Drei Staatskrisen mit Blaustich

17. September 2020

Der „Putsch von Innsbruck“, die Implosion von Knittelfeld und das Ibiza-Video

Der gegenwärtig im österreichischen Hohen Haus tagende parlamentarische Ibiza-Untersuchungsausschuss war ursprünglich zweifellos als politisches Scherbengericht über die Freiheitlichen und die von ihnen mitgetragene Regierungs-Koalition zwischen 2017 und 2019 geplant. Allein, er hat eine andere Entwicklung genommen. Längst bieten die Untersuchungen dieses Ausschusses ein politisches Sittenbild der Zweiten Republik, wobei die nahezu dreieinhalb Jahrzehnte in ununterbrochener Regierungsverantwortung stehende ÖVP zunehmend in den Mittelpunkt dieses Sittenbilds gerückt ist. Das Fehlverhalten freiheitlicher Spitzenpolitiker erweist sich da eher als tölpelhafter Versuch, die unsauberen Usancen schwarzer und roter Machtpolitik, die sich im Zuge der Zweiten Republik entwickelt haben, nachzuvollziehen. Politische Auftragsvergabe, politische Postenbesetzung und politische Einflussnahme auf die Medien des Landes werden da thematisiert, wobei sich die Freiheitlichen da nur als Hilfsschüler erweisen, verglichen mit den Profimechanikern der Macht, wie sie aus den schwarzen und roten Dunstkreisen agieren.
Dennoch wird sich unter dem Stichwort „Ibiza“ in der österreichischen Zeitgeschichte fürderhin das Scheitern der dritten freiheitlichen Regierungsbeteiligung nachlesen lassen. Und da stellt sich zwangsläufig die Frage, warum alle vier bisherigen freiheitlichen Regierungsbeteiligungen, jene in der rot–blauen Koalition unter Fred Sinowatz, Franz Vranitzky und Norbert Steger, jene zwei in der schwarz–blauen Koalition unter Schüssel und Riess-Passer und schließlich jene in der türkis–blauen Koalition unter Kurz und Strache gewissermaßen mit einem politischen Knalleffekt endeten und jeweils so etwas wie eine Staatskrise, oder zumindest eine Regierungskrise, zeitigten.
Die erste freiheitliche Regierungsbeteiligung von 1983 bis 1986 war zweifellos eine Folge der politischen Annäherung der FPÖ oder Friedrich Peters an die Sozialdemokratie unter Bruno Kreisky. Als dieser bei der Nationalratswahl von 1983 die absolute Mehrheit einbüßte, war es nur logisch, dass Sozialisten und Freiheitliche unter Fred Sinowatz und Norbert Steger gemeinsam eine rot–blaue Koalition bildeten. Dabei hat die FPÖ unter dem Motto „Wandel durch Anbiederung“ Politik betrieben, der Kurs Norbert Stegers, der die FPÖ in eine „lupenrein liberale Partei“ verwandeln wollte, wurde durch einen Aufstand der eher national orientierten Parteibasis und die strategisch geplante innerparteiliche Machtübernahme des Kärntner Parteichefs Jörg Haider beendet. Dies war dann der Anlass für den indessen zum SPÖ-Chef und Bundeskanzler avancierten Franz Vranitzky, die Regierungskoalition platzen zu lassen. Grund dafür war zweifellos die bereits damals vorhandene Gewissheit, dass Haider die FPÖ auf einen rechtspopulistischen Kurs führen würde. Einerseits also war es die Revolte der Parteibasis gegen den linksliberalen Kurs der Parteispitze, angesichts des Absturzes der FPÖ in den Umfragen, die das Scheitern dieser Regierungskoalition nach sich zog, andererseits kündigte der sozialdemokratische Koalitionspartner das Regierungsbündnis sofort und ohne Zaudern in dem Moment, in dem die Anpassungswilligkeit und die politische Willfähigkeit der FPÖ nicht mehr bedingungslos gewährleistet war.
16 Jahre später, nach dem politischen Aufstieg der Haider-FPÖ und der Regierungsübernahme durch eine blau–schwarze Koalition, in der die FPÖ zwar der geringfügig stärkere Partner war, Jörg Haider aus taktischer Klugheit die Kanzlerschaft aber dem großen Wahlverlierer Wolfgang Schüssel überließ, kam es nach nur zweijähriger Regierungs­tätigkeit infolge der Ereignisse auf der freiheitlichen Delegiertenversammlung im obersteirischen Knittelfeld wiederum zum Platzen einer Regierungskoalition mit freiheitlicher Beteiligung. Diesmal war es weniger die Parteibasis als vielmehr ein in seiner Eitelkeit gekränkter politischer Leitwolf, nämlich der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, der zur Implosion der von seiner Nachfolgerin Susanne Riess-Passer geleiteten Partei führte. Ähnlich wie zuvor beim Innsbrucker Parteitag war es auch diesmal nicht der Koalitionspartner, der die Krise geplant hat, der sie aber sehr wohl nutzte. Damals war es Franz Vranitzky, der es für den Absprung nützte, nunmehr war es Wolfgang Schüssel, der – zweifellos abgesprochen mit der freiheitlichen Regierungsmannschaft – die bisherige Koalition aufkündigte und Neuwahlen ausrief. Neuwahlen, bei denen er selbst 42 % der Stimmen erlangen sollte, um danach mit dramatisch geschwächter freiheitlicher
Beteiligung weiter zu regieren.
Auch im Zuge der ersten blau–schwarzen Koalition erwies sich, dass die aus der Opposition aufgestiegenen Freiheitlichen gegenüber den Regierungsprofis und Machtmechanikern der ÖVP in taktischer Hinsicht in keinerlei Weise gewachsen waren. Und ähnlich verhält es sich wiederum im Mai des Jahres 2019 beim Aufkommen des Ibiza-Skandals. Auch wenn man alle diesbezüglich kursierenden Verschwörungstheorien über eine politische Planung des Ibiza-Videos außer Betracht lässt, kann man zweifelsfrei feststellen, dass der türkise Koalitionspartner das Skandalvideo genutzt hat, um aus der damaligen Mitte-Rechts-Koalition abzuspringen.
Die heutigen Kenntnisse über den Abend in der vermeintlichen Oligarchen-Finca auf Ibiza würden eigentlich keineswegs den Rücktritt des damaligen Vizekanzlers und das Ende der Regierungskoalition bedeuten müssen. Die damalige Inszenierung allerdings über zwei bundesdeutsche Printmedien unter lebhafter Assistenz der linksgepolten Mainstream-Medien Österreichs und des ORF zog einen Sturz der Regierung nach sich, wobei Kanzler Kurz sein offenbar zuvor gegebenes Versprechen, unter geänderter personeller Besetzung mit den Freiheitlichen weiter regieren zu wollen, gebrochen hat.
Was ist nun aber die Lehre aus diesen Regierungs- beziehungsweise Staatskrisen mit Blaustich? Zum einen nun einmal wohl die Tatsache, dass die Freiheitlichen für die beiden großen staatstragenden Systemparteien ÖVP und SPÖ nur dann als Regierungspartner taugen, wenn sie sich in absoluter politischer und ideologischer Anpassung zu deren Machterhalt instrumentalisieren lassen.
Zum anderen muss man rein empirisch nach vier FPÖ-Regierungsbeteiligungen feststellen, dass die Freiheitlichen selbst immer wieder Anlässe oder auch nur Vorwände dafür liefern, Regierungs­koalitionen mit ihnen zu brechen: Seien es innerparteiliche Streitigkeiten zwischen liberal und national, zwischen fundamentalistisch und pragmatisch, oder seien es Aufstände der Parteibasis, persönliche Zwistigkeiten zwischen Führungsfiguren – in allen historischen Präzedenzfällen war es ein Leichtes, der FPÖ aufgrund derlei Vorgänge die Schuld am Scheitern der jeweiligen
Regierungskoalition zuzuschieben.
Dies mag an den inneren Widersprüchen der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft liegen. Das nationale Lager zeichnete sich schon immer durch eine starke Neigung zur „deutschen Zwietracht“ aus. Es mag auch daran liegen, dass ein ausgegrenztes politisches Lager einen deutlich größeren Narrensaum haben mag, als etablierte politische Bewegungen. Und es wird zweifellos in erster Linie daran liegen, dass dieses Lager in einem Maße beobachtet, denunziert, ja kriminalisiert wird wie kein anderes im Lande. Können bei Rot, Schwarz oder Grün Skandale unter den Teppich gekehrt werden, werden sie auf der blauen Seite gnadenlos ausgeschlachtet. Alles , was Strache und Gudenus in jener unseligen Nacht in Ibiza als politische Möglichkeiten debattiert haben (nicht goutiert, sondern debattiert), ist in der politischen Realität der von Rot–Schwarz dominierten Zweiten Republik längst und vielfach realisiert worden: politische Postenbesetzung, politische Auftragsvergabe, politische Einflussnahme auf Medien.


