Ostern, das höchste Fest der Christenheit steht ins Haus. Und das Christentum, das sollte doch eine Religion des Friedens und der Nächstenliebe sein. Eine Religion, durch die die Menschen einander näherkommen und in der Lage sind, Frieden zu schließen.
Davon kann nun in unseren Tagen offenbar keine Rede sein. Am deutlichsten erkennen wie dies in der Ukraine, wo sich ethnisch, kulturell und sprachlich engst verwandte Brudervölker gegenüberstehen, die außerdem durch die orthodoxe Kirche miteinander verbunden sind.
Dort ist von Frieden oder von einem Waffenstillstand keine Rede.
Vielmehr hören wir ständig von neuen Offensiven und sich dramatisch steigernden Kampfhandlungen, vom Einsatz neuer westlicher Waffen auf der ukrainischen Seite und von Erfolgen der Privatarmee „Wagner“ auf der russischen Seite. Die Zerstörungen im Bereich des Frontverlaufes sind enorm, die Menschenopfer grauenhaft.
Und auch in den Ostertagen haben die Bellizisten, die Kriegshetzer, Hochkonjunktur. Der Herr im Kreml träumt nach wie vor vom „Endsieg“ und droht mit dem Einsatz von Atomwaffen. Sein Gegenüber in Kiew fordert ständig neue und noch tödlichere Waffen, und in der EU und im Pentagon ist niemals von Waffenstillstand und Friedensverhandlungen, dafür immer vom Sieg über Russland die Rede.
Friedensappelle verhallen ungehört. Als der Papst in Rom vor einiger Zeit einen Waffenstillstand forderte, wurde er gar verdächtigt, so etwas wie ein „Putinversteher“ zu sein. Und alle Stimmen in unseren Breiten, die einen Frieden verlangen, werden von den Mainstream-Medien verschwiegen oder verhöhnt. So zuletzt der Historiker Peter Brandt, Sohn des einstigen Bundeskanzler Willy Brandt. Dieser musste sich vom ukrainischen Außenminister wegen seiner Forderung nach Waffenstillstand und Friedensverhandlungen sogar beschimpfen lassen.
Aber auch im Bereich der österreichischen Innenpolitik scheint Unversöhnlichkeit angesagt zu sein. Im Führungsstreit in der heimischen Sozialdemokratie überschlagen sich die gegenseitigen Attacken. Die bevorstehende Mitgliederbefragung führt offenbar weniger zur Aussöhnung der einander gegenüberstehenden Parteien, als zur Zuspitzung der Konfrontation.
Und die gehässige Kritik der linken Reichshälfte, insbesondere der Kunstszene an der neuen Regierungskoalition zwischen Schwarz und Blau in Niederösterreich, will auch nicht verstummen. Man ist ganz offenbar nicht bereit, ein demokratisches Wahlergebnis zu akzeptieren.
Wie überhaupt die Emotionen gegenüber den politisch erstarkten Freiheitlichen und deren Parteichef Herbert Kickl von Hass und Vorverurteilung geprägt sind. Auch diesbezüglich gibt es keinerlei Osterfrieden.
So leben wir also gegenwärtig – sowohl in unserem kleinen österreichischen, als auch im internationalen Bereich – in einer friedlosen, zerrissenen Gesellschaft. Dies betrifft die Völkergemeinschaft und es betrifft unser Land. Autoritäten, die diese Spaltung der Gesellschaft und der Menschheit überwinden könnten, gibt es kaum.
Der Papst in Rom ist ein alter weißer Mann, auf den man kaum mehr hört. Die Vereinten Nationen sind eine ineffiziente Organisation, deren Sicherheitsrat gerade von Kiew infrage gestellt wird. An der Spitze der USA steht ein offensichtlich zunehmend seniler Greis und die Führung der Europäischen Union in Brüssel ist von Orientierungslosigkeit geprägt.
Die autoritären Führer in Moskau und in Peking, in Teheran und auch in Istanbul sind es auch nicht, die uns den Frieden bringen. Woher soll dieser also kommen? Gut haben es da nur gläubige Christen, weil deren Antwort lautet: von Jesus.
