietbar sind. Das könnte aber auch so etwas wie die Schwäche dieser arabischen Revolte sein: Das Internet mit Facebook und Twitter sind eben nur Medien ohne Inhalt und ohne Ideologie, ohne gesellschaftliches Substrat. Über sie kann man einen Aufstand vielleicht organisieren, sie bieten einem solchen aber weder ein politisches Ziel, noch eine inhaltlich-ideologische Ausrichtung.
Man wird sehen, ob Kräfte im Hintergrund, wie etwa die Moslembruderschaft in der Lage sein werden, sich der über das Internet organisierten Revolte für eigene revolutionäre Zwecke, zu bedienen. In Ägypten war es bisher ja nicht mehr als eine lang anhaltende Massendemonstration, die in erster Linie das alte Regime beseitigt wissen will und zum Abgang des Langzeit-Diktators führten. Und überaus vage von Demokratie, Freiheit und Wohlstand spricht. Dass dies weder so etwas wie eine bürgerliche Revolution, noch eine proletarische Revolution ist, nach der sich die entsprechende Klasse dann in den Besitz der Macht bringen könnte, weiß man. Ob es so etwas wie ein arabischer Völkerfrühling sein wird, der hier begonnen hat, eine Freiheitsbewegung für die arabische und dann vielleicht für die gesamte islamische Welt, bleibt abzuwarten. Möglich wäre es!
Totschweigen oder lächerlich machen
13. Dezember 2010FPÖ-Chef Heinz -Christian Strache war in Israel. Er hatte ein Einladung, traf sich mit verschiedenen Exponenten von Politik und Zivilgesellschaft, gab Stellungnahmen – eher maßvoll und ausgewogen – ab und unterzog sich auch dem Pflichtprogramm solcher Reisen, also dem Besuch der bekannten Holocaust-Gedenkstätte.
So weit, so wenig aufregend. Und dennoch schieden sich in den jüngsten Tagen die Geister an dieser Reise: Exponenten der israelitischen Kultusgemeinde sprachen vom „zynischen“ Versuch, sich einen „Persil-Schein“ zu holen. Ein Teil der etablierten „Mainstream-Medien“ versuchte das Ganze ins Lächerliche zu ziehen. Und der staateigene ORF aber auch Leitmedien wie das größte zeitgeistige Nachrichtenmagazin „Profil“ verschwiegen die Reise schlicht und einfach. Am rechten Narrensaum, der indessen ja weniger in der Realität als vielmehr im Internet seine Rest-Aktivitäten entfaltet, vernahm man die üblichen Verschwörungstheorien, wonach sich nunmehr auch der FPÖ-Chef „kaufen“ habe lassen oder zumindest „Demutsgesten“ gegenüber den „Weisen von Zion“ oder wem auch immer vollzogen habe. Und in den Couleurs des Wiener Parlaments hörte man hinter vorgehaltener Hand vom einen oder vom anderen Spitzenvertreter von Rot und Schwarz, dass das Ganze durchaus geschickt gewesen sei, weil man sich künftighin bei Verhandlungen um etwaige Regierungsbündnisse nach den nächsten Wahlen solcherart leichter tun könne.
Auf die Idee, dass der Oppositionsführer schlicht und einfach eine Einladung angenommen haben könnte, um sich vor Ort ein Bild über eine Seite des Nahost-Konflikts zu machen, kam offenbar niemand. Wenn er demnächst die andere Seite, etwa im Libanon oder auch im palästinensisch kontrollierten Teil Palästinas besuchen wird, um das Bild zu komplettieren, wird es vielleicht ein wenig deutlicher werden. Er wandle auf den Spuren Bruno Kreiskys, ließ der Parteichef selbst diesbezüglich verlauten und manch einer mag dabei gedacht haben, dass das vielleicht ein bisschen hoch gegriffen sein könnte. Kreisky war immerhin langjähriger Außenminister, einer der Chefverhandler für den Österreichischen Staatsvertrag und danach eben eine ganze Ära lang Bundeskanzler und Spitzenmann in der sozialistischen Internationale.