Haiders späte Rache

10. Oktober 2018

Wie ein Untoter, ein Wiedergänger geistert der vor zehn Jahren verunfallte Jörg Haider in diesen Tagen durch die TV-Kanäle und die Gazetten.
Diskussionssendungen zum Thema „Was bleibt von Jörg Haider“, langatmige psychologisierende Betrachtungen über „Haiders langen Schatten“ in den diversen Politmagazinen, und jede Menge mehr oder minder wichtige Reminiszenzen von einstigen Wegbegleitern beglücken das interessierte Lese- und Fernsehpublikum.
Der ebenso längst verblichene Journalist Hubertus Czernin prägte einst den Begriff „Die Haider-Macher“ und meinte damit jene Journalisten, die sich auf den Bärentaler seinerzeit eingeschossen hatten und ihm mit ihrer Hatz doch nur genützt haben. Ein Kuriosum oder so etwas wie eine späte Rache Haiders ist es nun, dass just ein Teil jener Haider-Macher, die seinerzeit eine veritable Jagdgesellschaft auf den Bärentaler gebildet hatten, sich nunmehr als Gedenk- und Memorial-Schreiber betätigen.
Wenn beispielsweise in dem unter Leserschwund leidenden österreichischen Wochenmagazin „Profil“ in der Disziplin des FPÖ-Bashing und der Haider-Hatz die in die Jahre
gekommene Redakteurin Christa Z. dem seinerzeit als „Karawanken-Gaddafi“ Geschmähten geradezu nachweint, hat das schon etwas Erheiterndes.
Wenn in den diversen Talkshows des ORF oder der Privatsender der Solarium-Fetischist Petzner aus dem Nähkästchen seines Witwen-Daseins plaudert, ist es auch nicht ohne Witz.
Tatsächlich von Haiders Rache kann man aber sprechen, wenn man bedenkt, dass der von ihm in Österreich begründete „Rechtspopulismus“, von den ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel einst wähnte, er habe ihn durch Einbindung domestiziert und korrumpiert, zehn Jahre nach dem Tod Haider’s in der Bundesregierung gelandet ist.
Haiders effektivste Rache an der Jagdgesellschaft, die ihn jahrzehntelang hetzte, ist also Heinz-Christian Strache. Zwar ist es auch nicht sonderlich erstzunehmen, wenn er in diesen Tagen aus der Hand der wirklichen Witwe Claudia Haider eine Haider-Gedenkmedaille entgegen nimmt, da diese just von der hyperaktiven Ex-BZÖ-Plaudertasche Mini Grosz gestiftet wurde.
Es ist dies aber doch ein Signal dafür, dass sich der heutige FPÖ-Chef mit dem seinerzeitigen Übervater der Freiheitlichen, mit der über 20 Jahre prägenden Gestalt Jörg Haiders und damit auch mit einem wichtigen Teil der freiheitlichen Geschichte versöhnt hat.
Und was bleibt wirklich von Jörg Haider? Er war es zweifellos, der den alten schwarz–roten Proporz sturmreif geschossen hat. Er war es, der jenen plebiszitären Stil in die österreichische Politik einführt hat, von dem man sich nunmehr europaweit als „Rechtspopulismus“ fürchtet.
Und er hat – was man gewiss nicht kritiklos goutieren muss – gegenüber dem Politstil der politischen Silberrücken in grauen Anzügen den „Feschismus“ (Copyright Armin Thurnher) eingeführt, bei dem Politik die Spielwiese cleverer telegener Mundwerksburschen ist, wie wir sie erstmals in der legendären Buberlpartie kennenlernten.
So gesehen ist auch Bundeskanzler Sebastian Kurz so etwas wie Haiders Rache am etablierten Politikbetrieb.
Und damit soll abschließend gesagt werden: Der Bärentaler war zweifellos neben Leopold Figl, Julius Raab und Bruno Kreisky eine der prägenden Gestalten der Zweiten Republik, er war und ist ein wichtiger Bestandteil der freiheitlichen Geschichte und er war auch so etwas wie eine „catilinarische Persönlichkeit“ (Copyright Otto Schulmeister). Wie sagt doch das gute alte Sprichwort: Wo viel Licht ist, da ist viel Schatten.