Kein Osterfrieden
6. April 2023Vom ewigen Un-Frieden
2. März 2023Gewalt und Krieg als anthropologische Konstante
Aus christlich-religiöser Sicht sind die Dinge relativ einfach: Gott hat den Menschen nach seinem Abbild erschaffen, als schön und gut. Und dann kam der Sündenfall, Adam konnte der Versuchung nicht widerstehen, aß vom Apfel der Erkenntnis und wurde aus dem Paradies vertrieben. Nun war er sterblich und musste um sein Überleben kämpfen. Und damit kamen eben der Kampf, die Gewalt, der Bruderzwist und letztlich der Krieg in die Welt.
Auch aus der Sicht der Evolutionstheorie ist die Angelegenheit nicht minder einfach: Der Mensch ist ein Raubtier, ernährt sich von pflanzlicher, aber auch tierischer Kost. Und diese Nahrung muss er sich erjagen. Und dabei geht es schlicht und einfach nicht ohne Gewalt. Und dabei kommt es natürlich auch mit seinesgleichen zu Konkurrenzkämpfen. Er jagt also nicht nur seine tierische Beute, er verjagt auch menschliche Mitbewerber. Er kämpft von Anbeginn seiner Existenz gegen Konkurrenten im Bereich der Fortpflanzung und im Bereich der Nahrungssuche. Dabei waren Knüppel, Steinbeil, schließlich Lanze und Pfeil sein primäres Handwerkszeug, in der Folge Maschinengewehr und Interkontinentalrakete.
Schwieriger wird die Angelegenheit allerdings, wenn man davon ausgeht, dass es so etwas wie „kulturelle Evolution“ gibt. Dabei stellt sich die Frage, ob der Mensch in der Lage ist, aus der Geschichte zu lernen und ob er schließlich das Prinzip, wonach der Mensch des Menschen Wolf sei – homo hominem lupus –, überwinden kann.
Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts musste man ja leider davon ausgehen, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Kriege der Menschheitsgeschichte steigerten sich nämlich bis hin zu zwei apokalyptischen Weltkriege. Doch bereits im Zeitalter des Kalten Kriegs glaubte man, gelernt zu haben, dass – vielleicht motiviert durch die nukleare Drohung der ultimativen Vernichtung der Menschheit – so etwas wie dauerhafter Frieden möglich sein müsse. Insbesondere nach dem Ende der Supermachtkonfrontation durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Pakts glaubte man, dass sich so etwas wie ewiger Frieden abzeichne, gestört nur durch lokale Konflikte, allenfalls Bürgerkriege und territorial begrenzte Grenzkämpfe.
Der Ukraine-Krieg zeigt uns indessen allerdings, dass dies nicht mehr als eine Illusion war. Der Rückfall in die Politik der militärischen Gewalt, der kriegerischen Grenzverschiebungen und des imperialistischen Anspruchsdenkens durch Russland macht uns deutlich, dass sich im menschlichen Verhalten, beziehungsweise in der interkontinentalen Politik nichts geändert hat. Abgesehen von den Kämpfen in der Ukraine und vom möglichen Ausgang derselben – ob nun Russland gewinnt oder das Regime in Kiew – wird sich danach zwangsläufig so etwas wie ein neuer Kalter Krieg, eine neue globale Frontstellung ergeben. Auf der einen Seite die Vereinigten Staaten von Amerika, die NATO und die Europäische Union, auf der anderen Seite Russland mit China im Hintergrund. Diese Frontstellung der Zukunft bedeutet alles andere als Frieden. Sie stellt allenfalls so etwas wie einen „eingefrorenen Krieg“ dar, und sicher keine Friedensordnung.
Ebenso wie kriegerische Auseinandersetzungen offenbar in der Menschheitsgeschichte zur unausrottbaren Tatsache gehören, ist Gewalt gegen den Mitmenschen im individuellen Bereich scheinbar so etwas wie eine anthropologische Konstante. Zwar hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in unseren Breiten so etwas wie eine Kultur der Gewaltlosigkeit durchgesetzt. Man schlägt seine Kinder nicht, physische Gewalt zwischen Ehepartnern wird nicht nur bestraft, sie ist auch zu einem gesellschaftlichen Tabu geworden. Und Wirtshausraufereien, wie die in früheren Tagen etwa im Alpenraum gang und gäbe waren, sind nicht einmal mehr als Folklore vorhanden.
