Auf der Stromrechnung, die der Autor dieser Zeilen dieser Tage bekam, stand klein gedruckt vermerkt: „98 Prozent aus heimischer Wasserkraft“. Nun mag die Stromproduktion, die in den österreichischen Kraftwerken an unseren Flüssen erbracht wird, durch die Trockenheit der vergangenen Wochen auch gelitten haben. Aber eine Verdreifachung des Preises, wie sie uns offenbar ins Haus steht, wäre damit zweifellos nicht gerechtfertigt.
Dies liegt nun am gegenwärtig viel zitierten „Merit-Order-Prinzip“, welches besagt, dass das teuerste Kraftwerk, gegenwärtig eben die Stromerzeuger durch Gas, den Strompreis bestimmen. Und da fällt uns die große Liberalisierungswelle der Neunzigerjahre auf den Kopf, die unter anderem auch den Strommarkt liberalisiert und europäisiert hat. Hätten wir nämlich noch die Zustände davor, wonach die Stromerzeugung eine rein österreichische Sache war und die Elektrizitätskonzerne im Staatseigentum standen, könnten wir jetzt unsere Strompreise nehr oder weniger nach eigenem Gutdünken bestimmen. Und da wäre eben die dominierende Wasserkraft in keiner Weise von der gegenwärtigen Teuerungswelle betroffen. Durch diese Liberalisierung sind wir nunmehr hingegen europäischen Entwicklungen und dem Gewinnstreben multinationaler Energiekonzerne ausgeliefert. Und eben diesem unseligen Merit-Order-Prinzip, das für die gegenwärtige Vervielfachung der Energiepreise sorgt.
Nun hat der Herr Bundeskanzler dieser Tage zwar angekündigt, dass er mit aller Kraft auf europäischer Ebene dafür eintreten wolle, dass dieses Prinzip aufgehoben wird und dass die Koppelung des Strompreises an den Gaspreis beendet wird. Der gelernte Österreicher allerdings weiß ganz genau, wie schnell, beziehungsweise wie langsam die Dinge auf der europäischen Ebene geschehen. Bis sich da alle Mitgliedsländer geeinigt haben, ist die Hälfte der Österreicher in ihren ungeheizten Wohnungen bereits an Unterkühlung verstorben.
Doch Ironie beiseite, Tatsache ist, dass die Regierung nunmehr rasch und energisch handeln muss. Der bereits vor Wochen angekündigte Strompreisdeckel kann nicht ad infinitum diskutiert werden, er muss sofort eingeführt werden. Und die Politik der milden Gaben und Almosen in Form von Einmalzahlungen hat schnellstens beendet zu werden. Stattdessen bedarf es der energischen Bekämpfung der Inflation. Und die litaneiartig wiederholte Beschwörung, wonach man nur die sozial Schwachen durch Ausgleichszahlungen für die Inflation entlasten müsse, sollte auch beendet werden. Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit geht es doch darum, alle Bürger vor der Inflation zu schützen und nicht jene, nämlich den Mittelstand zu bestrafen, die durch ihre Steuerleistung alles, auch alle Sozialleistungen finanzieren.
Natürlich hat der Staat dafür zu sorgen, dass die Bezieher der niederen Einkommen nicht verelenden. Er muss aber auch gegen die Verarmung aller anderen Bevölkerungsschichten ankämpfen, insbesondere auch jener, die für ihre Leistungsbereitschaft nunmehr bestraft werden, indem sie als Bezieher höherer Einkommen keinerlei Ausgleich für die Inflation und die dramatisch angestiegen Energiekosten erhalten sollen.
Insgesamt und längerfristig allerdings sollte man sich überlegen, ob Österreich nicht gut daran täte, in Sachen Energie – sowohl was Erdgas als auch was Stromerzeugung betrifft – vom Ausland wieder so gut wie möglich unabhängig zu werden.
Und das gilt nicht nur für eine Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen, sondern auch für eine Unabhängigkeit von diesen europäischen Netzwerken, die uns nunmehr gefangen halten und für den explosionsartig gestiegenen Strompreis sorgen.
In der Strompreis-Falle
31. August 2022Gaskrieg
30. Juni 2022Wir befinden uns bekanntlich mitten im Gaskrieg, im Gaskrieg zwischen dem Westen und Putins Russland. Unter Gaskrieg verstand man in früheren Zeiten etwas ganz anderes: nämlich das mörderische Ringen an den Fronten des Ersten Weltkriegs, bei dem auch Giftgas massenhaft eingesetzt wurde. Gelbkreuz und andere tödliche Substanzen wurden damals massenhaft an den Fronten eingesetzt, mittels Granaten und Minen, um den jeweiligen Gegner in den Tod zu schicken.