Ein Untoter namens Jörg

23. September 2015

Inzwischen wäre er über 65, dem Alter nach also Pensionist. Oder doch in Sachen Hypo Kunde des heimischen Strafvollzugs – mit Fußfessel etwa? Oder doch nach wie vor politischer Grenzgänger, der sich listenreich als Volkstribun im gegenwärtigen Asylchaos ein weiteres Mal zu profilieren verstünde?
Wie auch immer, nunmehr ist Jörg Haider, vormals nahezu ein Jahrzehnt Landeshauptmann von Kärnten, jedenfalls schon sieben Jahre tot. Und doch geistert er immer wieder durch die Medien, ein politischer Untoter gewissermaßen. Nicht nur, weil seine parteipolitischen Epigonen am Ort seines Unfalls alljährlich zu einem einigermaßen skurrilen Memorialritual laden. Sondern auch als Protagonist in Film- und Druckwerken, Vorgeführt zu guter Letzt von Möchtegern-Witwe Petzner, der in Buchform vorgibt, seinen Lebensmenschen entzaubern zu wollen und sich doch nur selbst entblödet, den geläuterten Warner vor dem bösen Rechtspopulisten zu spielen.
Oder davor vom ehemaligen ORF-Anchorman, der nunmehr im Straßburger EU-Parlament in Vergessenheit gerät, in einem nicht minder feindlichen Kriminalroman „Der Tod des Landeshauptmanns“, verursacht von kroatischen Mafiosi, israelischen Mossad-Agenten – wer weiß. Und davor all jene Elaborate der diversen Verschwörungstheoretiker, die den verunfallten Phaeton-Lenker zum Attentatsopfer stilisierten. Oder auch in einem Kinofilm einer belgischen Filmemacherin, die nahezu naiv „Fang den Haider“ postuliert, um den Bärentaler politisch absolut korrekt in der über weite Strecken lächerlich anmutenden Filmreflexion als Schutzherrn des Kärntner Blondviehs und als Warnung vor anderen zeitgenössischen europäischen Rechtspopulisten an den Pranger zu stellen.
Dass Haider so etwas wie eine catilinarische Persönlichkeit war, ist heute ziemlich unbestritten, ebenso aber auch, dass er ein politisches Talent mit unerhörtem Ideenreichtum und großer Tatkraft war. Ohne ihn ist es in der Kärntner Politik jedenfalls ziemlich langweilig geworden – was viele allerdings auch als Segen empfinden. Gewiss, in seinem Umfeld tummelten sich auch Glücksritter und Korruptionisten, die nicht nur dem Land im Zuge vieler halbseidener Projekte großen Schaden zufügten, sondern gesamtösterreichisch auch nachhaltig großen Schaden für Haiders ursprüngliche politische Heimat, das national-freiheitliche Lager, verursachte.
Er war aber auch einer, der die andauernde Diffamierung des Landes, die De-facto-Bankrotterklärung Kärntens, nicht kampflos hingenommen hätte. Auch wenn er sich in der Wahl seiner Mittel durch Kleinigkeiten wie Gesetz und Moral kaum beeinflussen ließ, versuchte er zweifelsfrei für Kärnten Visionen zu realisieren: Fluglinie, Fußballstadion, Seebühne und dergleichen mehr, und sei es auch nur zum höheren Ruhm seiner selbst. Zum Pflichtprogramm der heutigen Landespolitik gehört es, all diese Projekte zu demontieren.
Angesichts der Eintönigkeit und Einfallslosigkeit eben derselben Landespolitik könnte er einem heute beinahe abgehen. So ist er ein Untoter in der Kärntner Landespolitik, aber ein Untoter, der – vielleicht Gott sei Dank – keinen Wiedergänger gefunden hat. Jörg Haider, Langzeitlandeshauptmann von Kärnten, Schrecken des rot-schwarzen Proporzsystems, erfolgreicher Oppositionsführer und Prototyp des europäischen Rechtspopulisten, verunfallt vor sieben Jahren in der Nacht nach den Feiern zum Kärntner 10. Oktober, der Kranzniederlegung in Annabichl, der Feier im Landhaushof, dem Besuch eines Schwulenlokals und einer überschnellen Autofahrt mit mordsmäßig Alkohol im Blut. Auch ein Kärntner Schicksal …


Hypo: Der Haider war’s…

17. Februar 2014

Der neue Finanzminister, ÖVP-Chef Spindelegger, hat verlauten lassen „Kärnten kann sich nicht abputzen“ wenn es um die Finanzierung des Hypo-Desasters geht. Und seitens der Regierung wurde bei der jüngsten Sondersitzung des Nationalrats zu diesem Thema natürlich ständig wiederholt, dass die FPÖ das Ganze ausgelöst habe. Haider habe die wahnwitzige Milliardenhaftung des Landes Kärnten verursacht und damit die irrwitzige Expansion der Hypo auf dem Balkan. Zwischen 13 und 19 Milliarden Euro werde die Abwicklung kosten und wer war’s – der Haider und die Freiheitlichen…

Nun ist zweifellos richtig, dass der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider uns ein Bankiers-Helfershelfer Kulterer am Beginn der Bank-Tragödie standen. Gemeinsam mit seinen roten und schwarzen Regierungspartnern in der Landesregierung hat Haider die Landeshaftung beschlossen. Die Partei für die Haider damals allerdings stand hieß „Bündnis Zukunft Österreich“. Im April 2005 hat sich Haider bekanntlich von der FPÖ abgespalten, weil diese seine politischen Abenteuer nicht länger mittragen wollte. Und der schwarze Partner auf Bundesebene unter Führung von Wolfgang Schüssel war es, der Haider’s Kärntner Politik gedeckt hat mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Die zurück gebliebenen Freiheitlichen – übrigens mit einem Millionenschuldenberg versehen, für den auch Haider verantwortlich war – waren von der ÖVP-BZÖ Bundesregierung missliebige, ausgegrenzte Miesmacher. Ihre Warnungen vor finanziellen Abenteuern à la Hypo wurden als lächerlich und destruktiv dargestellt. Haider und das Kärntner BZÖ gedeckt von der schwarz-orangen Bundesregierung standen also am Anfang des Hypo-Desasters.