Diese zunehmende Gewaltlosigkeit in den mitteleuropäischen Friedensgesellschaften wird allerdings durch die Zuwanderung testosterongesteuerter junger Männer aus Kriegs- und Krisengebieten und aus Gewaltkulturen konterkariert. Dies schlägt sich auch klar in der heimischen Kriminalstatistik nieder, wo die Gewaltverbrechen zu einem hohen Prozentsatz von jungen Männern mit Migrationshintergrund begangen werden und autochthone Österreicher kaum noch vorkommen. Dabei gibt es Schießereien allenfalls noch im Bereich der Bandenkriminalität, die häufigste spontane Tatwaffe ist auf ganz archaische Art und Weise das Messer.
Dies wird von der politisch korrekten Sozialwissenschaft und den Sozialarbeitern des heimischen Wohlfahrtsstaates natürlich entschuldigend mit der Traumatisierung dieser Menschen aufgrund der Krisen in ihren Herkunftsländern begründet. Dass etwa der Islam Gewaltanwendung gegenüber Andersdenkenden längst nicht in der Weise stigmatisiert, wie dies in unserer Kultur üblich ist, wird verdrängt. Und dass eben derselbe Islam Frauen als Menschen zweiter Kategorie betrachtet, gegen die Gewalt durchaus auch zulässig ist, ebenso.
Diesbezüglich scheint also im mitteleuropäischen Bereich so etwas wie „kulturelle Evolution“ in Richtung auf Gewaltlosigkeit stattzufinden. Die sogenannte „toxische Männlichkeit“ allerdings, jene Art von Aggression, die Männern gewissermaßen genetisch zu eigen ist, wird dadurch allerdings allenfalls unterdrückt und keineswegs ausgerottet. Da kann man Knaben im Vorschulalter vielleicht das spielerische Raufen austreiben und die Aggressionen junge Männer durch Leistungssport kanalisieren, das männliche Gewaltpotenzial bleibt dennoch vorhanden.
So wie man zwischenstaatliche Gewalt und kriegerische Willkürakte im Bereich der hohen Politik durch das Völkerrecht kanalisieren und möglichst unterbinden will, so gibt es natürlich den gesamtgesellschaftlichen Versuch zwischenmenschliche Gewalt im zivilen Leben zu stigmatisieren oder völlig zu verhindern. Dies gelingt im politischen Bereich auch immer wieder, die „Pax Romana“ des Augusteischen Zeitalters ist ebenso ein Beweis dafür, wie in der jüngeren Geschichte die Friedensordnung nach dem Wiener Kongress oder die „Pax Americana“ in den vergangenen Jahrzehnten.
Und natürlich entwickeln sich menschliche Gesellschaften auch immer wieder hin zu weitgehender Gewaltlosigkeit. Ein funktionierender Rechtsstaat und eine Zivilgesellschaft mit sozialer Gerechtigkeit, Konsens- und Dialogbereitschaft wird naturgemäß gewaltloser sein als eine Kasten-, Konflikt- und Ghettogesellschaft, wie sie sich in unseren Tagen durch die Massenzuwanderung abzeichnet. Gerade diese Massenzuwanderung ist es aber, die die kulturelle Evolution hin zu mehr Gewaltlosigkeit in unserer Gesellschaft beenden dürfte. Auch im Bereich der autochthonen Bewohner des Landes wird sich – schon aus Gründen der Notwehr – wieder ein höheres Maß an Gewaltbereitschaft breit machen.
Damit aber erweist sich, dass im Bereich der Machtpolitik die Geschichte längst nicht zu Ende ist. Der ewige Frieden bleibt eine Illusion, zwischenstaatliche Gewalt, vom diplomatischen Konflikt bis hin zum Angriffskrieg, bleiben Faktoren der internationalen Politik. Und was den Einzelmenschen und sein Verhalten in der Gesellschaft betrifft, dürfte Gewaltlosigkeit auch ein schöner Wunschtraum bleiben. Nicht nur dass Gewaltanwendung im Bereich der Kriminalität weiterhin bestehen wird, nein, auch im täglichen Verhalten des Durchschnittsmenschen wird sie weiter existieren. Ob stigmatisiert oder akzeptiert, Gewalt und tätliche Aggression bleiben so etwas wie eine anthropologische Konstante. Und die linken Träume von der Schaffung des „neuen Menschen“, gewaltfrei, aggressionslos und politisch korrekt haben sich längst als Sackgasse entpuppt, die nur in Entmenschlichung, Manipulation und Totalitarismus mündete.