Heute bedeutet Gaskrieg etwas ganz anderes, nämlich die Drosselung, beziehungsweise der gänzliche Entzug von Gaslieferungen von Russland an den Westen, insbesondere an die Staaten der Europäischen Union, speziell an Deutschland und Österreich. Und dieser Gaskrieg ist nunmehr offenbar voll ausgebrochen.
Deutschland hat die entsprechende Alarmstufe ausgerufen, und in Österreich versucht man zwar abzuwiegeln, ist sich aber durchaus auch im Klaren, dass die Situation kritisch werden könnte. Einig ist man sich allenthalben in der Empörung über das Vorgehen Russlands. Und einig ist man sich auch darin, dass man sich von Putin nicht erpressen lassen solle.
Da darf man dann allerdings schon die Frage stellen, ob irgendjemand so naiv sein konnte zu glauben, dass Russland die Gaswaffe nicht einsetzen würde. Wenn der Westen indessen sechs Sanktionspakete gegen Russland geschnürt und mit der Lieferung schwerer Waffen unmittelbar Partei ergriffen hat im Ukraine Krieg, war es keineswegs ein Wunder, dass Russland darauf antworten würde.
Der Westen befindet sich de facto in einem Wirtschaftskrieg mit Russland, die Sanktionen sind die schweren Geschütze dieses Wirtschaftskrieges.
Und Russland antwortet mit ebenso schweren Geschützen, nämlich mit der Drosselung, beziehungsweise dem Entzug der Gaslieferungen.
Und jene Politik, die da geglaubt haben mochte, trotz dieser kriegerischen Aktivitäten gegen Russland weiter vertragsgemäß mit Gas beliefert zu werden, muss als fahrlässig und überaus einfältig bezeichnet werden.
Den Preis für diese Politik haben nunmehr die Menschen im Westen, insbesondere in der Europäischen Union zu bezahlen, und auch das an sich neutrale Österreich leidet massiv unter dieser fehlgeleiteten Politik. Erst jüngst wieder auf dem G7 -Gipfel im bayerischen Elmau bekräftigten die führenden Politiker der westlichen Industriestaaten – Österreichs Kanzler war klarerweise dabei nicht anwesend – die Sanktionspolitik gegenüber Russland. Offiziell unter Federführung des deutschen Kanzler Scholz, in Wahrheit aber auf ein Diktat der US-Amerikaner, die durch Präsident Biden vertreten waren.
Die militärische Antwort der Russen erfolgte auf den Fuß: Kiew wurde mit Raketen beschossen und die russische Armee errang im Donbass weitere Geländegewinne. Und natürlich wurde auch die Gaswaffe nachgeschärft: die Lieferungen nach Deutschland und Österreich wurden prompt entsprechend gedrosselt.
Und es war dem oberösterreichischen FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner vorbehalten, in einer ORF-Diskussionssendung darauf hinzuweisen, dass unsere Probleme mit den Gaslieferungen die unmittelbare Folge der Sanktionspolitik gegenüber Russland seien.
Und dabei warf er die Frage auf, ob die Österreicher jemals demokratisch befragt wurden, ob sie diese Art von Politik wollten und ob sie bereit seien, dafür auf ihren Wohlstand und die Sicherung des Energiebedarfs zu verzichten.
Haimbuchner dürfte damit zweifellos die Meinung der Mehrheit der Österreicher artikuliert haben, allein die etablierte Politik innerhalb der Europäischen Union, aber auch jene der österlichen Bundesregierung bleibt auf ihrer Linie: Mit allen Mitteln weiter gegen Russland, koste es, was es wolle. Und auch wenn dies auf den militärischen Ausgang der Auseinandersetzung kaum einen Einfluss haben dürfte, außer jenen, dass der Krieg noch lange blutig und zerstörerisch andauern wird. Und auch wenn dies massive negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der eigenen Bürger haben wird.
So sind also wir Österreicher, aber auch die Europäer insgesamt die relativ einflusslosen Trittbrettfahrer der US-amerikanischen Politik in einem Stellvertreterkrieg Amerikas gegen Russland. So sehr der Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine aus völkerrechtlicher Sicht zu verurteilen ist, so fragwürdig ist es, insbesondere für uns neutrale Österreicher, dass wir in dieser Auseinandersetzung Partei ergreifen müssen und damit letztlich Opfer derselben sind.
Opfer des gegenwärtigen Gaskriegs.