Dass es Haider allerdings dann 2007 / 2008 gelungen ist, eine schlecht gehende Bank an die Bayrische Landesbank zu verkaufen, muss wieder als positiv anerkannt werden. Damit hat er die Kärntner Landeshaftung relativiert, da es sich die Bayern kaum hätten erlauben können, die Hypo eines Tages Pleite gehen zu lassen. Und damit beginnt ja die eigentliche Tragödie: die faulen Eier die die von Haider dominierte Hypo beim Verkauf an die Bayern enthalten haben dürfte, waren ja längst nicht von jener Dimension wie die, über die wir heute reden. Und dennoch kam es zur Zwangsverstaatlichung zum Rückkauf der Bank durch die Republik unter dem damaligen Verantwortlichen Joseph Pröll. Ein rätselhafter Vorgang, dessen Details bis heute im Dunkeln liegen. Ein Vorgang, der wohl nur mit Machinationen zwischen dem ÖVP Minister und seinen schwarzen CSU Freunden in Bayern erklärbar ist. Ohne jede Not haben wir die marode Bank zurück genommen und damit dem österreichischen Steuerzahler ein Milliardenpaket aufgebürdet.

Ein Milliardenpaket, das dann bis zum heutigen Tag im Lauf der Jahre entsprechend angewachsen ist – und zwar durch die Untätigkeit der schwarzen Finanzminister. Und das unter Duldung der rot-schwarzen Bundesregierung insgesamt.


Müder Personenkult

26. September 2011

Gewissermaßen als Retourkutsche für die Attacken auf die schwarzen Korruptionsskandale wird nunmehr die rote Parteispitze, angefangen vom Regierungschef Faymann durch Angriffe ob ihrer Regierungs-Inserate gebeutelt. Er brauche „ein Paar Millionen für den Werner“, wird der biedere Faymann-Adlatus Ostermayer zitiert. Mit diesen Worten habe er die ÖBB-Spitze bewogen, auf ihre Kosten Inserate zu schalten, in deren Mittelpunkt letztlich der damalige Verkehrsminister und heutige Bundeskanzler stehen sollte. Ähnliches ist im Zusammenhang mit der ASFINAG passiert. Nach dem gleichen Muster hat die vormalige Kärntner BZÖ-Spitze (jetzt FPK) vor dem letzten Landtagswahlkampf eine Werbebroschüre auf Regierungskosten hinaus gelassen, die nun Gegenstand gerichtlicher Untersuchungen ist. Und quer durch alle Ministerien gibt es viele, viele Millionen Aufträge derlei angeblich sachdienliche Informationseinschaltungen in den Medien abzudrucken, deren einziger Zweck in Wahrheit Propaganda für den jeweiligen Minister war und ist. Soweit so unschön, allerdings absolut üblich.

Im Mittelpunkt all dieser Inserate stand natürlich nicht sachliche Information, weder über das finanzierende Unternehmen, noch über die Tätigkeit des Politikers, sondern ein möglichst schönes Konterfei desselben, mit einigen blumigen Charakterisierungen. Sich möglichst oft in den Gazetten abgebildet zu sehen, ist offenbar eines der ersten politischen Ziele des österreichischen Regierungs-Establishments, in diesem Fall der Sozialisten. Das Ganze stellt einen späten Auswuchs jenes Personenkults dar, wie er in den letzten Jahrzehnten im Zuge einer medienbestimmten Politik entstanden ist.

Personenkult galt früher politischen Persönlichkeiten. Heute werden damit Mediokritäten zu einem entsprechenden Bekanntheitsgrad gebracht. Charakterköpfe, von denen es sich lohnen würde sie abzubilden, gibt es in der heimischen Politik – und nicht nur dort – längst nicht mehr. Und die Visagen jener aalglatten Heuchler, die sich da heute in Regierungsverantwortung befinden, werden auch durch computeranimierte Schönungen der Konterfeis nicht ansprechender.

Das dieser späte und längst abgeschlaffte Personenkult das Publikum nur mehr langweilt wenn nicht gar anwidert, ist den heimischen Politberatern offenbar noch nicht aufgefallen. Nicht nur, weil es ja auf Kosten der Bürger und Steuerzahler geht, sondern auch wegen der öden Inhaltsleere der Botschaften. Leute wie Jörg Haider hatten wenigstens noch so etwas wie einen gewissen Unterhaltungswert. Faymann und Konsorten aus den Gazetten lächeln zu sehen, verursacht allenfalls Gähn-Attacken, wenn nicht gar schon Depressionen. Eine solche schwachbrüstige Laien-Darsteller-Truppe soll das Land oder gar Europa retten? Diese Leute wollen die Eurokrise bekämpfen, das Nah-Ost-Problem lösen und den Klimawandel in den Griff bekommen? Da kann einem wirklich angst und bange werden.

Solcherart sollte man den Politikberatern des roten Establishments vielleicht anraten, auf derlei Zeitungseinschaltungen zu verzichten. Nicht nur aus wirtschaftlichen und moralischen Gründen, weil dies eben Steuergeldverschwendung bedeutet, sondern schlicht aus pragmatisch-taktischen Gründen: Die letzte Chance für Faymann und Genossen noch gewählt zu werden dürfte es nämlich sein, beim Publikum möglichst unbekannt bzw. unerkannt zu bleiben.

Von einem schwarzen Korruptionssumpf allerdings oder von der blau-schwarzen Skandalregierung sollten die links-gepolten Wortspender in Hinkunft tunlichst nicht mehr sprechen. Gemäß dem guten alten deutschen Sprichwort: Wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.


Eine korrupte Republik?

20. September 2011

Wir alle kennen das Bonmot, wonach in Wien hinter dem Rennweg bereits der Balkan beginnen solle. Bereits aus der Monarchie ist uns Österreichern balkanesische Korruption, Vetternwirtschaft und mafioses Brauchtum nicht fremd. Der gelernte Österreicher weiß was Bestechung ist, Vorteilsnahme, die Pflege entsprechender Beziehungen. Und das beginnt schon beim altbekannten „Vitamin B“, den Beziehungen die man haben muss, um hierzulande zu etwas zu kommen. So gesehen wissen wir um das Bescheid, was gegenwärtig den Süden Europas von Griechenland angefangen solche Probleme macht. Korruption eben, Misswirtschaft.