Und überdies war Kreisky Jude, was im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt und sein Eintreten für die palästinensisch-arabische Sache nicht ganz ohne Pikanterie gewesen ist. Da hat der freiheitliche Oppositionsführer gewiss noch einiges nachzuholen. Aber angesichts der außenpolitischen Schwäche der etablierten österreichischen Politik – WikiLeak lässt grüßen – muss man Straches Bemühen, auch außenpolitisch Akzente zu setzen, anerkennen. Als Oppositionspolitiker hat er naturgemäß auch eher zu oppositionellen politischen Kräften Kontakte: in Israel war es die Siedlerbewegung, in den USA wird es die Tea-Party-Bewegung sein und im Libanon vielleicht die Hisbollah. Was weiß man.
Häme, Schlechtmacherei und Totschweigen werden jedenfalls seitens der etablierten Medien und der regierenden politischen Kräfte nicht ausreichen, um den politischen Aufstieg von Heinz Christian Straches Freiheitlichen wirklich zu bremsen.
Wem gehört Israel?
9. Dezember 2010Was war es? Eine vorweihnachtliche Pilgerreise ins gelobte Land? Oder eine „Fact-Finding-Mission“ in Sachen Nahost-Konflikt? Ein Meinungsaustausch über den fundamentalistischen Islamisten-Terror? Oder gar die Demutsgeste eines bußfertigen Rechtspopulisten, den man in der Vergangenheit immer wieder unterschwellig auch des Antisemitismus bezichtigte?
Der Kurztrip von FPÖ-Chef HC Straches nach Israel sorgte jedenfalls für Irritation. Zuerst einmal in der heimischen Israelitischen Kultusgemeinde, wo deren Präsident Stock und Stein schwor – und das via Austria Presseagentur – dass in Israel kein Abgeordneter und kein offizieller Repräsentant des Staates mit dem österreichischen Oppositionsführer reden werde. Und der Generalsekretär der Kultusgemeinde legte noch nach, indem er den Besuch insgesamt als „zynisch“ abtat. Die politisch-korrekten Kommentatoren der linksgepolten Mainstream-Medien versuchten das Ganze eher lächerlich zu machen. Der ORF ignorierte die Reise.
Zuerst einmal muss man dem Präsidenten der Kultusgemeinde Wilhelm Buschs bekannten Spruch ins Stammbuch schreiben: „Dieses schloss er messerscharf / was nicht sein kann auch nicht sein darf“, da indessen bekannt ist, dass Strache sehr wohl vom Präsidenten der Knesset samt seiner Delegation offiziell begrüßt wurde und dass der FPÖ-Chef mit prominenten Vertretern der Regierungsparteien wie Likud und Schas zum Meinungsaustausch zusammentraf. Der Besuch einer israelischen Militärbasis am Gaza-Streifen, eine Debatte mit führenden rechten Intellektuellen Israels in der Akademie von Ashkelon und eine gemeinsame Rundreise mit den Spitzen der jüdischen Siedlerbewegung im Westjordanland rundeten ein Programm ab, durch das sich der FPÖ-Chef ein Bild über die aktuelle Situation in Palästina zu machen versuchte. Und natürlich wurde Strache von seinen Gastgebern auch in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geführt, wo er sich mit deutlich erkennbarer Erschütterung die Dokumentation über die Tragödie des europäischen Judentums zeigen ließ.
Das Ganze war natürlich begleitet von höflichen, ja überaus freundlichen Kommentaren der Besucher gegenüber ihren Gastgebern: Man verstehe die Ängste der Israelis in Ashkelon und Sderot, jenen Städten unmittelbar an der Grenze zum Gaza-Streifen, über den Beschuss mit immerhin nahezu 20.000 Raketen in den letzten acht Jahren durch die radikal-islamische Hamas. Und man sei beeindruckt von der Begeisterung, mit der die jüdischen Siedler in Samaria und Judäa das Land ihrer Vorväter urbar machten. Und natürlich teile man die Ablehnung des fundamentalistischen islamistischen Terrors, dem sich Israel ausgesetzt fühlt, da es solchen durch den Zuwanderungs-Islam bzw. dessen radikalste Exponenten ja nun auch in Europa gäbe.