Europas „Bloodlands“
6. Mai 2022Von Schlachtfeldern und Friedensregionen (Teil II)
Die „Bloodlands“ zwischen Baltikum und Schwarzen Meer – die Ukraine: Der amerikanische Historiker Timothy Snyder schilderte in seinem heftig diskutierten Buch „Bloodlands“ drei miteinander verknüpfte Geschichten, nämlich Stalins Terrorkampagnen, Hitlers Holocaust und den Hungerkrieg gegen die Kriegsgefangenen und die Zivilbevölkerung. Blutige Tragödien, die sich zur gleichen Zeit und am gleichen Ort, nämlich im Raum rund um die Ukraine zugetragen haben. Damit wirft er einen Blick auf diesen tragischen Teil der Geschichte des 20. Jahrhunderts, der zeigt, dass es dieses dritte zentrale Schlachtfeld zwischen Bug und Don, zwischen Baltikum und Karpaten war, in dem sich unsägliche Tragödien abspielten.
Natürlich gab es in diesem Raum auch im Laufe der Jahrhunderte vor den zwei Weltkriegen und vor unseren Tagen blutiges Völkerringen. Die Gründung des Reichs der Rus-Wikinger in Kiew und dann die Expansion des zaristischen Russlands seit Iwan dem Schrecklichen war mit gewaltigem Blutvergießen verbunden. Davor die Herrschaft der Mongolen, der Goldenen Horde, stellte ebenso eine blutrünstige Despotie dar. Auch die Kriegszüge des schwedischen Königs Karl XII. forderten zahlreiche Opfer.
Einen ersten Höhepunkt des kriegerischen Schlachtens stellt zweifellos der Napoleonische Russlandfeldzug aus dem Jahr 1812 dar. Die zaristische Strategie der verbrannten Erde, der Untergang der französischen Grande Armée und die Opfer der russischen Zivilbevölkerung und der Streitkräfte Kutusows deuteten bereits an, was ein Jahrhundert später in dieser Region stattfinden sollte: Im Ersten Weltkrieg war die Ostfront zwischen dem Ostseestrand und den Karpaten gekennzeichnet von beispiellosen Menschenmorden.
Allein die k. u. k. Armee verlor in Galizien, das heute bekanntlich zur Ukraine gehört, in den ersten Kriegsmonaten im Herbst des Jahres 1914 mehr als eine Million Soldaten. Und die Russen trieben die zum Teil schlecht ausgebildeten und schlecht bewaffneten Muschiks in den Schlachten gegen die preußisch-deutschen Armeen im Norden und im Karpatenbereich gegen die habsburgischen Truppen gnadenlos an die Front. Menschenopfer zählten nur wenig. Bis zum Ende des Zarenreichs und bis zum Frieden von Brest-Litowsk Anfang März 1918 fielen Millionen Soldaten, Russen, Österreicher und Deutsche auf dem Territorium dieser „Bloodlands“. Und der darauffolgende Bürgerkrieg zwischen roten und weißen Einheiten in den frühen Jahren der Sowjetunion forderte weitere zahllose Opfer.
Doch damit nicht genug, forderte Stalins „Holodomor“ insbesondere in der ukrainischen Sowjetrepublik Millionen Todesopfer. Die vom sowjetischen Diktator mutmaßlich willentlich verursachte Hungernot und die politischen Säuberungen und die Maßnahmen gegen die Kulaken verursachten insgesamt wohl an die 30 Millionen Tote.
Das solcherart geschundene Land, vergrößert durch Ostpolen, das durch den Hitler-Stalin-Pakt in den Machtbereich der Sowjets fiel, sollte in der Folge zum Hauptkriegsschauplatz des deutschen Russlandfeldzuges werden. Keineswegs nur die gefallenen Soldaten, sondern Millionen sowjetischer Kriegsgefangener wurden zum Opfer des Vernichtungskriegs der Nationalsozialisten.