Das was in den letzten Wochen und Monaten aufbricht und durch die Medien geistert, nämlich die vielen Skandale und Korruptionsfälle aus der Regierungsperiode zwischen den Jahren 2000 und 2006, ist in Wahrheit jedenfalls nur ein Glied in einer Kette von Korruptionsfällen. Wenn heute ehemalige freiheitliche bzw. dann BZÖ-Minister medial gegeißelt werden, ein Gorbach, ein Reichhold, ein Scheibner, dann wird vergessen, dass der hochgepriesene Altkanzler Franz Vranitzky beispielsweise nach seinem Abtritt als Regierungschef gegenüber einem einstigen BAWAG-Granden für eine Million Schilling telefonisch erklärte, was die Euroeinführung bedeuten solle. Und es wird verdrängt, was man Hannes Androsch so alles nachgesagt hat, was rund um das Allgemeine Wiener Krankenhaus geschehen ist, was im Umfeld des Lucona-Skandals passierte und vieles andere mehr. All das verdrängt man, weil es den politisch-medial etablierten Kräften gegenwärtig ja darum geht, eine Neuauflage einer blau-schwarzen Koalition um jeden Preis zu verhindern.

Die Österreicher bekommen natürlich gegenwärtig den Eindruck, als wäre die Politik insgesamt korrupt. Und sie dürften mit diesem Eindruck nicht so ganz falsch liegen. Allerdings trifft auch in diesem Falle die Weisheit zu, dass jedes Volk jene Regierung hat, die es verdient und damit auch die Österreicher jene Politiker, die zu ihnen passen. Korruptes Verhalten beginnt ja bereits dort, wo am Sonntag selbstverständlich die ausgehängte Zeitung geklaut wird, wo man beim Kilometergeld und den Spesen ein bisschen schwindelt und versucht, möglichst steuerschonend das eine oder andere zu verdienen. Typisch österreichische Kavaliersdelikte, die im Grunde keine sind, schaffen also die Basis für ein korruptes gesamtgesellschaftliches Klima und auf diesem Nährboden gedeiht dann auch die politische Korruption im Großen. Ein weiteres Element, das die Voraussetzung für diese Korruption schafft, ist die typisch österreichische Ausprägung des Parteienstaats. Der schwarz-rote Proporz und die damit seit Anbeginn der Zweiten Republik verbundene Parteibuchwirtschaft ist an sich und per se bereits Korruption. Die Versorgung von Parteigünstlingen, die indirekte Finanzierung der Parteien selbst durch die staatsnahe Wirtschaft in den frühen Jahren und die Aneignung wichtiger Wirtschaftsbereiche wie Banken und Versicherung durch den parteinahen Bereich stellen im Grunde klassische Korruption dar. Korruption die allerdings erst skandalisiert wurde, wenn es zu persönlicher Bereicherung kam.

Für die Ära Haider Haider-Schüssel, also die Jahre zwischen 2000 und 2006 scheint es verhängnisvoll gewesen zu sein, dass man aus dem alten schwarz-roten Proporz so etwas wie einen blau-schwarzen bzw. orange-schwarzen Proporz, eine orange-schwarze Parteibuchwirtschaft machen wollte. Auch die politisch zu spät gekommenen Haider-Freiheitlichen wollten am Trog der Republik mitnaschen – zumindest jene politischen Flachwurzler, die Haider direkt um sich selbst gesammelt hatte. Die juristische, die moralische und auch gewissermaßen die zeitgeschichtliche Aufarbeitung dieser Korruptionsfälle ist bitter notwendig. Gerade die heute oppositionellen Freiheitlichen müssen ein Interesse daran haben, um ähnliche Fehlentwicklungen für eine künftige Regierungsbeteiligung zu vermeiden und ihre Lehren daraus zu ziehen. Vergessen darf dabei aber nicht werden, dass diese strukturelle Korruption, die Österreich prägt, im rot-schwarzen Proporzklima entwickelt wurde. Und auch der Durchschnittsbürger muss so etwas wie Gewissensforschung betreiben, ob er nicht mitverantwortlich ist für ein Klima der Korrumpierbarkeit, das im Lande herrscht. Mitverantwortlich insofern zumindest, als er jene politischen Kräfte immer wieder wählt, die im Zuge des rot-schwarzen Proporzes als Gründerväter der Korruption in Österreich gelten dürfen.


Die FPÖ und der „freiheitliche Rechtsstaat“

8. August 2011

Es ist offenbar einigermaßen in Vergessenheit geraten – skurrilerweise auch in den Reihen des freiheitlichen Lagers – dass es national-liberale Kräfte waren, die in der Folge der Bürgerlichen Revolution von 1848 an vorderster Stelle für die Entwicklung von Verfassung und Rechtsstaat in Österreich gewirkt haben. Dieses zentrale Gründungs-Anliegen des klassischen dritten Lagers wirkte weit über die Monarchie hinaus bis in die Erste Republik als der national-liberale Landbund und die großdeutsche Volkspartei auch als klassische Rechtsstaats-Parteien galten. Und sogar in der Zweiten Republik war es eine Folge dieser rechtsstaatlichen Orientierung, dass eine Reihe von Justizministern – von Klecatsky über Ofner, Foregger und Michalek bis hin zu Böhmdorfer – ein gewisses Naheverhältnis zu diesem Lager aufzuweisen hatten.

Heute vermitteln die etablierten politischen Parteien und die Mainstream-Medien erfolgreich den Eindruck, als seien die Freiheitlichen jene politische Kraft, die im „Dauerclinch“ mit dem Rechtsstaat stünde. Und das, obwohl der dogmengeschichtlich klar definierte „freiheitliche Rechtsstaat“ nach wie vor einen deutlichen Hinweis darauf gibt, wie sehr freiheitliche Gesinnung und Rechtsstaatlichkeit miteinander verbunden sind oder sein sollten.

Dieser behauptete Dissens zwischen dem zeitgenössischen freiheitlichen Lager und dem heimischen Rechtsstaat hat sich parallel zum quantitativen Aufstieg der FPÖ unter Jörg Haider, und nun ein zweites Mal unter Heinz Christian Strache, entwickelt. Eine Politik der Fundamentalopposition und des erfolgsträchtigen Populismus, die sich bewusst und demonstrativ gegen das etablierte System und den politisch korrekten Zeitgeist richtet, und das immer wieder mit drastischer Wortwahl, führte zwangsläufig zu verstärkter und sich häufender Konfrontation, in die auch bald die Justiz involviert wurde. Haiders Politik der Stimmenmaximierung und der Überwindung der personellen und strukturellen Grenzen des klassischen Dritten Lagers führte neben der ideologischen Beliebigkeit aber auch zur verstärkten Aktivität von Karrieristen, Glücksrittern und halbseidenen Elementen, die sich in der Folge bei passender Gelegenheit, vorzugsweise im Zuge der Regierungstätigkeit, als überraschend leicht und schnell korrumpierbar erwiesen. Ideologische Flachwurzler und charakterliche Halbseide bekanntlich ein fester Bestandteil der Haider’schen Buberlpartie, um sich in der Folge eher der Abspaltungspartei BZÖ anzuschließen. Und diese sollten bis zum heutigen Tage die Justiz immer wieder beschäftigen.