Alles das, obwohl Österreichs Freiheitliche bekanntlich eine Partei ist, die sich in der Vergangenheit immer wieder und durchaus konsequent auch für die Rechte der Palästinenser eingesetzt hat und traditionell positive Beziehungen zur islamischen Welt pflegte. Und daran soll auch dieser Besuch des FPÖ-Chefs in Israel nichts ändern. Immer wieder betonte er auch dort vor Ort die traditionelle österreichische Neutralität und die Traditionen Bruno Kreiskys, denen er sich diesbezüglich verpflichtet fühle. Und auch in der in Israel verabschiedeten „Jerusalemer Erklärung“, die neben den FPÖ-Exponenten auch der Vlaams Belang und die Schwedendemokraten unterschrieben haben, wird neben dem unbestrittenen Existenzrecht des Staates Israel die Wahrung der Menschenrechte und der politischen Rechte der arabischen Bevölkerung in Palästina betont.
Was schließlich die Behauptung betrifft, Straches Besuch in Israel sei nichts weiter als eine Demutsgeste angesichts des jüdisch-israelischen Einflusses in der Welt, in Washington ebenso wie im europäischen Bereich, gewesen, so darf man schon fragen, ob es wirklich verboten sein muss, dass eine national-freiheitliche Bewegung wie die FPÖ eine Normalisierung ihres Verhältnisses gegenüber Israel und dem Judentum anstrebt.
Die österreichischen Freiheitlichen lassen sich eben nicht mehr in die Rolle des Ex-Offo-Verteidigers des Nationalsozialismus und des Antisemitismus treiben. Auch wenn dies ihre politischen Gegner und auch ihre Kritiker in der Kultusgemeinde offenbar nur allzu gerne hätten. Strache und seine Mitreisenden haben nicht erst in Israel einmal mehr betont, dass sie das Entsetzen über die seinerzeitige Vernichtung des europäischen Judentums mit allen anderen vernünftigen politischen Kräften teilen. Die mehrmalige und demonstrative Absage an jede Form von Totalitarismus, wie wir sie in der „Jerusalemer Erklärung“ vorfinden, musste also auch seitens der schärfsten FPÖ-Kritiker und Strache-Gegner akzeptiert werden.
Und auch den wirklichen Zweiflern aus den Reihen des nationalen Lagers in Österreich selbst sei gesagt: Strache ist nicht Gianfranco Fini! Auch wenn er den Ausgleich mit Israel und dem Judentum sucht wird er deshalb nicht, wie der Italiener, die eigene Gesinnung und die eigene Gesinnungsgemeinschaft verraten.
Und natürlich werden die freiheitlichen Außenpolitiker, an der Spitze der Parteichef selbst, sich über die aktuellen Konflikte im Nahen Osten auch von der Gegenseite informieren lassen und sich möglichst vor Ort ein unmittelbares Bild machen. Reisen in die arabische Welt, möglichst auch in den südlichen Libanon und in den Gaza-Streifen, werden sicher zum künftigen Programm gehören. Ein vernünftiger und ständiger Meinungsaustausch mit Israel allerdings dürfte künftighin institutionalisiert werden. Wie sagte Bismarck einst: „Nationen haben keine Freunde, sie haben Interessen.“ Und außer Zweifel steht, dass sowohl Israel als auch die Europäer ein gemeinsames Interesse haben, nämlich den Kampf gegen Islamisierung und islamistischen Terror. Jene, die bislang glaubten, das Monopol auf die Freundschaft mit Israel und den geistigen Austausch mit dem Judentum zu haben, sind nun womöglich beleidigt, dass auch die ach so bösen Rechtspopulisten ein Faktor in diesen Beziehungen geworden sind. Und jene politisch korrekten Kreise, die sich einen allzu offensichtlichen Philosemitismus und allzu kritiklose Israel-Unterstützung bislang wie einen Orden ans politische Revers gesteckt haben, werden natürlich ebenso eingeschnappt sein. Sie dürfen sich in ihrer Gewissheit, Israel gehöre ihnen und zwar ganz allein, empfindlich gestört fühlen.