Vice versa kamen in der Folge Millionen deutscher Kriegsgefangener in sowjetischen Lagern um. Und auf dem gleichen Territorium fanden die von den sogenannten Einsatzgruppen verursachten Massenmorde an der jüdischen Bevölkerung statt, wobei diese bereits vor dem Einmarsch der Deutschen im hohen Maße als „Klassenfeinde“ Opfer der sowjetischen Geheimdiensteinheiten geworden waren. Blutgetränkte Erde also in dieser europäischen Großregion zwischen Baltikum und Schwarzem Meer, zwischen Bug und Don, „Bloodlands“, wie es Timothy Snyder, der amerikanische Historiker formuliert.
Wenn man gehofft hatte, dass nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts und mit der Gründung demokratischer Staaten, beziehungsweise Systeme, den ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts die Chance für die Entwicklung einer dauerhaften Friedensregion gegeben wäre, sollte letztlich in unseren Tagen dann auch eines Besseren belehrt werden.
Nach der vorübergehenden Schwäche Russlands unter Boris Jelzin war es das Bestreben des Kremls unter dem neuen „Zaren“ Wladimir Putin, die Großmachtstellung Russlands wiederherzustellen. „Make Russia great again“, mochte sich der Kremlherr in Anlehnung an die Devise Donald Trumps gedacht haben, als er erst im Kaukasus, dann auf der Krim und in der Ostukraine militärische Gewalt obwalten ließ. Die Hoffnung des Westens, insbesondere der EU-Europäer, dass die Demokratisierung der Staaten Mittel- und Osteuropas auch Russland erfassen könnte, blieb Illusion.
Die EU-Ostererweiterung festigte allerdings den Staatengürtel zwischen Baltikum und Balkan. Der NATO-Beitritt der meisten dieser Länder allerdings musste im Kreml das Bedrohungsszenario einer militärischen Einkreisung hervorrufen. Wladimir Putins aktueller Einmarsch in der Ukraine darf zwar als Reaktion auf diese Entwicklung definiert werden, dies stellt aber keinesfalls auch nur irgendeine Form von Rechtfertigung dafür dar.
Und wieder ist die Ukraine Schlachtfeld. Und so erweist sich, dass die Balkankriege der 90er Jahre keineswegs die letzte militärische Auseinandersetzung in Europa darstellten. Die „Bloodlands“ im Osten Europas werden neuerlich zur Stätte großflächiger militärischer Gewalt. Die Zerstörung von Städten und Dörfern, Flucht und Vertreibung von Millionen Menschen, zehntausende gefallene Soldaten und traumatisierte Zivilisten sind die Folge dieses Angriffskriegs. Von der Möglichkeit, in diesem Bereich Osteuropas auch nur langfristig so etwas wie eine Friedensregion, vergleichbar etwa mit der Alpen-Adria-Region oder dem deutsch-französischen Bereich westlich des Rheins herzustellen, wagt man nicht einmal mehr zu träumen.
Auf den europäischen Schlachtfeldern rund um Verdun und auch im Tal der Soca, wie der Isonzo heute heißt, künden nur mehr Soldatenfriedhöfe und Gedenkstädten vom einstigen großen Morden. Dort hat man sich längst auf gemeinsame Geschichtsbilder geeinigt und ist nicht mehr auf gegenseitige Schuldzuweisungen an den einstigen Gräueln angewiesen.
Friedensregionen zeichnen sich durch gemeinsames und grenzüberschreitendes Opfergedenken aus. Ein gemeinsames Opfergedenken, wie es etwa durch die Aktivitäten der Kärntner Konsensgruppe im südlichsten Bundesland Österreichs im Hinblick auf die Opfer des Nationalsozialismus und auf jene der Partisanenverbrechen längst üblich ist. Im Herzen des Balkans rund um die Schädelstätte von Srebrenica ist man allerdings noch nicht so weit. Vorläufig schweigen dort aber wenigstens die Waffen. Im Donbass tobt der Kriegsfuror weiter, wird das alte Schlachtfeld neuerlich mit frischem Blut gedüngt.