Doch vor den bis heute im Raum stehenden Korruptions-Anwürfen, mit denen sich Maischberger, Grasser und Co. auseinander zu setzen haben, gab es bereits in den 90-er Jahren während des Aufstiegs der Haider-FPÖ eine Fülle von Verfahren, in denen es vor allem darum ging, dass man sich von Seiten der freiheitlichen Parteispitze dagegen zu wehren versuchte, als Rechtsextremist, radikaler Rassist, Antisemit, Neonazi, Faschist und dergleichen mehr titulieren lassen zu müssen. Bereits damals entwickelte sich eine Judikatur, in der die Meinungsfreiheit der Haider-Gegner exzessiv betont wurde und derlei Anwürfe als politisch zulässige Werturteile qualifiziert wurden.

In diesem Zusammenhang ein Wort zur Qualität des heimischen Justizpersonals: Österreichische Richter, österreichische Staatsanwälte stehen bis zum heutigen Tag in der beeindruckenden Tradition jenes freiheitlichen Rechtsstaats, der sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Und sie gehören fachlich zweifellos zu den bestausgebildetsten im europäischen Vergleich. Aber Richter und Staatsanwälte sind auch Menschen und urteilen auch auf der Basis eigener Wertvorstellungen. Und möglicherweise auch auf der Grundlage von Vorurteilen, bzw. zeitgeistigen Prägungen. Man muss das Verhalten der Justiz nicht mit den Anpassungstendenzen an das Regime während der NS-Zeit vergleichen, man darf aber legitimerweise darauf hinweisen, dass das Justizpersonal in früheren Jahrzehnten weitgehend christlich-konservativ bis national-liberal eingestellt war und naturgemäß bis hinauf in die 80-er Jahr auch noch FPÖ-freundlicher. Und es ist eine Tatsache, dass indessen auch im Bereich der Juristen weitgehend die Gesinnung der Post-68-er dominant geworden ist. Links-liberale bis links-grüne Haltungen sind da längst vorherrschend. Und dann gibt es natürlich auch so etwas wie vorauseilenden oder auch wirklich organisierten Gehorsam gegenüber den etablierten politischen Bereichen, gegenüber den Regierenden eben. Die Staatsanwaltschaft ist ohnedies weisungsgebunden und die Karriere von Richtern ist auch nicht völlig unabhängig vom Wohlwollen des Ministeriums. Auch das ist ein menschlicher, vielleicht allzumenschlicher Faktor, der die Judikatur gegenüber einer missliebigen fundamentaloppositionellen Bewegung in Österreich prägt.

Ganz abgesehen davon aber gab es von freiheitlicher Seite bereits in der Ära Haider denn doch eine nicht zu übersehende Tendenz, als Reaktion auf die als einseitig empfundene Judikatur, so etwas wie eine Geringschätzung des Rechtsstaats zu entwickeln. Der Reflex wonach alles Politjustiz sei, was gegen FPÖ-Politiker an Recht gesprochen wurde, ist verständlich, deswegen aber keineswegs immer zutreffend. Und die Missachtung etwa von Verfassungsgerichtsurteilen wie in der Ortstafelfrage durch Haider und seine Regierungsmannschaft, war nicht zu leugnen.

Wenn man sich in diesem Kontext nunmehr die aktuelle Causa Uwe Scheuch vor Auge hält, muss als schlichtes Faktum jedenfalls konstatiert werden, dass der Erstrichter hier ein exemplarisches, nämlich drakonisches Urteil keineswegs gegenüber einem Vertreter der etablierten Parteien, sondern gegen einen freiheitlichen Spitzenpolitiker gefällt hat. Und man wird sehen ob das „Krebsgeschwür Korruption“ in der Folge auch in Verfahren gegen Politiker, die aus anderen ideologisch-politischen Milieus kommen, derart rigide geahndet wird. Der durchaus vergleichbare Fall des ehemaligen ÖVP-Innenministers Strasser und die Causa Hans Peter Martin könnten diesbezüglich bereits demnächst zur Nagelprobe werden.

Wie weit Scheuch tatsächlich gesetzeswidrig gehandelt hat, wird erst das zweitinstanzliche und dann rechtskräftige Urteil weisen. Das offenbar in denunziatorischer Absicht aufgenommene Gespräch, das zu seiner Erstverurteilung führte, dürfte für die gelernten Österreicher allerdings nur ein Beleg dafür sein, wie das üblicherweise so läuft in der heimischen Politik: Da werden Investoren angelockt, möglicherweise durchaus zum Nutzen des Landes, zum Nutzen von irgendwelchen Festspielen, zum Nutzen von irgendwelchen Sportvereinen. Und diese wollen dafür natürlich auch Benefizien haben, etwa die Staatsbürgerschaft. Und – davon geht der gelernte Österreicher mit Gewissheit aus – da gibt es dann auch den einen oder anderen Rückfluss für die jeweilige Partei, womöglich sogar für den einzelnen politischen Akteur. Und in welchen Bereichen könnte solches Verhalten besonders häufig vorgekommen sein? Na dreimal darf man raten. Natürlich in jenen, wo regiert wird. Und wer regiert in der Regel in Österreich: Rot und Schwarz. Die moralische Empörung, die gerade aus den etablierten Parteisekretariaten nunmehr über Uwe Scheuch hinweg schwappt, besteht also zum guten Teil aus Heuchelei.

Das ändert allerdings nichts daran, dass eine oppositionelle Kraft, die mit dem Anspruch des Privilegienabbaus, der Korruptionsbekämpfung und der politischen Sauberkeit antritt, eben nicht gleich mies wie das politische Establishment sein darf, sondern sauber sein muss. Und vor diesem Anspruch erscheinen Scheuchs kolportierte Aussagen eher ein Hinweis darauf zu sein, dass sich die Kärntner Freiheitlichen teilweise den politischen Verhaltensweisen des Establishments angepasst haben. Dass aber nach dem drakonischen Urteilspruch des Erstrichters Fassungslosigkeit und Empörung aus den freiheitlichen Reihen aufbrandeten, dass man von „politischer Justiz“ und „Fehlurteil“ sprach, ist verständlich. Ein von einem Lumpen illegal aufgezeichnetes, schnoddriges Gespräch, ohne realen Hintergrund, ohne Geldfluss, ohne Investor, ohne Staatsbürgerschaft und ohne eine reale Möglichkeit, eine solche zu vergeben, führt zur politischen Existenzvernichtung des Betroffen – und zum laut aufheulenden Triumph aller politischen Mitbewerber.