Mit Verlaub – der Mann ist ein Arschloch!
22. November 2010Über den Witzbold Dirk Stermann
Da macht Herr Dirk Stermann, einer jener bizarren Berufs-Scherzbolde, die im ORF auf Steuerzahlerkosten ihr Unwesen treiben, einen ebenso primitiven wie geschmacklosen „Judenwitz“ und was tut er, wenn er deswegen medial zur Rede gestellt wird? Er erklärt im besten Stil des präpotenten Piefke, dass er das machen dürfe, er habe ja Freunde in Israel. Wenn allerdings ein Herr Mölzer das machen würde, wäre das untragbar.
Ganz abgesehen davon, dass der Herr Mölzer, wenn er Witze macht, intelligente macht, ist diese Verteidigung des Herrn Stermann nicht nur mies, sondern schlicht auch dämlich: der Humorist glaubt, seine Peinlichkeit mit der politisch-korrekten Attacke auf einen ach so bösen Rechtspopulisten entschuldigen zu können.
Spätestens seit Salcia Landmann wissen wir, wie geistreich jüdischer Witz sein kann. Herr Dirk Stermann hingegen hat uns nur einmal mehr klar gemacht, wie geschmacklos im Gegensatz dazu „Judenwitze“ zumeist sind und wie einfach gestrickt jener neudeutsche Humor der Besser-Wessis ist, mit dem man dank ORF seit Jahren auch in Österreich beglückt wird. Um mit Karl Kraus zu sprechen: Werft ihn raus aus der Stadt, den Schuft! Und mit Joschka Fischer fortzusetzen: Denn er ist, mit Verlaub, ein Arschloch.
EU hat bei Nahost-Friedensgesprächen als ehrlicher Makler aufzutreten
1. September 2010Im Rahmen des sogenannten Nahostquartetts muss die Europäische Union bei den heute in Washington beginnenden Friedengesprächen zwischen Israel und den Palästinensern als ehrlicher Makler auftreten. Auch wenn die Friedensgespräche wegen des Ausbaus jüdischer Siedlungen im Westjordanland unter keinem guten Stern stehen, muss die EU alles versuchen, um ein Scheitern dieser Friedensgespräche zu verhindern.
Das wird aber nur dann möglich sein, wenn sie die berechtigten Interessen beider Seiten berücksichtigt und anders als die USA nicht als Anwalt Israelis auftritt. Das Ziel der Friedensverhandlungen ist die Schaffung eines lebensfähigen Palästinenserstaates. Aber dieser wird nur dann entstehen können, wenn Israel den Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland nicht wieder aufnimmt. Denn der Bau jüdischer Siedlungen verstößt gegen das Völkerrecht und ist deshalb nicht hinnehmbar.
Andererseits kann die angestrebte Zweistaatenlösung nur dann erreicht werden, wenn auch die Palästinenser ihren Beitrag leisteten. Dazu zählt insbesondere die vorbehaltlose Anerkennung des Existenzrechts Israels sowie ein Ende der Gewalt gegen Israel bzw. Israelis. Denn mit Gewalt werden die Palästinenser ihre Eigenstaatlichkeit nicht erreichen können.
Schiffe mit Hilfsgütern für Gaza berührten nicht Israels Sicherheitsinteressen
31. Mai 2010Die Stürmung der sogenannten internationalen Solidaritätsflotte für Gaza durch das israelische Militär, bei der sechs Menschen ums Leben kamen, stellt einen Akt unverhältnismäßiger Gewalt dar. Auf den Schiffen befanden sich Hilfsgüter, darunter Rollstühle und medizinische Ausrüstung für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen, aber keine Waffen. Somit wurden Israels legitime Sicherheitsinteressen von dieser Hilfsaktion in keiner Weise berührt.