Scheuchs spontane Aussage, er könne dieses Urteil nicht akzeptieren, wurde nun allenthalben als typisch freiheitliche Missachtung des Rechtsstaats interpretiert. Dies ist sie nicht, da die Verurteilung in erster Instanz eben keine Rechtskraft hat. Das rechtskräftige Urteil wird er dann akzeptieren müssen, so oder so. Aber sowohl Uwe Scheuch als auch jeder andere Staatsbürger wird dieses Urteil auch kritisieren können, je nach Sichtweise als zu leicht oder zu schwer. Und der kritische Bürger wird auch seine Meinung über eine ideologisierte Justiz zum Ausdruck bringen dürfen und eine Oppositionsbewegung wie die Freiheitlichen werden es auch sagen dürfen, wenn ihres Erachtens politischer Einfluss diese Justiz instrumentalisiert.

All das muss möglich und erlaubt sein, ohne dass die Haltung der betreffenden Personen oder Parteien zum Rechtsstaat als solchen in Frage gestellt wird. Die Freiheitlichen standen an der Wiege des österreichischen Rechtsstaats. Sie sollten nunmehr – so schwer dies auch sein mag – weiter bemüht sein, seine Hüter zu sein. Im wohlverstandenen Sinne!


Medien im Sommerloch

18. August 2010

Ganz leicht ist es nicht, öffentliches Interesse zu erwecken, wenn es nichts Interessantes gibt. Dies gilt für die Politik aber auch für die Medien, die bekanntlich in einer parasitären Symbiose mit der Politik existieren. Im Sommerloch macht die Politik bekanntermaßen Pause und die Medien haben es schwer, interessante Themen zu finden, bzw. Auflage-fördernde Aufmacher zu produzieren. Demgemäß gilt es, strategisch und geplant vorzugehen. So etwa festzustellen im Falle des heimischen Nachrichtenmagazins Profil, das die Story um die angeblichen oder tatsächlichen Haider-Millionen auf Liechtensteiner oder Schweizer Konten natürlich geplant und blasiert mitten im Sommerloch publizierte. So war natürlich gewährleistet, dass das Interesse allgemein groß war und das Thema über Tage wenn nicht Wochen die innenpolitische Diskussion dominierte.

Demgemäß zierte Jörg Haider einmal mehr noch zwei Jahre nach seinem Ableben die Titelseite eines Magazins. Ein Phänomen, das neben ihm allenfalls noch Hitler, Stalin oder Mao Tse-tung geschafft haben. Und tatsächlich ist es auch geglückt, über Wochen die öffentliche Debatte zu dominieren. Eine Debatte, die sich naturgemäß auch in die Sommergespräche mit den Parteiobleuten hinein zieht, naturgemäß mit jenen des BZÖ und wahrscheinlich in wenigen Tagen wohl auch in jenen mit dem FPÖ-Chef. Damit erweist sich der Bärentaler einmal mehr als der grenzgeniale oder auch grenz-kriminelle Übervater der rechten Opposition, der seinen Nachfolgern einiges zum Auflösen gibt.

Zum einen ist da der Friesacher Hotelier Josef Bucher. Kein unsympathischer Mann aber eben ein politisches Leichtgewicht. Ihn als Erben Haiders zu bezeichnen, wäre zu viel des Lobes. Da fehlt ihm schlicht und einfach die Bedeutung. Wahrscheinlich ist er eher der Nachlassverwalter eines politischen Auslaufmodells, nämlich des BZÖ. Er stellt somit den lebenden Beweis für das letztliche politische Scheitern des Bärentalers dar. Wenn nämlich nicht ein Wunder passiert und eventuell der goscherte Grosz in der Steiermark durch ein Wunder doch noch in den Landtag rutscht, wird sich das BZÖ nach und nach auflösen. Leute wie der Vorarlberger Eiferer Ewald Stadler, der Wiener Opportunist Herber Scheibner, oder die Simmeringer Vorstadt-Type Peter Westenthaler werden diesen Zerfall nicht aufhalten können. Stadler wird vielmehr zunehmend in Erklärungsnotstand geraten, wo denn die Sadam-Millionen geblieben sind, Scheibner könnte noch Probleme bekommen mit den Geschäften seines Parteifreundes Detlef Neuweg, der mit Haider ja in Kroatien aktiv war und Westenthaler war in den letzten Jahren ohnedies mehr ein Thema im Zusammenhang mit der Justiz als mit der Politik. Für den freundlichen Seppi Bucher wird also wohl nur der Rückzug in die ihm ohnedies vertrauteren Gefilde der ÖVP übrig bleiben. Aber immerhin war er ein paar Jahre

Nationalratsabgeordneter und sogar wohldotierter Klubobmann. Da lässt sich dann der Stammtisch im Friesacher Metnitztalerhof auf Jahre hinaus noch mit Anekdoten versorgen.
Was schließlich den zweiten Nachfolger des Bärentaler und dessen Rolle als Volkstribun betrifft, nämlich den FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, so liegen die Dinge freilich anders. Als Chef der stärksten Oppositionspartei im Parlament mit nahezu vierzig Abgeordneten hinter sich und Umfragewerten von beständigen 20 Prozent ist er zweifelsohne ein politisches Schwergewicht, wenn auch die Medien im Sommerloch dies kleinzureden versuchen. Die populistischen Qualitäten des Bärentalers will man ihm nicht zubilligen, sehr wohl aber soll er angeblich der „Erbe Haiders“ sein, wenn es nunmehr um die Skandale geht. Zwar weiß jedermann, dass Haider im Jahr 2005 die FPÖ verlassen hat, weil er fürchten musste, die Kontrolle über die Partei endgültig zu verlieren und damit wohl auch die Möglichkeit, mit ausländischen Despoten bzw. im Umfeld von Regierungsvorgängen Millionengeschäfte machen zu können. Heute aber heißt es – groß transportiert von den Medien im Sommerloch – es gäbe keinen Skandal Haider, keinen Skandal Meischberger, keinen Skandal Grasser, es gäbe nur einen „Skandal FPÖ“ – so der Grüne Peter Pilz im O-Ton.

Alles das wird von den Medien naturgemäß genüsslich berichtet, da es keine wirklichen politischen Ereignisse gibt. Da berichtet man eben über Gerüchte, vermeintliche oder echte Skandale und natürlich möglichst negativ über die missliebigen freiheitlichen Herausforderer. Und die gegenwärtig ablaufenden ORF-Sommergespräche mit dem Parteichefs werden natürlich genauso orchestriert, dass die Vertreter des Establishments möglichst gut heraus steigen, die rechte Opposition möglichst negativ. Die Begleitmusik der Printmedien tut das Ihrige dazu. Man könnte dies geradezu als eine Art Gesetzmäßigkeit unserer Medienlandschaft bezeichnen.


Kampfansagen und Selbstbetrug

22. Juni 2010

Die große Oppositionspartei der Republik, die Freiheitlichen, hat jüngst bei ihrem Wiener Parteitag in eindrucksvoller Weise Geschlossenheit gezeigt. Mit einem geradezu stalinistischen Ergebnis geht Parteiobmann Heinz Christian Strache in den Wiener Wahlkampf. Meinungsumfragen hin, politische Kaffesatzdeuterei her, Tatsache ist, dass die FPÖ des HC Strache der einzige Herausforderer des bislang mit nahezu despotischer Allmacht regierenden Michael Häupl und seiner SPÖ ist. Niemand weiß naturgemäß, wie stark die FPÖ abschneiden wird, dass sie aber zulegt, daran zweifelt niemand. Und dass somit für Häupl und seine roten Prätorianer in der Bundeshauptstadt die Gefahr besteht, die absolute Mehrheit zu verlieren, ist auch Faktum.

Es ist dies eine Kampfansage in Hinblick auf die Bundeshauptstadt. In der Steiermark, wo gleichzeitig gewählt wird, ist das Ganze vielleicht weniger spektakulär, dafür aber von strategisch großer Bedeutung. Dort könnten die Freiheitlichen, die nämlich aus dem politischen Niemandsland auf jeden Fall in den Landtag kommen, wenn nicht gar in die Landesregierung, zum Königsmacher werden. Dort könnten sie den Wechsel vom roten Voves zum schwarzen Schützenhöfer bewirken und damit neben der landespolitischen Bedeutung auch in bundespolitischer Hinsicht einen groben Keil zwischen die beiden großkoalitionären Regierungspartner treiben.

Abgesehen von den beiden wahlkämpfenden Bundesländern Wien und Steiermark ist es aber die nunmehr vollzogene Kooperationsvereinbarung zwischen den Freiheitlichen und der „Freiheitlichen Partei in Kärnten“ der Gebrüder Scheuch, die womöglich in bundespolitischer Hinsicht für die Zukunft von größter Bedeutung sein könnte. Auch wenn Landeshauptmann Dörfler und die Scheuchs bei künftigen Regionalwahlen vielleicht nicht mehr so triumphal abschneiden werden wie dies im Vorjahr im Nachhall auf den Unfalltod des Landeshauptmanns Haider der Fall war, dürfte das FPK dennoch die bestimmende Kraft im südlichsten Bundesland bleiben. Und damit ist gewährleistet, dass die FPÖ bei jeder bundesweiten Wahl zumindest vier bis fünf Prozent mehr an Stimmen verbuchen kann. Überdies ist mit dieser Parteienkooperation und mit der Heimkehr der Kärntner Freiheitlichen unter das Dach der gesamtfreiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft gewährleistet, dass die orange Schmutzkonkurrenz, das Rest-BZÖ, mittelfristig zum Absterben verurteilt ist. Allein mit warmen Worten wird der Mundwerksbursche Petzner und der blässliche politische Handlungsreisende Bucher ein Überleben der orangen Truppe nicht gewährleisten können. Die FPÖ als soziale Heimatpartei bleibt damit auf Dauer die einzige legitime Vertreterin des Dritten Lagers der national-freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft.


Die orange Blase

12. Februar 2010

Die Medien wollen das BZÖ „hochpuschen“

Kein Tag vergeht, an dem man in Österreichs Gazetten nicht große Interviews mit den orangen Granden Bucher oder Petzner liest. Kein Tag vergeht, an dem der ORF nicht unglaublich wichtige Meldungen der BZÖ-Spitzenpolitiker verbreitet. Und insgesamt nähert man sich der Rest-Truppe des Friesacher Gastwirts durchaus mit Sympathie: rechtsliberal wolle diese sein, was durchaus begrüßenswert wäre und auf jeden Fall gegen Straches FPÖ und die Kärntner Freiheitlichen der Gebrüder Scheuch.

Die Umfragen sagen allerdings deutlich, dass dieses BZÖ seit dem Tod Haiders bundespolitisch bestenfalls grenzwertig ist. Nach der Heimkehr der Kärntner unter das freiheitliche Dach sind es allenfalls noch zwei oder drei Prozent der Österreicher, die bundesweit dem BZÖ ihre Stimme geben würden. Ein eindeutiger Befund also. In Kärnten selbst allerdings versucht man mit der Hilfe von demoskopischen Momentaufnahmen so zu tun, als hätte das BZÖ im südlichsten Bundesland durchaus Chancen, stark abzuschneiden. Und den Kärntner Gründungskonvent der Truppe um Bucher und Petzner jubelte man zur populären Großveranstaltung hoch. Dabei war es den beiden nur gelungen, in St. Veit einen Saal mit Obskuranten und Verunsicherten voll zu bekommen.

Aufgrund der medialen Resonanz glauben die Rest-Orangen jedenfalls eine Chance zu haben und sie wollen die um jeden Preis nützen. Keine Veranstaltung, bei der sie nicht in großer Anzahl präsent sind, kein Event – insbesondere in Kärnten – den sie nicht nützen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Bei der Klagenfurter Redoute, seit 20 Jahren der traditionelle Ball des Landeshauptmanns ebenso wie bei der Fernsehsitzung des Villacher Fasching: der Grasser-Verschnitt Josef Bucher und die wandelnde Solariums-Reklame Stefan Petzner sind immer dabei. Politische Beobachter sind sich dennoch einig, dass das BZÖ bei den nächsten Wahlen das Schicksal des längst vergessenen Liberalen Forums ereilen wird. Medienunterstützung allein reicht eben längst nicht.