Israels internationalen Partnern, darunter der Europäischen Union, wird es nun schwerer fallen, sich für Israels Existenzrecht einzusetzen. Völkerrecht und Menschenrechte gelten auch für die Palästinenser, was Israel anzuerkennen hat. Daher ist die Blockade des Gazastreifens, unter der vor allem die palästinensische Zivilbevölkerung leidet, unzulässig.
Nach der Stürmung der internationalen Solidaritätsflotte, werden die Friedensbemühungen im Nahen Osten wohl einen weiteren Rückschlag erleiden. Wenn es zu einem dauerhaften Frieden mit den Palästinensern und zu einer Zweistaatenlösung kommen soll, dann wird auch Israel einen Beitrag leisten müssen. Und dazu zählen insbesondere ein Stopp des Siedlungsbaus im Westjordanland sowie ein Ende der Blockade des Gazastreifens.
Ziel muß ein atomwaffenfreier Naher und Mittlerer Osten sein
24. März 2010Unser Ziel muss ein atomwaffenfreier Naher und Mittlerer Osten sein. Dies kann man angesichts der jüngsten Warnungen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor einem nuklear bewaffneten Iran nur nochmals deutlich fetshalten. Die Existenzängste Israels sind verständlich, weil nach wie vor unklar ist, ob das iranische Atomprogramm – wie Teheran behauptet – ausschließlich friedlichen Zwecken dient.
Allerdings muss Israel eine Abrüstung im Nahen Osten genauso mittragen. Immerhin ist Israel seit langem schon eine Atommacht, die schätzungsweise 200 nukleare
Sprengköpfe in ihrem Arsenal hat. Zudem ist zu bedenken, daß Israel bislang nicht dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten ist.
Ein dauerhafter Friede im Nahen Osten ist nur dann zu erreichen, wenn eine Zweistaatenlösung verwirklicht werde. Hier wird es nicht nur darauf ankommen, daß die Palästinenser das Existenzrecht Israels anerkennen. Vielmehr müssen die Israelis den Bau und Ausbau jüdischer Siedlungen in Ostjerusalem und im Westjordanland, die einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen, unverzüglich einstellen.
Faschismuskeule gegen Blau
27. Mai 2009Der Bundespräsident, der Bundeskanzler, der Wiener Kardinal, der evangelische Landesbischof, sie alle haben sich in den letzten Tagen gegen die „Hetze der FPÖ“ im laufenden EU-Wahlkampf geäußert. Mit Sorge und tiefer Bekümmertheit, mit moralinsaurer Empörung und der entsprechenden Abscheu. Und natürlich war Herr Muzicant von der israelitischen Kultusgemeinde und Herr Schakfeh von der islamischen Gemeinde mit von der Partie: Wer „Abendland in Christenhand“ plakatiert, könne ja nur ein Antisemit und Rassist sein. Fehlt nur noch der Papst in Rom, der Dalai Lama und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, um die weltweite Riege der Bedenkenträger komplett zu machen: Eine geeinte Front gegen die blauen Hetzer.
Zynisch könnte man nun anmerken: Immer wenn alle gegen die Freiheitlichen waren – das wissen wir aus der Ära Haider – hatten diese in der Folge die schönsten Wahlergebnisse zu verzeichnen. Wenn die gehäufigte Empörung so groß ist, muss die Nervosität im Hintergrund ebenso groß sein. Das stimmt zweifellos, allerdings wollen wir die Vorhaltungen der FPÖ-Gegner an dieser Stelle doch ernst nehmen. Sehen wir uns also die Vorwürfe an, die man gegenüber den Freiheitlichen erhebt.
Strache habe das Kreuz für politische Zwecke missbraucht, als er bei einer Demonstration gegen die Errichtung eines Islamzentrums, mit von der Partie war. Dazu muss man sich die Frage stellen, ob das Kreuz als kulturelles und spirituelles Symbol wirklich nur Erzbischöfen, Kardinälen und anderen hohen geistlichen Würdenträgern vorbehalten ist? Oder ist es nicht vielmehr ein Zeichen für die ganze Christenheit, für jeden Christen? Gibt es nicht in jeder österreichischen guten Stube ein Kreuz im Herrgottswinkel über dem Esstisch? Bekommt nicht jedes Kleinkind zur Taufe ein Kettchen mit einem Kreuz geschenkt? Und warum sollte der Oppositionsführer dann nicht ein solches hochhalten, wenn es um die Bewahrung unserer christlichen Leitkultur gegenüber dem fortschreitenden Islam geht?
Zum zweiten: Das FPÖ Inserat in dem ein Veto gegen einen EU-Beitritt der Türkei und Israels versprochen wurde. Die Türkei ist so eine Sache, da sind indessen ja alle dagegen – zumindest vor der Wahl – aber im Hinblick auf Israel gäbe es doch nicht einmal einen Beitrittsantrag, ganz so als käme es darauf an. Die Debatte ob Israel EU-Mitglied werden kann oder nicht ist natürlich eine absolut reale, nicht umsonst singt Israel beim Eurovision Song Contest mit, nicht umsonst ist es bei den Fußballeuropameisterschaften dabei und nicht umsonst fordern zahlreiche Politiker immer wieder die EU-Mitgliedschaft des Landes. Zuletzt eben der amtierende Außenminister Lieberman, im Interview mit der Grazer Kleinen Zeitung. Aber warum muss die FPÖ Israel inserieren, warum nicht Marokko oder den Sudan? Na ganz einfach, die Türkei hat man inseriert, weil SPÖ Spitzenkandidat Swoboda vor kurzem noch gesagt hatte, man müsse die Türkei aufnehmen, weil man sie zur Sicherung der Nabucco-Pipeline brauche. Und als dann die ÖVP Heinz Strasser als Spitzenkandidat präsentierte, spuckte das ewige Gedächtnis des Internet natürlich sehr bald aus, dass dieser als Innenminister im Jahre 2004 eben für den EU-Beitritt Israels plädiert hatte. Ganz normale Zuspitzung also, wie sie in jedem Wahlkampf Gang und Gebe ist. Wo dabei die Hetze bleibt und der Rassismus und der Antisemitismus darf gefragt werden.
Indessen rätseln die Meinungsforscher, ob diese Erregung den Freiheitlichen nützt, sie bei ihrem Bestreben die eigene Wählerschaft für die EU-Wahl zu mobilisieren fördert, oder ob das Ganze womöglich doch schadet, indem es einen Teil der Wählerschaft auch verschreckt. Die ORF Sendung „Im Zentrum“ am vorigen Sonntag, dürfte indessen diesbezüglich für Klärung gesorgt haben. Nachdem der dort mitdiskutierende Salzburger Weihbischof Andreas Laun die Freiheitlichen klar verteidigte und die vereinte Front aus zeitgeistlinken Islamisten und Israel Lobbyisten in die Schranken wies, konkret die Journalistin Sibylle Hamann den Islamvertreter Al-Rawi und den Anti-Großmeister Doron Rabinovici, dürfte sich das Bild klären: Die Freiheitlichen könnten mit ihren Aussagen zur Bewahrung der christlichen Leitkultur des alten Abendlandes und mit ihrer Abwehrhaltung gegen die zunehmende Islamisierung des Landes durchaus den Nervus rerum dieses EU-Wahlkampfs gebrochen haben.
Eines steht jedenfalls fest, gesprochen wird in diesem Wahlkampf nur über die Freiheitliche Kampagne, über sonst nichts. Allenfalls noch die Widersprüchlichkeiten innerhalb der ÖVP-Kandidatenriege, aber sonst sind nur die Freiheitlichen und ihre Kampagne Thema. Wie es sich auswirkt werden wir in zehn Tagen wissen.